1. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt. �ir. Dienstag, den 18. Dezember 1894. 11. Jabrg. VorlAmenksvevichke. Deutscher Reichstag . 8. Sitzung vom 17. Dezember 18S4, 12 Uhr. Am Tische des Bimdesraths: Fürst H o h en l o h e, v o n Marschall, von Koller, Schönstedt , Nieberding, B r o n s art v. Schellendorsf, Lerchen selb. Auf dem Platze des Alterspräsidenten des Reichstages, des Abg. Dieben, der heute das 84. Lebensjahr vollendet, befindet sich ein prachtvoller Blumenstraujj. Aus der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesetz- entwurfes detreffend Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuches, des Militär-Strafgesetz- buchs und des Gesetzes über die Presse. Staatssekretär im Reicksjusiizamt Stiebcrding: Die Vorlage ist in der Oeffenllichkeit schon lange vor ihrer Vorlegung er- örtert morden und es haben sich daran so bedauerliche Vermuthungen geknüpft, daß ich hoffe, nach der vorlänfigen Er- örterung derselben beim Etat, auf eine leidenschaftslose Be- sprechung derselben rechnen zu können. Eine solche Prüfung an der Hand der Thatsachen wird rasch dazu beitragen, die Gc- speuster zu verscheuchen, die von einer einseitigen Presse über die Borlage und deren Wirkung verbreitet worden sind und von vornherein die öffentliche Meinung gegen ihren Inhalt besangen gemacht haben. Es ist Ueberlreibung, wenn gesagt wird, die Vorlage solle die Presse knebeln oder der freien Aeußerung einen Maultorb anlegen. Es ist ein Jrrthum, als ob die Vorlage nichts anderes sei. als ein verkapptes Sozialistengesetz.(Zuruf links: Was denn?) Die Vorlage richtet sich nicht gegen die Sozialdemokraten.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Die Vorlage ist ein Versuch, auf dem Boden des gemeinen Rechts gewisse Ausschreitungen zu verhindern. So lange nicht behauptet werden kann, daß die in der Vorlage ausgeführten Verbrechen ausschließlich Eigenthümlichkeit der Sozialdemokraten sind, so lange ist die Vorlage nicht ausschließlich gegen die So- zialdemolraten gerichtet. Wir haben uns bei der Ausarbeitung der Vorlage des Programms erinnert, welches 1878 bei der Ber..ihung des Sozialistengesetzes im Reichslage und, wie ich glaube, unter Billigung der Mehrheit des Reichstages aufgestellt worden ist. Als der Fürst Hohenlohe die Verantwortlichkeit für diese Vorlage übernahm, that er nichts anderes, als wozu der Reichskanzler Gras Caprivi vollständig bereit war. Ter von den verbündeten Regierungen vertretene Stand puukl ist kein neuer; die Schutzmittel der Staats- und Gesellschaftsordnung, welche die Gesetzgebung bietet, reiche» gegen- über der Entwicklung der Verhältnisse nicht mehr aus. Die ver bündelen Regierungen haben eine ähnliche Vorlage bereits I87S gemacht; der Reichstag und die verbündeten Regierungen haben es aber für besser gehalten, die Bevölkerung 12 Jahre unter einem Ausnahmegesetz leben zu lassen. Seit Aushebung dieies Ausnahmegesetzes sind aber die Zustände keiner Besserung entgegen gegangen. Die Bombe und der Dolch haben allerdings bei uns nicht die verrufene Rolle gespielt, wie im Auslande; wen» wir uns aber vergegenwärtigen, welche Aussührungen in Versammlungen gemacht worden sind, dann wird es an der Zeit sein, zu untersuchen, ob nicht neue Gesetze nolhwendig sind. Weite Kreise stehen unter dem Einflüsse einer provokatorischen Agitation, welche zu einer großen Erbitterung im Lande geführt hat. Wenn Herr Richter auf die große Zahl der jetzt schon stattgehabten Berurtheilungen hinweist und neue gesetzliche Be- stimmungen für überflüssig hält, so liegt in diesen Zahlen nur der Beweis dafür, wie sehr die gemeinen Verbrechen unter den Anhängern der Sozialdemokratie Platz gegriffen haben.