die Eetreidepreise bei den Agrariern erhöht, das Reich vec- langt lediglich, daß in größerem Umfange als bisher die Kosten des ausländischen Ketreides vom Verbraucher getragen werden, weil die Entente den Abbau der Lebensmittelzuschüsse verlangt und weil infolge der Valutaverschlechterung selbst bei den erhöhten Brotpreisen immer noch ein Derbilligungszuschuß notwendig ist. Ein unoermittelter Abbau samt- licher Reichszuschüsse kommt nicht in Frage. Es würde den Brotpreis mit einem Male auf 20 M. hinauftreiben und soziale Erschütterungen nach sich ziehen, deren Ende nicht ab- zusehen ist. Aber auch so ist die Belastung der Massen ungeheuer groß. Das Reich„erspart" 6 Milliarden, die sonst hätten aufgebracht werden müssen, das heißt: sechs Milliarden Mark werden in erhöhten Brotpreisen als unentrinnbares Opfer auf das Volksganze umgelegt. Keine Steuer war härter als diese. Ohne Unterschied, aber mit sehr ver- schiedener W.rkung triff« sie den kl'inen Rentner und den reichen Schieber, den Arbeiter und den im Uebersluß lebenden Kapitalisten. Hier wird wieder einmal deutlich sichtbar, wie durch die unablässige Tätigkeit der Roten- presse die breite Masse und von ihr gerade die am meisten notleidenden Schichten besteuert werden. Wird sich angesichts dieser Tatsache der Besitz noch weiter seiner Verpflichtung zu entziehen suchen? Es ist selbstverständlich, daß die Brotpreiserhöhung bei der Notlage der arbeitenden Massen nicht hingenommen wer- den kann, ohne daß ein Ausgleich durch Lohn- eerhöhungen angestrebt wird. Hier erwächst den Ge- werkschaften eine Aufgabe, die mit jedem Tage schwieriger wird, da sich die Spanne zwischen den Produktionskosten des ?n- und des Auslandes verringert. Dieser Unterschied hat der Industrie die riesigen Valutagewinne ermöglicht, während breite Bevölkerungsschichten, insbesondere die kleinen Rentner niü» Invaliden der Arbeit dem Elend preisgegeben wurden. Eine entschiedene Lohnpolitik wird um so mehr vonnöten sein, als die gewaltige Erhöhung des Brotpreises auch preis- steigernd auf andere Waren wirken und so die allgemeine Lebenshaltung verteuern wird. Jedenfalls ist die von amt- licher Seite ausgemachte Berechnung, wonach die Brotpreis- erhöhung bereits durch die letzten Lohnzulagen ganz oder zu einem erheblichen Teil abgegolten ist, unzutreffend. Er- folgten doch die letzten Lohnbewegungen nicht aus Grund der Preissteigerungen, die im Februar eintreten werden und von denen damals noch niemand etwas ahnte, sondern wegen der bisher schon beobachteten Verteuerung der Lebenshaltung. Ueberflüssig ist es, zu untersuchen, inwieweit die jetzige Brotpreisstcigerung hätte vermieden werden können, wenn an Stelle der überstürzten Aufhebung der Zwangs- Wirtschaft ein wirksameres Umlageoerfahren und ein großzügiges landwirtschaftliches Vrod"kftonsprogramm durch- geführt worden wäre. Ueberflüssig ist die Untersuchung des- halb, weil sich die gegen den Mllen der Sozialdemokratie eingetretene Entwicklung mit Protesten nicht zurückschrauben läßt. Um so mehr ist zu verlangen, daß jetzt mit allen Mitteln auf eine gesteigerte Ablieferung hingewirkt und verhindert wird, daß die deutsche Landwirtschast die Notlage des Volkes ausnutzt, um durch Zurückhaltung des Getreides eine künftliche Preissteigerung für Getreide im fteien Handel herbeizuführen. Es wäre jedenfalls dringend zu wünschen, daß das Reichs- ernährungsministerium den Gründen der letzten Preissteige- rungen am freien Getreidemarkt nachgeht. jiß*-- Der Kampf um öle Steuern. Die Stcuerfragen werden in den nächsten Tagen Regie- rung und Parlament lebhast beschäftigen. In den letzten Tagen haben Besprechungen über eine Reform des Steuerprogramms im Reichskabinett sowie auch zwischen So- zialdemokratie und Zentrum, zum Teil unter Hinzuziehung der Demokraten stattgefunden, ohne daß ein Fortschritt zu ver-
