Nr. Jahrgang
Heilage öes vorwärts
5rs§tag, 17. Lebrum 1H22
Die neuen Tariferhöhungen. Abstimmnngswirrwarr in der Stadtverordnetenversammlung.
In der Stadtverordnetenversammlüna Nagten gestern die Kommunisten über immer wiederholte Hinausschiebung der Erörterung ihrer Anträge, aber immer wieder muß gerade mit ihren weitschweifigen Gefchäftsordnungsdebatten und mit den von ihnen beantragten namentlichen Abstimmungen die Zeit vertrödelt werden. Bemerkt zu werden verdient, daß endlich auch die Unabhängigen dieses Treiben satt haben, so daß sie es gestern nicht mehr mitmachten und ihr Redner das auch ausdrücklich betonte. Aus der langen Tagesordnung wurde gar nichts weiter erledigt als die zweite Beratung der aus dem Ausschuß zurück- kommenden Borlage über die neuen Tariferhöbun- gen, die den ganzen Abend in Anspruch nahm. Die sozial- demokratische Fraktion entschloß sich unter dem Zwang der schwer aus der Stadtverwaltung lastenden finanziellen Not den Tariferhöhungen zuzustimmen, sie wehrte sich aber gegen die Verquickung mit dem Manteltarif der Gemeinde- a r b e i t e r, die hinter dem vom Ausschuß gemachten Vor- schlag steckt, die Tariferhöhungen einstweilen bis zum 30. Juni zu befristen. Als unser Redner, Genosse L o h m a n n, das als E r p r e f s e r p o l i t i k bezeichnete, gab es bei den Deutsch - nationalen einen Wutausbruch, aber Lohmann hielt ihnen vor, daß im Ausschuß ihr Redner Steiniger aus ihren Absichten kein Geheimnis gemacht hatte. Nach fast vierstündi- ger Debatte konnte man endlich zur Abstimmung schreiten, bei der dann der Vorsteher Caspari es glücklich wieder dahin brachte, daß der ärgste Abstimmungswirrwarr und im An- schluß daran böse Skandalszenen entstanden. Die Tarifer- hohungen wurden abgelehnt als unbefristete und auch mit Befristung auf das laufende Etatsjahr, angenommen aber mit der Befristung b i s z u m 30. I u n i. In einer noch drewiertelstündigen tumultuarischen Geschäftsordnungsdebatte wurde um die Frage gestritten und krakeelt, ob die zweite Ab- stimmung überhaupt rechtsgüllig fei oder nicht. Wie„gemütlich" es bei allem Radau im Saal zuging, zeigte ein Gruppenbild, das von dem Kommuni st enDörr und dem Deutschnationalen Pfarrer Koch„ge- stellt" wurde. Obwohl im Saal Rauchen nicht üblich ist, zündete sich Herr Dörr vergnügt eine Zigarette an und gab Herrn Koch Feuer, an dem auch er seine Zigarette in Brand setzte. Sitzungsbericht. Zwei Anfragen der 1b Soz. betreffend die Mißstände in der Müllabfuhr und die infolge des Streiks eingetretenen Einfchränkun- gen im Straßenbahnbciricbe gehen an den Magistrat. Der Antrag der Kommunisten vom 23. November auf Bewilli- gund von 580 Millionen zur Bekämpfung der Teuerung beantragt Dr. Rosenberg(Komm.) vorweg zu erledigen. Fabian (Dnat.) widerspricht, ebenso Krüger(Soz.), der den Ankrag nicht ernst nehmen zu können erklärt, ebenso Dr. Wen!(II. Soz.). der ihn zwar ernst nimmt, aber ihn auf den nächsten Schwerinstag ver- weist— Für den Antrag Rofenberg stimmen nur die Kommunisten. Dörr fragt den Vorsteher Dr. Caspari, wer ihn beauftragt habe, im Namen der Versammlung, wie das„Tageblatt" berichte, beim Begräbnis der drei technischen Nothelfer einen Kranz nieder- zulegen. X, Dr. C a s p a r i' Diese Nachricht ist falsch. Ich habe einen Kranz der Deutschen Volkspartei niedergelegt. Ein zweiter durch einen Boten des Hauses niedergelegter Kranz war von der demo- kratifchen Fraktion gewidmet. Ich hätte aber sehr gerne einen Kranz im Auftrage der Versammlung niedergelegt.(Große Unruhe links.) Ich habe keine Anregung dazu gegeben, um durch die Ver- handlang darüber unsere Arbeiten nicht noch weiter zu verzögern. — Man berät zunächst