(Oho! bei den Sozialdemokr.ilen.) Herr Bachem hat an der Hand der amt- licken Statistik behauptet, daß die verbrecherischen Thaten, auf welche sich der Gcsetzeniwurs bezieht, nicht vornehmlich in den sozialdemokratisch vertretenen Wahlkreisen, sondern in den östlichen Provinzen Preußens vorgekommen sind. Die Straf- thaleii, welche unter dem Kapitel der Statistik: Verbrechen gegen Staat, Ordnung und Religion zusammengefaßt sind, betreffen eis Artikel des Strafgesetzbuches, darunter namentlich auch die Ver- letzung der Wehrpflicht. Die Vorlage umfaßt nur zwei Artikel, wenn die Verletzungen der Wehrpflicht ausgeschlossen werden, so kommt man zu einem Ergcbniß, ivelches die Nolhwendigkeit der Vorlage klar legt. Man hat die Vorlage ironisch behandelt, aber eine so ernste Sache wie die Minirarbeil gegen Staat und Gesellschast ironisch zu behandeln, ist für das Haus eine bedenk- liche, verantwortungsvolle Sache. Sind seit vielen Jahren die Umsturzbeftrebungen, gegen die das Ausnahmegesetz gerichtet war, beseitig! worden? Das wird niemand behaupten wollen, dann kann man aber auch den ernstlichen Hinlergrund der Vorlage nicht bestreiten. Redner glaubt einige typische Beispiele für die Agitation an- führen zu müssen und verweist zunächst auf ein sozialistisches Flugblatt, welches in polnischer Sprache aus dem platten Lande verbreitet wurde, um die Landarbeiter über ihre wahren Jnter- esfen aufzuklären und worin vom Diebstahl der Herren a» der Ein Staatsverbrechen. (Szene aus der ersten Sitzung der französischen Kammer.) Am Ministertische: Der Ministerpräsident und sämmlliche Minister u. s. w. Präsident der Kammer: Ich eröffne nunmehr die geschäftliche» Sitzungen dieser Session und erlaube mir. zugleich im Namen meiner Stellvertreter, der Herren Vizepräsidenten. Ihnen für unsre Wiederwahl bestens zu danken. Wir werden unsren Tank darin belhätigen, daß wir mit Unpartei- lichkeit(Bravo !), Gerechtigkeit und Nachsicht die uns übertragenen Geschäfte handhaben werden. Ihre Unter- stütznng bei der Ausführung dieses Vorhabens ist uns wohl ebenso gesichert, als sie»othwendig ist.— tZuod Humus, d a m u s, wie der Dichter sagt, was wir haben, werden wir jederzeit gern geben!(Heiterkeit!) Ich will bei dieser Ge- leaenbeil nicht unterlasfen, dem allgemeinen Gefühle Ausdruck zu geben, das uns Franzofen von Kindheil auf beseelt, dem Wunsche, daß unsere lhcuere Republik , die Mutter alles Fortschritts, aller Gesittung, den größtmöglichen Nutzen von dieser Tagung haben möge.(D i e R o y a l i st e n verlassen z u ni T h e i l d e n Saal.) Die französische Republik , der Stolz der Welt, der Hort der Freiheit, sielebehoch! Jubelnder Zuruf aller Abgeordneten, die sich von ihre» Plätzen erbeben, aller M i n i st e r, die ihre Hüte schwenken, aller Saaldiener, die voll Begeisterung die sitze erklettern. Nur einige Royali st en bleiben sitzen. Allgemeiner Tumult. Ruf: Unerhörte Verrätherei! Vaterlandslose Lakaien! Bedientenseelen! Raus!! Der Präsident: Leider hatte ich kein Mittel, diejenigen Herren Tepulirten. die gegen die Sitte wahr- hast französischer Männer sich bei dem Hoch auf unsere geliebte Republik nicht erhoben haben, in der wüuschenswerthen Weise zu maßregeln, ich kann nur bedauern, daß Franzosen sich so weit erniedrigen Arbeit ihrer Untergebenen, von der Habgierigkeit und den Er- Pressungen der Regierungen die Rede ist. Ein anderes Flug- blatt richtet sich an die zungen Leute, welches dieselben ausreizt. