örotverbilligung durch Aufklärung". Die Wirtschaftsliberalen und die Brotteuerung. I-aisser kuirs, laisser aller— gehen lasten, treiben lasten, in diesem Satz erschöpfte sich jahrzehntelang die Weisheit des wirtschaftlichen Liberalismus. Der Staat sollte� die Handelsleute und Fabrikanten nicht in ihren Profiten stören, ihm blieb, wie Lassalle mit treffendem Spott gesagt hat, die „Nachtwächterkontrolle". Die Lehre, datz der Staat nicht in wirtschaftliche Verhältnisse eingreifen dürfe, hat längst gründ- lich Schiffbruch gelitten, so daß sie selbst von den Liberalen auf» gegeben wurde. Aber im Kampf gegen die Zwangs- Wirtschaft scheint er zu neuer Blüte kommen zu sollen. Die„Deutsche Allgemeine Zeitung", das Organ der wirt- schaftlich liberalen Volksparteiler, beschäftigt sich in einem Leitartikel mit den Vorstellungen der Sozialdemokrat i- schen Reichstagsfraktion wegen der ungeheuren Preissteigerung des Brotgetreides. Daß der Brotpreis ungeheuer gestiegen ist, daß diese Preissteigerung neue Lohnforderungen, neue wirtschaftliche Kämpfe und damit schwere Erschütterungen unseres Wirtschaftswesens zur Folge haben muß, gibt die„DAZ." gelassen zu. Aber gegenüber dieser Gefahr hat sie nichts als ein fatalistisches Achselzucken, ein kühles„Da ist halt nichts zu machen". Hören wir die liebe Weisheit: Sucht man nach den Gründen dieser gewaltigen Steigerung der Getreidepreise, so braucht man sich nicht lange umzusehen. Einer der hauptsächlichsten preistreibenden Faktoren ist naturgemäß das anhaltende Steigen der Devisenkurse, namentlich des Dollars und des Guldens, welche beiden Zahlungsmittel für den Getreide- import hauptsächlich in Frage kommen. Da Getreide ein Welt- Handelsartikel ist, und ein Teil der Getreidewirtschaft bei uns be- kanntlich dem freien Handel überlasten ist, so ist es kein wunder, daß auch die inländischen Getreidepreise das Bestreben haben, nach Möglichkeit den Weltmarktpreis zu erreichein Es ist das ein Vor- gang, der in den Gesetzen der Wirtschaft begründet ist, und gegen den mit verwaltungsmäßigen Mitteln unter keinen Umständen an- zukSmpfcn ist. Wir buchen zunächst aus diesen Sätzen das Zugeständnis, daß die katastrophale Preisentwicklung auf dem Getreidemartt eine Folge des freien Handels ist. Weiter machen wir auf folgendes aufmerksam: An der Teuerung ist nach der„DAZ." in erster Linie dasSteigenderDevisenkurse schuld. Gerade während dieses geschrieben wird, ist der Dollar im abermaligen sprunghaften Emporschnellen. Bei ungestörtem Gehenlassen der Dinge muß also die jetzige Teue- rungswelle durch eine zweite, noch viel größere über- Holl werden. Die„DAZ." aber weiß zu alledem nichts zu sagen, als daß sich dagegen nichts machen ließe, und schreibt: Wir sind der Ansicht, daß das hiermit gestellte Verlangen(ge- »ne''..t ist das Verlangen der Sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Red. d.„Vorwärts") von der Regierung einfach nicht erfüllt werden kann. Ein Eingehen der Regierung auf die Forderung der Sozialdemokratie würde nichts anderes bedeuten als eine neue Be- festigung der Zwangswirtschaft, mit derem Abbau wir ja glücklicher- weise beschäftigt sind. Damit ist die Katze aus dem Sack. Ein Einwirken auf die Getreidepreise zu deren Niedrighallung fit gar nicht so un- möstlich, wie die„DAZ." anfänglich tut. Man will nur das Mittel nicht haben: die Zwangswirtschaft. Der Häuptling des Landbundes, Herr v. W a n g e n h e i m, hat dieser Tage in einer Versammlung die großmütige Versicherung abgegeben, daß die Landwirtschaft gar keine hohen Preise, sondern nur„angemefiene" Preise haben wolle, und die Schuld an der Verteuerung dem Handel zugeschoben. Da uns die „DAZ."— und dies mit völligem Recht— darüber aufklärt, daß der freie Handel die natürliche Tendenz hat, die Preise zur Weltmarktshohe hinaufzutreiben, so ist diese Versiche- rung nichts als Heuchelei im Munde eines Mannes, der wie ein Löwe fürdenfreienHandel und gegen die Zwangs- Wirtschaft kämpft. Will man wirklich angemessene Preise, so
