miffion anerkannt werden. Vermutlich dürften sich aber zu- nächst Belgien , Italien und Serbien an dem Ab- kommen beteiligen. Vier Fälle sind vorgesehen, in denen von den Vertrag- schließenden Einspruch erhoben werden kann gegen einen Geschäftsabschluß: 1. wenn es sich um ein Scheingeschäft hau- delr, 2. wenn der Geschäftsvertrag dem Gesamtabkommen widerspricht, 3. wenn von der deutschen Außenhandelsstelle die Ausfuhr verweigert wird und 4. wenn die Ausfuhr noch nicht verteilt ist. Für die Ausfuhrerteilung steht der Außenhandels- stelle eine Frist von insgesamt 3 Wochen zur Verfügung. Hat die Reparationskommission über diese Frist hinaus noch eine Woche auf die Entscheidung der Außenhandelsstelle gewartet, fo muß die deutsche Regierung auf Antrag über deren Kopf hinweg entscheiden. Andererseits ist die Reparationskom- Mission gebunden, nur dann gegen eine gefällte Entscheidung der Außenhandelsstelle Einspruch zu erheben, wenn diese die Ausfuhrgenehmigung auf Reparationskonto schlechter behan- delt als sonst. Im übrigen verpflichten sich die deutsche Regierung und die Reparationskommission, darüber stets zu wachen, daß die oben errechnete Quote von 150— 200 Millionen Goldmark im reien Verkehr nicht überschritten wird. Ferner verpflichten ich nach dem Vertrag die Länder zu gegenseitiger Unter- tüßung gegen Betrügereien bei Geschäftsab- chlüssen; jeder einzelne Geschäftsabschluß muß gleichfalls die Bestimmung enthalten, daß er sich im Rahmen des Abkom» mens hält. Die Verträge, die auf Grund des Abkommens zwischen deutschen Verkäufern und Käufern aus den alliierten Staaten abgeschlossen werden, werden genau so behandelt wie alle übrigen Geschäftsverträge und unterliegen ebenso wie diese den deutschen Gesetzen und Vorschriften. Waren aus dem besetzten Gebiet z. B. können auf Reparationskonto nur angerechnet werden, wenn sie die deutsche Ausfuhrkontrolle passiert haben. Waren, deren Ausfuhr verboten oder kon- tingentiert ist, dürfen nicht geliefert werden. Diese können nur im Rahmen des Friedensvertrages gefordert werden, nicht im freien Verkehr. Werden weniger Sachleistungen auf Grund dieses Ab- komniens geliefert, als die Quote an sich zuließe, so darf der Restbetrag nicht aus die Barleistungen angerechnet werden. Die Umrechnungen selbst erfolgen nach dem Stand der Kurse am Tage des Geschäftsabschlusses, danach werden z. B. die Franken in Papiermark und diese in Goldmark umgerechnet. Deutschland kann das Abkommen kündigen, wenn es nach- weist, daß ein Land den Vertrag mehrfach gebrochen hat. Da es sich bei dem Abkommen um keine Aenderung des Friedensvertrages, sondern nur um eine neue Regelung im Verfahren seiner Ausführung und Erfüllung handelt, wird es den Parlamenten der beteiligten Länder nicht vorgelegt wer- den, sondern nur als ein Abkommen zwischen der deutschen Re- gienmg und der Reparationskommission geschlossen werden. Soweit die Mitteilungen der PPR. Der Wert der deut- schen Ausfuhr im Jahre 1920 wird mit etwa 4 Milliarden Goldmark augegeben. 200 Millionen bilden nur den zwanzig- sten Teil dieser Summe. Man wird also die Bedeutung dieses neuen Experiments, das zunächst bis zum 30. April 1923 dauern soll, nicht überschätzen dürfen. Wichtiger ist das Wiesbadener Abkommen, wichtiger ist die Frage, wie die 720 Millionen Goldmark für das laufende Jahr aufgebracht werden sollen. Wichtiger wäre noch mancher- lei anderes, z. B. die Frage, welcher wirtschaftliche Schaden nicht nur Deutschland , sondern der ganzen Welt durch den ewigen Wechsel und die ewige Unsicherheit der Finanzpläne zugefügt wird. Das soll natürlich kein Vor- wurf gegen diejenigen sein, die sich um das Zustandekommen des neuen Abkommens bemüht haben. Der Marsch durch das Sumpfgelände der Provisorien muß eben fortgesetzt werden, bis der solide Boden eines ausführbaren Definitivums erreicht ist. Und da das neue Abkommen dem Wahnsinn der phan- tastischen Barzahlungen durch das nüchternere System der Sachleistungen zu Leibe geht, darf man es wenigstens als einen Schritt in der richtigen Richtung betrachten.
