verstehe Öhre Bedenken nicht. Monsieur Tachin ist viel opti- mistischer als Sie. Ich lese stets mit größter Freude seine zuversichtlichen Aufsätze in der„HumanitöV Doch mit den Fortschritten der.Friedensströmung in Ruß- land änderte sich die Stimmung in der französischen Partei sehr schnell. Die für einen baldigen Frieden eintretende Min- derheit drohte zur Mehrheit zu werden und verlangte die Ad- setzung Renaudels al? Chefredakteur der„Humanitö".(Tachin, der schon lange die leitende Stellung im Zentralorgan er- strebte, benutzte die Gelegenheit, um rasch und rechtzeitig um- zulernen. Er verstand es auch, so geschickt bis zum darauf- folgenden Parteitag zu manövrieren, daß er dort an der Spitze der„Minderheit" seinen früheren„Bremser" stürzt« und an dessen Stelle gewählt wurde. Die„HumanitS" schlug daraufhin unter seiner Leitung etwas vorsichtigere Töne an. Innerlich blieb aber Cachin dem einzigen Gefühl treu, da» bei ihm ehrlich ist, nämlich seinem fanatischen Deut- s ch« n h a ß. So befand er sich nach dem siegreichen Waffen- stillstand mit an der Spitze der von Poincarö und Clemen- ceau geführten parlamentarischen Delegation, die am 20. No- vember 1918 dem Einzug der französischen Truppen in Ctraßburg beiwohnte. Cachin vergoß Tränen der Rüh- rung und erzählte jedem, der es hören wollte, dieser Tag sei der schön st e seines Lebens! Cachins Deutschenhaß bewährte sich auch in der Zeit der Pariser Friedenskonferenz und der Versailler Verhandlun- gen. Das Eintreten für Sowjet-Nußland war ihm ein will- kommener Porwand, den Blick d�r sozialistischen Massen von dem abzulenken, was sich gegen das deutsche Lolk vorbereitete. Außerdem war ihm die bolschewistische Propaganda ein vor- zügliches Mittel, um gegen die„sociaHstea da Kaiser", gegen die„Mörder des revolutionären deutschen Proletariats", gegen die„verkappte deutsche Revriblik" die schamloseste Lügen- agitation zu betreiben. Nach£. ekanntwerden der Oersailler Bedingungen begnügte sich Cachin mit lendenlahmen Pro- testen, begründete im übrigen seine Passivität mit der elenden Ausrede, die„Republik der Scheidemann und Noske" ver- diene gar nicht, daß man sich zu ihren Gunsten einsetze. Er konnte die Unterzeichnung durch Deutschland gar nicht erwar- ten. Die spätere„Protestaktion" gegen Versailles unter Cachins Leitung bestand vor allem in Vorwürfen gegen die„ungenü- gende Abrüstung" Deutschland » durch die Alliierten. Im übrigen galt die ganze Agitation der„chumanitck" Sowjet- Rußland und der maßlosen Beschimpfung des deutschen Volkes mit Ausnähme der äußersten Linken. Diese früher mit nationalistischen, setzt mit bolschewisti- schen Redensarten getriebene Hetze Cachins gegen die deutsche Sozialdemokratie beginnt ihre wohlverdienten Früchte zu tragen. Die reaktionäree Bourgeoisie schließt sich unter einer antibolschewistischen Wahlparole zusammen, die Partei er- leidet bei den Wahlen eine furchtbare Niederlage. Um so mehr sind die Parteimitglieder radikalisiert worden. Auf dem Straßburger Parteitag im Januar 1921 wird unter Cachins Führung(!) der Austritt aus der„sozialpatriotischen Zweiten Internationale" vollzogen. Doch wächst die Geschichte Cachin bald über den Kopf. Er wird mit Frossard nach Moskau zum zweiten Kongreß der Dritten Internationale gesandt, um über den Anschluß zu verhandeln. Dort behandeln ihn die Bolschewiki, seiner Rußland-Mifsion in der Kerensty-Zeit ein- gedenk, von oben herab. Er läßt sichwieeinSchulbube herunterputzen und winselt um Gnade, beteuert, daß er seine früheren Irrtümer erkannt und sich gebessert habe. Er schwört bereit» auf die 21 Punkte,«he sie bekanntgegeben Iind. Moskau aber ist mißtrauisch und verkündet, daß nur üejenigen zu Aemtern in der künftigen französischen Kam- muniltenpartei zugelassen werden, die sich noch vor dem Ende des Moskauer Kongresses auf den. Boden des Kommunismus gestellt haben. Da bekommen es die beiden Gesellen, Cachin und Frossard, mit der Angst um ihre Stellung zu wn und schicken an die„L)umanit4" aus Moskau ein Telegramm, wo- nach sie sich davon überzeugt hätten, daß der Anschluß an die Dritte n o t we n d i g sei. Es war die allerhöchst« Zeit, aber die Pfründen waren gerettet.