die neue Deckuvgsvoklage, über die Dr. B o r ch a r d t(Soz.) den Ausschiißbericht erstattet. Der Ausschuß hat zuerst die sämtlichen Tariferhöhungen, die der Ma- gistrat vorschlägt(Elektrizität auf 6 M., Gas auf 3,3V M., Wasser auf 1,00 M.) abgelehnt, dann aber mit der Befristung bis zum � 30. Juni 1022 angenommen. Die Befristung ist von derselben Seite ! vorgeschlagen, die die Dcckungsvorloge nur im Zusammenhang mit ! der Rückwärtsrevidierung des Manieltarifs gelöst wissen will. Dr. Michaelis(Dem.): Wir stimmen bei der Notlage der | städtischen Finanzen dem Magistrat grundsätzlich zu, müssen aber , darauf bestehen, daß die neue starte Erhöhung des Wafserpreifes ' den Hausbesitzern irgendwie abgenommen wird, daß eine Abwälzung 1 auf die Mieter ermöglicht wird. Sonst würden wir die Erhöhung des Wafsertarifs ablehnen. Ueber die Befristung denken wir sehr skeptisch: es ist eine Politik de? Illusionen, zu glauben, daß die er- höhten Tarife am 1. Juli wieder abgebaut werden können. Das Gegenteil wird eintretem Kämmerer Dr. K a r d i n g: Schon in allernächster Zeit wird eine Vorlage gemacht werden, die eine Steigerung des Miet- Zuschlages auf Grund der Erhöhung des Wasscrstandtarifs ent- halten wird. Dr. L o h m a n n(Soz.): Der letzten Deckungsvorlage haben wir unter dem Zwange der Notlage zugestimmt, die heutigen Ausschuß- anträge aber lehnen wir ab, und wir beantragen die unbefristete , Annahme nach der Magistratsoorlage. Gegen die Art, wie die ' Deutfchnationalen versucht haben, die Tariferhöhungen mit dem , Abbau des Manteltarifs zu verkoppeln, müssen wir uns mit aller Kraft wehren; eine solche Erpresserpoliiik machen wir nicht mit (Lärm rechts): Dr. Steiniger hat im Ausschuß ganz ausdrücklich erklärt, auf diesem Wege einen Druck und Zwang ausüben zu wollen. � Die Deutschnationalen sagen: Die Börse oder das Leben!(Ge- iächter rechts.) Ganz unklar und unentschieden haben sich im Aus- ; fchusie die U. Soz. verhalten. Aufs bestimmteste lehnen wir den Antrag der Demokraten ob, wir stimmen gegen die Erhöhung des , Wassertarifs, wenn jener Annahme findet. Anscheinend lassen sich ! die U. Scz. von der Rücksicht auf die kommenden Wahlen leiten! Wir müssen dafür sorgen, daß die städtische Ver- waltung und die städtischen Werke nicht zusam- in e n b r e ch e n. Geht unser Antrag nicht durch, so beantragen > wir, die Erhöhung nur bis zur Beschlußfassimg über den Etat für 1022 gelten zu lassen. Unter allen Umständen aber muß auch der bloße Anschein einer Derquickung der Tariferhöhungen mit dem Manteltarif vermieden werden R. Kunze(Dtsch. Soz.) sieht in der Vorlage einen neuen Be- leg für den mit Riesenschritten nahenden Zusammenbruch. Er fragt den Kämmerer, inwieweit die Behauptung des„Lokal-Anzeiger" aus dem Oktober zutrifft, daß aus der Sparkasse Gelder entnommen worden sind, um die Beamten zu bezahlen(Unruhe), ferner, ob die Stadt denn nicht endlich Anstalt machen wolle, die Steuerschraube i gegen das mobile Kapital durch Besteuerung der Dividendengewinne � kräftigst anziehen zu lassen, anstatt weiter die breite Masse durch Verbrauchssteuern zu belasten. Ein Antrag der Kommunisten, ihren Dringlichkeitsantrag von vorgestern betreffend die Maßregelungen mll zu beraten, wird vom Vorsteher als verspätet beanstandet und von der großen Mehrheit abgelehnt. Der Kämmerer protestiert energisch gegen die systematische Verdächtigung, die in der„Lokal- Anzeiger"- Notiz am Tage vor den Wahlen bezüglich der Sparkasse enthalten gewesen ist. Es sei nicht ein Pfennig ans der Sparkasse für Gehälter und Löhne entnommen worden. Die 3Z-Prozent- Grenze sei nur ganz vorübergehend überschritten worden, als die großen Kreditanstalten Verlin zwangen, auf einen Sturz große Beträge zurückzuzahlen. Lange(Z.) erklärt sich für die Vorlage und gegen die Be- fristung.