Einzelbild herunterladen
 

Nr. 291.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage, Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Defterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Beitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzetle oder deren Raum 40 fg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonna und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse:

Sozialdemokrat Berlin ,

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2. Freitag, den 14. Dezember 1894. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Fuchsmühl .

Die Affäre von Fuchsmühl ist noch nicht vergessen!

-

"

haben auch das Verdienst, einmal aller Welt gezeigt zu| Die Nuzung ihrer alten Martwälder wurde haben, wie der Bauernstand zu Grunde geht. den Bauern damals noch gelassen. Sie leisteten ja dem Auch den Fuchsmühler Bauern wird es gegangen sein, Lehnsherrn" beträchtliche Abgaben für diese Nußung, Das bayerische Staatsministerium hat zwar den Antrag wie den Bauern überall in deutschen Landen. In grauer und die Zahlungen waren den Lehnsherren damals der sozialdemokratischen Abgeordneten abgewiesen, den Vorzeit waren die Bauern freie Eigenthümer eben noch werthvoller, als das den Bauern gelieferte Holz. Landtag zum Zwecke der Erörterung dieser Angelegenheit ihrer Aecker und Wälder: Sie waren Krieger und Heute ist es anders. Der Holzpreis ist gestiegen. Heute zu einer kurzen Session einzuberufen; ebenso ist auf die Bauern zugleich. Aber je mehr sie von ihren früheren steht das Rechthola" höher im Preis, als die Abgaben Petition der Fuchsmühler an den Prinzregenten, friegerischen Gewohnheiten ließen, je mehr sie sich immer der Bauern betragen. Da werden die Bauern eben ein­Se. Königliche Hoheit möge als oberster Lehns ausschließlicher dem Landbau und der Viehzucht fach wieder gelegt. herr feinen Einfluß dahin geltend machen, daß Gnade widmeten, je mehr andererseits die Macht ihrer Führer Was schiert es Herrn v. 3oller, daß die armen vor Recht ergehe, daß das rückständige Rechtholz von und Fürsten und damit die Ausdehnung und Zahl der Fu ch 3 mühler ohne ihre Holzgerechtsame auf dem 1893 und 1894 den Fuchsmühlern gegeben werde und die durch diese geführten Kriege wuchs, je unerträglich er steinigen Bergboden nicht leben können? Die Dokumente 3wangsablösung unterbleibe," der Bescheid ergangen, wurden den Bauern ihre friegerischen Pflichten. heraus! Da steht es schwarz auf weiß: Der Wald gehört Der Prinz- Regent könne in den Gang der Gerichte ver- Echließlich kamen überall zwischen den freien Bauern Herrn v. 3oller, mag er früher zehnmal Markwald fassungsmäßig nicht eingreifen, und auch als oberster Lehns- und den Vasallen der Fürsten Verträge zu stande, der Bauern gewesen sein. herr die privatrechtlichen Verhältnisse nicht ändern. wonach die letzteren die kriegerischen Pflichten der So ist es überall. Die Bauern mögen zu Grunde Mittlerweile ist ja auch bekannt geworden, daß der Bauern übernahmen, die Bauern aber ihre Aecker und gehen, der Großgrundbesig wird bestehen. Die Besizer der Fuchsmühler Wälder, Herr Landgerichtsrath Wälder zum Theil in das Obereigenthum der Bauern mögen Arbeiter werden, in die Kohlen­Freiherr von Zoller, das Rechtholz nun zum größten Ritter übertrugen, sich selbst nur als Lehusleute der Bergwerke, in die rauchenden Fabriken gehen. Theil habe anweisen lassen, auch bezüglich der 3wang3- Ritter betrachteten und diesen für die Benutzung ihres Der Großgrundbesitzer bleibt Landwirth . Er ablösung erklärt habe, daß er, um den Frieden wieder früher freien Eigenthums Abgaben leisteten. hängt die Büchse über den Rücken und zieht in seinen herzustellen, vorläufig auf die Ausführung des gericht- Die Ritter, die Vorfahren des Herrn v. 3oller, Wald auf die Bürsch. Es lebe der Feudal Adel! lichen Ergebnisses unter Vorbehalt seines gerichtlich zogen auf die Berge und bauten Burgen; die Bauern er So geht der Bauernstand zu Grunde. Das ist di festgestellten Rechtes verzichte.- Freilich wird dazu auch wieder nährten jie. Das ging so ein paar Jahrhunderte.