obgehäutet werden muß, denn nur so wird ein brauchbares Leder erlangt. Alles, was man zum Fang dieser Riesenschlangen braucht, ist ein unten gegabelter Stock, eine Schlinge und eine starke Stange. Wenn er sein Opfer erspäht hat, setzt ihm der Eingeborene den gegabelten Stock fest hinter den Kopf und nagelt das Tier so gleich- sam aus den Boden fest. Die Schlinge wird dem Tier dann über den Kopf geworfen, und nun windet die Schlange sich selbst rund um die Stange, worauf sie der Kuli nach der nächsten Stadt trägt und sie dem Abhäuter überantwortet. Da die Riesenschlangen große Fresser sind und sich meist im Zustand völliger Sättigung befinden, sind sie sehr schwerfällig, und man kann ohne Gefahr mit ihnen hantieren. Ganz anders freilich ist das Bild der Schlangenjagd, wenn ein anderes Reptil auf dem Schauplatz erscheint, nämlich die Kobra. So verächtlich und gleichgültig der Eingeborene die Riesen- schlänge behandelt, so furchtbare Angst hat er vor dieser Giftschlange, die die schlimmste Gefahr des Dschungels darstellt. DU Kirchen in den vereinigten Staaken . Den mannigfachen Kirchen, die in den Vereinigten Staaten vertreten sind, gehörten im verflossenen Jahre 45 097 ISS Personen an gegen 41326 854 im Jahre ISIS. Die Kirchen bilden 233 104 Gemeinden Mit 2<X)0S0 Geistlichen. Von den ausdrücklich als Kirchenmitgliedern verzeich- neten 43 997 ISS Personen gehören 17 885 646 der römisch-katho- tischen Kirche an, wobei sämtliche katholisch getauften mit eingerech- »et sind: die protestantischen Kirchen zählen hingegen nur die Kom- munikanten. Die 30 im(protestantischen) Bundesrat der Kirchen zvsammengtschlositnen Glaubensgemeinschaften hoben insgesamt 19 983 IIS Mitglieder, während sie die Scelenzahl ihrer Parochten aus 35 812 722 bezisfern. Jüdische Gemeindemltgiieder wurden 120 000 gezählt(bei einer gesamten jüdischen Bevölkerung in den ereinigton Staaten von 3 300 000); der orthodoxen Kirche gehören an 411 034 Mitglieder und der Gemeinde der Heiligen vom letzten Tage(Mormonen) 1646170 Mitglieder. Don den protestantischen Kirchen sind nach Gemeindemitgliedern gerechnet die stärksten die Baptisten mit 7 863 250, die Methodisten mit 7 797 991, die Luthe- raner mit 2 466 645 und die Presbytertaner mit 2384 688 Mitgliedern.— Und alle diese Kirchen existieren in voller Unabhängigkeit vom Staate— eine Dorstellutig, die dem heutigen Normal- Philister immer noch eine Ungeheuerlichkeit erscheint.
Musikchronir. Da? BlSibner-OrcheNer veranstaltet an, SonMaz. 7'/, Uhr, im BlütKner-Saal einen Tanzwei'enabend.— DI« a> r o!, e Volk«over bringt Sanntag. nachmittag» Z Ubr. im Theater d-S Westens nochmals Wagners„Lobengrin» zur Aufführung. Ci» Grnst.Hattel-Aanl wird Sanntag mittag» 12 Ubr im I n ü i t u t für Sexualwisse>, Ichast(Sinznuz in den Zelten 3»)«IS Bar- trageraum für Menschenkunde eröffnet. DI« leitenden Äerzte de« Instituts «erden Ansprachen halten. Tie Filmprüfftelle verlin und die OierstlmpriUNe?« wurde am Donnerstag bunb SiaalSsekretä: Schulz in ihre neu geschaffenen Dienst- räume in der früheren Reitbahn deS ehemaligen Kene> alstabSgebäude« ein- geführt. Der Zugang ist Moltkestr. 7. Tie Zukunft des Goetstr-HauleS. Der ReichSvräsident richtet« an den Borgenden der Kcjellschast der Freunde des Franlsurter Goethe- MuienmS ein Schreiben, worin er die.'ddfnilmg ausspricht, daß eS geling»» werde, das Geburtshaus einer der Größten unleres Balte« auf ewig» Zeiten baulich zu sichern und zu erhallen. Au« dem Di«t>ositiouSloild« oe« Reichspräsidenten Pud 10 000 W. überwiejeu Word«».
