Zaum hält; trotzdem setzt aber Giolittt nicht den immerhin be- deutenden Einfluß seiner Persönlichkeit an das Gelingen, sonst hätte er eben selbst das Kabinett gebildet. Es ist ja nun wirklich tragisch, daß in einer Periode so schwerer innerer und äußerer Krise aus solch jämmerlichen Er- wägungen und Gelüsten heraus ein Ministerium der Mittel- Mäßigkeit berufen wird, zu dem das Land kein Per- t r a u e n hat und das nicht einmal zu sich selb st Ver- trauen hat. Dem Fraktionsvorstand unserer Partei hat Facta erklärt, er beabsichtige, die Wiederherstellung der Gesetzlichkeit zu versuchen, und hat versichert, er werden sofort zurücktreten. falls sich der Versuch als unmöglich erwiese. Das ist ein recht bescheidenes Programm. Wahrscheinlich würde sich sogar der Fascist Mussolini auf den Standpunkt stellen, daß der Versuch erlaubt ist; die Fascisten ihrerseits werden es sich dann angelegen sein lassen, für sein Mißlingen zu sorgen. Während der Krise haben die Guten im Verein mit den Nationalisten Versammlungen einberufen, um die Militärdiktatur zu fordern. Und Facta fängt an zu versuchen... Der„Avanti" glaubt zu wissen, daß das neue Kabinett dem französischen Botschafter, den boshafte Leute den„Vize- könig von Italien" neniten, besonders genehm sei. Wir glauben das nicht und teilen die skeptischen Voraussagen unseres Zentralorgans über die Konferenz von Genua nicht völlig. Gewiß hat das neue Ministerium einen viel stärkeren Einschlag von konservativen und nationalistischen Elementen als das vorige, aber bis zu einem Va.ssallentum gegenüber Frankreich , das im Gegensatz zu den Interessen der Landwirtschaft und eines Teils der Groß- industrie stünde, reicht es nicht aus. Giolitti selbst, der nament- lich in der auswärtigen Politik sehr eifrig Rat erteilen wird, ist kein Anhänger der französischen Politik gegenüber den mitteleuropäischen Staaten. Vielleicht setzt der„Avanti" nur deshalb eine franzosen - freundliche Orientierung voraus, weif diese der Resolution Celli widersprechen würde, die für diese Krise der Krone die programmatischen Richtlinien gegeben hat. Bei der Bildung des Kabinetts hat man es sich nämlich in erster Linie angelegen sein lassen, die Linien der Tagesordnung Celli n i ch t z u b e- achten. Die Tagesordnung wies nach link» und man hat sich nach rechts gewendet. Da sie auch die wirtschaftliche Lebensmöglichkeit für die besiegten Staaten forderte, schließt der„Avanti" wohl aus Analogie, daß das Ministerium die französische Abwürgungspolitik begünstigen werde. Es ist selbstverständlich, daß unsere Parlcmentsfraktion dem neuen Kabinett gegenüber in der Opposition bleibt, was die Vertreter der Fraktion dem Ministerpräsidenten bereits er- klärt haben. Da aber Facta, außer den Kommunisten, die ganze übrige Kammer auf seiner Seite hat, verfügt sein Kabinett über das, was man eine breite parlamentarische Basis nennt. Bei der notorischen Unzuverlässigkeit der Par- teien in Italien — man denke an die Haltung der Demokraten gegenüber Bonomi— ist das noch keine Gewähr für längere Regierungsmöglichkeit oder auch nur für eine Schonzeit weniger Monate. Wie es nicht von Facta abgehangen hat, ob er Ministerpräsident wurde, wird es nicht von rhm abhängen, ob er es bleibt. Mit Bestimmtheit kann man vorläufig nur das eine sagen: das neue Ministerium wird niemand ent- täuschen, weil niemand etwas von ihm erwartet.
