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Nr. ISS Jahrgang

Heilage öes vorwärts

5rettag, Z. März 7S22

Die Rechte im Rathaus streikt. Ter Lehmberg. ei« deutfchnationalcr Rcinfall. Obstruktion ber Schulrcaktiouiire.

In der Stadtverordnetenversammlung hatten gestern die Deutschnationalen sich zu einer«großen Aktion" gerüstet. Bei ihrer Anfrage wegen des Lehm- bergesinderBadstraße wollten sienachweisen", daß Stadtrat Pfeiffer vom Bezirk W e d d i n g die Stadt schwer geschädigt habe. Die Antwort des Kämmerers K a r d i n g war für die Fragesteller eine, vollständige Abfuhr, und die Redner der drei Lintsfraktionen(für die sozialdemokratische Fraktion die Genossen D r e w s und Krüger) vollendeten dann die Abschlachtung der leichtfertigenAn- k l ä q e r". Nach dem Schmerz dieses �ineinfalles erlebten die Deutschnationalen und mit ihnen die Volksparteiler später die Genugtuung, wenigstens bei der Vorloge über die Reu- ufammensetzung der Schuldeputation für i e Bezirke 1 6Sieger" zu bleiben. Schon in einer früheren Sitzung hatten sie die Erledigung der Vorlage da- durch hintertrieben, daß sie unter Führung des Pfarrers Koch aus dem Saal auszogen und die Versammlung beschlußun- fähig machten. Ihr gestriger Versuch, das Manöver zu wieder- holen, scheiterte zunächst daran, daß man bei einer nichtnament- lichen Abstimmung die zwar nicht mitstimmenden, aber im Saale bleibenden Mitglieder der Rechten ungeachtet ihres Pro- testes vorschriftsmäßig mitzählte. Unser Genosse K r e u z i- ger geißelte ihre Verschleppungs- und Obstrut- t i o n s p o l i t i k. Nachher aber gelangten bei einer nament- lichen Abstimmung>ie Fraktionen der Rechten zu ihrem Ziel, die B e s ch l u h u n f ä h i g k e i t herbeizuführen. Zum zweiten- mal hätte es bei demselben Gegenstand gar keine Beschlußun- fähigkeit geben können, wenn nicht der Vorsteher E a s p a r i vergessen hätte, in der Tagesordnung auf den betreffenden Paragraphen der Städteordnung im voraus hinzuweisen. Sitzungsbericht. Auch heute ergießt sich zu Beginn der Sitzung ein« Flut von Dringlichkeitsanträgen über die Versammlung. Zur Annahm« gelangt nur einer von ihnen, der die Einsetzung einer Kom- misston zur ständigen Kontrolle der am t. April 1S2Z wieder in Privatbesitz übergehenden Meierei Bolle fordert. Auch heute wird de? Antrag der Kommunisten, ihren Antrag aus Be- willigung von SSV Millionen Mark zur Linderung der Lebensmittel- teuerung vorweg zu beraten, abgelehnt. Vor der Tagesordnung legt Dr. Soltzgeber(A.) Protest ein gegen das die Würde der Versammlung verletzend« Verfahren des Magistrats, feine Ablehnung des Derlammlungsbeschlusses auf Einsetzung einer besonderen Depu- tation für das Berufsschulwesen so nebenher im Gemeindeblatt be- kannt zu geben. Krüger(Soz.l protestiert seinerseits gege>t eine in so polemischem Tone gehaltene Verwahrung. Koch(Dnat.) reklamiert dagegen für die Versammlung und für jede Fraktion das Recht, den Magistrat derart zu rügen. Auf der Tagesordnung steht zunächst die Beantwortung de? Anfrag? der Deütschnationalen vom 20. Dezember 1S21 betr. das ungesetzliche Treiben gewissenloser Agitatoren", die Eltern zu An- Meldungen der Kinder für w e l t l i ch e S ch u l e n zupressen". Der Gegenstand ist schon wiederHoll auf Betreiben der Anfrager abgesetzt morden: dos soll heute wieder geschehen Fr. R i e d g e r lSoz.) beantrag» Uebergang zur Tagesordnung: von Merten lDem.) der mit seiner Fraktion am 22. Dezember beantragt hat, die Frage der Einführung einer weltlichen Versuchsschule nur im Wege ord- nungsmähiger Abstimmung der beteiligten Eltern entscheiden zu lassen, wird Widerspruch erhoben und der Eintritt in die VerHand- lung befürwortet. Schließlich wird der Uebergang zur Tagesordnung mit 87 gegen 83 Stimmen beschlossen: dieser Beschluß trifft aber mir den Antrag Merten, während die Anfrage bestehen bleibt und demnächst wieder auf der Tagesordnung er- scheinen dürfte. Eine volle Stunde wird sodann von der Ver- sommlung auf eine Debatte über Ratur- und Kunftschlagsahne verwende!. Den Anstoß dazu gibt die Anfrage der Deutschen Volkeportei. ob die Zeitungsnachrichten zutreffen, wonach im städti- fchen Milchamt Noturfchlagfohne hergestellt wird. Stadtrat