Zwischen 1800 unö 2000. Konzertumfchau von Kurt Singer . Wir schreiben das Jahr 192Z, die Musikrevolutionäre vom hohen Flug der Schönberg und Bufoni 2000, das unverbildete Volk und das arg oerbildete, auf Staub und Tradition stolze Publikum der .Philharmonie, der Staatsopernkonzerte, schreibt 1822. Kenne sich in diesem Rätsel innerer, bedeutsamer Zahlen aus, wer kann. Der Kompromiß in der Mitte scheint nicht der schlechteste Ausweg. Wenn heute Bufonis klcmgarme, ätherleichte, philosophisch zerstückelte Faust-Musik neben Haydn und Schubert gestellt wird, so muß dieser ungewohnte Geist die Menschen von heute entgeistern. Zugegeben: Dieses Greisenstück ist dürr, seelenlos, matt. Aber totschweigen ist vornehmer und besser als totzischen; besonders wenn es sich um scheinbar leblose Gebilde handelt. Wer weiß, wie es Brahms oder Schubert im Jahre 2000 ergehen wird? Schon heute ist Tausenden «ine Lamentation Palestrinas glattes Mißbehagen. Hören wir auch ruhig Schönbergs llls-moII-Quartett an; nicht die Noten, die schauderhaft klingen, in Zickzackwegen dahinlaufen, ungebunden, in sonderbarsten, dem Ohr feindlichen Ausbiegungen, Anprallungen, Verpfuschtheiten landläufiger Harmonien. Irgend etwas an diesem Werk, über ihm schwebend, in den Zwischenräumen raunend, ist neues Melos, noch unergründet und noch nicht ohne Bewußtheit klingend, aber vorausschauende Revolution, krampfendes Leben. „Ein Funken vom heiligen Feuer", ein„Dröhnen nur der heiligen Stimme"(George). Vielleicht auch das nicht einmal. Ein Rufer heiligster Gesinnung aber, umhaucht von der Lust anderer, kühlerer Planeten, wirft uns das Wort hin. Das L a m b i n o n> Quartett spricht es mit Inbrunst nach, und Nora P i s l i n g gibt der Litanei, der Cntrllckung die außerordentliche Einfühlungskraft einer erlebnis- starten Stimnie. Und der„Melos"-Vereinigung darf man Dank sagen für den Eifer ihrer Propaganda in Musikdingen des 21. Jahr- Hunderts. In jedem Jahrhundert wird oder würde man die Tänze zum „Artemis"°Drama des Kopenhagener Louis G l a ß zur überflüssigen Gelegenheitsmusit rechnen. Schnedler-Petersen , ein ruhi- ger, nur sachlicher, unpersönlicher Dirigent, bringt das knallige und im Tanz französifierende Stück aus seiner Heimat hierher und streicht landsmännischen Beifall ein. Tossy Spiwakowsky hat mit Tschaikowskns Violinkonzert hinterher eigentlich leichten Stand. Da singt doch einer Melodie, wenn auch nicht gewählteste, da schreibt «iner Lyrik und virtuosen Schmiß. Der junge Tossy ist ein technisches Phänomen: doch muß die ungeheure Fixigkeit der Läufe und Griffe Seele und Adel des Tons dämpfen. Es bleibt ein Beben, ein leid- »olles Vibrato haften, das von Knechtschaft, Ghetto, von Blut und Entsagung spricht. Freier, großer Ton strömt aus F l e s ch s Meister- geige, die ein kunstvoll, wechselvoll, stets ansprechend tätiger Bogen dirigiert. Leider ist in diesem Rondo capricioso Saint-Saöns' keine Note französisch nachgelebt, Eleganz und Grazie ist durch deutsche Echwerblütigkeit, exakte Gewissenhaftigkeit ersetzt. O, könnte Isay« das kapriziös« Spiel»ach einmal hergebe»! Svsa»»« g j& ei» Re»
General v. watter gegen üea �vorwärts". Gestern mittag wurde vor dem Schöffengericht in Moabit über die Beleidigungsklage des Generalleutnants a. D. v. W a t t e r gegen den verantwortlichen Redakteur des„Vorwärts", Genössen Victor Schiff , zum ersten Male verhandelt. Wie erinnerlich, hatte im Anschluß an einen Bericht unseres Blattes über den„Frontkämpfertag" im Stadion der General von Watter gegen die auf ihn angewandte Bezeichnung„Rechtsbolsche- wist" protestiert. Sein Brief wurde unter der Ueberschrift„Ist er dumm oder tut er nur so?", Ende August 1021 im„Vorwärts" ab- gedruckt, wobei unter Hinweis auf eine von der badischen Staats- regierung aufgedeckte Verschwörerfltzung in Karlsruhe und aus die höchst zweideutige