USp. und Koalitionspolitik. Der Bezirksverband der USP. für das westliche West- falen hat den unabhängigen Abgeordneten, die die Abstim- mung gegen das Kabinett nicht mitmachen wollten, feine Miß- billigung ausgesprochen und dann gegen die„F r e i h e i t" und gegen K a u t s k y folgenden Beschluß gefaßt: Gegen die Aufnahme des Artikels des Genossen Kautsty„Koa- litionspolitik" in der„Freiheit" vom Sonnabend, 25. Februar 1922, legt der Bezirk die entschieden st e Verwahrung ein. Dieser Artikel widerspricht den Veschlüsten de- Parteitage, in Leipzig und ist geeignet, Wirrwarr in die Reihen der Parteiorganisation hinein- zutragen. Entsprechend der einstimmigen Annahme de» Leipziger Manifests lehnt die Partei die Koalition mit bürgerlichen Parteien
Die KronprinAenkarte. Von Karl Kruse. ■oii einem schönen großen Papiergeschgft in der Königgrätzer Straße sind die ganzen Schaufenster mll Postkartenphotographien behängt. Es ist fabelhaft, was man dort alles sieht. Das„König- liche Schloß" vor und nach der Beschießung. Momentphotographien, auf denen junge Reichswehrhelden vor den Mündern der Geschütze mit Todesverachtung patroullieren und Obacht geben, daß sie keiner stiehlt(die Geschütze). Reliefplastiken von Rodin . Filmdiven und Filmgöttcr. Der schöne„Bruno" neben dem ernsten Paul Wegener . Es herrscht eine künstlerische Unordnung ersten Ranges in der Aus- stellung dieser Karten. Und neben oder auch zwischen einer Filmdiva sind die Kronprinzenbilder zu schauen Mit einem schönen Text: „Kronprinz Wilhelm in Wieringen ". Er macht in Leutseligkeit. Auf einer Bank neben ihm sitzt eine alte einfache Bauersfrau mit einer geflickten Schürze. Sie sitzt etwas deplaciert da. als ob sie nicht wüßte, wie sie sich fühlen soll, geschmeichelt oder geniert. Wenn man das Bild anschaut und den Text liest, empfindet man gar nicht, daß das Rad der Geschichte sich um einige Drehungen bewegt hat. Man könnte oermuten, daß er in Wieringen zur Erholung weilt. Und das Bild verfeblt seine Wirkung auf die Herzen der jungen Mädchen nicht, die es sich mit tränenden Augen zu Gemüte führen. Sie beklagen lich in den bewegtesten Ausdrücken über die Runzeln in seinem Gesicht, und sie finden es so rührend, daß er Heimweh bat. Und es wäre überhaupt olles viel bester, wenn er hier wäre. Aber die Republik will es ja nicht. Und Poankaree ist doch jetzt wieder K Frankreich und der will es erst recht nicht. Ueberhaupt die Angtangtel Wo wir so unschuldig sind, und wir wollen unseren Kronprinzen wieder! Ich fühle mich als ein roher Mensch, daß ich mich nicht desgleichen von dem sinnigen Gefühl schluchzender Sentimentalität packen lasse. Aber weiß der Teufel, ich muß dann an mein verlorenes Bein denken, das irgendwo in Frankreich liegt, und ich habe das Empfinden, es ist bester, in Wieringen in Leutseligkeit zu machen, als beständig mit einem Bein bis ans Grabesends in der Welt herumzuwandern. Denn offenbar geht es ihm bester als mir, wenn ich die Nebenkarte anschaue, die ihn auf der Entenjagd zeigt. Den einen läutert das �llnhlbad zu einem Rentier im Auslande, den anderen zum Krüppel. Angelegenheit der persönlichen Begabung.
Schloßpark-Theater:„PhyMs" von R P. van R»stem. Mit Schäfer, und Rokokostimmungen, an die man bei dem Namen „Phyllis" denkt, hat das Stückchen des holländischen, in Berlin durch seine früher vom Trianon aufgeführte Femina-Komödie schon bekannten Autors nichts zu tun. Das Mädchen, das den holdseligen Namen führt, ist ein ganz und gar nicht zartbesaitetes Geschöpf, vielmehr ein Tvpus unverschämten großbürgerlichen Gören tums, das seine Dreistigkeiten obendrein wohl auch noch für höchst modern hält. Im leeren Köpfchen dieser Neunzehnjährigen hat sich noch nie ein Anflug von Respekt gezeigt. Alle anderen, die Eltern ein- geschlossen, behandelt sie nur als Objekte, ihrer mokanten Launen.
ab und diesem Deschku ß hat sich die Parteipresse zu fügen. Eine Diskussion über die Frag« der Koalllionspolllik ist nach der einmütigen Auffassung des Bezirks nach der Annahme des Leipziger Manifests überflüssig. Der Bezirksvorstand der USP. für das westliche West- falen fordert also für Kautsky einen echten Maulkorb. Der unabhängigen Presse soll verboten werden, ihren Lesern mit- zuteilen, wie Kautsky über drängende Zeitfragen denkt. Wozu ist sie denn—„unabhängig"?
