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Nr. 45 39.Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Die Verteuerung der Krankenhauspflege.

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Freitag, 27. Januar 1922

auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung unverändert behalten, zur Annahme.

Der Antrag Meni, der den Magistrat ersucht, der Versamm lung schleunigst eine Vorlage für eine räumliche Neuordnung ver Taubstummenschule und eine den gegenwärtigen An­Gemischte Deputation zur Beratung des Manteltarifs der Gemeindearbeiter. forderungen an Ausbildung, Fortbildung und soziale Fürsorge der Taubstummen entsprechende Regelung des Taubstummenwesens zu Die geftrige Stadtverordneten sigung brachte den Wünschen der Kommunisten genehmigt. Der Verkauf des unterbreiten, ist Gegenstand einer Ausschußberatung gewesen. Der die Einführung der aus den Stadtratswahlen hervorgegange städtischen Grundstücks in Treptow an den ADGB. für Ausschuß, für den Kreuziger( Soz.) referiert, hat den Antrag nen zwölf unbesoldeten Stadträte, unter denen acht Bureauhauszwede steht ebenfalls zur zweiten Lesung. Ben der einstimmig angenommen, sich aber auch nach Besichtigung der wiedergewählte und vier neugewählte sind. Die sozial( Dnat.) beantragt Ausschußberatung und wird darin von Streiter heutigen Anstalt, die gegenüber den Provinzialan­demokratische Fraktion hat infolge ihrer bei den( D. Bp.) unterstützt, während Ha( Soz.) und Reimann( U. Soz.) stalten durchaus dürftig und unzureichend erscheine ,. Stadtverordnetenwahlen erzielten Verstärkung auch einen un- schußberatung wird in namentlicher Abstimmung mit 88 gegen reichenden Anzahl von Klassen und Dekonomieräumen fordert. die fofortige Annahme warm befürworten. Der Antrag auf Aus- zu einem Zujazantrag vereinigt, der die Bereitstellung einer aus­befoldeten Stadtrat mehr erhalten, neben den wiedergewählten 76 Stimmen abgelehnt, die Borlage in einfacher Abstimmung Beide Anträge werden einstimmig angenommen. Genossen Ahrens und Rohl als dritten den neugewählten angenommen. Rrüger( S03.) rügt, daß beim Namensaufruf Die Vorlagen wegen Fertigstellung der Nordsüd Genossen Rechtsanwalt Treitel, dem ein Unabhängiger die Namen der bürgerlichen Mitglieder mehrmals aufgerufen bahn, betr. Aenderung der Kraftdroschkenordnung, hat Plaz machen müssen. Bei der Eidesleistung versprach der wurden. Der Vorsteher verspricht für die Zukunft Abhilfe. betr. Abänderung des Berliner Statuts der Erwerbslosen= fommunistische Stadtrat Leh: Ich schwöre Treue der Reichs­Zum Verkauf des Fabritgrundstücs Flotten fürsorge und die Gebührenordnung für die Erteilung verfassung." Viel Zeit wurde wieder mit Geschäftsord- straße 48 in Berlin - Reinidendorf( Birtschaftsamt) teilt Stadtrat der Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen werden der nungsdebatten vertrödelt. Der Beschluß, dem Allgemei inße mit, daß die Verschiebung der zweiten Lesung für die Stadt Ausschußberatung überwiesen. Eine Reihe weiterer Borlagen wird ohne Erörterung genehmigt. nen Deutschen Gewertschaftsbund ein Grundstüd insoweit gute Frucht getragen hat, indem jegt 400 000 m. mehr ge­in Treptow zu verkaufen, fonnte durchgedrückt werden. Im Gabel( Romm.) plädiert für Ablehnung der Borlage und erneuert boten sind, so daß der Verkaufspreis auf 7% millionen steigt. Gegen 10 Uhr schließt die öffentliche Sigung. die Erhöhung des Kurtostensages der ran feinen Brotest gegen die Verschleuderung städtischen Grundbesitzes fenhäuser wurde noch einmal in langer Debatte gestritten, an das Privattapital. Ihm schließt sich Richard Runze( Dtsch.- Soz.) aber sie war infolge der finanziellen Notlage der Stadt und mit scharfen Seitenhieben auf die Linke und ihre Sozialisierungs­ihrer Krankenhäuser nicht zu umgehen. Die Redner der sozial- beftrebungen sowie unter Hinweis auf das an ausländische Rapi­demokratischen Fraktion, Genoffin Dr. Wygodzinski und talisten verschobene Bornsdorf an Genosse Krüger, traten den Behauptungen der Unab­hängigen und der Kommunisten entgegen, daß nach der Kosten fazerhöhung eine Minderung der Krankenhausüber­

