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fr. 132 39.Jahrgang Ausgabe B Nr. 66

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonnabend, den 18. März 1922

Gegen die Aussaugung Deutschlands .

Protest der deutschen Arbeiter- und Angestelltengewerkschaften.

=

Der schwere Drud der Reparationsverpflichtungen, der] Diese Riesenbeträge müssen aus der deutschen Ar­auf dem deutschen Volke und somit insbesondere auf der deut- beit aufgebracht werden. Sie erfordern ungezählte Mil­schen Arbeiterschaft laftet, ist moralisch nur dann ertragbar, liarden, die für den tatsächlichen Wiederaufbau verloren gehen. Die deutschen Gewerkschaften, die stets für Wiedergut­wenn die deutschen Reparationsleistungen auch wirklich für die Zwecke des Wiederaufbaues Berwen- machung und Erfüllung eingetreten sind, erheben hiermit dung finden.

Nach der von dem Pariser Temps" fürzlich veröffentlich ten Aufstellung sind aber von den 11,4 milliarden Goldmark, die Deutschland bis zum 31. Dezember 1921 an Reparationszahlungen geleistet hat, nur 2,8 Milliarden dem eigentlichen Wiederaufbau zugute gekommen, während der Rest für andere Zwecke, darunter über

4,3 milliarden allein für die Besatzung und für die interalliierten Kommissionen in Deutschland , ver­braucht worden ist.

Hinzu kommt jetzt, daß die ohnedies schon unverhältnis­mäßig hohen Bezüge der Mitglieder der zahlreichen inter­alliierten Kommissionen nochmals um eine Teuerungs­zulage von 38 Proz. erhöht worden sind. Nach dieser Er höhung bezieht jetzt, das Heimatgehalt in deutsche Mart um gerechnet, ein französischer General in Deutschland jährlich

1886 200 m., ein

englischer General jogar 3 619 500 m.,

und selbst ein einfacher englischer Soldat 362 620 m., also weit, weit mehr als die höchsten Beamten der deutschen Re­publik.

Tschitscherin an Poincaré .

Enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit allen Staaten. Paris , 18. März.( WTB.) Die Agence Havas veröffentlicht den Wortlaut eines langen Funtspruchs des russischen Kommissars des Aeußeren Tschitscherin an Ministerpräsident Poincaré , in dem ut. a. ausgeführt wird, auf der Genueser Konferenz müßten Sieger und Besiegte, große und fleine Staaten, Sowjet- und Bourgeois- Regierungen gleichberechtigt nebeneinander stehen. Leider lasse das Verhalten der Großmächte den Schluß zu, daß ein Teil der eingeladenen Staaten sich einer festgefegten Entscheidung eines Blocks von Großmächten gegenübersehen werde. Wenn die Pressemeldungen, wonach diefer Blod von Regierungen Borschläge machen wolle, die mit der Souveränität und unabhän gigkeit Rußlands unvereinbar bleiben, zutreffen, so werde das unvermeidliche Ergebnis der Konferenz ein Fehl schlag fein. Weiter wird in der Note gegen die Verleumdungs­fampagne gegen Rußland und gegen die Behauptung protestiert, die Sowjetregierung molle die Konferenz nur zu fommunistischer Pro­paganda benuzen, ebenso dagegen, daß sich in den Rußland benach barten Gebieten sowjetfeindliche Banden bildeten.

=

öffentliche Klage über diese Bergeudung

des Ertrages deutscher Arbeitskraft und deutschen Arbeits­fleißes. Mit weniger als ein Zehntel der Bezüge des einfachen englischen Soldaten in Deutschland muß der deutsche Arbeiter sein Leben fristen und seine Arbeit verrichten. Die ungeheure Teuerung drückt seinen Lebensstandard von Woche zu Woche tiefer herab. Getrieben von der Not, die in den Familien der Arbeiter und Angestellten in Deutschland herrscht und fich täg­lich vergrößert, erheben wir Protest gegen diese

finnlose Aussaugung Deutschlands .