— Dr. Steiniger(Dnat.) verbreitet sich über den
Manteltarif und übe.r die Durchlöcherung des Achtstundentages: er verharrt dabei, daß der Termin des 30. Juni als Bedingung gestellt wird. Das fei nicht Erpresserpolitik, sondern Gebrauch des ver- fassungsmäßigen Rechts.— Schwenk(Komm.): Ständige Tarif- erhöhungen können die Stadtfinanzsn nicht gesund machen; sie ver- ewigen bloß den circulus vitiosus, in dem wir uns bewegen. Die Massenentlassungen haben lediglich den Betrieb der Werke ge- schädigt. Es geht ein neuer Antrag der Kommunisten ein, der,„um die städtischen Werke vor weiterem Schaden zu bewahren", die Wieder- einstellung aller Arbeiter und Angestellten verlangt, das Ver- halten des Magistrats und der Betriebsleiter mißbilligt, die die Wiederaufnahme der Arbeit verhindert haben, die Entfernung die- ser Personen fordert und das Anrufen der Technischen Nothilfe ver- urteilt. Die Zulässigkeit der Mitverhandlung dieses Antrags wird vom stellvertretenden Vorsteher Meyer bezweifelt und von v. E y n e r n (D. Vp.) und D o v e(Dem.) verneint. Die Kommunisten erzwingen namentliche Abstimmung über ihr Verlangen; sie bleiben mit ihren 17 Stimmen allein. R e i m a n n(U. Soz.) erklärt sich mit dem Inhalt des kommu- nistischen Antrages durchaus einverstanden, stellt aber fest, daß das von den Kommunisten beobachtete Verfahren eine grobe Unanständigkeit war; sie würden an Demagogie nur noch von R. Kunze übertroffen. Redner polemisiert gegen Dr. Loh- mann, kritisiert das neue Sparprogramm des Magistrats und lehnt schließlich die gesamten Tariferhöhungen ab. Der Oberbürgermeister bekräftiat seine Erklärung vom vorigen Freitag, daß loyal verfahren, daß Maßregelung und Rache- � Politik vermieden werden soll. Di« Beschwerdekommissionen sind z eingesetzt und arbeiten; bisher sind Maßregelunaen nicht festgestellt. ; Jeder Fall wird auch weiterhin forgfättig geprüft werden. Müller- Fran ken(Wirtsch.P.) lehnt die Erhöhung des Tarifes für Gas ab. A l b r e ch t(Dt. Vp.) sagt dem Oberbürgermeister für seine Er- klärung Dank und kann in der Annahme von Arbeitern nach dem Maßstabe des Bedarfs keine Maßregelung, sondern lediglich den Beginn einer wirtschaftlichen Gesundung erblicken. Hierauf wird um 0 Uhr ein Schlußantrag angenommen. U r i ch (U. Soz., zur Geschäftsordnung): Sie haben mir durch Ihre Brutali- � tät unmöglich gemacht, die Unwahrheit nacbzuwsifen, deren der Oberbürgermeister heute zum zweitenmal sich schuldig gemacht hat. (Ungeheurer Lärm; Redner wird zur Ordnung gerufen.) Es sind ! Leute gemaßregelt word«n, die 32 Jahre im städtischen Dienst stan- | den, weil sie vor zehn Jahren einmal Vertrauensmänner waren. I In der nachfolgenden Flut persönlicher Bemerkungen bezeichnet .Schumacher(Komm.) den Kollegen llrich, der ihn in einem ! Zwischenruf als von den Kapitalisten bestochen hingestellt hat, als ■ gemeinen Schwindler.(Große Unruhe und Lachen.)