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Nachdem noch Schmidt( U. Soz.) und Koch( Dnat. Bp.) sich für den Verlauf ausgesprochen, wird dieser in von den Kommunisten beantragter namentlicher Abstimmung mit 144 gegen 21 Stim men genehmigt. Ueber die Erhöhung der Kurkostensätze

weisung von Rassenmitgliedern fommen werde. Es wird Sache der Mitglieder sein, die Kassenvorstände auf ihre Pflicht hinzuweisen, falls die Krankenhausüberweisung in den städtischen Krankenhäusern foll heute ebenfalls in zweiter verweigert werden sollte., Sehr wichtig war die dringliche Lesung beschlossen werden. Dr. Ben!( U. Soz.) hält den Wider gegen die Erhöhung aufrecht und behauptet, daß die An­Borlage, zur Prüfung des Mantellarifes der Ge- nahme des Magistrats, die städtischen Selbstosten pro Kopf und meindearbeiter eine gemischte Deputation ein Tag feien auf 80. gestiegen, mit den Tatsachen nicht überein­zusetzen. Dieser für die weiteren Tarifverhandlungen be- ftimmt. Jedenfalls fei ein Saz von 40 m. täglich für einen deutungsvolle Antrag des Magistrats wurde fast einstimmig Kranten in 3. Rlasse unerhört hoch und taum noch erschwinglich. zum Beschluß erhoben. Redner beantragt Ausschußberatung.

Sihungsbericht.

Eröffnung nach 5% Uhr durch Dr. Caspari. Bunächst erfolgt die Einführung der wieder- bzw. neu­gewählten unbe soldeten Stadträfe Wege, Benede, Krause, Peter, Kohl, Ahrens, Schlichting, Rechtsanwalt Dr. Treitel, Rauf mann Letz und Frau Dr. Weyl. Oberbürgermeister nimmt Anlaß, in feiner Einführungsansprache nachdrücklich zu betonen, daß der Sitz der Selbstverwaltung des Organismus Groß- Berlin nicht in dessen Gliedern, sondern im Zentrum, bei der Stadtverordneten­versammlung und dem Magistrat, sich befindet. Er gedenft mit An­Stadträte Scholz, Gallas, Rante und Frau Deutsch . Die Oben­genannten werden sodann, soweit noch erforderlich, auf die Reichs­verfassung und auf die preußische Verfassung vereidigt und auf ihr Amt verpflichtet. Hierauf heißt auch der Borsteher die unbefol­deten Stadträte willkommen. Eine langwierige

Geschäftsordnungsdebatte

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Dr. Kirchner( Dnat. Bp.) glaubt nicht, daß ein Kranter für 40. in feiner Behausung verpflegt und behandelt werden kann. Bolle man die Krankenhauser nicht zugrunde gehen lassen, so müsse man der Erhöhung zustimmen. Rintorf( Romm.): Es handelt ich hier um die vitalften Intereffen der Aermsten der Armen, für die die Stadt aufkommen muß. Bir beharren auch bei unserem Antrage der Vereinfachung der Sozialversicherung, ftimmen aber Frau Dr. Wygod heute zunächst für den Antrag Bent. 8inssi( Goz.) tritt Weyl und Rintorf entgegen.

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Die Behandlung zu Hause feste mehr als im Krankenhause. Für die Kranten mit geringerem Einkommen( für beide Chegatten zufammen bis zu 25 000 m.) fei ja der Say auf die Hälfte ermäßigt. Der Bormurf unsozialen Verhaltens der Sozialdemokraten falle damit in sich zusammen. Krüger( Goz.) wendet sich ebenfalls gegen Weyl und Rintorf und stellt nochmals fest, daß man hier bei dieser Gelegenheit, trog grundsäglicher Uebereinstimmung, die Frage der Vereinheitlichung unmöglich lösen kann.