Die deutschen Gewerkschaften lenken die Aufmerksamkeit der Welt, insbesondere der Arbeiterschaft aller 2än­ber, auf diesen Zustand. Wie lange soll ein System, das einem ganzen Wolfe die letzten Lebensfäfte aussaugt, um sie zwecklos zu vergeuden und dabei die Ruinen des Krieges weiter verfallen läßt, noch bestehen bleiben?

Berlin , den 18. März 1922.

Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Th. Leipart.. Allgemeiner freier Angestelltenbund Aufhäuser. Süß.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag. Egyedition und Inferaten. Abteilung Morisplak 11753-54

Neueste Schulreform.

Bon Friz Rarsen.

Die politische Stellung Deutschlands in der Welt und im Innern, feine wirtschaftliche Lage ist durch den Weltkrieg und seine Folgen ungeheuer verändert. Es ist selbstverständlich, daß auch die geistige Einstellung in allen Kreisen und Schichten des Boltes einen gewaltigen Wandel durchgemacht hat und weiter durchmacht. Alle Menschen, auch diejenigen, die zäh am Alten hängen, sind jeden Augenblick vor neue Auf­gaben und Situationen gestellt und fönnen sich einer gewissen Umstellung einfach nicht entziehen. Ganz verändert sind die Anforderungen, die die Gesellschaft in der Gegenwart an alle stellt, ganz verändert daher die Bedürfnisse, denen die Schule genügen muß, wenn sie in dieser Gesellschaft, die heute im Werden ist, ihre Funktion noch erfüllen will.

Aber inmitten dieses neuen Geschehens ist unsere allge meine Schule, vor allem die höhere Schule steinern un­beweglich geblieben. Jeder Lehrer, mag er politisch auch noch so weit rechts stehen, erkennt heute an, daß es so einfach nicht weiter geht. Die Kinder, die unter ganz neuen Bedin­gungen heranwachsen und leben, paffen gar nicht mehr in diese Schulen herein, die einer früheren Zeit gemäß waren. Es ist doch eine von jedem Lehrer der höheren Schule anerkannte Tatsache, daß die Leistungen auf gewissen Gebieten, namentlich in den Sprachen, trotz aller Arbeit immer mehr zurückgehen, daß das eigentliche Leben der Schüler sich immer mehr von der Schule oder wenigstens vom Unterricht entfernt; es ist eine öffentlich immer wieder ausgesprochene Wahrheit, daß weite Kreise zu dieser Schule tein Berhältnis mehr haben und ihre Neugestaltung aus den Bedürfnissen der Gegen wart heraus verlangen. Man weiß das in den hohen Be hörden, man doktert dort seit Jahren an allerlei Reformen. Die Referenten arbeiten Bläne aus, die nach einigen Wochen auf irgend welchen Einspruch hin wieder verworfen werden. Die Herren Minister fündigen die baldige Durchführung an- aber es geschah im Grunde nichts zur zeitgemäßen Umstellung der höheren Schule.