Erziehung. von Hans Reimann . Wenn Eltern ihre Kinder auf der Straße erziehen, das mag ich gern. Mit Grauen denke Ich an die eigene Jugend. Die ganze Woche über in der Wohnung eingesperrt und nur an Sonntagen die be- scheidene Möglichkeit, sich auszutummeln. Sonntags ging es über Land: wenngleich nur so weit, daß man mit der Straßenbahn zurückfahren konnte. Es wäre weit genug gewesen, und der sonn- tägliche Aueflug hätte ein Vergnügen sein können, aber es war ein „Aber" dabei. Songtags mußte nämlich der„gute Anzug" angelegt werden, und Infolgedessen durfte man keinem Schmetterling nach- flitzen und durfte nicht in die Büsche kriechen und durfte nicht Kobolz schießen, sondern mußte säuberlich vor den Eltern hersteigen. Und dann kriegte man in der Elektrischen die schönste Schelte, weil in der neuen Hose trotz aller Vermahnungen ein Eckloch klaffte. Meine Eltern befolgten überhaupt den Grundsatz, mich aus- schließlich in Gegenwart anderer Menschen zu erziehen. Unter sechs Augen lebten wir annähernd friedsam dahin. Kaum jedoch war eine fremde Persönlichkeit zugegen, so wähnten meine Eltern, mir alles oerbieten zu müssen. Erstens, um zu beweisen, wie crziehungs- tüchtig sie seiett, und zweitens, weil sie den in Anwesenheit von Gästen ausgesprochenen Verordnungen erhöhte Wirksamkeit zu- maßen. Alles wurde bemäkelt. Ich war nicht höflich genug, ich war zu vorlaut, ich war maulfaul, ich hatte«inen dreckigen Hals, ich ah zu viel Kuchen, kurzum, alles wurde bemäkelt. Mit stiller Neugier beobachtete ich das Verhalten der Gäste. Meist lächelten sie nachsichtig und suchten zu vermitteln, ohne freilich eine andere Wirkung zu erzielen, als daß meine Eltern ein Register meiner Sünden herzählten, welches in jedem objektiv arbeitenden Gehirn die Ueberzeugung befestigen mußte, ich sei ein Flegel. Da meine Eltern mich für einen Flegel hielten und dies« Tat- fache aller Welt mitteilten, so reiste in mir der Entschluß, ein Flegel zu werden. Ich hütete mich, den Glauben meiner Eltern zu er- schüttern. Sie sollten recht haben und recht behalten. Und ich be- trug mich absichtlich lümmelhaft und hofft« insgeheim, daß man mich verstecken würde, wenn Besuch käme: denn das ewige Präsen- tieren und Zur-Schau-Stellen war mir längst zuwider, geschah es doch(wie ich annahm) zu keinem anderen Zweck, als um mich vor Zeugen zu blamieren und herunterzuputzen. Wie hätte ich ahnen können, daß die Eltern in Wahrheit stolz auf mich waren und Staat machen wollten mit ihrem Goldsohn, und daß ihnen das Schamgefühl verbot, Stolz oder Freude zu zeigen! Erst als es längst zu spät war, erkannte ich, daß die Verbote meiner Eltern ihrer Zufriedenheit entsprangen: zu spät erkannte ich, daß mich die Eltern selbst dann einen Flegel gescholten hätten. w:nn ich ein«ngelgleiches Muttersöhnchen gewesen wäre, ja, daß sie mich wahrscheinlich in Gegenwart von Gästen um so abscheulicher be- handelt hoben würden, je artiger und braver ich gewesen wäre. Diese Ertcnptnis dämmerte mir erst, als sie mich zu dem gemacht hatten, was sie durch ihre Predigten zu verhindern strebten. Lange Zeit habe ich allabends in meinem Bett geweint, well sie mich bös behandelten, mich, der ich gut zu sein wich bestrebte.