Ein Stinnes-öankett in Moskau . Der in Berlin erscheinenden russischen Zeitung„Golos Rossij", deren Herausgeber der Führer der Sozialrevolutionä- ren Tschernow ist, wird aus Moskau geschrieben: Hier weilt zurzeit ein Vertreter der Firma Stinnes, Herr Direktor F e h r m a n n. Die Privatunternehmer, die ehemals größer« Betriebe m Rußtand besaßen, haben sich geweigert, an den Verhandlungen mit dem Vertreter. der Firma Stinnes teilzunehmen. Ja, sie haben nicht einmal an dem offiziellen Bankett teilgenommen. welches von den Leitern der Staatsbant und des Obersten Voltswirt- fchoftsrates zu Ehren des ausländischen Gastes veranstaltet wurde. Im allgemeinen sind die Aussichten von Stinnes bei den Privatunter- nehmern und den halbamtlichen Trusts sehr schwach. Sem Kampf gegen Ra t h e n o u ist in Moskau allgemein bekannt. Di« ehemaligen Industrie- und Handelsleute stehen auf feiten Rathenaus, der hier als Direktor der AEG. allgemein bekannt war. Rathenau « Vater hat hier ein« Reihe großer elektrotechnischer Betrieb« gegründet und fast all« Fabriken des Moskauer Gebietes und des Gebietes von Iwanowa Wosnosenst mit elektrischem Licht versehen. Hinter Rathenau steht Krassin , so daß der Kampf, der in Deutschland zwischen Stinnes und Rathenau besteht, in Rußland zwischen Krassin und Radet, der Stinnes unterstützt, ausgetragen wird. Man weiß nicht, was man mehr bestaunen soll, die „proletarische Einheitsfront" Radek-Stinnes oder das Banket- tieren höchster Sowjetspitzen mit dem Abgesandten des Kapitalmagnaten— eine Form der Ehrung, wie sie Herrn Stinnes wohl in keinem Lande der Welt passieren dürfte außer im bolschewistischen Rußland . Dies scheint uns doch der grausamste Witz, den sich die Weltgeschichte bisher er- laubt hat!
Im Luftstbacht gefluchtet. Bor einigen Tagen brachten wir nach unserem Swinemünder Parteiblatt die Meldung, daß die beiden aus der Strafhaft g e» flüchteten U- B o o t- O f f i z i e r e Boldt und Dithmar auf einem schwedischen Dampfer nach Schweden entkommen seien, trotzdem die Behörden rechtzeitig von ihrer Anwesenheit in Swine - münde unterrichtet waren. Das sofort erlassene Dementi hat die Swinemünder „Lolks- wacht" veranlaßt, weitere Mitteilungen zu veröffentlichen. Danach sind Boldt und Dithmar, obwohl die Presse auf Ersuchen des Landrates schwieg, um die Verhaftung nicht zu stören, von interessierter Seite gewarnt worden. Als die Polizei dann das Schiff durchsuchte, waren Boldt und Dithmar nicht mehr aufzufinden. Sie hatten sich nämlich in die Luftschächte des Schiffes verkrochen und drehten dann der Polizei eine lange Rase, als diese das Schiff unverrichteter Dinge wieder verlassen mußte. Das Ministerium de« Auswärtigen läßt mm erkläre«, daß schon den ersten Mitteilungen über die Flucht mit aller Sorgfalt nachgegangen worden sei. Der Beamte, der die Untersuchung des Schiffes in Swinemünde geleitet hat, erklärte es für ganz aus- geschlossen, daß die beiden Flüchtling« auf dem Schiffe gewesen wären. Den neuen Mitteilungen werde gleichfalls nachgegangen werden. Das erscheint allerdings selbstverständlich. Aber fast ebenso selbstverständlich wird es scheinen, daß abermals nichts gesunden werden wird._ Die Buchdrucker in Posen stellten gestern vormittag 11 Uhr die Arbeit in sämtlichen Buchdruckereien ein. Die Zeitungen konnten nicht mehr erscheinen.