Das Pariser Finanzabkommen. Paris , 18. März.( WTB.) Der Finanzausschuß der Kammer Rum stellte der Herr Kultusminister Dr. Becker in seiner hat gestern in Anwesenheit des Finanzministers de Lasteyrie getagt. Der Finar.zminifter gab Aufklärungen über die Berhand am 31. Oftober vorigen Jahres im Hauptausschuß des Land­lungen, die dem Finanzabkommen vom 11. März voraus tags gehaltenen Rede die Errichtung von 50 Aufbauklassen für gingen, und über die Vorteile, die dieses Abkommen zu bieten scheine. Ostern 1922 in Aussicht, Klossen also, durch die es begabten Das Abkommen bedeute die Liquidierung der Ver. Bolfsschülern ermöglicht werden sollte, auch nach Abfolvierung gangenheit. Das Reparationsproblem sei auf der alliierten der Volksschule ohne Zeitverlust das Ziel der höheren Schule Finanzfonferenz erörtert werden, nachdem die Frage der Organi 3u erreichen. Er betonte ausdrücklich*), daß es sich um eine fierung einer wirffamen Kontrolle der deutschen Fi- pollwertige höhere Schule handle, nicht bloß um nanzen besprochen worden sei, einer Rontrolle, die sich auf die einen Erfaz des Lehrerseminars. Zur Ausführung dieses Bolleinnahmen, auf den Devifenverkehr, auf die Reichsbant und auf Plans, dessen Bedeutung ich wirklich nicht überschätze, der aber tas Budget erstrecken solle. Nach Ansicht der französischen Regierung zweifellos ein Schritt vorwärts war, ift er nicht mehr ge­müsse Deutschland äußere Anleihen abschließen, um seine fommen. Herr Boeliz hat nun die Erbschaft aufgenommen. Berpflichtungen erfüllen zu können, Anleihen, die sichergestellt wür- Er hat den Abgeordneten zwei Dentschriften über­den durch Bergwerfe, 3olleinnahmen, Eisenbahnen reicht, die eine über die grundständige deutsche Volks. usw. Bas die interaliierten Schulden anlange, so lehne Frankreich fch ule", die andere über die 2 ufbauschule. ir stimmen die Bezahlung des auf Frankreich fallenden Betrages nicht ab, jei 3u, wenn nun ernsthaft an die Bildung solcher Schulen heran­aber augenblicklich nicht in der Lage, zu bezahlen. Es müsse also gegangen wird. Aber ebenso entschieden lehnen wir die Be­unter den Alliierten eine Berständigung getroffen werden. Der gründung ab, die der Herr Berfaffer wie man hört, ein Finanzminister gab alsdann noch Aufklärungen über das Verlangen fchlesischer Gymnasialdirefter und Parteifreund des Herrn der amerikanischen Regierung hinsichtlich der vollständigen Boeliz uns vorfeßt. Nimmermehr wollen wir die deutsche Bezahlung ihrer Besaßungstoften. Schließlich erklärte de Lastenrie, Oberrealschule- um zunächst von dieser zu sprechenledig­daß das Finanzabkommen vom 11. März der Ratifikation des lich aus dem Grunde, damit wir in der Lage sind, die Kultur­Barlaments unterliege. propaganda fremder Völker in unseren Grenzgebieten" mit unserer Kulturpropaganda in der Schule abzuwehren; nimmera mehr eine Schule, die schon die Kinder lehrt, die ganze Welt nur vom einseitig deutschen Gesichtspunkt anzusehen und jede Kultur nur danach zu werten, was fie für uns Deutsche für Bedeutung hat oder gehabt hat. Das ist ins Kulturelle über­fegter Chauvinismus, aus solcher Schule würden nationa­listisch eingebildete und verbildete Menschen entspringen!

Der amerikanische Druck.

Im zweiten Teil der Note wird ausgeführt, daß mehrere De frete und gesetzliche Bestimmungen der Sowjets das Geheimnis der privaten Rorrespondenz garantierten. Alle Ber­brechen, auch die politischen, würden von gewöhnlichen Ge­richtshöfen abgeurteilt. Die Interessen und Befizrechte der Ausländer in Rußland seien durch die gegenwärtige Gesetz­gebung in Rußland ausreichend garantiert, ebenso sei die Freiheit des privaten Handels in Rußland gewährleistet, wenn auch der Staat sich das Monopol des auswärtigen Verkehrs Paris , 18. März.( EP.) Der Matin" veröffentlicht ein ver­vorbehalte. In letzterer Beziehung sei jedoch die Teilnahme von trauliches Dolument des amerikanischen Schahzamtes, aus dem her Privattapital durch besondere Abmachungen ermöglicht, ferner sei vorgeht, daß die französische Schuld gegenüber den Ber­die Bildung von Aftiengesellschaften und Kreditbanten entsprechend einigten Staaten fich gegenwärtig auf 3 151 506 337 Dollar beläuft. der Gesetzgebung aller anderen Länder geregelt. Die Note schließt London , 18. März.( BIB.) Reuter meldet aus Washington, mit der Bemerkung, die Comjetregierung werde sich nach Genua be- Staatssekretär Sughes bereite gegenwärtig eine Note an die geben mit der festen Absicht, in enge mirtschaftliche 3- alliierten Regierungen vor, in der er die Ansicht der Vereinigten fammenarbeit mit allen Staaten zu treten, die fich Staaten bezüglich der Forderung auf Erstattung der 241 Mit gegenseitig die Inverleglichkeit ihrer politischen und wirtschaftlichen lionen Dollar Kosten für die amerikanischen Bejagungstruppen Organisation entsprechend Artikel 1 der Bedingungen von Cannes darlegt. Die Note werde darauf hinweisen, daß die Bereinigten