zeichnen wäre. Auch die am Sonnabend vormittag abgehai- tenen Besprechungen über die Steuerfragen haben nicht, wie bürgerliche Blätter behaupten, zu einem Kompromiß ge- führt. Die Sozialdemokratie hat nichts von ihrem grundsätzlichen Standpunkt auf- gegeben. Eine Sitzung unter dem Vorsitz des Reichs- tanzlers, in der jenes Kompromiß zustande gekommen sein soll, hat g a r nicht stattgefunden. In der Hauptsache handelte es sich bei den bisherigen Besprechungen darum, die Differenzen auszugleichen, die bei der Beratung der Regierungsvorlagen in den Steuerausschüssen entstanden sind. Be- kanntlich haben die Ausschüsse einschneidende S t r e i ch u n- gen vorgenommen. Die Regierung besteht darauf, daß die dadurch entstandenen Ausfälle wieder eingebracht wer- den, sei es durch Zurücknahme der Streichungen, sei es auf andere Weise. Die Regierung will den Ausschüssen ent- sprechende Vorschläge machen. Auf Mittwoch nachmittag 4 Uhr ist die s o z i a l d e m o- kratische Reichstagsfraktion einberufen, um zu den Steuerfragen endgültig Stellung zu nehmen. Für un- iere Fraktion gilt auch heute noch, was ihre Vertreter in den Besprechungen mit der Regierung und den Koalitionspartsien wiederholt zum Ausdruck gebracht haben: daß die ganze Steuerangelegenheit für uns nicht erledigt ist, solange man sich aus die bisher ausgearbeiteten Steueroorlagen beschränkt. Bestehen bleibt vielmehr die Forderung nach einer Erweite- rung des Finanzplanes unter starker Heranziehung des Besitzes, nicht nur um den inneren Etat ins Gleich- gewicht zu bringen, sondern um auch Mittel zur Erfüllung unserer Reparationsverpflichtungen zu erübrigen.
Zur Gehaltsregelung der öeamten. Zu der Regelung der Gehallsftagen für die Beamten Ist noch folgendes zu bemerken: Bei der jetzt erfolgten Nachprüfung der Besoldungsbezüge für da» Personal der Reichsbetriebe wurde für die Arbeiter eine Stundenlohnerhöhung von 7S Pf. festgesetzt, was einem Jahres- betrag von 1875 M. entspricht. Bei den Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaften wollte man nun um diesen Betrag da» Beamtengehalt in der Weise erhöhen, daß von den ersten 10000 M. des Geholtee 18,75 Proz. als besonderer Teuerungszuschlag gewährt werden. Auf Wunsch der Gewerkschoftsoertreier erfolgte dann eine Lbrundung nach oben auf 20 Proz. Bei dieser Regelung handelt es sich nicht darum, wie die bürgerlichen Korrespondenzmeldungen berichteten, daß jetzt«in abgestufter Teuerungszuschlag, beginnend mit 40 Proz. bis zu einer bestimmten Gehaltsgrenz; gezahlt wird, sondern diese 20 Proz. von den 10 000 M. bilden einen besonderen, neuen Ein- kommende st andteil. Der ursprüngliche bewegliche Teuerungszuschlag, der gleichmäßig 20 Proz. für alle Gehaltssätze beträgt,.bleibt unverändert bestehen. Doneben werden auf die ersten 10 000 M. Diensteinkommen 2000 M. gleichmäßiger Teuerungszuschlag allen Beamten gewährt. Der Unter- schied liegt also darin, daß der eigentlich« bewegliche Teuerungs- Zuschlag je nach der Gehaltshöhe eine steigende Tendenz hat und dadurch namentlich die schlecht bezahlten Beamten in Aufregung versetzt, während der neu«, besonder« Teuerung»- zuschlug allen Beamten einen gleichmäßigen Betrog gibt, der ober durch den Steuerabzug mit steigendem Einkommen sich reduziert. Im übrigen soll eine Prüfung der Frage erfolgen, ob die für die Arbeiter In besonder» teuren Orten gewährten U«der- teuerungszuschläg« auch auf die Beamten Anwendung sin. den können. Kinderzulagen. Der amtliche Preußische Pressedienst schreibt: Auf Grund einer im Einvernehmen mit dem Finanzminister herausgegebenen Verfügung bestimmt der Iustizminister, daß den Beamten, die am ZI. März 1S20 für über 21 Jahre alte, noch in der Schule oder Berufsausbildung befindliche Kinder Kinderzulagen bezogen haben, längsten» bis zum ZI. März 1922 und nicht über da» vollendete 24. Lebensjahr hinaus a u f