Und am alleramüsantesten erscheint es ihr, die jungen Leute, die als Verehrer ihre Wenigkeit umschwärmen, durch gepfefferte Ver- fänglichkeiten anzufeuern und dann schadenfroh mit einer Dusche kalten Wassers wegzuscheuchen. Der k-aß gedankenlose Egoismus, der Mangel jeden feineren Seelentaktes, die Unbeherrschtheit des Temperaments werden so eindringlich dem Hörer zu Gemüte geführt, daß auch der skandalöse Eklat möglich erscheint, in welchem dann — als sie das Schicksal der Verliebtheit selbst ereilt— die blinde Eifersucht hervorbricht. Ein eleganter Lebemann und Onkel, der das Doppelte an Jahren zählt, führt als glücklich-unglücklicher Gewinner die Braut heim. Gerade, daß fein spöitisch-ironischer Ton und sein Alter, ihn gegen alle Künste ihrer Koketterie gefeit er- scheinen lassen, daß hier ihr Spiel auf Widerstände ltößt, gibt ihm in ihren Augen einen Glanz, in dem die Kälte ihres Herzens schmilzt. Auf Nichtenrechte pochend, macht sie ihn zum Vertrauen ihrer stillen.Schmerzen. Ihr selber werde angst und bange, wenn sie von der Verliebtheit, die sie bei anderen erweckt, in sich nie eine Resonnanz verspüre. Das müsse eine Art von Krankheit sein. In der Beleuchtung dieses Hintergrundes und in der Art, wie aus den Konfessionen dann die Keime eines zwingenden Gefühls«nt- springen, ist vieles Amüsante, psychologisch Feine. Die durchgängig gewandte Szenenführung, von gutem Spiel unterstützt, verhalf der Aufführung zu einem unbestrittenen Erfolge. In dem flotten En- semble fielen Marianne W e n tz e l in der Titelrolle und F e r r y D i t t r i ch, der den gekaperten Onkel gab, als besonders talentvoll auf.<it. Für die Erhaltung des Goethe-Hauses. Der Reichspräsi- d e n t richtete an den Vorsitzenden der Gesellschaft der Freunde des Frankfurter Goethe-Museums«in Dankschreiben, in dem er sagt, die Frankfurter Goethe-Woche werde ihm stets eine besondere weihevolle Erinnerung bleiben. Er hosse, daß es gelingen werde, das Geburtshaus eines der Größten unseres Bolkes auf ewige Zeiten baulich zu sichern und zu erhalten. Um fein herzliches Inter- esse durch die Tat zu beweisen, Hobe er angeordnet, daß aus dem Dispositionsfonds eine Spende von 10090 M. überwiesen werde. Henri Bakaille, der französische Lyriker, Dramatiker und Essayist, ist gestern im Alter von fünfzig Iahren gestorben. Dem beut- schen Tbeaterpublibum wurde er durch einige seiner Sensakionsstücke („Der Skandal",„Die töricht« Jungfrau" usw.) bekannt. Gehalt- voller sind seine Porträts zeitgenössischer Schriftsteller, die er unter dem Titel„Tetes et Pensees" 1901 erschienen ließ. Znkernakionales Arbeiksamk und freie Berufe. Das Inter - nationale Arbeitsamt hatte die Vertreter der Organisationen der freien Berufe kürzlich zu einer Besprechung im Berliner Reichs» arbeitsministerium eingeladen. Es wurde dabei mitgeteilt, daß ein Zusammenschluß der freien Berufe bisher nur in Frankreich und Oesterreich stattgefunden hat, ober auch in diesen Ländern sei der Ehorakter des Zusammenschlusses noch nicht ganz klar: die Möglichkeit und der Nutzen einer internationalen Verständigung unter den freien Berufen seien für den Augenblick noch recht pro- olematisch. Der Generalsekretär des Reichswirtschaftsoerbandes
München unter Ententekontrolle. Durch die Presse ging vor einigen Tagen die Nachricht, die Haushaltspläne der Städte München und Nürnberg seien aus Verlangen einer Ententetommission zur Kon. trolle vorgelegt worden. Wie der Bürgermeister von München Ge- nosse Schmid im gestrigen Hauptausschuh des Münchener Stadt- rats mitteilte, erfolgte diese Borlage auf Veranlassung der vorgesetzten Staatsbehörde, die durch Uebergabe der zunächst aus wohlerwogenen Gründen zurückgehaltenen Personalbeilagen und des Stellenausweises bestand. Das Direktorium der Stadt München hat daraufhin an das