— U r i ch gibt Details; Schumacher erklärt den Wahrheitsbeweis für miß- lungen. Im Schlußwort holt Dr. B o r ch a r d t nach, daß der Ausschuß den Antrag wegen Abwälzung der Wasserpreiserhöhung abgs- lehnt hat. Die Abstimmung ergibt zunächst die Annahme der Sätze der Vorlage und des Antrages auf Befeiti- gung der Befristung, der Antrag der Demokraten geht dabei mit 03 gegen 87 Stimmen durch. In der Gesamtabstimmung-fällt diese Fassung mit 105 Stimmen der Deutschnationalen, Unabhängi- gen und Kommunisten gegen 84 Stimmen der übrigen Fraktionen. Es wird nunmehr über den Eventualantrag der Sozial- demo traten abgestimmt und- dieser mit der gleichen MehrheU. abgelehnt. Der Vorsteher läßt hierauf abstimmen über die Gel- tungsdauer bis zum 30. Juni und erklärt die Vorlage mit diesem Termin für angenommen, da anscheinend die bürgerlichen Parteien geschlossen dafür stimmen. Dörr(Komm.) und Dr. Weinberg (U. Soz.) legen gegen die Legitimität dieses Wstimmungscrgebnisies Protest ein. Di« Persammlung beherrscht andauernde allgemeine Erregung, in der die Aeußerungen der nächsten Redner verloren gehen.— Dem Borsteher wird der Borwurf gemacht, da� er nicht noch über die Vorlage mit dem Termin 30. Juni Hab« abstimmen lasten.— Die weitere Entwicklung im Umkreis der Rednertribüne führt zu einem stürmischen Zusammenstoß zwischen Schalldag (D. Vp.) und Dr. Wey!<U. Sozch Unter dem anhauenden Tumult der Versammlung schließt Dr. Caspari gegen 10 Uhr die Sitzung.
Eine selksame Aacbt. Roman in vier Stunden von Lanrids Brunn „Da war es der unerforschliche Wille des Schicksals," fuhr er feierlich und geheimnisvoll fort,„daß der Böse in mich fuhr... Sieh den an, dacht« ich, der ist klug, er verlangt Geld von ihm, well er sein Leben vernichtet hat. Und der Alte wagt nicht, es ihm zu verweigern. Das solltest du auch tun, dachte ich»» denn dein Leben hat er auch zerstört. Ja, jetzt soll er es büßen, dachte ich, entweder mit Geld oder mit dem Leben. Und ich fühlte mich so kräftig auf den Beinen wie seit Iahren nicht. Ich stand auf und schlich mich durch die Pforte und längs den Gartenwegen. Ich kenne den Park ja von früher her. Und ich wußte, daß Herr Hilsö« schwach auf den Beinen war und die Verondatreppe nicht vor mir erreichen würde.'Ich versteckte mich im Syringengebüsch. Gott , wie dufteten die schönen, weißen Blumen, während ich dastand und wartete!— Und dann— als er kam— da trat ich voi und bat um einige Groschen für Branntwein." „Ach, du armer Kerl!" Doktor Sylt schüttelte den Kopf. „War das alles?" „Was sagten Sie zu ihm?" fragte Hjarmer. „Das weiß ich nicht mehr. Aber er antwortete ebenso grimmig, wie er immer gewesen ist— daß ich mich zum Garten hinausscheren solle, sonst würde er den Hund auf mich hetzen. Aber sehen Sie. ich wußte ja, daß der Hund im Früh- jähr gestorben war." „Wober wußten Sie das?" „Ich kam ja bin und wieder mal in die Küche." „Zu Mamsell Berg?" fragte Sylt interessiert. „Nicht zu ibr selbst!— Davon durfte ja niemand etwas wissen!— Aber die Köchin gab mir ab und zu was zu essen— und dann bekam ich Herrn Hilsöes abgelegte Stiefel— weil Ehristins wußte, daß wir Nomaden so viel herumtraben, und Herrn Hilsöes Stiefel paßten mir gerade— und'n bißchen Geld aab's auch an Feiertagen" „Was geschah Hann weiter�" „Ja. seben Sie ich botte also das Eewebr parat!" „Das Gewehr?" Hjarmer sab überrascht aus. „Er meint seinen Stock'" erklärte Frau Helwig. „Du hattest also deinen Knüppel parat!" sagte der Doktor. „Ja— und da verletzte ich ibm eins übers Auge, daß er den Hut verlor und hinstürzte— mausetot!"