- Es Lehre von Fuchsmühl". aus Fuchsmühl berichtet, daß das Holz jezt zwar vom Förster entstanden Städte und in ihnen ein Reich thum, der Graßmann angewiesen wird, aber nicht im Hub, wie den Reichthum der Ritter weit übertraf. Die Ritter legten. es sich gehört, sondern es wird nur hier und da ein kleiner sich auf den Straßenraub; aber er brachte nicht viel stützen in die Klafter getragen werden muß. Auch bekommen um es dem städtischen Reichthum gleichthun zu können, Berlin , den 13. Dezember. ivir, schreiben die Fuchsmühler, vielfach nur das Gipfelholz mit der Landwirthschaft, zumal mit dem Wachsen Aus dem Reichstage. Wenn die ersten Tage nach von den Stämmen, die Zoller zum Verkaufe fällen ließ. der Städte ein wachsender Markt für Korn und Vieh Eröffnung des neuen Reichstagspalastes die Verhandlungen Viele Leute bekommen nur Büsche, wovon 40-42 auf eine entstand. gegen früher insofern ein anderes Bild boten, als die Zahl Klafter gehen. Eine Berechtigte weigert sich, solche Büsche Aber sie waren doch nur Lehnsherren, nicht der anwesenden Abgeordneten unverhältnißmäßig groß war, zu fällen, weil sie fremde Arbeitskräfte dazu haben müsse, Eigenthümer des Landes!?- D, gleichviel, die Bauern so hat sich das rasch geändert. Heute war der Sizungssaal so daß die Arbeitslöhne mehr ausmachen, als das Holz wurden einfach gelegt". Sie wurden von Haus und Hof so leer, daß man sich in die schlimmsten Zeiten in der werth ist. vertrieben, ihr Land von den neuen Gutsherren" Leipzigerstraße verseßt glauben konnte. Diese neuen Chitanen, wenn sie, wie wohl zu in Beschlag genommen. Die übrig bleibenden Bauern Freilich hatten die Anwesenden auch eine Rede des national­glauben, auf Wahrheit beruht, verbunden mit der Erinnerung mußten den Gutsherren schwere Abgaben zahlen liberalen Dr. Böttcher zu überstehen und das ist nichts weniger an die Niedermegelung 70 jähriger Leute im Fuchs- und Frohnarbeit verrichten für das Recht, die Theile als ein Genuß. Abgesehen davon, daß Herr Böttcher noch mühler Walde, das Vorhandensein der Krüppel, die ihres Landes und ihres Waldes, die ihnen geblieben um etliche Nummern reaktionärer ist, wie selbst Herr ihre Verstümmelungen und Wunden den Bajonnettstichen waren, benußen zu dürfen. Die Bauern wurden auf's v. Manteuffel, so hat dieser nationalliberale Führer auch bayerischer Soldaten im Walde bei Fuchsmühl ver- entseßlichste gesch unden und ausgeraubt: es war beim Sprechen Gewohnheiten, welche es wirklich zu einer danken, alles dies ist uns Bürgschaft dafür, daß die die schmachvolle Zeit der Leibeigenschaft der Bauern. Dual machen, ihm längere Zeit zuzuhören. Eine heisere, grauenhafte B a jonnettattacke auf friedliebende Das ging wieder ein paar Jahrhunderte. Allmälig bellende Stimme, dazu ein widerlich- hohles Pathos, mit Bauern, die nichts als ihr Recht ausübten, zur ge- wurde die Landwirthschaft eine Wissenschaft. Sie denen er die trivialsten Gemeinpläge vorträgt, die man eigneten Zeit, zunächst wohl in der bayerischen Abgeordneten verlangte nach anderer Wirthschaftsweise, als der wider- vorher schon alle in der Nationalliberalen Korrespondenz" tammer, wieder vor den Gerichtshof der Deffentlichkeit ge- willig geleisteten Frohnarbeit. Seit dem An- hat lesen können, das ist Herr Dr. Böttcher als Redner. zogen werden wird. fang unseres Jahrhunderts wurden deshalb die Die paar aus Anstandsrücksichten im Hause gebliebenen Es hat sich hier wieder einmal gezeigt, wie trefflich sich Bauern befreit". Man erließ ihnen die Frohn- Abgeordneten athmeten ordentlich auf, als der national­nöthigenfalls das Volk in Waffen" gegen das arbeit, verlangte dafür aber ungeheure Abfindungs- liberale Herr seinen Sermon endlich schloß. arbeitende Bolt verwenden läßt. Doch ist es nicht summen, an denen die Bauern ein halbes Jahrhundert Daß Herr Böttcher für seine Partei die Erklärung ab. nur diese Lehre, die aus der schneidigen Attacke im Fuchs lang zu zahlen hatten, zum Theil noch heute zu zahlen geben konnte, daß seine Partei für jedes Knebelgeset und mühler Wald zu schöpfen ist. Die dortigen Ereignisse haben. für jede Beschränkung der politischen Rechte sei, sobald