Hriefkunst. von Alfred Hei». Wenn ich meinen Schreibtisch durchstöbere nnd die mit Jahres. zahlen versehenen Vriefdündel betrachte, so mache ich gleich die Ae» vbachtung, daß meine winzigen Päckchen t-ineswcgs zu vergleichen sind mit jenen dicken(nur mit starkem Frieoensbindfaden zusammen- haltbaren) Bündeln, wie sie im.Sekretair" meiner Großmutter etwa »och stapelweise zu finden waren. Wo» war aber auch in jenen Zeiten ein Brief! Welche An- «elegenheit seine Avfendung. welche. Fest seine Aatunftl Fast wie etwas Lebendiges, das ein« Seele besitzt, kommt es uns heute vor. Bei mildgoldenem Kerzenschein oder auch an einem sonnigen Fenster- platz, von dem man doch auf Gärten und gemütlich still» Strotzen binausschauen konnte, entstanden, bewirkt» schon die gemächliche Umwelt den weit ausholenden, in, kleinst« eingehenden Stil, der solch alten Briefen eigen ist. Und dann die Wochen, die so»in Brief von Köln oder Königsberg bis nach Verlin brauchte: wievielmal noch überschatteten die Gedanken de, Briefschreiber» den in der wackligen Postkutsche hin- und hergerumpelten Brief— und wenn er dann «ndiich in den Händen de» Einplänger» war, so trug da» sorgsam Jusammengefaltet« und gestegelt« Schreiben immer den ganzen jauch Lonauscher Postillonpoesi» in sich. Der Brief ober wurde stets das Ereignis de» Tages, denn wc.» kann e», da man sich selbst unter entfernten Freunden und Verwandten wohl oft nun einmal km Leben sah, wichtigere» geben al» diesen geistigen oder auch traumhaften Besuch einer geliehten Person in weiter Fernes Was für em arme, Geschlecht sind wir Jungen in dieser Hin- pcht geworden! Das Zeitalter des Drciminutengespräch», de» Tele. tramms und Schreibmaschinenbrief« zerstört alle, an dieser einstigen iriefpoesie. Man verlobt sich sogar schon per Telephon und schickt »ur Glückwunschtelegramme. Und dann die Schreibmaschine! Man müßte glauben, da sie viel schneller den Brief herstellt, so sei da» Zeitalter höchster Briefkullur herangebrochen. Doch der klappernd mechanisch entstehend« Duchstobe, uniform dreinschauend, ohne durch das Individuelle der Schrift da» Befühl einer ganz eigenen Herzen». angelegenheit hervorzuzaubern, kann nie«inen anderen al»«inen ge» fühlsarmen oder zum mindesten gefühlserzwungenen Brief zu Papier bringen. Vielleicht wird«In Anstel «« de» echten Briestchreiben» wieder bemerken sein, wenn die schon erfundene Verbindung von elephon und Schreibmaschine mehr Allgemeingut ge> worden ist. Wenn nämlich der Seelenkontatt durch den eigenen Ton der Straße wiederhergestellt sein wird, kann e, leicht s�in, dah noch schönere Driefstimm, ingen lebendig werden, als wenn die innerliche Verbindung durch die immerhin nur stumme Schrift entsteht. Für all die wenigen, die sich bisher noch eines wirklichen Briefe» befleißigten, tritt jetzt ein letzte Keime vernichtendes Hemmnis auf: die P o r t o e r h ö h u n g. Zu den ganz lebenswichtigen Dingen gehört ein Brief nicht: und wer weiß, wie weit die Zeit noch fern ist wo sich die Menschheit nur noch diesem»ganz Lebenswichtigen' wird widme» können.