Auswärtige Amt die Frage gerichtet, ob und auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmung auch die von der Stadtoerwal- wng in bestimmter Absicht zurückgehaltenen Beilagen des Haushalts- plans ausgegeben werden müssen, was besonders im Widerspruch stehe mit den verschiedenen Mahnungen, bei Herausgabe von Ma- terial und Auskünften größte Vorsicht walten zu lassen. Das Direk- torium hatte nicht die Absicht, vor Beantwortung der Anfrage die Angelegenheit öffentlich zu behandeln, halt sich aber angesichts der Zeitungsnotizen für verpflichtet, die Sache klarzulegen. Nachprüfung auch in Negensburg. Regensburg , 3. März.(TU.) Gestern nachmittag fand sich nach einer Meldung des„Fränkischen Kurier" im Regensburger Rathaus eine Ententekommission ein, um die Nachweise über die Polizeistärke zu prüfen. In Anwesenheit des Staats- k o m m i s s a r s Oberregierungsrat Hahn gab der Erste Bürger- meister an Hand der Haushaltspläne für 1913 und 1921/22 die ge- wünschten Ausschlüsse. Die Prüfung beschränkte sich auf die Nach- weise über die Ordnungspolizei und Derwaltungs- polizei. Auf diesen Gebieten wurde allerdings der Haushalts- plan und Personalnachweis sehr genau angesehen. Irgendwelche Beanstandungen wurden nicht erhoben.
Berockung der Reichsregierung über das zu erweiternde Wiesbadener Abkommen. Wie wir erfahren, wird sich die Reichs» regierung am Freitag nachmittag mit den vorläufigen Ab- machungen über die Erledigung der Sachlieferungen im freien Ver- kehr beschäftigen. »Zm Namen des Königs." Diesen Kopf trug, wie wir in unserer Abendausgabe vom 14. Februar mitteilten, eine Ausfertigung eines vom Amtsgericht Lenzen gefällten Urteils. Auf dem noch aus der alten Zeit herrührenden Formular waren auch die sonstigen „königlichen Bordrucke unverändert stehen gelassen. Hierzu er- halten wir eine Zuschrift des Herrn Justizobersekretärs Hassen- stein vom Amtsgericht Lenzen, der uns mitteilt, daß beim Amts- gericht streng aus ordnungsmäßige Ausfertigung der Ur- teile geholten werde, und daran die Vermutung knüpft, daß es sich um die Ausfertigung handle, die ein Gerichtsvollzieher in Wittenberge hergestellt und beglaubigt hat. Diele Vermutung trifft zu, wie die in unserem Besitz befindliche urteiisausferti- gung ergibt. Wir bestätigen daher Herrn Hassenstein gern, daß er und die ihm unterstellten Kanzleibeamten keine Schuld an dieser Urteilsaussertigung tragen. Wenn Herr Hassenstein den be- treffenden Gerichtsvollzieher mit Ueberarbeitung entschuldigt, so können wir allerdings diesen Grund nicht völlig gellen lassen. So- viel Arbeit macht es doch nicht, zwei oder drei Worte auszustreichen. — Der Präsident des Amtsgerichts Berlin -Mitts sendet uns folgende Berichtigung:„In der Abendausgabe des„Vorwärts" vom 28. Fe- bruar 1922 ist unter der Ueberfchrift:„Der Monarchismus im Ge- richtswesen" eine abschriftlich mitgeteilte Zustellung des Amtsgerichts Betlin-Mitte wiedergegeben mit der Unterschrift: Schmidt, Kgl. Diätar als Gerichtsschreiber. Dies« Wiedergabe ist unrichtig. Es heißt nicht Kgl. Diätar, sondern Kzl. Diätar, nämlich abgekürzt für Kanzlei- Diätar." Wir möchten dazu bemerken, daß es zwar eine Gepflogenheit der Beamten ist, das Wort Kanzlei durch Kzl. abzukürzen, daß aber bei einer ausgeschriebenen Handschrift das z sehr wohl für ein g gelesen werden kann. Wenn die Beamten sich daran gewöhnen könnten in Zukunft das Wort Kanzlei auszu- schreiben, also z. B. Kanzlei-Sekretär, Kanzlei-Assistent(Allgemeine Verfügung des preußischen Justizministers vom 6. Juli 1922), würden derartige bedauerliche Mißverständnisse ausgeschlossen sein. Südamerika und Genua . Von argentinischer Seite wird erklärt, die argentinische Republik habe keine Schritte unternommen und werde keine unternehmen, um zu der Konferenz in Genua zugelassen zu werden.