Alles hätte ich mir von Dater und Mutter jagen lassen, solange wir unter uns waren. Wurden dagegen fremde Menschen, zu denen ich die schrecklichen Onkels und Tanten und Cousinen rechnete, zu Zeugen meiner Demütigung gemacht, so legte Ich mir innerlich ein System zurecht, in dem ich mich zu meinem eigenen Verteidiger er- nannte und Eltern wie„Besuch zu schweren Strafen verurteilte. Wenn Eltern ihre Kinder in Gegenwart von fremden Menschen erziehen, oder wenn sie ihre Kinder auf der Straße erziehen, so ist das ein sicheres Zeichen, daß sie selbst der Erziehung in hohem Maße bedürftig sind. Nur unerzogene Eltern erziehen auf der Straße. Täglich muß man das sehen: ein Kind stolpert, stürzt hin, er- hebt sich heulend und birgt sein Wehweh in den weichen Röcken der Mutter. Und die Mutter, die tut was? Die drischt ihr Kind— damit e» fürder aufpasse und nicht wieder stolpere. Neuerdings greife ich ein. Wo immer ich Eltern antteffe, die ihre Kinder vor meinen Augen erziehen(und dos ist für sie dasselbe wie züchtigen), mische ich mich drein und nehme Partei für die Kinder. Gestern ein Fall. Ich gehe durch die Reichsstraße. Bor mir eine Madam mit ihrem Jungen. Der Junge bückt sich und hebt etwa» auf. Die Madam bleibt stehen, nimmt die Hand des Jungen, entwindet ihr einen blinkenden Gegenstand, wirft ihn weg und schlägt unter Schmähworten den Knaben ins Gesicht. Der Knabe, knapp sieben Jahre alt, verbeißt die Tränen und blickt sich begehrlich nach dem Fundstück um. Die Mutter zerrt ihn in den nächsten Hausflur, um ihr pädagogisches Werk zu vollenden. Ich hebe den blinkenden Gegenstand auf. Es ist ein Vergrößerungsglas. Ein gänzlich un- Versehrte» Bergrößerungsglas. Ich fühle mit dem Jungen und ver- stehe seinen Schmerz, nehme den köstlichen Gegenstand, trete in den' Hausflur und sage: „Da, mein Junge, darfst es behalten." Glückselig nimmt er das Glas, während Ich. zu der Mama ge- wendet, fortfahre: „Ich Halle es eben fortgeworsen." Die Madam glaubte mir, well ich ein gutbürgerlich gekleideter Mensch bin, und sie versetzte: „So, ja. das is naticrlich was andere». Dann allerdings. Das Hab' ich ja nich gewußt! Nämlich' weil er nämlich egal olles auf- hebt, nun, wr weiß doch nich, wers in Händen gehabt hat.— Wie sagste denn da?" Eh« ich's verhindern konnte, stotterte der Knabe ein mechanisches ..Danke". •• « von Stund an. des seid gewiß, darf dieser Junge alles auf- heben, was er will.
Heber neueste Malerei sprach gestern abend Im Rahmen der von der Volksbühne veranstalteten Vorträge Dr. Alois Schardt, Direttorialassistent der Nationalgaleri«, im Hörsaale des Kunst- gewerbemuleums. Ausgehend von der Tatsach«, daß für bildende Kunst ebenso wie für Musik nur der besonder« Beanlagte empfang- lich sein kann, daß aber auch dieser vor jedem Kunstwerk und jeder
Antrag die Zulage in Höh« von 50 M. monatlich weiter bewilligt werden kann, solange die Boraussetzungen über die seiner- zeit erfolgte Bewilligung fortbestehen. Die Weiterbewilligung über das vollendete 24. Lebensjahr hinaus kann nur in ganz be- sonders begründeten Ausnahmefällen und nur mit Zustimmung des Iustizministers erfolgen. Die gleichen Bestimmungen gelten sü: Zulagenempsänger, die die Zulagen bisher für wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen erwerbsunfähige Kinder über 21 Jahre erhalten haben. Für Kinder, die nach dem 31 März 1920 ihr 21. Lebensjahr vollendet haben oder noch vollenden und für über 21 Jahre alte Kinder von Wartegeldempfängern. Ruhegehaltscmpfängern und Witwen von Beamten können Kinderzulagen nicht bewilligt