Haltung Watters in den ersten Tagen des Kapp-Putsches als Reichswehrbrigadekommandeur in Münster eine Zurücknahme der Bezeichnung„Rechtsbolschewist" abgelehnt wurde. Der Rechtsbeistand des Generals, Dr. Alsberg, forderte daraufhin unseren Redakteur auf, diese Beschuldigungen zurückzu- nehmen, was jedoch abgelehnt wurde. Eine entsprechend«„Ve- richtigung" Watters fand lediglich aus preßgesetzlichen Gründen in unserem Blatte Aufnahme. In der gestrigen Verhandlung, unter dem Vorsitz des Amts- gerichtsrates H o f f h e i n z wurde von dem Angeklagten unter Ablehnung eines Vergleiches auf der Durchführung der Beweis- aufnähme bestanden. Es handelte sich demnach zunächst um eine Beschränkung der Zahl der von den beiden Parteien genannten Zeugen. Der Kläger v. Watter, der nicht anwesend und durch den R.-A. Peschke vertreten war, hat namentlich eine ganze Anzahl von höheren Offizieren als Zeugen genannt, darunter General K a b i s ch, Oberstleutnant v. Unruh, Major v. L u tz o w u. a., die seine Verfasiungstreue während des Kapp-Putsches bzw. die Harmlosigkeit jener Karlsruher Geheimsitzung bekunden sollen. Der Angeklagte, dem die Rechtsanwälte Dr. H o r o w i tz- Berlin und Genosse Dr. Alwin S a e n g e r-München zur Seite stehen, bestand u. a. auf Ladung des preußischen Ministers, Genossen Severins, der Landtagsabgeorkneten Hufe mann und Klupsch, des Reichstagsabgeordneten Otto Braß und weiterer an den Vor- gängen im Ruhrreoier beteiligter Arbeiterführer, sowie ebenfalls des Majors a. D. v. L ü tz o w. Einige im Ruhrgebiet ansässige Zeugen werden kommissarisch vernommen werden, andere werden dagegen persönlich zur Haupt- Verhandlung erscheinen müssen. Der Termin wurde daraufhin vertagt.
Konflikt im Neichswaflerflraßenbeirat. Die Arbeiter sollen ausgeschaltet werden. Die in den letzten Tagen des Februar stattgefundene Sitzung des 24. Ausschusses des Reichswasserstraßenbeirates befaßte sich mit den bereits eingereichten 60 Anträgen zum Entwurf„Bildung von Reichswasserstraßenbeiräten". Die Reichsverfassung verlangt neben der Ueberführung der R e i ch s w a s s e r st r a ß e n auf das Reich ebenfalls die Bildung von Reichswasserstraßenbeiräten. und zwar für die verschiedenen Bezirke je einen Bezirks beirat, so- wie für alle insgesamt einen Reichswasserstraßenbeirat. Der 24. Aus- schuß beschloß für 8 Bezirke, nach den Stromläufen, je einen Be- zirksbeirat zu bilden. Der Bezirkswasserstraßenbeirat soll nach 8 3 der Verordnung die Aufgabe erfüllen, in wichtigen Fragen, die die Verwaltung, Unterhaltung und den Aufbau sowie den Verkehr der vorhandenen und geplanten Wasserstraßen seines Bezirks berühren, Gutachten abzugeben. Die Zusammensetzung des Bezirks- sowie des Reichswasserstraßenbeirats besteht aus dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter, die vom Reichsverkehrsminister für die Dauer des Hauptamtes ernannt werden,, je einem Vertreter der Reichs- eisenbahnverwaltung, sowie Mitgliedern, die als Vertreter der Schiffahrt, der Spedition sowie der offenen Häfen, der Gemeinde- verbände, des Handels, der Industrie, der Land- und Forstwirt- schaft, der Fischerei sowie der Angestellten, Beamten und Arbeiter in Frage kommen. Sie sollen durch die Berufsverbände vorge- schlagen und vom Reichsverkehrsminister ernannt werden. Ueber die Zahl der Arbeitnehmervertreter entspann