Und nun beginnt«in« Zeit der fieberhasten Kampagne für den Anschluß. Plötzlich sind auch die Unabhängigen, so» weit sie mit Crispien und Dittmann die 21 Bedingungen ab- gelehnt haben zu„Verrätern" geworden... In T o u r s wird die Spaltung vollzogen. Von diesem selben Tage an läßt Cachin in der„Humanit6" seine langjährigen Genossen, Longuet, Renaudel, Blum, Mistral usw., als ,Lerr" titu- lieren und als„Schieber",„Verräter" und dergleichen be- schimpfen. Er selbst dinierte noch im vergangenen Winter in Gesellschaft eine» weißgardistischen russischen Obersten und des Abg. General de Mand'huy, der kurz zuvor empfohlen hatte, bei dem geringsten Widerstand Deutschlands gegen das Versailler Diktat Frankfurt a. M. mit Bombenwürfen dem Erdboden gleichzumachen. ... So sieht der anerkannte Führer der französischen „Kommunisten " aus. Man glaube aber nicht, daß es sich dabei um eine üble Ausnahme handelt. Die m e i st e n Lei- tenden dieser Partei stehen auf der gleichen moralischen Stufe. Dies zu beweisen, sind wir jederzeit bereit. Wir wollen in- dessen abwarten, ob die„Rote Fahne" auch nur eine einzige der hier erwähnten Tatsachen zu bestreiten versuchen wird.
Kautskp für Einigung. In der Wiener„Arbeiter-Zeitung " vom Z. Dezember veröffentlicht Karl K a u t s k y einen Artikel zum Leipziger Parteitag der Unabhängigen, der in gekürzter Faffung auch in der Neujahrsnummer der„Freiheit" abgedruckt war. Kautsky meint, niemand erwarte, daß in Leipzig ein külmer, entschlossener Schritt zur Anbalmung der organisatorischen Einigung mit der Ptehrbeitssozialdemokratie beschlossen werde. Für sich selber läßt er keinen Zweifel daran, daß er eine solche Einigung wünscht. Marx, so führt er aus, habe feine Anhänger stet» nur als „Teil der Arbeiterparteien aller Länder sehen wollen". Inner- halb großer zusammenfassender Organisationen sollten sie für ihre Auffassung kämpfen. Er sei ein Feind jeder Sektiererei gewesen, wie sie heute im Kommunismus ihre Auferstehung feiere. Der natürliche Zustand sei das Besichen einer ge- schlossenen sozialdemokratischen Massenpartei, die Anhänger und Gegner der Kvalitionspolitik in sich vereine. Kautsky fährt dann fori: „Ja sogar in der deutschen Unabhöngigen Sozial- demokratischen Partei(USP.) selbst finden wir Verfechter und Gegner der Koalitionspolitit inner- halb der gleichen Organisation. Sie unterscheidet sich in diesem Punkte von den Mchrheitssozialdemokraten, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD .) nur dadurch, daß die Gegner der Ksalitionspolitik hier die Mehrheit, dort die Minderheit bilden. Das Verlangen, über die Mehrheit zu verfügen, kann aber unmöglich eine Suche des Prinzips sein. Es geht doch nicht an, zu sagen: Ich habe nicht» dagegen, mit Verfechtern der Koalitionspolitik zusammenzu- arbeiten, wenn sie in der Minderheit sind. Aber ich lehne grundsätz- lich jede Mitarbeit mit ihnen dort ab, wo sie die Mehrheit bilden." Kautsky fordert also eine Zusammenfassung der Kräfte mit der Maßgabe, daß der jeweiligen Minderheit volle Frei- heit in der Propaganda ihrer Auffassung gewährt werde: »Der Kampf der beiden Richtungen soll und kann nicht aushören. Er soll nur aufhören, ein Kampf zweier ge- trennter Organisationen zu sein. Er soll ein Kampf zweier Aich- tungen Innerhalb der gleichen großen Organisation um die Ge- winnung der proletarischen Masse, um die Eroberung der Mehrheit In der Organisation sein." Wer die Masse des kämpfenden Proletariats für stch ge- Winnen wolle, der müsse vor allem ihre Zufammenfasiung in «ine große Kampfpartei anstreben. Das fei der Geist einer wahren Klassenpartei, der, wenn er in Leipzig dominiere, den Weg zur Einigung öffnen werde. Kautsky fügt warnend hinzu: „Vermag sich dieser Geist dort nicht Geltung zu verschaffen, dann droht der Unabhängigen Sozialdemokratie da» versinken in unfruchtbarcmSektierertuin. Dann liefe sie Gefahr, von