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Das ist 25 Jahre alt!) Dasi st allerdings 25 Jahre alt, aber es wird immer noch verbreitet.(Abg. F r o h m e macht weitere Zurufe und wird vom Präsidenten deshalb zur Ordnung gerufen; Beifall rechts.) Ich habe hier ein weiteres Blatt,„Die Freiheit".H.. (Zuruf des Abg. Singer: Die von der Polizei be- zahlt ist!) Präsident v. Levetzow i Es wird fortwährend auf dieser Seite des Hauses... bei den Sozialdemokraten... der Redner unterbrochen. Ich bitte dringend, die Ordnung des Hanfes aus recht zu erhalten.(Beifall rechts.) Dieses Blatt führt ebenfalls eine aufreizende Sprache. Dem gegenüber soll die Vorlage vorbeugend wirken. Die verbündeten Regierungen werden bereit sein, Vorschläge, die hier gemacht werden, in Erwägung zu nehmen. Es giebt, wenn die Vorlage abgelehnt wird, nur zwei Wege: entweder wir gleiten weiter auf der abschüssigen Bahn zu Gewaltthäligkeiten, oder wir müssen wieder zu einem Ausnahmegesetz zurückkehren. Die Artikel II und III bilden nur die Anordnung der Grundsätze des Artikels I, welcher zwei Gruppen umfaßt. Die erste betrifft die Aufforderung zu Verbrechen, die Verführung von Soldaten, die Bedrohung des Volkes mit gemeingefährlichen Verbrechen und die anarchistischen Verbrechen. An die Arbeiter im Soldatenrock richtet sich z. B. ein Flugblatt, welches aus' führt, daß der Arbeiter nicht zum Schutz seines Vaterlandes be rufen sei, sondern zum Schutz des Vaterlandes der Ausbeuter und Tyrannen; die Soldaten werden aufgefordert, ihre Waffen gegen die Tyrannen zu richten. Solche Dinge können jetzt unge- straft verbreitet werden. Die zweite Gruppe richtet sich gegen die Anpreisung von Verbrechen und gegen die Aufreizung verschiedener Bevölkernngsklassen gegen einander. Als der Präsident Carnot ermordet wurde, erschien in der„Freiheit" ein Artikel „Santo Caserio ", der den Mörder verherrlichte und ihm Un- sierblichkeit zusprach; in einem anderen Blatt erschien ein Artikel „Christliche Märtyrer und anarchistische Verbrecher", in welchem die letzteren den ersteren vorgezogen wurden. In einer anderen Nummer desselben Blattes wird der Diebstahl und Mord ver- theidigt. Solche Lektüre muß junge, unreife Männer zu Ver brechen anstiften. Wenn Sie die Vorschläge der verbündeten Regierungen vorurtheilsfrei prüfen und sich dabei nicht von Erinnerungen leiten lassen an die Borschläge von 1875, welche allerdings erheblich weiter gingen, dann werden Sie au- erkennen müssen, daß es nichts Unzulässiges ist. was der Presse und der Versammlungsfrcibeit zugemiilhet wird. Tie Vorschriften betreffen die Verächtlichmachung öffentlicher Einrichtungen, die Verbreitung falscher Thatsachen. Die Ein schränkung, welche jetzt besteht, daß nur die wissentliche Ver breitung falscher Thalsachen strafbar ist, hat diese Bestimmung ganz wirkungslos gemacht. Es können erfundene Thalsachen zur Beunruhigung der Bevölkerung verbreitet werden, z. B. die Meldung über die Todesmärsche der Truppen u. s. w., ohne daß der Urheber bestraft werden könnte. Die Strafe soll eintreten, wen» der Urheber solcher Nachrichten nicht nachweisen kann, daß er dieselben für zuverlässig halten mußte. Bei den Vorschlägen zum Schutze der Religion, der Monarchie, der