Kogik nicht erblicken.(Sehr richlig.) Denn wenn Deutschkon!» ein 'Moratorium bewilligt wird, so ist es logisch unmöglich, am 31. Mai über die anerkannte Tatsache der Zahlungsunsähigkeit�hinwegzu- gehen und uns neue Forderungen zn stellen, die nicht erfüllt werden können. In dein Schreiben der Reparationskonunission an den Reichs- Kanzler sind die Bedingungen festgestellt worden, in denen wir jene tatsächliche and neue Erschwerung der Lage stu erblicken habeil, die ganz Deutschland mit Recht auf das tiefste erregt Hai. (Sehr wahr!) Der sehr schroff gehaltene Brief geht nur mit kurzen Worten»in auf die Anstrengungen der deutschen Re- gierurig, den wirtschaftlichen Zustand Deutschlands zu beflern. Die ernsthaften Anstrengungen der deutschen Regierung werden von der Reporationskornmifsion in keiner Weise gewürdigt.(Sehr richtigl chört, hört!). Insbesondere scheint ihr jedes Verständnis dafür zu fehlen, welche Bedeutung der Steuerreform beizumessen ist. Von den Bedingungen, unter denen der vorläufige Zahlungsauf- schub bewilligt werden soll, sind einige bereits aus den Verhandlun- gen i» London und Cannes bekannt, und unser Reformprogramm hatte bereite im weitesten Umfang diesen Forderungen Rechnung getragen. Die peinlichste Aeberraschunq bedeuten dagegen zwei Punkte dieser Bedingungen. Der Deutschen Regierung wird aufgegeben, unverzüglich einen Plan vorzubereiten und in Anwendung zu.setzen, welcher im Laust; des Rechnungsjahres 1922/23 eine Summ« von mindestens 60 Milliarden Papier- mark über die Einnahme hinaus ergeben soll, welche in diesem Ihaushalr berechnet ist. Diese neuen Steuern in Höhe von 00 Mil° kiarden sollen vor dem kommenden 1. Mai bewilligt und in Kraft gesetzt werden, und es sollen von ihr mindestens 40 Milliarden noch in dies ein Jahre sichergestellt werden. 3m Namen der Aeichsreglerting muh ich kurz, bestimmt and eindeutig sefistellen, daß dieses eine völlig unmögliche Bedingung und Zumutung ist. (Große Bewegung.) Es dürfte in diesem Hause niemanden geben, der im Ernst an die Möglichkeit glaubt, 00 Milliarden neuer Steuern zu beschoffen.(Sehr wahr!) Mit unendlicher Mühe haben wir versucht, unser Steuersystem den gewaltigen Anforderungen anzu- passen, die»ach innen und außen an uns gestellt wurden. Unser direktes Steuersystem ist wie kein anderes der Welt aus- gebaut, und unsere direkten Steuern sind ebenfalls schars erhöht worden. Wir sind gern bereit, in eine sachliche Augeinandersetzung über urifere Steuerbel astung, verglichen mit anderen Völkern,«in- zutreten, nachdem wir schon verschiedentlich der Gegenseite Material über diese israge geliefert haben. Wenn schon die Völker, die keinen Friedensvertrag von der Atlasschroere des Versailler Vertrages auf dem Nacken haben, die umgekehrt die Vorteile des Siegers nach der wirtschaftlichen Seite hin für sich geltend machen können, nicht in der Lage sind, ihren inneren Finanzbedars durch Steuermiltel aufzubringen, wie soll das erst beim deutschen Volte möglich sein, das fast die ganze Last des Krieges allein zu tragen und in fünf Iahren seine eigenen Hilfskräfte und Re- seroen vollkommen aufgezehrt und den Kundus der Produktions- güier in ungeheuerlichster Weise angegriffen hat?!(Sehr richtig!) Nach der sachlichen Seite hin ist also zu erklären, daß es gänzlich unmöglich ist, Quellen zu finden, aus denen in kurzer Zeit 60 Milliarden neuer Steuereinnahmen geschöpft werden können.(Lebhaste Zustimmung.) Die Reparotionskommisiion hätte durch Bewilligung eines Moratoriums zu einer Festigung unserer Geldwert- ucrhältnisie nuv damit zur Schaffung gewisser Grundlagen unserer Finanzpolitik beitragen können. Sie hat aber— wenn auch viel- leicht ungewollt— das Gegenteil erreicht; sie hat auf dem Wege über die Martenlwertung den ganze« Voranschlag unsere» Etats über den Hanfe» geworfen. Durch die Note der Reparaiionskommission ist der Preis der Gold- mark auf 80 angewachsen und dadurch das Defizit des Haushalts um 28 Milliarden au- 22i Milliarden gestiegen.