Wenn e» nicht so eine Intime.� und schwer zu prüfende Sache wäre, könnt« eine Statistik über defn, Verfall des echten, de, seelen» vollen Triefe», der Lriefkunp7 wohl auch ein Schlaglicht auf die Mechanisierung unserer Zest-'ö tverfen. Teschäftsbries« und Schlebcrtelcgromme sind um, Tausindsache gestiegen. Vielleicht zeigt man aber bald in einem historischeynM�eum den„Letzten Brief, den irgendein völlig mit der Zcitlttu«inandergeratcne» Großmütter. chen on seinen Enkel, dem nur noch der schwankende Dollarkur» da» Herz schneller schlagen läßt, geschrieben hat; der Brief wird von der geschäftstüchtigen Mitwelt mit einem überlegenen, mitleidigen Lächeln betrachtet werden.
Kepvbsikcmifcher Lehrerdund.„In klarer KrtenntM» der Ge- fahren, die der Republik von innen und außen drohen, und ang«< sicht» der Notwendigkeit, durch die Schulen ein neues, mit republi- tonischem Geist erfüllte» Geschlecht heranzubilden" haben sich in Freiburg I. Br. republitonilche Lehrer on Volk»», Mittel- und Hoch» schulen zu einem Bund zusammengeschzosien und fordern zur Grün« dunq von Ortsgruppen in ganz Deutschtand auf. Wir heben folgend» Sätze Ihre» Aufruf» hervor: Wir sehen in der demokratischen und sozial gerichteten Nepu- blik die einzige Staatssorm, die eines gebildeten und selbstbe- wußten Volke« würdig Ist. Sie ist zugleich die einzige, die nach dem Zusammenbruch de» asten System» unserem schwerbedrückten Vaterland den inneren Frieden zu wahren vermag und da, national« Sehnen nach Vereinigung aller deutscher Stämme im großdcutschen Nalionoistaat erfüllen kann. Wir wollen die heranwachiende Jugend zu sozialem Fühlen und Handeln, zu republikanischem verantwortlichkeitsgesühl und zu demokratischem Bürgerstolz erziehen, durch unser Beispiel nicht minder als durch unbedingte Wahrhaftigkeit der Darstellung auf allen Wisiensgebieten. Wir sind«ntschlosseg. jeder an der Sckule sich zeigenden, gegen die demokratische Republik gerichteten Propaganda entgegenzu- treten, komme sie von recht, oder von links. Luch werden wir Anfeinvunoen und Schädigungen, dl« Lehrern und Schülern au» ihrem Dekenntnisi» zur Republik «r- wachsen, gemeinsam abwehren. Parteioolitik liegt un» fern. In unseren Reihen ist jeder ohne Rücksicht auf die Partei willkommen, der sich rückhaltlos zur demokratischen Republik bekennt. Für da, private Leben seiner Mitglieder verlangt der Bund „ivahrlmst demokratische», für die Schüler beispielgebend» Handeln unter Nichtachtung oller Klassen- und Standesunterschiede".— Dem Bunde gehören bereits zahlreiche Lehrer an Volks-, Mittel- und Hochschulen cm. Zu seinen Gründern zählen u. a. die Freiburqer Universitätsprofesioren Dr. Kantorowicz, v. Schulze-Gaevernitz , Rost, Koenigsberger und Heiß.— Für Preußen ist außer den Orts- gruppen ein Landesverband im Werden, u.a. die Einrichtung einer Rechtsschutz stell« geplant gegen Uebergrlff«, denen Mitglieder von behördlichen oder anderen Faktoren ausgesetzt sind. Beitritt»- erklärungen sind zu richten an Studieurat Dr. Michaeli», Berlin NO. öS. Raabestr. 17.