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Auch Runze( Dtsch. Sog.) beteiligt sich an dieser ,, lehrreichen" Debatte; er will nur die Gebührensäge der 3. Klasse dem Ausschuß überweisen.

fnüpft sich nunmehr an eine Beschwerde von Dörr( Romm.) über geschäftsordnungswidriges Berfahren des Borstehers und feines Ueber einen Antrag Weyl, die Vorlage dem Magistrat zur Ber­Stellvertreters Fabian gegen die Kommunisten im Falle eines vollständigung der ziffernmäßigen Unterlagen zurückzugeben und bis Widerspruchs gegen die Bornahme der zweiten Lesung einer Bor - dahin die Beschlußfaffung auszusehen, wird auf Antrag Dörr lage. Nach langem Hin und Her wird die durch den Brotest von namentlich abgestimmt. Der Antrag fällt mit 128 gegen Dörr angeregte prinzipielle Frage, wann spätestens dieser Wider- 53 Stimmen. Auch der Antrag Runze wird abgelehnt; die Mag i- spruch erhoben werden muß, mit 101 gegen 91 Stimmen dem Gestratsoorlage gelangt zur Annahme. schäftsordnungsausschuß zur Prüfung überwiesen.

Eine dringliche Magistratsvorlage schlägt zur Beratung des Manteltarifs für die Gemeindearbeiter

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eine gemischte Deputation vor. Auf Anfrage von Schumacher ( Komm.) nach dem Stande der Berhandlungen erklärt Stadtrat Roblenzer, daß diese noch nicht zum Abschluß haben gebracht werden können, da eine Berständigung bisher nicht erzielt sei. Man hoffe aber einen Weg dazu noch zu finden. Nach einer kurzen Ab­wehrbemerkung von Stadtrat Koblenzer wird die Einsetzung einer Deputation aus 8 Magiftratsmitgliedern und 17 Stadtverord neten beschlossen.

Der Bertauf einiger Barzellen vom städtischen Siede lungsgelände Eichfamp wird in zweiter Lesung entgegen

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Eine seltsame Nacht.

Roman in vier Stunden von Laurids Bruun. ,, Er fann ja im Wirtshaus einfehren!" ,, Das tann man ihm nicht anbieten jezt, da er der reichste Mann des Amtsbereiches ist!"

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Frau Helwig antwortete nichts. Sie merkte, wie ihre Augenlider zitterten, und sie strich sich wie aus Müdigkeit

über die Stirn.

Hjarmer aber ließ nicht nach.

Wir müssen ihm freundlich entgegenkommen, du," sagte er eindringlich. Man kann nie wissen, wozu es gut ist, be­sonders jezt, wo wir uns um die Stellung bemühen; vielleicht hat er Berbindungen nicht?"

Werner Hilsöe Verbindungen!

Trog ihrer Nervosität fonnte sie faum ein Lächeln unter­

brücken.

Die Errichtung eines Schladensteinwerks auf dem Grundstüd und im Gebäude der füillgelegten Trodengemüse­anstalt in der verlängerten Binsstraße hat der ständige Etatsaus schuß genehmigt und die 1% Millionen Mart Anlagekosten be­milligt. Die Städtischen Schlackensteinwerte Berlin" follen in eine G. m. 6. 5). umgemandelt werden.

Selbstlose Autobesitzer.

Als die neue Berliner Kraftdroschlensteuer, die den Fahrgast mit 10 Proz. des Fahrpreises belegt, in Berlin eingeführt wurde, ant­worteten die Droschtenbefizer bekanntlich unter lebhaftem Protest ihrer Angestellten und Chauffeure mit einem Streit. Sie haben sich bald eines Besseren besonnen und machen nun die Rechtsparteien in der Berliner Stadtverordnetenversammlung mobil. Zur Unterstüßung des dahingehenden deutschnational volksparteilichen Antrages ließ der Verein der Kraftdroschtenbesitzer ein gedrucktes Rundschreiben an alle Stadtverordneten ergehen, von dem man nur sagen kann: Wenn das nicht zieht, zieht gar nichts mehr! Sie rechnen in musterhafter Ausführlichkeit zusammen, was eine Autodroschke alles dem Staat und der Stadt an Steuern einbringt, wobei die Einkommensteuer der Arbeiter, die die Droichte vor Jahren fertiggestellt haben, eben­sowenig vergessen wird, wie der Zoll, der auf Del und Benzin liegt. So ergibt sich die irrfinnige Summe von 198 840 mt.