werden. Beamtenbund und Befoldungsfrage. Der Volstand de? Deutschen BeamienbundeS hat folgende Entschließung einstimmig angenommen: „Der Vorstand des Deuliwen BeamicnbundeS hat den Be- richt feiner Vertreter über die Bejoldungsverhandlungen entgegengenommen und erkennt deren Haltung an. Ob- wohl festzustellen ist, daß die vom Dcutilben BeamtenbunirAuk- gestellten Forderungen nach sozialer Gestaltung de» TeuclUngS- zuschlage» im Prinzip v e r w i r k l i ck r werden sollen, kann er nach Prüfung oller Veihältnisse dem Vorschlage seiner Vertreter auf Annahme der von ihnen angebotenen Regelung nicht bei» treten. Er lehnt sie deshalb in«brem Endergebnis ab. Der Vorstand des Deutschen BeomtenbundeS wird seine Forderung auf Erhöhung und sozialere Gestaltung der Grundgehälter weiter vertreten und behält sich die zur Durchsetzung seiner Forderungen notwendigen Maßnahmen vor." Die künftige Beamteulaufbah«. Der Reichstag hat bekanntlich die Reichrregierung in einer Eni- schließung ersuche, für die künsttige Lausbahn der Beamten aller Reichsverwattungen allgemin gültige Grundsätze zu erlassen, unbe- schadet abweichender Regelung in besonderen Fällen bei begründetem Bedürfnis. Diese Grundsätze sollen für Beförderungen sowohl den Nachweis der Befähigung durch Ablegung der Prüfung, als auch die Bewährung im Dienst Kelten lassen. Die Grundsätze sind mit den beteiligten Organisationen der Beamten zu vereinbaren und dem Reichstag zur Nachprüfung vorzulegen. Nachdem zunächst eine Besprechung zwischen den Reichsver- waltungen und den einzelnen Landesregierungen stattgefunden hatte, wurden am 12. Januar die Epitzenorganisationen zu einer Sitzung im Reichsministerium des Innern eingeladen. Nach der Tagesord- nung sollten folgende Punkte zur Beratung kommen: Vorbildung (ür die einzelnen Beamtengruppen. Einberufungsalter und Prüfungen. Trotz fast fünfstündiger Berhondlung wurde nur die Frage der Vorbildung erledigt und die Weiterberatung auf den 21. Januar vertagt. Für den Vorbereitungs- und Probedienst wird nur Volks- schiflbildung verlangt, lm Zweifelssalle ob dies« vorhanden, soll An- nahtneprüsung erfolgen,«benio dann, wenn beson'ter« Kenntnisse erfo!derlich sind. Solcbe sind für die Gruppen 1— 4 nicht nonrendig, für die Gruppen 5— 6 sind sie zu fordern. Die nichttechnisckien Be- amtenstellcn der Gruppen 5 und 6 sollen als Ein�angsstellen für Z'vilanwärter nicht in Frage kommen, um den Ausstieg der in den unteren Gruppen befindlichen nicht zu erschweren oder unmöglich zu machen. Ueber die Annahmeüedingungen für die mitt- lereLaufbahn(Gruppe 7) und die Bedingungen für die p l a n- mäßige Anstellung in den Gruppen 7, 8 und 9 gingen sie Auffassungen auseinander. Für Gruppe 7 hielten dl« Vertrefc-r des Allgsmünen Deutschen Gewerkschaftobundes eine siebenklassige Mittelschulbildung für ausreichend. Di« Regierungsrertreter und die Ver- trster des DGB.(christlich) sowie des Eewerklchaftsrinaes stimmten dem zu, während der Deutsch « Beamtenbund das Abitur verlangt. Die Technikerfrage soll besonder» behandelt werben. Keine Rückzahlung bei farifwidriger Eingruppierung. Der ReichsfinanMinister bat folaende Verfügung erlassen: „U e b e r z a h l u n g e n, die ein Arbeiter auf Grund einer tarif- widrigen Eingrupplerung bereits bezogen hat. sind ihm zu belas- fett, sofern er sie nickst nachweislich im Mangel des guten Glaubens erlangt hat. Die Haftung des Dienststellenleiters für eine von ihm vorgenommene Eingruppierung, die nicht auf entschuldbarem Ver- sehen beruht, bleibt hierdurch unberührt: zur Anordnung von E in- beHaltungen der zuständigen Bezüge zwecks Minderung oder Abwendung seiner Hastung für toriswidrige Eingruppierung ist der Dienststellenleiter nicht befugt."