gibt es nur ein Mittel, daß nämlich der Staat diese ange» messenen Preise diktiert und ihre Uebertretung bestraft. Aber eine solche Beschneidung ihrer heutigen Riesenwucher- gewinne wollen weder Landwirtschaft noch Handel haben. Des- halb suchen sie dem Volk einzureden, daß die Preissteigerung unabwendbares Fatum sei. Man wartet mit einiger Spannung auf die p o s i t i v e n Vorschläge, die die„DAZ." selber machen wird, um die von ihr erkannten katastrophalen Wirkungen der Brotpreis- erhöhung abzuwenden. Und was findet man? Wütende Aus- fälle gegen die Erfüllungspolitik und die weise Mahnung, Aufklärungsvortäge zu veranstalten. Ja, wirklich, man lese: Wenn man daher etwas gegen die Preissteigerung des Brotes tun will, dann wäre es dies: Aufklärung der Arbeiter- bevölkerung in der ganzen Welt über den Wahnsinn des Dersailler Friedensvertrages und seiner nachfolgenden Verträge. Die Aufklärungsarbeit an der Arbeiterbevölkcrung der Well hat die Sozialdemokratie sicher mit größerem Eifer und Erfolgen betrieben als die volksparteilichen Hurra- Patrioten. Unser Erfolg würde größer sein, wenn der Er- füllungspolitik des Kabinetts Wirth nicht durch die Hinter- männer der„DAZ." ständige Schwierigkeiten bereitet würden. Verlangt die„DAZ." von der werktätigen Bevölke- rung, daß sie im Innern Deutschlands tatenlos auf die Erfolge jener Aufklärung warten und bis daliin geduldig das uner- schwingliche Brot bezahlen soll, so ist das die f r e ch st e Zu- m u t u n g, die wir jemals in einem wirtschaftlich liberalen Blatt gelesen haben. Wir bezweifeln stark, daß der super- gescheite Leitartikler der„DAZ." selber an seinen Vorschlag glaubt. Seine Worte enthüllen in Wirklichkeit den g e i st i g e n und moralischen Bankerott der Zerstörer der Zwangswirtschaft, die nun vor den Früchten ihres Tuns stehen._
Enülich geflogen! Der deutschnationale Lanbrat von S ch u l z e- P e l k u m ist endlich seines Amtes enthoben worden. Damit, so schreibt die S. K., hat einen Mann sein Schicksal erreicht, der längst zum Absägen reis gewesen wäre. Als im Jahre 1919 nach der Revolution die Zeiten des Prinzen von Ratibor und Corvey als Oberpräsidenten von Westfalen abge- laufen waren und der Name seine« Nachfolgers, Dr. Würmeling, noch nicht bekannt war, unternahm der Herr Landrat des Landkreises Hamm den Versuch, die Besetzung des Oberpräsidentenpostens jour- nalistisch zu beeinflussen. Er schrieb also einen Artikel über die Leute, die er als Kandidaten für diesen Posten mutmaßte, und sagt« darin von dem demokratischen Oberbürgermeister T u n o. Hagen , man wisse nicht, ob dieser Demokrat im Lager der Mehrheitssozia- listen oder der Unabhängigen stünde: vom Reichekommissar M e h- l i ch, er verstünde vielleicht etwas von der Journalistik aber sonst nichts; von dem Dortmunder Rechtsanwalt Dr. Frank, man wisse nicht, ob er nicht das einträgliche Gewerbe der Verteidigung der Damen vom horizontalen Gewerbe dem Posten des Oberpräsi- denken vorziehe: und endlich von Karl S e v e r i n g, daß bei ihn, nur das ein« zweifelhaft wäre, ob sein« Eitelkeit sein« Unfähigkeit übertreffe oder umgekehrt. Dieser treffliche Landrat hatte aber zum Unterschied vom Staatskommissar Mehlich kein« journa- listischen Fähigkeiten. Denn das Manuskript, das natürlich