garantieren würden.

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Wenn wir sie verlangen, so nur deshalb, weil sie den Be­dürfnissen der lebendigen Gegenwart entgegenfommt, ihre Stoffe diefer nach Möglichkeit entnimmt, von diesen aus den Bugang zu einer neuen vertieften Bildung gewinnt und mit dem Dogma von der allein feligmachenden fremdsprachlichen Staaten erwarten, daß ihren gerechten Ansprüchen vollauf Genüge Bildung bis zu einem gewissen Grade aufräumt. Freilich geht getan werde, sie werde aber hinzufügen, die Bereinigten Staaten fie uns darin lange nicht weit genug. Daß man nun doch eine feien bereit, einer vernünftigen Regelung zuzuftimmen, zweite Fremdsprache in sie hineingebracht hat, um das Ansehen und hätten den Wunsch, feine unangebrachte Rüdsichts. dieser neuen Schule gegenüber den gebildeten" Geschwistern Tofigfeit zu zeigen.

Der Dollar 280!

England und die Militärkontrolle. London , 18 März.( WIB.) Der stets gut unterrichtete diplo­matische Berichterstatter des Daily Telegraph schreibt: Someit gestern festgestellt worden konnte, war die britische Regierung noch au feiner Einigung über die von den Vertretern Frankreichs und Italiens im Botschafterrat unterbreiteten Vorschläge wegen der achtjährigen Berlängerung der Militärtontrolle Deutschlands gelangt. Die letzten Anweisungen, die von London Der Dollar stieg an der Berliner Börse heute auf an den englischen Botschafter in Paris , Lorb Hardinge, ergangen 280 Mart. Dementsprechend gingen auch die anderen aus­feien, sprächen fich für eine Kontrolle innerhalb eines weit geländischen Geldsorten in die Höhe. Und die Mark fällt weiter. ringeren Beitraums aus. Die Kontrolle soll nicht länger als bis zu dem Zeitpunkt der Zurückziehung ber briti­fchen Truppen vom Kölner Brückenkopf im Jahre 1925 erstreckt werden, wobei noch die Bedingung gestellt werde, ba Deutschland nicht gezwungen werde, deren Unterhalt zu zahlen, und baß die augenblidlichen militärischen Santtionen in ben Ruhrstädten unverzüglich aufgehoben werden.

Bank ist eine Vereinbarung zustande gekommen, die eine be­Zwischen der englischen Regierung und der Deutschen schleunigte Abwidlung der Geschäfte er London Agency er möglicht.

zu retten, zeigt die rückwärtsgewandte Einstellung auf ein Bildungsideal, das im Volf überhaupt feinen Boden mehr hat. Die erst ziemlich spät- in U II- einfegende zweite Fremd­fprade ist freilich nur rezeptiv" zu treiben. Wer versteht das eigentlich?! Und dasselbe Ideal, das Stoffmassen mit Bildung verwechselt, führt dann zu einer Belastung ber Jugend bis zu 43 Stunden wöchentlich. Sebes Wort der Kritit wäre gegen­über dieser Feststellung nur eine Abschwächung.

Ebenso unmöglich und nur aus einer ideologischen Be schränktheit des Verfassers der Denkschrift erklärlich ist die Be

*) Anmerkung: Meine entgegengeschte Angabe in einem Auf­fag im Abendblatt des Borwärts" vom 15. November 1921 bes ruhte auf einem falschen Sizungsbericht.