T r ei t e l stellt fest, daß die Meierei Bolle aus Emulsionsmilch künstliche Sahne hergestellt hat, was bis November 1921 erlaubt war, seitdem nicht mehr. Naturschlagsahne werd« nur in kleinen Mengen und nur für Kranke hergestellt mid nur gegen ärztliches Rezept verabfolgt. Frau Schmitz(Soz.) äußert ihr großes Befremden über diese Mitteilung. Solang« nicht Freimilch vor- Händen sei, brauch« auch keine Sohne hergestellt zu werden, die>a doch gewiß für minderbemillelte Kranke nicht erschwinglich sei; das Milchamt falle dafür sorgen, daß dies« Fabrikation zu- künftig unterbleibt. Eine Anfrage der Deutschnationalen und der Deutschen Volks- partci betr die augenblickliche Verletzung der Befugnisse der Be- zirksversammlungen durch vorzeitige Einforderung der Haushalts» plan« für 1922 seitens des Magistrats wird vom Kämmerer Dr. K a r d i n g beantwortet. Die Interpellanten geben sich damit zu- frieden. Wiederum eine volle Stunde beanspruchte die Erörterung der Anfrage der Deutschnationalen, die die angeblich auf Veranlassung des Stadtrates Pfeiffer vom Bezirk Wedding vergeudeten Millionen" betrifft. Nach der Behauptung eines Winkelblattes hat für die Abfuhr von 2000 Kubikmeter Lebm vom Badstraßenberg ein Stein- setzmeister Spremberg 309 000 Mk. erhalten, nachdem vorher ein Angebot des Fuhrherrn Böhm, den ganzen Berg kostenlos obzu- fahren, den Platz zu planieren und das Terrain dann zu pochten, abgelehnt worden sei. Die Debatte ergibt, daßPseiffermitderganzen Sache nichtszutun hat. Es sind au6>. wie D r e w s lSoz.) konstati-rt, nicht 300 000 Mk.. sondern nur 170 000 Mk. gezahlt worden. Die 2000 Kubikmeter sind verwendet worden, um dos sandige Siedlungs- geländ« in der Iunafernheid« zu befestigen. Krüger(Soz.) stellt zu Schlüsse fest, wie die Deutschnationalen mit dem Kredit der Stadt Schiadlader treiben. wenn st« ihre Information«« m,s solch«, Standalblättern beziehen und dann derartig« Anfragen stellen. Ein« Drlnglichteitsvorlage des Maoistrats betreffend die Ge- Währung von_ wirtschoftsbeihilfen an Beamte und Festangestellte nach dem jüngsten Vorgange von Reich und Staat wird a n q e- nommen. Eine weitere Dringlichk«itsvorlage betrifft die Wahl eines Sackuerständigenausschuffes von fe 5 Vertretern der Vermieter und der Mieter für die Frage der Erhöhung der Mietszufchläq«. Geaen die Wabl von Dr. Steiniger, der von den Deutsch - nationalen als Vertreter der Mieter vorgeschlagen ist. aber gleich- zeitig die Würde eines Präsidenten des Grimgbesitzerverbandes bekleidet, wird von den Kommunisten und Unabhängigen schärf- st er Widerspruch erhoben, d«m sich Krüger lSoz.) anschließt, der einen solchen Vorschlag mindestens für geschmacklos erklärt. Die Vorlage wird angenommen. Eine Anftage der Kommunisten, die sich auf die Nachricht v?-« der Anbabnung behördlicher Matznahmen zur Ermöglichung evtl. Beschlagnahme von Gewerkschaftskassen gründet, geht an den Magistrat. Ueber den Antrag der Unabhängigen, mmmehr die Frag« der Bildung der Bezirksschuldepukation und des B e z i r k s s ch u l a u s s ch u f f e s für die Bezirke I bis VI zur Entscheidung zu bringen, kommt es neuerlich zu turbulenten Szenen im Anschluß an den Gegenantrag Koch (Dnat.), den Gegenstand abzusetzen. Der Lärm wird so groß, daß der Vorsteher, Dr. Caspar!, nicht mehr durchdringt und die Sitzung auf eine Viertelstunde unterbricht. Nach der Wiedereröiinunq wird in die Verhandlung eingetreten, in der Kreuziger(So,.) sich energisch dafür einlegt, die Angelegenbeit endlich zum Abschluß zu bringen, und sich gegen einen vom Zentrum gestellten Abänderungsantrag ausspricht.- Bei der namentlichen Abstimmung über diesen tritt durch Absonderung der Deutschnationalen und der, Deutschen Volks parte« Beschlußunfähigkeit ein: es stimmten nur 99 Mitglieder, während 113 zur Beschlußfähigkeit gehören. Schluß%9 Uhr.