anonym in der deutschnationalen Presse hätte erscheinen sollen, flog auf den Redaktionstisch des Dortmunder sozialdemokratischen Parteiblattes, da« diesen Erguß einer schönen Seele mit Autogramm abdruckt«. Aber dieser Zwischenfall hat dem Landrat von Schulze-Pelkum nicht geschadet. Di« von ihm Beschimpften haben sich nicht ge- troffen gefühlt. Der wackere Monarchist wäre wohl noch lange Landrat geblieben, wenn ihm nicht im vergangenen Jahre ein neues Mißgeschick widerfahren wäre. Er bestellte telephonisch die Leiter des Landbundes seines Kreises zu sich und entwickelte ihnen einen großen Plan, wi« er ihnen— entgegen allen Gesetzen und Anweisungen der Regierung— Waffen verschaffen werde, damit sie einen bewaffneten Selbstschutz bildeten. Die also angeredeten dankten für das Vertrauen, erwiderten aber, daß sie davon keinen rechten Gebrauch machen könnten: der Herr Landrat müsse sich geirrt haben, die erschienenen Herren seien näm- lich der Bor st and des Reichsbundes der Kriegsbe- schädigten und Kriegerbinterbliebenen. Tableau! Der Herr Landrat hatte sich in der Telephonnummer geirrt und statt des Reichslandbunde» den Reichsbund der Kriegebeschädigten zu sich zitiert. Nun gab es lange Untersuchungen, ober schließlich hat dieser Landrat der allen Schule doch„weg von der Futterkrippe" müssen.
Die Fluktuation in üer Schutzpolizei. Gefängnisstrafen oder wirtschaftliche Bindung? In der Schutzpolizei Preußens und anderer deutscher Länder hat sich in der letzten Zeit eine außerordentlich starkeFluttuation bemerkbar gemacht, die eine Gefährdung de« gesamten Apparats bedeutet. Die stark« Beschäftigung der Industrie und des Handels, die dort gezahlten Gehälter und Löhne waren für eine ganze Reihe von Schutzpolizeibeamten Anreiz genug, um ihr Beamtenoerhältnis zu lösen. Wo diese Lösung von feiten des Staates mit Rücksicht auf die zwölfiährige Dienstverpflichtung nicht bewilligt wurde, ist es auch vorgekommen, daß Echutzpolizeibeamte eigenmächtig ihrem Dienst fernblieben mit der Absicht, auf disziplinarem Wege ihr« Eni- sernung aus der Schutzpolizei zu erreichen. In einigen Beamten- körpern ist die Zahl der Ausscheidenden so stark geworden, daß das Einrücken eines nur mangelhaft geschulten Nachwuchses die Qualität der betreffenden Formationen stark herabgedrückt hat. Es ist klar, daß solche Zustände Abhilfe verlangen. Darüber ist sich auch das preußische Ministerium des Innern im klaren. Aber der Weg der Abhilf«, für den man sich entschieden hat, muß starke Bedenken erwecken. In einem von Staatssekretär Freund gezeichneten Schreiben hat das Ministerium beim Reich beantragt, für das Ausscheiden ohne Genehmigung aus den, Polizei- dienst Gefängnisstrafen«inzuführen. Der beabsichtigte „Fahnenfluchr-Paragraph soll folgenden Wortlaut haben: „Wer unter Bruch seiner zwölfjährigen Dienstverpflichtung dem Dienst über 4 Wochen fernbleibt oder während eines Auf- ruhrs den Dienst eigenmächtig über 3 Tage verläßt oder in dieser Zell den Gehorsam verweigert, wird mit Gefängnis bis zu ......... bestrast. Ist der Täter durch Geldgeschenk« oder sonstig« Vorteil« seitens Dritter zu dem Vergehen bestimmt worden, so beträgt die Gefängnisstrafe nicht unter.........." Wir glauben, daß mit einer derartigen Strafvorschrift der beab» sichtigte