(Große Bewe- gimg.) Das ist wieder ein Beispiel dafür, daß Gewaltpolitik nur zu einer Cinschrönkimg der deutschen Leistungsfähigkeit und letzten O'udes zur Schädigung der ganzen Weltwirtschaft führt.(Heb- hafte Zustimmung.) Das Steuerkompromijt füllt die önßerste Grenze der Leiftungs- fähtgkeil des deutschen Steuerzahlers im gegenwärtigen Augenblick aus. Ich schließ« also nicht aus, daß die von uns beschlossene» Steuern einmal hier eine Einschränkung, dort eine Erhöhung oder Ergänzung erfahren. Aber es ist völlig unmöglich, in diesem Augenblick wieder eine neue Steuer in der geforderten
ungeheuerlichen Höh« dem eben beschlossenen Steuerkompkex hinzu- zufügen.(Sehr wahr!) Die Reparationskommission beweist durch ihre Forderuyg. daß noch so ernste und gewissenhafte Darlegungen der deutschen Regierung keinerlei Eindruck bei ihr erwecken. Wenn die deutsch « Wirtschaft die Neubelastung tragen könnt«, so wäre diese Forderung, worauf ich mit allem Nachdruck und Ernst Hinweis«, schon aus rein parlamentarisch-politischen und technischen Grünten eine Unmöglichkeit, um nicht zu sagen, eine U n- s i n n i g t e i t.(Sehr wahrl) Die Regierungen der Länder, die un» diese Zumutung gemacht haben, mühten wissen, daß die Re. gierung in einem parlamentarischen Staate nicht von heute auf morgen ein unmittelbar vor dem Abschluß stehendes par- lamentarisches Werk umwerfen und auf Bezehl des Auslandes mit ganz neuen Zumutungen an das Parlament herantreten kann. (Lebhafte Zustimmung.) Dies« Bedingung der Reparationstom- Mission ist auch noch von einem anderen Gesichtspunkt aus zu prü- fen, für den ich m diesem Hause setes Verständnis voraussetzen darf, oa es ja berufen ist, mit der Reichsregierung die Rechte und dl« Würde de» devlfchen Volkes und de» Reiche» zu wahren.(Beifall.) Wir haben uns zu fragen, ob die uns auf- erlegten Verträge es gestatten, daß das Ausland so in die Hoheits- rechte des Reiches und die gesetzgeberischen Befugnisse de« Reichs- tages eingreift. Die Note steht eine ausgedehnte Ueberwachung der Steuerveranlagung und Erhebung vor. Ich lasse dahingestellt, wieweit diese Maßregel praktische Geltung finden würde. Gegen das Prinzip jedoch lege ich schon heute im Namen der Regierung schärfste Verwahrung ein. Ich erachte es als mit dem Selbstbeftimmungs- recht eines Volkes und mit der Ehre einer großen Nation für unvereinbar, daß man ihr fremde Organe zur Ueberwachung der einzelnen Zweige bestimmter Verwaltungen beigibt.(Lebhafter Beifall.) Keine deutsche Regierung darf stch im Interesse unseres verarmten und notleidenden Volkcs der Zumutung unterwerfen, daß bei jeder größeren Steuerbehörde Konttollorgaue der Alliierten in Funktion treten.(Stürmischer anhaltender Beifall.) Wenn schon die Ausgaben für die Besatzung und die militärischen Kontrollkommijsionen. die auch dort kontrollieren, wo nichts mehr zu kontrollieren sst (stürmischer Beifall), Deutschland auf da» schwerste belasten, so würde eine solche Ausdehnung der Kontrolle auf die deutsche Steueroerwal- tung jeden Gedanken an einen wirtschaftlichen Wiederaufbau und an«ine Abzahlung unserer Verpflichtungen dem Auslande gegenüber illusorisch machen, ja, dm Gedanken daran im Keime ersticken. Ich betone also, daß weder die Kontrolle unserer Steuerver- anlagung und Erhebung, soweit sie etwa mehr bedeuten sollte als das von uns schon gewährte Auskunftrecht, noch die Auferlegung von Steuern mit ganz bestimmten Erträgm von der deutschen Regierung jemals zugestanden