Magistratsbesolüung nach öer Parteifarbe. In der gestrigen Sitzung des Besoldungsausschusses der Stadtverordnetenversammlung wurde seitens der vereinigten Deutschnationalen, Volksparteiler undDemokra- ten ein Antrag zur Besoldung der Magistratsmitglieder eingebracht, d«r das Raffinierteste darstellt, was hier über- Haupt möglich war, um eine systematijiche Schlechter st el- l u n g aller sozialistischen Magistrats- und B«- zirksamts Mitglieder zu erreichen. Es sollen nach diesem Antrage alle Stadträte, die früher einmal im Staatsdienst gestanden haben und akademische Vorbildung besitzen, sowie olle diejenigen, die schon längere Zeit im Dienst der Stadt stehen, um eine Gruppe höher eingestuft werden als die übrigen. Das bedeutet beispielsweise bei den bürgerlichen Bezirks stadt- raten eine Zulage von 20000 bis 30000 Mark im Jahre gegenüber den sozialistischen . Unsere Vertreter im Ausschuß haben der bürgerlichen Mehrheit keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie einer solchen Vorlage, die die P a r t e i p oli ti t in die Besoldungsordnung hineinträgt, unter keinen Umständen zu, stimmen und all« geschaftsordnungsmäßigen Mittel anwenden wür­den, falls die bürgerlichen Parteien sich hierbei auf ihreMehrheit" verlassen und gerade hier eine Politik der Vergewalti- gung und des Unrechts an die Stelle der von ihr selbst proklamierten Politik derVerständigung" in Besoldungsfrageu setzen sollten. Girozentrale unö Gantengeheimnis. Von unverantwortlicher Stelle wird, wie das Nachrichtenamt der Stadt Berlin mitteilt, über die Girozentrale der Stadt Berlin eine Auffassung verbreitet, wvnach eine Anfrage der Giro- zentrale an ihre Girokassen nach den bei ihnen geführten Konten der Gewerkschaften als eine Maßnahme angesehen wird, die den Behörden ermöglichen soll, im Augenblick Gewerkschaft- licher Kämpfe die angelegten Beträge zu beschlagnahmen. Demgegenüber erklärt der Vorstand der Sparkasse: Sparkasse und Girokassen sind genau so gegenüber Behörden wie gegenüber Privaten zur Verschwiegenheit o« r p f l i ch t e t wie jede andere Geldanstalt. Z 3 der Satzung sagt: Die Sparkasse erteilt soweit das Gegenteil nicht gesetzlich vorge- schrieben ist über Gläubiger und Schuldner keine Auskunft. Die Beamten und Angestellten find zur Amtsver- fchwiegenheit verpflichtet." Den gleichen Satz enthalten die Bestim- mungen für den Devisen- und Kontokorrentverkchr. Weder der Berliner Magistrat noch sonst eine Behörde hat von der Sparkasic Auskunft über die Gewerkschaftskonten oder sonstige Kundenkonten jemals verlangt. Selbstverständlich sucht die Sparkasse Girokunden zu gewinnen. Sie ist deshalb wiederholt auch an Körperschaften und Interessentenverbände herangetreten. Schon im September 1921 hat sie an die ihr bekannten Gewerk- schasten und ähnlichen Verbände geschrieben und unter Hinweis auf ihre Geschäftsbedingungen angeregt, ein Girokonto bei einer Berliner Girokasse einzurichren. Dieses haben zahlreiche Verbände getan. Im Februar 1922 hat die Giro-Zentrale dann durch Rundfrage bei den Girokassen das Ergebnis dieser Werbearbeit ermittelt, um sie fortsetzen zu können. Die Sparkassen und Girokassen sind reine Geldinstitute und keine Werkzeuge für politische Kämpfe." Freispruch im Totschlagsprozes, Eschbach. Die vor dem Schwurgericht des Landgerichts II geiührte Bev- bandlung gegen den Schlächtermeister E s ch b a ch wegen Erschießung seines Schwiegersohns ist gestern zu Ende gcsübrt worden. Nach Schluß der sehr umfangreichen Beweisaufnahme beantragte der Staatsanwalt das Schuldig wegen vorsätzlicher Tölung, R.-A. Bahn beantragte die Freisprechung aus dem Gesichtspunkte der Notwehr. Die Geschworenen gaben in diesem Siune ihren Wahr» spruch ab und vernein ten die Schuldfrage. Es eriolgts daher die F r e i s p r e ch u n des Angeklagten, was von den zahl- reich anwesenden Einwohnern von Bernau und Umgegend mit lautem Beifall begrüßt wurde.