ling auf dem Podium, verblüfft durch die Sicherheit ihres Auftretens, die Vollgriffigkeit ihres pianistischen Könnens. Sie möge sparsamer die Kraft, die Vollgrifsigkeit ihres pianistsschen Könnens. Sie möge sparsamer werden und sich die Crescendi nicht verlegen, das Anwoch- fen. Schwellen und Steigen(in Lifzts H-rnoII-Sonate) klüger vorbereiten und in der noch blassen, dünnen Kantilene mehr 5ierz hergeben. Die Vorbedingungen für eine große Künstlerin sind gegeben. Frau Chop-Groeneoelt zeigt, wie eine Frau alle Seiten musikuli- scher Fähigkeit, Kraft und Anmut, Glanz und Seele, Rhythmik und Gesanglichkeit in sich vereinen, aus einem Werk heraus gestalten kann. Eine Mustzierfeinheit ohne gleichen in Dindings Wagner- treuem, unpersönlichem Klavierkonzert, eine techn:sche Bravour in virtuosen Kadenzen, und über ollem eleganten Fingerwerk der Hauch einer lebendigen, liebenden Seelr Nikisch hatte das Wert für sie ausgewählt; Busch begleitete es mit einer stolzen Sicherheit, die auch seine solistische Dirigierkunst auszeichnet. Solange wir in unserer Aufnahm-tähigkeit an der Technik, dem Sinn und der Wirkung klassischer Musik erzogen sind, solange die futuristische Melodie des Jahres 2000 fromme Utopie und kleiner, unfrommer Selbstbetrug ble-bt fo'migc heißt es das Volk ohne Ex- perimente zur ewigen Sinfonie Beethovens und seiner Nachfolge hinführen. Schöner Gedanke des streöhaften Klaus P r i n g s- heim, dem Arbeiterpublikum Musik vorzusetzen, deren Essen; nicht bürgerliche Herkunft erkennen üßt, oder deren Charakter, deren Im- puls und Schwung revolutionär l't Wie lange wird er in dieser Tendenz musizieren können? Beethoven , Schubert, Wagner, Mahler — dann beginnt das Experiment, zu dem nur die reifsten Hörer— und auch die nicht immer— fähig sind. Konzert und Publikum sei eine einzige ideale Gemeinschaft, und die Hörer bestimmen sogar eventuell das Programm mit. Zweite Utopie. Man ist überrascht, wenn man„Wunsch"-Konzerte systematisch studiert. Hart neben Beethoven steht Mendelssohn , und nach der ewig wiederholten IX. Sinfonie der Wiener Walzer . Doch schadet es nichts, wenn in solcher Form noch ein neues Riesenhaus(wie das Große Schau- s p i« l h a u s) der großen, arbeitenden Menge sonntäglich erschlossen wird. Der Grundgedanke der Volksbühnen-Konzerte könnte hier eine Erweiterung erfahren. Und wenn die populären Konzert« der Philharmoniker, der Blüthner -Leute, des Charlottenburger Theaters nicht reichen für die Musikhungrigen, so sollen diese wissen, daß man im alten Zirkus der Karlstraße für wenig Geld viel Behagen und ernsthafte Anregung finden kann. Der erste Morgen der" Sonn- tag-Andachten zeigte bei Beethoven und Schubert ein gut gestimmtes Publikum, ein trefflich gestimmtes Musikanten-Enfemble. Und an: gleichen Abend in noch ernsterem Refvekt vor der Allgewalt eines Werkes erhabener alter Kunst(„Judas Makkabäus ) in der Garnison - kirche Menschen, die dem Oratorienverein Stehmanns Dank wußten für eine vorbildliche Disziplinierung wuchtiger Chöre, für prächtiges Ausladen der wichtigen Soli, unter denen wiederum un- sere beste Oratoricnkraft, Lotte Leonard, stimmlich und seelenvoll hervorragte. Ihre Kollegin R e t h b e r g aber zeigte, daß eine Künst- lerin von Format auch eine Stelle wie die süß-lnrische Margarete Gounods ausfüllen, gestalten, aus sich heraus kunstvoll erhöhen kaim. Das Werk selbst aber wird im Jahre 2000 nicht mehr aus- ntn«ch»icht«ehr erfre»«». t
sich eine lebhaste Debatte, da der Vertreter der Schiffahrt«md In» dustrie den Antrag der Arbeitnehmerorganisationen— je ein Drittel der zu besetzenden Sitze in den Wasserstraßenbeiräten für sich in Anspruch zu nehmen— als zu weitgehend bezeichnet«. Eine Einigung wurde bisher nicht erzielt. Vielmehr hielten die Arbeit» Nehmervertreter ihren Antrag energisch ausrecht und erklärten, weiterhin nicht mitarbeiten zu können, wenn dieser Antrag verworfen würde. Der 24. Ausschuß wurde sich weiter dahin einig, daß dem Reichswasserstraßenbeirat die Vollmacht gewährt werden muß, den Reichswasserstraßenetat im Beirat zu besprechen. Di« Konferenz vertagte sich, um in vier bis sechs Wochen in Braun- schweig oder Hannover wieder zusammenzutreten. Die Arbeit» nehmervertreter halten ihren Antrag aufrecht und sind ent- schlössen, bei Ablehnung mit allen sich daraus ergebenden Konse» quenzen jede weitere Mitarbeit abzulehnen.