den proletarischen Masten al» Htndernl» der Einigung und Kräftizung des deutschen Proletariats zu erscheinen." Wir können Kautsky in vielem zustimmen, nicht in allem. insbesondere nicht in dem Gedanken, daß sich die USP. nach vollzogener Einigung als eine besondere Richtung in der Partei konstituieren soll. Die Richtungskömpfe waren der An- fang der unheilvollen Parteispaltung, ihr Wiederaufleben nach vollzogener Einigung würde diese selbst als problematisch er» scheinen lassen. Selbswerständlich soll jeder Parteigenosse seine Meinung auch im Gegensatz zur Mehrheit vertreten dürfen. Meinungs- Verschiedenheiten wird es immer geben, sie brauchen aber nicht in Form organisierter Richtungskämpse aus- getragen werden. Das ist nicht nur für die Einheit der Partei gefährlich, sondern auch unpraktisch und irreführend, da ja die Meinungen der einzelnen Parteigenossen in einzelnen Fragen viel häusiger wechseln, als sich Rcugruppierungen der„Rich- tungen" vollziehen können. Beispielsweise gibt es in der Sozialdemokratie keine Anhänger der Koalition unter allen Umständen(Beweis Aera Fehrenbach— Stegerwald). bei den Unabhängigen aber sehr wenig Gegner der Koalition unter allen Umständen(Beweis die Wiener Koalition und die Stellung der USP. zur Regierung Wirth). Käme es heute zur Einigung, so würden einige wenig« unserer Genossen in die Stellung einrücken, die heute die USP. einnimmt,«in großer Teil der Unabhängigen würde aber, von fraktioneller Bindung befreit, sich ohne weitere, mit der Politik der Sozilademokratie einverstanden erklären. Rur wenn seder Genosse in jede? Situation sich selber frei sein Urteil bildet, ohne auf eine Führergruppe zu blicken, die seine„Richtung" vertritt, ist die wirkliche Einigung voll- zogen._ Stufenweife abgesägt. Wie die„Rote Fahne' meldet, ist F r i e» l a n d(Reuter) jetzt auch aus dem Berliner Stadtparlament abberufen worden, da die Befürchtung bestehe,„daß er gegen seine eigen« Partei sprechen könnte". Offenbar hat Frieeland seiner Abberufung Widerstand entgegengesetzt, denn es wird weiter mitgeteilt, daß dir Rücktritt, erklärung. die bekanntlich jeder Kommunist noch vor seiner Wahl bei der Zentrale deponieren muß, von dem Berlin - Brandenburger Zentralvorst and an den Siadtver- ordnetenvorstehcr eingereicht und gleichzeitig Friesland hiervon be- nachrichtigt worden ist.— Wie schon in mehreren anderen Fällen entschieden worden ist. sind Rücktrittserklärungen. die ohne Zu- stimmung de« Rückttetcnden von dritter Seit« eingereicht werden, wirkungslos._
Roßbach berichtigt. Folgendes Schreiben wurde am heutigen Vormittag aus unserer Redaktion abgegeben: „Es ist unrichtig, daß die am 24. November 1921 aufgelöst« „Arbeitsgemeinschaft Roßbach' unter der Bezeichnung»Soldaten- treubnnd" weiterbesteht. Richtig ist, daß ein Toldatentreubund in der„Sturm. a b t e i l u n g Roßbach" bestanden hat, dessen letzte Reste im April 1921 ausgelöst wurden(was den Behörden bekannt ist). Eine Nachprüfung der weiteren Angaben Ihres Artikels ist da die Arbeitsgemeinschaft nicht mehr besteht— von hier aus un- möglich. Roßbach, Oberleutnant a. D. N.«chr. Abschrift(Durchschlag) diese, Briefe» ist dem Reich» Ministerium de, Innern zugegangen." Dieser Berichtigung gegenüber halten wir unsere De- hauptung voll ausrecht, daß die Auflösung der„Arbeits- gemeinschaft Roßbach" nur eine Scheinauflösung ge- wesen ist und dah diese nach wie vor in Schlesien ihr Un» mesen, namentlich die Terrorisierung linksstehender politi- scher Gegner, weiterbetreibt. Dieser Tatbestand ist von meh» reren Mitgliedern der jetzt noch bestehenden Vereinigung in Anwesenheit zuverlässiger Zeugen, die wir dem Reichsmini- sterium des Innern jederzeit namhaft machen können, zu Protokoll gegeben worden.