Stamm umgeschnitten, welcher dann sehr weit zum Auf- ein und war gefährlich. Da versuchten sie es denn, Politische Leberlicht.

"

Du Gott des Arbeitsvolkes, Hör du uns, Donnerer Thor,

Der Lug und Trug und Herrschlucht Bu Feinder sich erkor!

Rothgoldige Mähne wallt dir Ums Antlik wetterhart; Mit Flammenfluthen plackert Im Sturm dein Feuerbart;

Unter den brütenden Brauen,

Des Mannestrokes Sik,

Hervor aus lichten Augen Blendet der blaue Blik.

Du rekst die mächtigen Glieder,

Der Malmer zuckt- ein Krach Fortrollt der grollende Donner Den dröhnenden Hammerschlag.

So stürmt du über die Lande, Waldrauschen vor dir her; Zum Wiederhall der Felsen Aufjauchzt das schäumende Meer.

-

"

"

Der Sang an Thor .

Es bricht vor dir zusammen, Was morsch und faul im Mark; Bu rüßtigem Ringen Stählst du, Was freiheitsfroh und stark.

Nicht achtest du der Herren Und zürnst dem zagen Knecht ; Die Freien und die Gleichen, Wir sind von Thor's Geschlecht!

Den Freinndgleichen streitest Auf opfervoller Bahn Im Welterlösungskampfe, Muthspendend, du voran.

Vor deinem rothen Grimme

Den Menschheitsquälern grauft, Wenn jadh die Arbeitswaffe

Du schwingt mit schwieliger Fauft.

Und gilt's noch schweres Ringen Durch manchen heißen Tag, Bis endlich ausgetilget Der Unterdrückung Schmach,

Bis frei die sehnende Menschheit Zu glückbereitender That,

Schon weicht die Völkerdämm'rung, Die Weltenwende naht;

Hell leuchtet's in der Ferne Wie falber Wetterschein­Sturmgott des Freiheitsdranges, Führ' uns! Wir harren dein! Georg Ledebpur.

Anmerkung. Thor , Asathor oder Donar, im altgermanischen Mythus ursprünglich der Gott des Gewittersturmes, wurde, je mehr soziale Verhältnisse auf die Mythenbildung Einfluß gewannen, der Vertreter des arbeitenden Boltes, der Bauerngott, im Gegensatz zu 2oti oder 2oge, dem Gotte der Lüge und des trügerischen Erwerbs, und Odin oder Wodan , dem Adelsgott. Die Fürsten rühmten sich von Odin's Geschlecht" zu sein. Thor's Waffe ist der Hammer, altnordisch Mjölnir, der Hermalmer genannt, was hier, um den Namen unserer neuhochdeutschen Sprache in finngemäßem Ausdruck anzupassen, mit MaImer wiedergegeben wurde. Das Gedicht ist ein Versuch, den werthvollen Gehalt der Thorsage für die Gegen­wart zu beleben.