bildender Künstler, Otto Marcus, erklärt trotzdem die Berelsschaft dieser Organssation zu allen Verhandlungen, aus denen sich etwas Nutzbringendes ergeben kann. Ein Theaterstück, das es nur zu einer halben Aufführung brachle. Im Garrckk-Theater in New Park gelangt gegenwärtig Bernhard Shaws Werk„Zurück zu Methusalem " in Form eines sich über drei Wochen erstreckenden Zyklus zur Auffüdrung. Es ist seden- falls das längste englische Theaterstück, das je geschrieben wurde. Bis dahin konnte auf diesen Ruhm ein Drama Edmund Falconers An- spruch erheben, das unter dem Titel„Oonagh" tm Jahre 18S6 in 5)er Majesty's Theatre in London seine Uraufführung erlebte. Diese be- gann um Uhr abends und nahm das Publikum so in Anspruch, das es in Scharen floh. Als die letzten standhaften Zuschauer um 2 Uhr morgens das Theater verließen, war das Stück noch lange nicht zu Ende. Schließlich gaben auch die Schauspieler die Sache auf, und der Vorhang fiel über einem Stück, das bei der Erstaufführung nicht zu Ende gespiell werden konnte und das eine zweite Ausführung niemals erlebte. Die Löcher im Schweizerkäfe— cin wissenschaflsiches Problem. Bisher war es in den Bereinigten Staaten nicht gelungen, den „Schweizer " Käse mit seinen charakteristischen Eigenschaften herzu- stellen, weil dort die Bakterien in der Milch fehlen, deren Vor- handensein für das Entstehen der bezeichnenden„Löcher" und für die Entwicklung des eigentümlichen Geschmackes notwendig ist. Man hat verschiedentlich versucht, Bakterien in die amerikanische Käse- bereitung einzuführen, die dem echten Schwcizerkäse eigentümlich sind, ober diese Versuche waren nicht günstig ausgefallen. Nun hat endlich ein Beamter des Ackerbauministeriums in Washington das wissenschaftliche Problem des Schweizertäses gelöst und die Löcher in aller wünschenswerten Vollkommenheit hervorgebracht. Wie in den„Naturwissenschaften" berichtet wird, oerwandte er eine Nähr- lösung, die 1 Proz. Pepton, 1 Proz. getrocknete Hefe und 1 Nroz. Milchsäure als Natriumsalz enthielt, und konnte mit dieser Lösung ein starkes Wachstum der die Milchsäure umwandelnden Bakterien erzielen. Es gelang ihm, nachzuweisen, daß die auf diese Weise gewonnenen Bakterien dieselben sind, die man im normalen Schweizertäse findet. Diese Bakterien bringen sowohl die Loch- bildung als auch de» charakteristischen Geschmack hervor. Seide aus Schweinsohren. Das Schwein ist zwar bekannt wegen seiner Verwendbarkeit für viele gute und nützliche Dinge; aber daß es auch das Rohmaterial für schimmernde Seidenstoife liefern soll, ist doch eine ganz neue Forderung. Wie in„Ucb.r Land und Meer" erzähll wird, ist es einem englischen Chemiker Dr. Arthur Littl« gelungen, aus den Ohren der Schweine, oder genauer gesagt, aus einer Drüsenausscheidung von ihrem.Hinterkopf, eine Substanz zu gewinnen, die einen gutverwebbaren Seidenfaden er-' gibt. Bei den hohen Seidenprcisen von heute wäre es gewiß nützlich, wenn man den Schweinezüchtereien Seidenfabriken angfi»- der» könnte.