Braudeuburg er Provinziallandtag. Die Tagesordnung des gestrigen dritten Sitzungstag e» sah wie am vorhergehenden Tage kleinere LerwaliungSberichte und Bewilligungen vor. Eine lebhaftere Seite schlug die Debatte beim Bericht der LandeSveriicherungSanslalt Branden,

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Die Sünde im Wasser.

Don Wilhelm Schmidtbonn . Wie in einem blühenden, klingenden Dom standen sie. in dem sie nicht zu atmen wagten und in dem es ihnen in den gönden zuckte, die sich von selber zusammentun wollten. Die inien der sieben Berge, die schön wie Frauenhüsten und Brüste gezogen waren, begrenzten lachend ihr« schweisenden Augen und ließen kein Sehnen ln die Weite aufkommen. Sie wendeten sich und gingen über den weißen Kies zu den Beerensträuchern hin. Da sah die lebhafte Frau fremde Hühner mitten darin. Sie rief laut, wie der Wind war sie davon und hinterher. Sie klaschte in die Hände, aber als sie alle bis an den Zaun gejagt hatte, gackerte hinter ihr eins, das zurückgeblieben war. Und als sie auf dieses zueilte, liefen die anderen den Zaun entlang und in das Gemüse hinein. Hein stand und sah ihr zu und lachte da hörte er einen Schritt hinter sich. Er drehte sich um und sah Grete den Weg daherkommen, langsam, mit ungleichen Schritten. Er sah nach dem Tisch hin und sah, wie Georg sein Buch nah»n und glücklich sinnend ins Haus ging. Die Tante hörte er hinter den Bäumen mit den Nachbarn sprechen und lachen. Grete blieb vor dem Taubenhaus stehen und sah mit zurückgebeugtem Kopf hinauf. Es war ein kleines Schloß. schneeweiß mit goldenen Kanten, mit Zinnen, Erkern und Türmen, und steckte wie ein dicker Fahi«nknauf oben auf einer langen Stange. Aber die Tauben waren ausgeflogen, und Grete ging weiter. Hein stand und erwartete sie. Seine Augen hingen wie festgebannt an dem sonnenbeschienenen Bild.Was das ein Wundertag heute ist," sagte er. Sie sahen sich in die Augen. Bleib doch noch hier eine Woche." sagte sie. Er schüttelte den Kopf und sah in die Zweige über sich. Wie das alles von Frucht und Knospen überquillt," sagte er, ihr lebt in einem Paradiese hier." Sie bog einen Zweig herunter und pflückte mit den Lippen eine einzelne Kirsch« davon, die fast reif war.Bleib noch einen Tag," sagte sie. ohne ihn anzusehen. Dann faßte sie plötzlich seine Hand mit ihren beiden Händen und sagte, wie m Angst und Zu-ihm-drängen:Geh nicht, geh noch nicht." Da kam die Mutter wieder« Sie ging durch den Weitzlohl