USp. unü Koalitionspolitik. Im Kreisverein der USP. für Groß-Dresden erklärte der sächsische Arbeitsminister R i st a u: „Er würde, wenn seine Anwesenheit im Reichstag möglich ge- wesen wäre, mit der Mehrheit gestimmt haben. Man sollte aber bei den 13 Abstinenten die Gründe für ihr Verhalten anerkennen. Diejenigen Genossen, die so schnell mit einem Todesurteil zur Hand wären, hätten noch nicht auf verantwortlichem Posten gestanden. Es wäre ein großer Schaden für die Partei, etwa gegen die 13 Genossen vorzugehen. Wahrscheinlich im Mai würde bei der Steuerberatung die Regierung Wirth gestürzt werden. Unter Umständen könnte dann auch die U S P D. eine der Regierungsparteien werden. Und wenn es dann gelte, den Kampf mit der Entente zu führen und die Schwierigkeiten im Innern gegen die bürgerlichen Parteien zu überwinden, könne die Partei leicht in die Lage kommen, auch gegen etwaig« Illn» sionen mancher Parteigenossen austreten zu müssen." Die Versammlung erklärte sich indessen gegen 5 Stimmen für die Richtung Ledebour-Crsspien. In anderen Gegenden Sachsens und Thüringens sind die USP.-Lente schon etwas klüger.
Prüfung von Lanöarbeiterwohnungen. Wegen der häufigen Klagen über die schlechte gesundheitlich« und bauliche Beschaffenheit der Wohnungen und Unterkunftsgebäude für Landarbeiter und LandwirtfchaftSgesinde hat der Minister für Volkswohlfahrt angeordnet, daß künftig in den Berichten der WohnungSaufsichtsbeamten auch die Maßnahmen er» örtert werden sollen, die zur Verbesserung der WohnungSverhält» nisse der Landarbeiter getroffen worden sind. Gemeindebehörden und Wohnungsämter sollen unvermutete Besichtigungen vornehmen, um etwaige Mängel festzustellen und auf ihre Be» seitigung hinzuwirken. Gegebenenfalls sollen dabei auch die Kreis- Wohlfahrtsämter mitwirken, wobei die Hinzuziehung der Kreisärzte zweckmäßig sein dürfte._ Die Gelöer ües alten Heeres. Die Banken, Sparkassen usw. sind auf Grund des Gesetze? Bs» treffend die Verpflichtung zur Auskunft über militärfiskalische Gelder vom 26. Oktober 1921 auf Aufforderung des Reichsfinanzminifterz verpflichtet, ihm über die bei ihnen bestehenden oder seit dem 1. April 1914 vorhanden gewesenen Guthaben militärischer D i e n st st e l l e n deS alten HeereS, der alten Marine, der alten Heeres- und Marineverwaltung sowie sonstiger aufgelöster HeereS» und Marineteile jede mündliche oder schriftliche Auskunft zu geben und Kontoabschriften zu liefern.— Der Reichs finanzminister hat diese seine Befugnisse den LandeSsinanzämtern übertragen.