Zweck nicht erreicht wird. Eine nur mit Gefängnisdrohung zusaxunengehaltene Schutzpolizei wird kaum de» Geist in sich tragen, den man van ihr verlangen muß. Der Keim des Uebels wird durch Strafvorschriften nicht beseitigt, er liegt an anderer Stelle: die Schutzpolizeibeamten, die jetzt in der Privatwirtschaft Unterkommen suchen, sind sich selber wohl kaum im unklaren, daß die gegenwärtige günstige Konjunktur nicht anhalten wird. Wenn st« gleichwohl ein ungewisses Schicksal dem Verbleiben in der Schutz-
polizei vorziehen, so liegt das daran, daß sie über ihr künstiges Schicksal auch als Schutzpolizeibeamte im Ungewissen sind. Es sind durchaus nicht die schlechtesten Beamten, die ausscheiden, sondern oft solche, die an sich Lust und Neigung zum Polizciberuf haben, aber befürchten, daß sie nach Ablauf ihrer zwölfjährigen Berpflichtung den Beruf dennoch werden wechseln müssen. Diese Leute wird man nicht durch Strafen an die Schutzpolizei ketten, sondern indem man ihnen die beruhigende Gewißheit gibt, daß der jetzt von ihnen angestrebte Berufswechsel nicht nach zwölf Dienstjahren unter vielleicht viel ungünstigeren Bedingungen doch von ihnen vollzogen werden muß. Die Aussicht auf eine gesicherte Zukunft dürfte nicht nur ein stärkeres, sondern auch wertvolleres Bindemittel sein als die Drohung mit einer Gefängnisstrafe. » Neue Sensationsmeldungen, die der„Tag" über angeblich ge- plante Entlassungen führender Offizier« bei der Schutzpolizei bringt, sind nach Meldung der PPN. teils erfunden, teils übertrieben.
Seamtengehälter und gleitende Skala. Der Beamtenausschuß des Reichstags hatte einen Unterausschuß eingesetzt zur Prüfung der Frage einer automatischen Anpassung der Beamtengehälter an den Geldwert. Der Unterausschuß berichtete gestern, daß er einstimmig empfehle, die Einführung einer gleiten- den Gehaltsskala möglichst bald vorzunehmen, lieber die Einzel- hellen konnte sich der Unterausschuß jedoch noch nicht einigen. Ministerialrat Kühnemann teilte mit, daß die Vorlage über eine Neuregelung der Grundgehälter der Beamten so früh erfolgen werde, daß ihre Inkraftsetzung zum kommenden 1. April möglich sei. Die Einführung einer glellenden Skala bis zu demselben Termin sei aber nicht möglich. Das Reichsiinanz- ■ninisterium sei der Ansicht, daß die Einjüh.ung einer gleitenden Skala nur dann erfolgen könne, wenn sie sich zugleich auf die Ar- beiter und Angestellten der Reichsverwaltung erstrecke. Die Der- Handlungen über diese Frage mit den Gewerkschaften seien auf den 10. März angesetzt. Der Ausschuß beschloß nach längerer Debatte, einen Meinungsaustausch darüber herdeizusllhren, wie sich die Fraktionen des Reichstages zu der Frag« d»? gleitenden Gehallsskala stellen. « Im 23. Ausschuß des Reichstages fragte am Freitag der Abg. Bender(Soz.), wie es mit der Neuregelung der Bezüge für die Beamtenschaft, die Angestellten und die Arbeiter des Reiches steh«. Es wurde geantwortet, daß am Mittwoch kommender Woche über den Stand der Gehalts- und Lohnfrage im Ausschuß Auskunft ge- geben werde, am Donnerstag würden die Ressortminister dazu Stellung nehmen, und am Freitag seien Verhandlungen zwischen der Reichsregierung und den gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen über die Erhöhung der Gehälter und Löhne.