Ehe, der Familie und des Eigcnthums waren wir uns bewußt, daß wir uns einer ätzenden Kritik aussetzen würden. Redner verweist aus Artikel des„Sozialist" und eine Broschüre Bakunin's :„Gott und der Staat", die jetzt noch verbreitet werde, und ans„Ein Zwiegespräch über die Ehe zwischen zivei Frauen", in welchem auch das Eigenthum angegriffen wird. Solche Artikel und Broschüren kommen in weile Kreise und verwirren Hunderte und Tausende. Sollen wir einem solche» Zustande ruhig zusehen? Das wird niemand bejahen wollen, der es mit dem Staate gut meint. Es wird niemand mehr daran zweifeln, daß es ein politischer Fehler war, als der Reichstag 1875 eine ähnliche Vorlage ablehnte. Daß die Verrohung weiter vorgeschritten ist, daß ein dankbarer Boden für die Arbeiter der Sozialdemokratie entstanden ist, ist unverkennbar. Ich hoffe, daß der Reichstag die Vorlage nicht ablehnen wird, daß vielmehr die großen Gesichtspunkte der Verantwortlichkeit für die Erhaltung des Staates und der Ordnung unserer gesell- schaftlichen Zustände bei denen vorhanden sind, die über die Vor- läge zu entscheiden haben. Ich bitte Sie, sich gegenwärtig zu halten, daß in der Welt, in der wir leben und unserer Arbeit nachgehen, wir in Berührung kommen mit einer anderen Welt voll Haß gegen alles Bestehende und daß an der Spitze dieser Welt unsichtbare, aber um so gefährlichere und thätigere Agi- tatore» stehen, die unverrückt ihr Auge auf jene Zukunft ge- richtet habe», von der sie hoffen, daß sie ihre Ideale zum Siege führen wird. Ideale, deren Durchführung nicht denkbar lst ohne Vernichtung der Daseinsbedingungcn der jetzigen Welt. (Zwischenruf: Olle Kamellen!) Mit solchen trivialen Worten, Herr Rickert, ist die Sache nicht abgethan. Es werden so lange olle Kamellen bleiben, bis Sie zu Ihrem Leidwesen ein» können(Bravo !),«ine monarchische Staatsform herbeizusehnen: Franzosen, die der Welt ein Jahr 1789 ge- geben, die der geknechteten Menschheit den Weg zur wahren Freiheit gezeigt, die den veralteten Moder des Mittelalters aus den hohen lustigen Sälen dieses Ge- bäudes, in dem wir tagen, hinausgeräumt haben.(Lebhafter Beifall.) Abg. C h a u v i n a r d: Es ist für jeden republikanischen Patrioten tief schmerzlich, daß der offenbare Hochverralh jener Herren keine andere Strafe finden soll. Der Herr Präsident hat schon bedauert, daß ihm kein Disziplinarrecht in diesem Fall zur Verfügung steht; auch wir bedauern das und beklagen es, daß wir mit solchen Menschen dieselbe Luft athmen müssen.(Lärm bei den R o y a l i st e n.) Es ist eine Schmach für Frankreich , wenn das Ausland sieht, daß in unserer Republik sich Menschen finden lassen, welche uns wieder in das mit so viel Blut und Tdräne» abgeschüttelte Joch einer Königsherrschaft spannen wollen.(Lebhafter Beifall.) Wir hegen die feste Zuversicht, daß außerhalb dieses Hauses die gebührende Strafe der Verrälher nicht ausbleiben wird.(Beifall und Zischen.) Ministerpräsident. Ich habe dem hohen Hause die Mittheilung zu machen, daß der Herr Generalprokurator gegen die Herren, deren Verhalten die gerechte Entrüstung aller Republikaner hervorgerufen hat. wegen Beleidigung der Republik die Anklage erhoben wird.(Lebhafter Beifall und Lärm.) Der Generalprokurator wird das Haus um die Genehmi- gung zur strafrechtlichen Verfolgung bitten. 'Abg. Bourbonnais(Royallst). Es ist unerhört, daß wir nicht das Recht haben sollen, der Ueberzeugung unserer Wähler hier Ausdruck zu geben.