Wie selbstlos die notleidenden Kraftdroschkenbesitzer aber im Interesse der Allgemeinheit arbeiten, erkennt man erst bei genauerer Nach der in Ansatz gebrachten Betrachtung dieser Steuersummen. eines Umfassteuersumme beträgt das Jahreseinkommen Droichtenbesizers brutto 135 000 m., nach der angesetzten Ein­tommensteuerfumme netto rund 40 000 m Nach den übrigen Steueriägen hat er aber im Laufe des Jabres folgende Ausgaben zu leisten: Gummiberbrauch 72 000 M., Benzin und Del 100 000 m.,

Reparaturen 15 000 M., Instandhaltung 5000 M., Amortisation 50 000. das find zusammen 242000 m. Ausgaben. Dazu fommen dann außer den Chauffeurlöhnen noch all die Steuern, die aber im Vergleich zu dieser Summe so flein sind, daß wir sie getrost außer Aniaz lassen können.

Also es ist Tatsache die Droschkenbefizer beweisen es uns ichwarz auf weiß: Jeder Droschlenbefizer gibt Jahr für Jahr weit über 100 000. aus feiner Tasche zu, um seinen bedürftigen Mitmenschen das Vergnügen einer Autofahrt zu verschaffen. Kann Und ist es nicht in der man die Selbstlosigkeit weitertreiben? Tat eine Barbarei, pie sie nur ein ur ein Rotes Sa Haus fertig bringen, fann, solchen Idealisten noch eine Steuer zuzumuten, die ihre Fahrgäste tragen sollen?

Aber wir sollten meinen, die Droschenbefizer hätten doch ein ganz direktes Interesse an dieser Steuer. Es könnte doch noch einige ganz verstockte Sünder im Noten Haufe geben, die sich von dieser mit solchem Fleiß zufammengestellten Tabelle auch noch nicht überzeugen ließen. Da würde denn die Einnahmekontrolle durch die neue Steuer ein ganz unwiderlegliches Beweis material erbringen. Auch der Böswilligste würde dann ebenso wie die Steuerverwaltung erkennen, daß die Einnahmen eines Kraftdroschken Die Kommunisten beantragen, in den Aufsichtsrat der G. m. b. 5. auch den Betriebsrat aufzunehmen. Ein Bertreter der Deutschen befizers in der Tat 100 000 wet. weniger als seine Ausgaben be Bollspartei lehnt dieses Verlangen ab, da damit diese städtische tragen, daß kein Kraftdrostenbefizer bisher sein G. m. b. H. wieder politifiert würde. Einkommen zu niedrig angegeben oder etwa gar Mach weiterer Debatte ge­langen die Ausschußanträge mit einem Antrag eitmann( S03.), Steuern Hinterzogen hat. Die Stadt würde dann sicherlich wonach die zur G. m. b. 5. übertretenden Arbeiter den Anspruch Mittel und Wege finden, um diese ihre felbstlosen Mitbürger ganz Und tun Sie ganz, als ob Sie zu Auf Wiedersehen! Hause seien!" Dann ging er durchs Kontor hinaus und schloß die Tür hinter sich.

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,, Meine Frau ist ganz meiner Meinung wir haben bereits darüber gesprochen. Er wandte sich zu Fräulein Seima, die an der Eßzimmer­tür stand und mit dem Doktor über Ellen sprach:

in

Sie

bei

,, Ach, Fräulein Sindal! Das Fremdenzimmer ist wohl Ordnung, nicht wahr?" ,, Das Fremdenzimmer?"

Fräulein Selma sah hastig von dem einen zum andern. ahnte Frau Helwigs Nervosität und sagte schnell:

Ich glaube faum, daß-"

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Jetzt wurde Hjarmer ärgerlich. Was sollte nur diese erst bei seiner Frau und nun Widerspenstigkeit bedeuten Fräulein Selma. Ja, natürlich," sagte er scharf, weshalb nicht?" Fräulein Selma fand in der Eile einen Vorwand. ,, Bir haben die ganze Wäsche dort liegen. Morgen foll geplättet werden!"

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Hilsöe verstand. Der Schatten eines schmerzlichen Lächelns glitt über seine dunklen, festen Augen.

Dann bitte du ihn darum!" sagte sie schließlich. Ich tue es nicht!" Ich danke Ihnen für Ihre Freundlichkeit, Herr Amtsvor­,, Liebste ist das Gastfreiheit?" wandte Hjarmer vorsteher!" jagte er. Ich fürchte aber, daß mein Besuch unge­wurfsvoll ein. Dann ging er auf Hilsöe zu und sagte sehr legen tommt." zuvorkommend:

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Ich bin überzeugt, Herr Hilsöe, daß es Ihnen peinlich sein wird, unter den augenblicklichen Verhältnissen im Ziegel­bei uns hof zu übernachten. Wenn ich Sie bitten darf vorliebzunehmen!"