werdm kann. Die deutsche Negierung hat schon bei Abschluß des Versailler Vertrags Veranlassung genommen, gegen die Kompetenzen der Reparationskommission, soweit sie einen Eingriff in die inneren Hoheitsrechte bedeuten, Protest zu erheben. Deutschland hat damals anerkannt, daß für eine rechtzeitige Bereit» stellung der aufzubringenden Summen Vorsorge zu trefsen ist, aber erklärt, daß es über das Ziel hinausgehe, eine mit so diktatorischen Befugnissen ausgestattete Kommission einzusetzen, wie sie vorgesehen war. Dadurch würde die ganze Staatsgrundlag«, die aus dem Selbstbeftimmungsrecht ruht, erschüttert und außer Kraft gesetzt werden. In der Antwort haben die Alliierten erklärt, die Be- fürchtungen der deutschen Regierung beruhten auf einer vollständig falschen Auffassung der Tatsachen(Stürmisches Hört, hört!), und die deutfchm Schlußfolgerungen ständen im vollständigen Widerspruch sowohl zu den Buchstaben wie zu dem Geist« des Der- träges.(Stürmisches Hört, hörc!) Ausdrücklich wurde auch ver- sichert, die Reparationskommission solle nicht befugt sein, in die innere.Gesetzgebung Deutschlands «inzugreifen, insbesondere die Ausschreibung oder Einziehung von Sreuern anzuordnen.(Hört, hört!) Aber auch im Londoner Ultimatum ist ausdrücklich gesagt, daß die Garantiekommission nicht ermächtigt sein soll, in die deutsche Verwaltung einzugreifen. An diese Zusage erinnere ich heute feierlichst die fremden Regierungen und fordere sie auf, nicht drei Jahre nach Abschluß des Frieden» Rechte zu beanspruchen, die sie selbst unter der frischen Nachwirkung des Kriegshasses als un- gerechtfertigte Befürchtungen Deutschland « bezeichnet haben. (Stürmischer Beifall.) Eine Reihe von anderen Bedingungen der Reparatlonskom- Mission decken sich durchaus mit unseren Absichten und den Interessen der deutschen Regierung, die bestrebt ist, durch innere Reformen die schwierige Lage des Staates noch außen zu erleichtern und es
ihm zu ermöglichen, durch eine Periode strengster und nüchternster Beschränkungen die Wohlfahrt künftiger Generationen vorzubereiten. Aber auch hier ist manches kritisch« Wort am Platze. Im Ausland« scheint man zu glauben, daß wir hier eine Der- schwenderwirtschaft treiben. Es ist daher kein Wunder, wenn im Inlands ähnliche Ansichten geäußert werden von Leuten, die von de» Verhältnissen kein« zutreffende Vorstellung haben. Wir wollen unsere Venvaltungsausgaben weiter einschränke«, aber nur wer die Ding« kennt, kann sagen, daß dadurch nennen»- werte Teile einer Goldmilliarde aufgebracht werden können.(Sehr richtig!) Der Etat für 1922 sieht mehr als zwei Drittel der Ausgaben für die Entente vor.(Hört, hört!) Von den 80 Milliarden, welche die Verwaltung des Reiches kostet, sind 41 Milliarden für die Verzinsung der Reichsschuld und iür die Fürsorge für Kriegshinterbliebene usw. erforderlich. Heer und Marine beanspruchen nur 4,7 Papiermilliarden, während England 100 31k 000 Pfund Sterling, Frankreich 4 703 000 000 Frank für dieselben Zwecke schon im vor- jährigen Budget eingestellt hat. Daß hier nichts zu sparen ist, wissen die Kontrollkommissionen am besten, die uns vorschreiben, daß jeder Reichswehrsoldat nicht mehr als 2 Anzüge haben darf. Post und Eisenbahn müssen zuschußfrei gestaltet werden. Für die Eisenbahn ist das bereits im neuen Etat vorgesehen. Auf die eigentliche Reichs- Verwaltung im engeren Sinne entfallen nach dem Etat bei ganzen 80 Milliarden nur 95 Milliarden. Diese bescheidene Summe umfaßt die Ausgaben aller Ministerien und oller ihnen nachgeordnet«, Stellen. Im Namen der Reicksregierung und als Reichskanzler fetze ich mich dafür em: Es muß bis zum äußersten gespart werden. Das ist unsere Pflicht, und wir wollen sie weiter üben. Aber der Illusion wird sich kein Eingeweihter hingeben, daß � auch beim heißesten Bemühen Milliarden hierdurch einzusparen wären.