Der Fall Smeeks. Die Verhandlungen gegen den rheini» schen Sonderbündler Smeets haben gestern vor der 3. Strafkammer in Köln begonnen. Die Verhandlungen dauerten den ganzen Tag. Smeets erklärte, es habe ihm ferngelegen, durch die Wiedergabe des Artikels den Reichspräsidenten beleidigen zu wollen, da das im Widerspruch zu seiner Politik stehe, eine Lösung der Rheinlandstage auf friedlichem Wege durch einen internatio- nalen Vertrag herbeizuführen. Der Prozeß wurde aus Freitag vertagt.
Fortschritte der drahtlosen Telegraphie. Der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie ist es gelungen, mit räumlich sehr kleinen transportablen Empfangseinrichtungen die Funksprüche selbst solcher Stationen aufzunehmen, die mehr als 19 000 Kilometer, d. h. den halben Erdumfang, entfernt sind. Demnach kann man heute an jedem Punkt der Erde alle einigermaßen stärkeren Funkstattonen abhören. Der Oberingenieur Dr. Esau war nach Buenos Aires entsandt worden, um den geeignetsten Platz zur Errichtung der Empfangsanlage für die im Bau befindliche Großstation der- selben Gesellschaft zu ermitteln. Diese argentinische transatlantische Station ist bekanntlich als Gegenstation für Nauen zum Verkehr mit Südamerika bestimmt. Es waren dazu eingehende Wissenschaft» liche Untersuchungen«rforder'ich, da es sich um zu überbrückend« Entfernungen von 12 000 Kilometer(Nauen— Buenos Aires) han» delt, und zwar in einem Lande, in dem bisher der funkentelegr» phische Empfang durch sehr starke atmosphärische Strömungen beein» trächtigt war. Dr. Esau, der soeben wieder nach Berlin zurück- gekehrt ist, hat den geeigneten Ort für die Empfangsanlage in der Umgebung von Buenos Aires gefunden, und ist dieser Störungen vermittelst Rahmenantenne völlig Herr geworden, so daß schon jetzt ein allerdings einseitiger Verkehr von Nauen nach Ar- g e n t i n i e n möglich ist. Bei dieser Gelegenheit gelang es auch zum erstenmal, die Zeichen einer nicht übermäßig starken jopa- nischen Station(Antipodenstation zu Buenos Aires !) über zwei ver- schieden« Kurse aufzunehmen. Der erste Kurs führt über den Stillen Ozean , fast ausschließlich über Wasser, der zweite erst über den Atlantischen Ozean , dann aber fast ausschließlich über die Kontinente Afrika und Asien . Aus letzterem Wege werden die Telegraphierzeichen im Vergleich zu den über den Sttllen Ozean außerordentlich viel mehr geschwächt, so daß die Laufftärke in Ar- genttnien bei gleicher Weglänge über den Atlantik nur etwa den hundertsten Teil derjenigen über den Pazifik beträgt. Ferne? konnten alle die interessanten funkentelegraphischen Erscheinungen täglich studiert werden, die beim Empfang funkentelegraphischer Zeichen sonst nur bei Gelegenheit der seltenen Sonnenfinsternisse beobachtet werden. Auch weitere, für die Meteorologie wertvoll« Ergebnisse sind gezeitigt worden. Lloyd George und die Kabarettisten de» Montmartre . Der englische Premierminister ist seit einiger Z«it die Hauptzielscheibe des Spottes und Hohns, den die Komiker der Pariser Variete» und Kabaretts über der französischen Volksmeinung mißliebige Persön- lichkeiten ausgießen. Man machte ihn lächerlich als einen„Clown im schottischen Röckchen" und stellte ihn sogar neben den früheren deutschen Kaiser. Der Beifall, den die gesalzenen Couplets auf Lloyd George fanden, feuerte die Satire immer mehr an, so daß schließ- tich die Pariser Polizei sich ins Mittel legte. Der Polizeipräfeft entsandte ein ganzes Heer von Aufsichtsbeamtcn nach dem Moni- martre, um zunächst einmal„den Tatbestand" festzustellen. Dos Erscheinen der Geheimdetektivs, die sich eifrig Notizen machten, brachte die Chansonniers und ihre Anhänger aber erst recht in den Harnisch . Sic improvisierten in ihren Liedern neue Strophen, in denen sie sich mit den im Saal befindlichen Svitzeln beschäftigten. So trug z. B. ein Komiker unter allgemeinem Beifall einige Verse vor, in denen er dem Präsekten den guten Rat gab, lieber etwas «ehr aus da Einbrecher auszuvaS«. die gerade j» des Rächte,