Kunstrichtung einer besonderen Einstellung bedarf, entwickelt« der Vortragende- an einer Reihe Lichtbilder nach Gemälden von Feinin- qer. Schmidt-Rol-tluff, Heckel. Kirchner und Marc das Wesen der neuen, sogenannten«xprelsionistijchen Kunstan'chauung und Formen- spräche. Diese Bildonalysen waren so lebendig und seinfuhlrg. sie charakterisierten den Gefühlsinhalt und malerischen Ausbau jedes einzelnen Werkes jo klar und eindringend, daß die 5zörer nicht nur zum Verstehen der gezeigten Gemälde gelangten, sondern darüber hinaus einen Schlüssel zum Verständnis der gesamten modernen Kunst erhielten. Was die Volksbühne bisher wiederholt vergeblich versucht hatte: ihrem Publikum ein« lebendig« und fruchtbringende Einfllrung in das geheimnisvolle Reich des Expressionismus zu bieten, ist ihr durch tiefe Veranstaltung endlich und vollkommen gelungen.— Am nächst n Sonnabend,'A8 Uhr, wird Dr. Schardt einen zweiten Lichtbildervortrag halten, in dem die letzten Aus- läufcr der neuesten Kunst, der Dadaismus, die Mcrzmalerei und die sogenannte absolute Malerei, behandell werden sollen. I. S. Rabindranath Tagur in wetmar. Rabindranath Tagurs „König der dunkeln Kammer" hat nun auch aus den Brct- tern de» Weimarer Deutschen Notionaltheater» Gestalt gewonnen. Vielleicht hat die» settiain mystische Spiel, das in wech- elnden Bildern dem Auge vorüberzieht, nirgend in Deutschland tärkeres Heimatrccht als an der Stelle, an der auch der zweit« Teil »es„Faust", in den Goethe so viel„hineingehetmniste". wie er sagte, eine Form gewann.— Die Form und Gestalt, die Ernst Hardts öühneneinrichtung und Spielleitung der Dichtung des Indiers Tagur lieh, ist geeignet— vielleicht einzig geeignet, das würde den Mißerfolg an einzelnen anderen Bühnen erklären—, dieser Dichtung die Wirkung auf einer deutschen Bühne zu sichern. Das dam- mernd Geheimnisvolle kam ebenso zur Geltung wie die scherzhafte Realistik einzelner Figuren, die beinahe manchmal etwas Shake- fpearcsches haben, auch dem Humor der Erzählungen von Tausend und einer Nacht verwandt sind. Und die Bühnenbilder waren, wenn auch nicht alle gleich geglückt, stellenweis von großer Schönheit. Die mächtigen einfachen, die ganz« Bühne überschneidenden Dreieck- linicn wirkten stark: die Farben klangen manchmal an die Reinheit versischer Miniaturen an. Besonders schön ist das dritte Bild, tn dem ein kraftvolles Rot vor einem strahlenden tiefen Blau steht, und der Stufenprrcmidenaufbau der sieben Könige. Als ich hcimzing, sprachen auf der Straße die hinter mir Gehen- den darüber, ob dies Spiel jemals auf weitere Kreise ein« Wirkung üben und ihr Interesse gewinnen könne Es habe zu wenig Aktion. Trotzdem, so meine ich, kann es dies« Wirkung erzielen, wenn es solch schimmernd schönes Märchcnzewond trägt wie hier in Weimar , denn dann gibt es auch dem Auge derer etwas, die nur schauen mögen und vielleicht die verborgene Weisheit in manchen Aus. sprüchen des indischen Dichters nicht aufzunehmen vermögen. Wer die üblich« Sensation des efseitoollen Aktschlusses erwartet, der wird freilich einer Enttäuschung nicht entgehen, vbschon die sich fort. spinnende Handlung doch eine steigen"« Spannung auslöst die in der Weimarer Darstellung gut zum Ausdruck kam. Man'muß auch ein wenig innere Einstellung zum Symbolischen haben wenn man Tagur auf sich wirken lassen will. Mir will scheinen, als hätte die Handlung des„Königs der dunkeln Kammer" die Geschichte der Gott suchenden und Gott sindenden Seele, die in der Königin