(Lärm.) Wir sind gewählt worden von Leuten, die mit der hier bestehenden Staats- form nicht einverstanden sind und von der Umwandlung i n e i n e m o n a r ch i s ch e ihr Heil erwarten.(Großer Lärm.) Sollten wir nun gegen deren Willen hier an dieser Stelle die Republik ehren und hochleben lassen, die wir außerhalb dieses Hauses mit allen Mitteln bekämpfen? Ist das die gepriesene verfassungsmäßige Freiheil der Abgeordneten, daß sie mit der Mehr- sehen werden, daß es zu spät ist. Ich hoffe, die Mehrheit des Reichstags ist sich ebenso wie die verbündeten Regierungen der Verantwortlichkeit bewußt, welche diese Vorlage mit sich bringt. und wird nicht geneigt sein, die Gefahr zu unterschätzen, die in stiller Minirarbeit unsere Gesellschaft bedroht und, wenn sie weiter fortschreitet, unausbleiblich dahin führen wird, daß im Volk der Glaube an all' die Ideale, die wir uns durch jahrtausendelange Kulturarbeit erworben haben, wieder ver- loren geht. Daran, daß dies verhindert wird, bitten wir Sie mitzuwirken.(Beifall rechts.) Abg. Singer(zur Geschäftsordnung): Mit Rücksicht auf Leere der Bänke des Hauses und mit Rücksicht auf die wichtige Vorlage beantrage ich die Vertagung der Sitzung und zwar bis nach den Ferien, und da ich nicht sicher bin, daß dieser Antrag angenommen wird, bezweifle ich zugleich die Beschlußfähigkeit des Hauses. Mein Antrag wird nicht durch den Umstand hervorgebracht, daß wir hier auf diesen Bänken es ab- lehnen, über die Vorlage jetzt zu verhandeln, wir würden bereit sein, bis über Weihnachten hinaus mit Ihnen diese Vorlage zu besprechen. Wir haben aber ein Recht zu fordern, daß eine solche Vorlage nicht zu einer Zeit, wo die meisten Herren bereits die Koffer in der Hand haben, um nach Hause zu fahren, verhandelt wird, wir haben ein Recht zu fordern, daß eine solche Vorlage in einem beschlußfähigen Hause zur Berathung kommt.(Sehr richtig! links.) Ich weiß' sehr wohl, daß, da das Haus nicht beschluß- sähig ist, der Präsident aus seiner Machtvollkommenheit die Sitzung und Tagesordnung festsetzen kann, aber ich erkläre schon jetzt, daß, wenn der Zustand im Hause sich nicht ändert, wir denselben Antrag auf Vertagung wiederholen werden. Vor der Abstimmung über unseren Antrag bezweifle ich die Beschluß- fähigkeit des Hauses. Abg. Manteuffcl(d!.): Ich bitte dringend, den Antrag Singer abzulehnen. Wir meinen, daß dieser Antrag gestellt ist. weil die Umsturzvartei nach dem niederdrückenden und beschämenden Material des Staatssekretärs—(Große Unruhe. Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Ruf: Älbern!) Abg. Singer: Wenn auch Herr v. Manteuffel an diese seine Ausführung glaubt, der große Theil des Hauses—(Präsident v. L e v e tz o w: Das gehört absolut nicht zur Geschäftsordnung?) Dann will ich nur bemerken, daß die Ausführung des Herrn v. Manteuffel uns nicht hindert, bei unserem Antrage bestehen zu bleiben. Wir sind in der Lage, die Wirkung der eben gehörten Rede im Lande auszuhalten.(Heiterkeit.) Während der Zählung bemerkt Abg. Rickert, daß er den Zwischenruf weder gemacht, noch verstanden habe; es sei ihm gesagt worden, daß der Zwischenruf:„Olle Kamellen!" von an- derer Seite gekommen sei. Der Namensaufruf ergiebt die Anwesenheit von nur 158 Mitgliedern; das Haus ist also nicht beschlußfähig, wozu 199 Mitglieder gehören. Die Sitzung wird abgebrochen. Präsident v. Levetzotv: Ich sehe mich zu meinem Be- dauern in der Hebung meiner Pflicht, die Zlrbeiten des Hauses zu fördern, durch den