Zola und der keusche hohenzollernpclnz. Eine sehr bezeichnend« Episode für die am Berliner Hos herrschende Sittlichkeitsatmosphär» entnehmen wir den Erinnerungen an Kaiser Friedrich, die die „Deutsche Revue" au, dem Nachlaß de- Kunsthistorikers Roberl Dohm« mitteilt. Im Frühjahr ISSö bat der damalige Kronprinz feinen Bibliothekar Dohm«, ihm die wichtigsten Werke der modernen französischen Literatur zusammenzustellen, um die Hauptlücken seiner Kenntnisse auszufüllen. Dabei bemerkte er:„A b« r d e n S ch m u tz lassen Sie von vornherein fort."„Ein noch so sum- marischer Ueberblick über diese Literatur ist aber heute ohne die Bezugnahme auf Zola nicht möglich," schreibt Dahme. „Ich sagt« ihm. ein Wert von ihm müsse er lesen: freilich tat ich es mit Herz» klopfen, denn ich mußte mir sagen, daß die Zolasche Welt ihm in vieler Hinsicht ein Entsetzen erregen würde. Ich betonte deshalb alle diese Bedenken, wie« daraus hin, daß keine Dame de« Hause» da. Buch sehen dürfe, und empfahl schließlich unter allen diesen Koutelen„L'oeuvre" von Zola . Der Prinz meinte, er werde da» Buch einschließen. Schließlich be- kam ich doch Sorge, ob ich dem ideal angelegten Mann diese Zerr- bilder. die sich als Raturalirmus gerieren, in die Hand geben dürfe, ohne daß er eine innere Einbuße erleide. Ich fragte deshalb Decken- dorff um Rat, der abmahnte. So sagte ich dem Prinzen am an. deren Tage, aus welchen Gründen ich wünschte, er läse Zola nicht. Er war groß genug, mir einfach zuzustimmen und hat das Buch nicht gelesen." Der Prinz, der durch die Lektüre Zola, eine Einbuße an seiner Keuschheit befürchtete, stand damals in dem zarten Alter von SS Iahren. Der deuische Luftverkehr 1921. Zwar mußten End« Oktober 1921 die regelmäßigen Postslüge bei uns wegen res Bauoerbots der Entente eingestellt werden: aber trotzdem ist Deutschland im Lauf» de» vergangenen Jahres nicht ganz ohne Leistungen in der Luft oewesen. Wie in„Werft und Reederei" mitgeteilt wird, unterhielt die Deutsche Luftreederei regelmäßige Lustpostvcrbindungen Berlin — Dresden , Berlin — Dortmund , Hamburg — Westerland , Ber lin — Swinemünd«. in Betriebsaemein�chast mit der holländi'chen Luftfahrtgesellschaft Homburg— Rotterdam und mit der Danziger Luftreederei Danzig— Memel— Riga. Ferner wurden zur Zeit der Messen die Strecken Berlin — Leipzig , Berlin — Drc-iau und Ham- bürg— Lübeck geflogen. Insgesamt wurden von der Deutschen Luft» reederei im Luftpostdienst etwa JOCO Flüae euscefübri und 600 0C0 Kilometer zurückgeiegt, 2000 Passagiere und 19 000 Kilogramm Post befördert. Da» gesamt« Material wird sitzt in der Winterzelt sorg- fältig überprüft und Instandaesetzt, um bei der Wiederaufnahme de» Luftverkehr» im März 1922 die Sicherheit de» Betriebe» zu ge- wöhrleisten.