Niemand sprach. Kasper sank zusammen und starrte vor sich hin, als sähe er den Alten mit dem Loch im Kopf vor sich liegen. „Und was weiter?" fragte Hjarmer. „Da fuhr der Böse in mich— denn ich dachte nur an das, was ich haben mußte." „Was war das?" „Branntwein!— Und da räuberte ich die Brieftasche, die ich vor kurzem in seiner Hand gesehen hatte. Sie war groß und schwer; und als ich zur Gartenhecke zurückkam, da nahm ich heraus, was drin war, die Tasche aber warf ich fort, damit sie mich nicht verraten sollte." „Und was weiter?" „Da lief ich mit all dem schönen Geld zu Iesper." „Wer ist das?" „Ach, das ist der mit der Winkelschenke. Sie wissen wohl! — Aber der wollte mir nichts verkaufen.—„Das Geld host du gestohlen!" sagte er, als er den großen Schein sah. Da rannte ich davon, damit er mich nicht sestkriegen konnte, und lief in den Wald und legt« mich auf einen Abhang im Mond - schein. Ich war so müde, und meine Hände zitterten so furcht- bar, daß ich die Papiere kaum halten konnte." „Weshalb zitterten Sie?" „Well ich nur drei kleine Schnäpse bekommen hatte. Aber wie ich so dalag und nachdachte- kam ich auf den Gedanken, die Papiere durchzusehen und die Scheine zu zählen, und da..." Die Stimme schlug über in plötzlicher Rührung. „... da fand ich ein großes Stück Papier , das viermal zusammengelegt war/ Hjarmer suchte zwischen den Papieren, die er in der Hand bielt. „Dieses hier?" fragte er. „Ja. Und ich las es kn dem weißen Mondlicht"— Kaspers Stimme wurde leise vor Rührung—„und da sah ich, daß es ein Testament war."' „Em Testament!" Der Amtsvorsteher entfaltete hastig das Papier. „Das Testament ?" sagte Frau Helwig in größter Spannung. „Einer tollte drin ent-rbt werden." Frau Helwtq griss sich eines plötzlichen Stiches wegen ans Herz, und sie nef halblaut: „Ann wie vorder!" ,.Un8 b" war Ge'd sow�b' für die Stadt wi« für bns Kirchspiel. Und zuletzt stand Christine Hansens Name da!"
Kasper atmete schwer. Dann setzte er mit zunehmender Rührung fort, während die Worte fast unverständlich wurden: „Und sie sollte dreitausend Kronen im Jahr haben, so- lange sie lebte!" Er wischte sich die Nase und trocknete sich die Augen mit seiner zitternden Hand. „Und was dann?" fragte Hjarmer. „Da dachte ich." fuhr er schluchzend fort,„daß es Sünde sei, daß sie alles umsonst getan haben sckllte." „Was denn?" „Erst war sie ihrer Liebe des Geldes und Ansehens wegen untreu geworden— und nun sollte sie um den Kaufpreis be- trogen werden und aus ihre alten Tage arm wie eine Kirchen- maus dastehen. Denn wenn das Testament nicht da sei, würde keiner ihr einen Pfennig geben. Und da dachte ich, daß es der unerforschliche Instik des Schicksals sei, daß ich den Alten er- schlagen solle, damit sie als Witwe ihr gutes Auskommen habe. Und das hat sie schließlich doch ihrer Jugendliebe zu verdanken, obgleich sie sie so schändlich betrogen hat." „Und deshalb hast du dich gemeldet, Kasper?" „Ja, damit sie kriegen kann, was ihr rechtlich zukommt!" „Aber Sie selbst?" fragte Hjarmer und sah ihn ernst an. „Haben Sie daran gedacht, was Ihrer wartet?" Kasper ricktete den Kopf auf und atmete tief und stöhnend. während alle Eesichtsmvskeln wie in lautlosem Meinen zitier- len. Dann brach es aus der Tiefe seines Herzens hervor, stark und schwer und erlösend; „Dann wird dieses schlimme Leben wohl ein Ende haben!" „Können Sie morgen bei einem Verhör bekräftigen, was Sie hier gesogt haben?" „Jedes einzige Wort!" Hjarmer legte die Hcmd auf feine Schulter. „Ja, dann sind Sie also jetzt verhastet. Kasper!" „In Jesu Namen— das bin ich wohl!" „Folgen Sie mir!" sagte Hjarmer und ging auf die Kontortür zu. Kasper folgte ihm einige Schritte. Dann blieb er stehen und sah sich nach d«n anderen um, als wolle er bei ihnen Hilfe suchen. „Was ich noch sagen wollte—" begann er und strich sick mit der linken Hand über den Rock. Hiarmer wandte sich um. „Was haben Sie noch auf dem Herzen?" „Kann ich nicht einen"der zwei Schnäpse bekommen?" kam es leise, fast wimmernd. Fortsetzung folgt.)