Verlagnngsantrag und die Beschluß- Unfähigkeit des Hauses, zil deren Feststellung der Antrag gestellt war, verhindert. Es würde ganz vergeblich sein, heute oder morgen eine weitere Sitzung abzuhalten, und ich erlaube mir deshalb Ihnen vorzuschlagen, die nächste Sitzung am D i e n st c. g, den 8. Januar, 2 Uhr Nachmittags, mit der heutigen Ta/ges- ordnung abzuhalten. Ich will hoffen, daß das Haus danr.'be- schlußfähig ist, damit der heutige Borgang sich nicht wiederholt. (Beifall.) Schluß 2Ve Uhr. VarlktmenkarifAzes. Der BundeSrath und die Reichstagöbeschlüsse. Dem Reichstage ist eine Uebersicht der vom Bundesrath gefaßten Entschließungen auf Beschlüsse des Reichstags aus der zweiten Tagung des 9. Gesetzgebnngsabschnitts zugegangen. »« Gesetzentwurf über die Binnenschifffahrt. Dem Reichs. tage ist der Entwurf eines Gesetzes betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei zugegangen. »» « TaS Zentrum und der landwirthfchaftliche Kredit. Das Zentrum hat beantragt: die Mittel der Verfichernngs- Anstalten in weiterem Umfange als bisher für das l a n d w i r t h s ch a f t- liche Kreditbedürfniß und für die Erbauug von Arbeiter iv oh nungen zugänglich zu machen und die Mittel der R e i ch s b a n k in weiterem Umfange als bisher dem landwirthschaftlichen Kredit- Be» d ü r f n i ß zugänglich zu machen. heit des Hauses hüpfen und von den Plätzen springen muß wie der Herr Präsident es wünscht, falls sie nicht den scherzen. Ihrer berühmten Republik überliefert werden sollen?(All- gemeiner Lärm). Wird sind Monarchisten und w ü n k ch e n nicht die Erhaltung der Republik.— Da haben Sie den Grund für unser Verhalten!(Großer Tumult; die Ab- geordneten bedrohen sich mit Tintenfässer»). Abg. M u e t(Republ.): Es gehört ein trauriger Muth (Sehr gut!) dazu, die Mehrheit dieses Hauses mit solchen Worten geradezu ins Gesicht zu schlagen. Ich beantrage im Namen meiner Freunde Ausschluß der Abgeordneten. die hier sitzen geblieben sind, auf die Dauer der ga«.zen Session, ferner die A u s l i e f e r u n g an den Generalprokurator, da in oiesem Falle, wo es sich um die Erhaltung unserer repu- blikanischen Einrichtung handelt, die Unverletzbarkeit der Abgeordneten absolut nicht in Frage kommen kann. Die royalistische Partei stellt sich außerhalb der bestehen- den Staatsordnung und kann auch nicht die Rechte nor- maler Staatsbürger genießen.(Lebhaster Beifall! Sehr gut!) Meine Partei wird ferner einen Gesetzesparagraphen einbringen, der die Republik vor ähnlichen Demonstrationen schützt(Ruf: Eine schöne Republik, die davor. Angst hat!),— es sollen diejenigen mit den strengsten Strafen belegt werde», die bei einem Hoch auf die Republik nicht mit einstimmen, sondern gar auf ihren Plätzen sitzen bleiben.(Beifall.) Vidsarit. consules!— P r ä s i d e n t. Ich werde in der nächsten Sitzung diese Anträge gedruckt der Versammlnng vorlegen; die heutige schließe ich mit dem Ausdruck des Bedauerns, daß Franzosen sich so schmachvoll(Bravo !) benehmen konnten. Daß ich doch nicht mehr solch frevelhaftes Betragen erlebt hätte(Bravo !!). Bei der Erregung der Gemüther ist eine ruhige Berathung der Tagesordnung nicht mehr möglich; ich vertage daher die Sitzung auf nächste Woche. (Lebhafter Beifall. Tumult. Die Abgeordneten dringen mit Fäusten und Stöcken auf die Staatsverbrecher ein und treiben sie in die Flucht. Allgemeiner Siegcstaumel. Es wird -in Bankett abgehallen.) A— Z.
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