Werner verbeugte sich.

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Besten Dant, Herr Amtsvorsteher!" sagte er formell, in­dem sein Blick hastig zu Frau Hjarmer schweifte.

Ich glaube faum, daß ich Ihr Angebot annehmen darf!" fügte er zögernd hinzu.

Hjarmer, dem sein Blick auf die Frau des Hauses nicht entgangen war, beeilte sich, den Eindruck von dem seltsam unwilligen Benehmen seiner Frau abzuschwächen:

Es wird mir und meiner Frau ein großes Vergnügen fein, Sie als Gast bei uns aufzunehmen!"

Jetzt wandte Werner sich offen an Frau Helwig und fragte laut:

Was sagt die Frau des Hauses dazu?"

Hjarmer war böse. Er sandte Fräulein Selma einen strengen Blick zu.

,, Aber gewiß nicht!" sagte er mit Entschiedenheit. ,, Wollen Sie dafür sorgen, Fräulein Sindal, daß das Zimmer instand gefegt wird." Um feine weiteren Einwendungen zu hören, trat er jetzt an Doktor Sylt heran und sagte:

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Frau Hjarmer stand noch immer über den Tisch gebeugt und suchte im Nähkorb; sie wagte nicht, sich zu Hilsöe umzu drehen, weil sie wußte, daß ihre zitternden Lider und das nerböse Beben der Oberlippe ihre innere Erregung verraten

würden.

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Während er so mitten im 3immer stand und sie unver­wandt anstarrte sie fühlte seinen festen Blick im Nacken- dachte sie einen Augenblick daran, ob sie nicht lieber zu den anderen hinausgehen sollte. Aber was würde der Doktor denken, wenn sie den Gast allein ließ? Und Fräulein Selma, die bereits so viel wußte!... Sie würde glauben, daß etwas zwischen ihnen vorgefallen sei.

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Sollte sie Kopfschmerzen vorgeben und zu Bett gehen?.. er sollte nicht glauben, daß sie por ihm

Nein davonlief.

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nein

Und außerdem

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- während vier langer Jahre hatte sie nur bin nicht mit ihm gesprochen, nicht mit ihm mufiziert und wieder von ihm geträumt und sich gesehnt. Sie hatte ja teine Schuld; das Märchen hatte sie zu­sammengeführt; weshalb sollten sie sich nicht an ihrer gegen­feitigen Gesellschaft erfreuen und die kurze Stunde in alten, gemeinsamen Erinnerungen genießen? Und dann morgen - adieu für immer!

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Außerdem hatte Knud recht; der reichste Mann des Be­zirks hatte Anspruch auf Gastfreundschaft im Hause des Amts

,, Ich erwarte Sie also drüben, Doktor, sobald Sie hier vorstehers! fertig sind."

,, Ja, Hjarmer. Ich tomme, sobald ich kann!" ,, Gut. Wir legen inzwischen die Siegel auf!" Während der Doktor, von Fräulein Selma gefolgt, durchs Eßzimmer ging, trat Hiarmer an seine Frau heran.

,, Adieu, Liebste!" sagte er und beugte sich herab, um sie auf die Wange zu füffen, die sie ihm hastig zufehrte. ,, Sei ein bißchen freundlich gegen ihn!" flüsterte er und fügte eindringlich hinzu: Bedenke, daß er der reichste Mann Dann wandte er sich zu Hilsöe:

Frau Helwig tat, als hörte sie es nicht, während Hjarmer des Bezirks ist!" ihr hastig zuvorfam:

Jezt schlug ihr Herz ruhiger, und es schien ihr, daß sie ihr Gesicht beherrschte. Wenn sie nur einen Blick in den Raminspiegel erhaschen könnte, bevor sie sich zu ihm umdrehte! Da hörte sie seine Schritte auf dem Teppich. Fürchten Sie sich, Frau Hjarmer?"

Die tiefe, feste Stimme, mehr als die Worte, forderte ihren Stolz heraus.

Fürchten?" fragte sie und wandte sich hocherhobenen Hauptes zu ihm um, während die Oberlippe sich zu einem Lächeln träufelte.

( Fortsetzung folgt.)