Der Magistrat vor dem Schiedsspruch. Um seine Stellung gegenüber den Lohnforderungen der städti- schen Arbeitnehmer zum Ausdruck zu bringen, läßt der Magistrat durch WTB. eine Kundgebung oerbreiten, die sich„gegen mehr» fache irrige Ausführungen" in der Presse richtet. Nach diesen Pressemeldungen habe der Magistrat den städtischen Arbeitern Zu- geständnisse gemocht und hege die Hoffnung, anstatt der gefor- derten Erhöhung des Stundenlohnes um 7,50 Mk. mit einer Stundenlohnzulage von 5 Mk. auszukommen. Diese Annahme sei völlig irrig. Bei der Lage der städtischen Finanzen könne von einer derartigen Erhöhung der Stundenlöhne keine Rede sein. Bei einer Zulage von 5 Mk. und unter Bewertung der sozialen Leistungen des Manteltarifs mit etwa 20 Proz. oes Lohnes würde der Stundenlohn eine» ungelernten ledigen Arbellsr» 16,53 Mk. und der eines verheirateten Arbeiters mit zwei Kindern 18-83 Mk. bettagen, mehr als im Handel und Jndusttie und vom Reiche ge- zahlt werde. Die städtischen Arbeiter würden dann den ent- sprechenden Klassen der Reichs-, Staats- und städtischen Beamten im Lohn well voraus sein. Eine solche Bevorzugung der städti- sehen Arbeiter sei bei der Finanzlage Berlins nicht zu rechtfertigen. Der Magistrat habe überhaupt keine Zugeständnisse gemacht, sondern den Reichsarbeitsminister gebeten, einen Schlichtung?- ausschuß einzusetzen._ Die Not der Kriegsopfer. Der 19. Ausschuß des Reichstages besprach am Freitag die Teuerungsmaßnahmen für Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene. Ein Vertteter des Reichsarbeitsmimsteriums erläuterte die bisher getroffenen Mahnahmen des Reichskabinetts und berichtete über di- vom 20. und 23. Februar mit den Organi - sationen geführten Verhandlungen. Er erklärte gleichzeitig, daß die Regierung bereit sei, die Teuerungszulagen zu erhöhen. Ob dies auf dem Wege der Verwaltung oder dem der Gesetzgebung erfolgen solle, sei den Organisationen überlassen worden. In der Mehrheit ent- schieden sich die Organisationsvertreter für eine gesetzliche Regelung. In der anschließenden Aussprache wurde allgemein einer s o f o r- tigen Hilfe für die Kriegsopfer zugestimmt. Die sozialdemokratischen sowie Vertteter anderer Parteien gaben ihrer Verwunderung darüber Ausdruck, daß die Deutsche Bolk-partei nicht im Ausschuß oertteten war— der Abgeordnete Etteiter erschien erst kurz vor Schluß der Sitzung— obwohl sie in der Donnerstagsitzung des Reichstages eine Interpellation über die Rentenerhöhuna eingebracht hatte. Das Verhalten der Deutschen Volkspartei gab bei allen Parteien zu der Vermutung Anlaß, daß es dieser Partei weniger auf die Not der Kriegsopfer, als auf einen parteiagitatorischen Vorstoß ankam.
Ledebour verunglückt. Gestern spät abends wurde Genosse Georg Ledebour vou einem Radfahrer aus dem Potsdamer Platz überfahren. Man brachte Ihn mit einem offenen Unlerfchenkelbruch in» Krankenhaus. Wir wünschen dem alten Kämpfer baldig« Genesung. Kasciflenfleg in Ztume. Mailand , 3. März.(EP.) Die Fascisten von Fium», die infolge der Einrichtung einer besonderen Polizei unter dem Re- gierungspräsidenten Zanella zum Angriff vorgegangen sind, haben den Regterungspalast eine Stunde lang bombardiert, bevor die von Zanella zu Hilf« gerufene italienisch« Staatspolizei� ein- greifen konnte. Mehrere umliegende Häuser wurde» beschädigt, während der Regierungspalast den Angreifer»«iderstond. Ehe- malige Legionäre und Fascisten haben Freitag morgen das Post- und Telegraphengebäude besetzt und sich der Verwaltung bemächtigt. Der Angriff auf das Regierungsgebäude dauert noch an. Die Schutzleute haben sich im Regierungsgebäude verbarri- kadiert. Die Telegraphenvcrbindungen sind unterbrochen, weshalb Einzelheiten fehlen. Agram. 3. März.<U»g. Icl.-korr..Vureau.) v« Gouver- »ent Richard Zanella«ußle sich»ach sech-stü»digem heftigen Kampfe heule Mittag«gtbai and befi»dot sich in der Ssf«»genschast de» Fasclsta»._
Der schweizerische Gesandte in verli». Dr. V. P l a n t a. ist in DavoS gestolben. Er bat sich den Dank Deutschland » auch durch die Beriretung der Interessen deutscher Bürger während deS Krieges in Italien gesichert, wo er bis 1913 Gesandter war. Der Reichs» Präsident hat der Familie ein herzliche« Beileidstelegramm ge- fandt. Zum Nachfolger des Verstorbenen ist Herr Dr. Bogel ernannt.