und den Salat und hob den Rock hoch, und stand dann lachend zwischen ihnen und sah von einem zum andern. Sie hing sich beiden in den Arm, daß sie, die Kleine, zwischen den beiden Großen ging, und so schritten sie zusammen über den glitzern- den Kies dem Hause zu, aus dessen Efeuwand die Fenster mit den weißen Gardinen wie freundliche Augen heraussahen. Hein zählte auf, was er im Ranzen mitnehmen wollte, und die Tante gab fleißig acht, damit sie Nichts liegen ließ. In der Tür kam ihnen Georg entgegen. Er hatte den Hut auf dem Kopf, und aus dem blassen Gesicht darunter leuchtete sein ganzes Glück. Er wollte Grete fortführen, sie wollten den ersten kleinen Gang in die Wiesen und den Wald oersuchen. Es war fast, als ob er das Mädchen keinem der anderen gönnen wollte, und er war daher ein wenig ungeduldig. Die Mutter sah Grete an: waren ihre Backen nicht sck>on ein wenig rot geworden in der einen Stunde Sonnenschein? Hein sagte ihr Lebewohl. Sie wendete sich nach ihm und gab ihm die Hand. Küßt euch doch!" rief die Mutter. Und Georg legte einen Arm um den Freund und einen Arm um die Braut und schob sie gegeneinander. Hein beugte seinen Kops und wollte sie auf die Stirn küssen. Rein, auf den Mund!" rief Georg. Aber Hein küßte sie doch auf die Stirn. Es wird Zeit, daß du dir auch eine Braut zulegst," sagte der andere,ich will dir zeigen, wie man küßt." Cr nahm Gretes Kops und drückte seine Lippen auf ihre Lippen. Hein gab ihm die Hand und ging, ohne ein Wort zu sagen, mit seinen langen Schritten ins Haus.

Eine Stunde später ging er durch den Wald, auf dem grasgetretenen Pfad hin. Sein Ranzen hing ihm auf dem Rücken. Er ging still, nur die Aefte brachen unter seinen breiten Schuhen. Er ging nicht schneller, nicht langsamer. Sein« Füße hoben sich von selber und wichen den Wurzeln und Baum- stumpfen aus, während sein« Augen oben in den Zweigen hingen und sein Stock den Boden in gleichmäßigem Takte schlug. Er kam an den Platz, wo das Gezweig wie ein langes Kirchenfenfter auseinanderstand und wo man in der weißen Lichtung die Kuppen der sieben Berge und da« Sonnenzittern über dem Rhem sah. Cr blieb stehe» und sah hinaus, aus

dem schweigsamen Dunkel der Buchen in die schimmernde. laute Welt. Er nahm den Hut ab und streifte das lange Haar von der Stirn, daß der kühle Schatten daran konme. Er löste sich den Ranzen von den Schultern, warf ihn �ns Gras und setzte sich daneben. Er sah starr auf einen Punkt und össnete wie im Selbst- aespräch hin und wieder halb den Mund, während er unwill- kürlich um sich sah, ob ihn jemand beobachtete. Er brach tinen Zweig ab von dem Strauch, der neben ihm blühte und duftete. zog sein Messer und fing an, zu klopfen und zu schneiden. Aber seine Augen sahen immer über seine Ztzände weg auf den einen Punkt. Er höhlte das Holz aus und schnitt oben ein Mundstück daran. Als er aber die Pfeife an den Mund setzte. klang sie zu hart. Er warf sie weit in den Wald und lachte über sich, daß ein Sommermorgen im Wald so schnell wieder ein Kind aus ihm machte. Dann legte er sich de? Lönge nach in das kniehohe Grans. Er zog den würzigen Duft mit weiter Rase in sich und schüttelte die Eräler mit tz?' Hunden, damit ihm der fallende Tau das warme Gesicht kühlte. Er legte die Arme unter den Kopf und sah in das arünc Bläitermeer über sich. Kein blauer Punkt war darin, kein Luftzug regte sich da oben, kein Vogel saß und pfiff, alles war still und einiam. Aber er hatte keine Ruhe. Er drehte sich auf die Seite und legte seine Stirn ins Gras. Dann nahm er sein Messer. hob die großen Farnblätter auf, die neben ihm hoch au'ge- schosien standen, und schnitt, in einen flirrenden Sonnenilecken hinein, in hartes Wurzelholz gradgezogene Buchstaben: Grete Hein. Und rund herum zog er in großem Bogen ein Herz. Er war ganz vertieft in seine Arbeit, und ein glücknerträumtes Lachen hing an seinen Lippen. Plötzlich und schnell deckte er dann das heimliche Wunder wieder mit den Blättern zu, daß es selbst vor der Sonne verdeckt war. Aber da was hörte er denn da? Die gefallenen Aeste im Wald knackten: es kam wer. Cr war wie aus dem Traum gerissen, wie durck einen Mißton war das schöne Lied, das in ihm klang, unterbrochen. Er unterschied das Geräusch der Zweige, die zur Seite gebogen wurden und wieder zusammenschlugen. Schnell macht« er ein leeres, gleichgültiges Gesicht und drehte dann ruhig den Kopf danach hin, um nicht gedankenversunken zu erscheinen: da sah er ein weißes Kleid durch die Aeste leuchten nur einen Augenblick, dann wendete er rasch den Kopf zurück. Das Blut stockte ihm, er öffnete den Mund. Grete war's. (Fortsetzung folgt.)