(Sehr richtig!) Man hält uns immer vor, wir hätten zuviel« Minister. Dabei sollte man aber berücksichtigen, daß sie weniger Gehali be- kommen als irgendein Bezirkspräsident jenseits des Rheins. Di« elf Reichsminister, der Reichspräsident und der Reichkanzler kosten mit Einschluß ihrer Anfmandsentschädigungen nicht soviel wie zwei Ententegeneräle in Deutschland. (Lebhaftes lyört, hört!) Die Sparsamkeit wird bei uns so weit getrieben, daß die soziale, hygienisch« und kulturelle Entwicklung unseres Laude» gefährdet ist. Wir werden ousgeforderi, bis zum 30. April Maßnahmen be. kanntzugeben, durch die die mißbräuchliche Ausführung von Kapital verhindert und die Rückkehr früher ausgeführter Kapitalien herb«- geführt wird. Ein wirklicher Erfolg läßt sich aber nicht allein durch die deutsche Regierung erreichen, es bedarf des i n t e r n a t i o n a- l e n Zusammenwirkens, zu dem sich Deutschland erneut bereit erklärt. Die beste Gegenwirkung ist die Besserung der deutschen Valuta. Auch die Wiederaufnahme der deutschen Statistik sonü- die Autonomit der Reichsbank werden zu Schwierigkeiten nicht führen. In der Frage der inneren and äußeren Anleihen liegt der Schlüssel des ganzen Reparationsproblems, dessen Lösung der deutschen Regierung ernstlich am Herzen liegt. Die Zwangsanleihe kommt mit ihrer Wirkung einer starken Vermögen saogaö« gleich und hat durch ihr« Unverzinslichkeit auf eine Reih« von Iahreu hinaus den Charakter einer dauernden Vermögenssteuer. Ob das System der inneren Anleih« weiter ausgebaut werden kann, werden wir erwögen. Aber diese Frage des inneren Budgets kann dos Re- parationsproblem nicht von Grund auf lösen. Hierzu scheint k,e Frage der äußeren Anleihen der geeignet« Weg zu sein. Di« deutsche Regierung hofft, über diese Frag« bald in«ine förderliche Bc- sprechung eintreten zu können; aber bei dieser Frage kommt alle» darauf an, die Hindernisse zu beseitigen, die dem Vertrag von Versailles und in seiner Handhabung durch die Reparationskommission von dem W e l t k a p i t a l erblickt werden. Das Projekt einer äußer«» Anleihe wird vom Wcltkopital nur günstig ausgenommen werden. wenn dem Deutschen Reiche für einen längeren Zeitraum endlich wirtschaftliche Atemfreiheit gewährt wirb. Wir werden den Inhalt der Not« der Reparotionskommsssimi aufs genaueste prüfen, ehe wir antworten, denn von diescr Antwort kann es abhängen, ob die Entwirrung des Reparationsproblems ihren Forlgang nehmen kann, oder ob wir aufs neue in die.alle Methode des Diktats und der Gewalt geworfen werden. Aber diese weitere Prüfung kann an der von mir gezeichneten großen Linie nichts mehr ändern. Wir sehen in der Rot« zum große» Teil den konsequenten Fortgang der in London und Cannes getroffenen Vereinbarungen, denen wir durch unsere Note am 28. Januar Rech .
SweSenborg.
Z« seinem 15 0. Todestag«. Bon Dr. Ernst Albrecht. Es ist»in« cnertiinirdige Erscheinung, daß gerade in Zeiten eines glänzenden Aufschwungs der exakten Forschung und hoher Geistes- kultur auch die Hinneigung zu Mystik, Theosophie und anderen Formen der Schwärmerei besonders stark hervorzutreten pflegt. Die ersten Jahrhunderte der römischen Kaiserzeit, die Zeiten der höchsten Blüte der antiken Bildung, bieten ebenso wie die Gegenwart hierfür überreiche Belege. Besonders war aber das 18. Jahrhundert, das Zeitalter der Philosophie und Aufklärung, zugleich die klassische Epoche der Wundersucht und der trübsten Schwärmerei. Dasselbe Iahrhunder!. das einen Leibniz und Kant,»inen Lessing und Voltaire die Seinen nennt, sah auch einen Mesmer, einen Gaßner und Schrepfer, einen Caglioftro und Saint-G ermain. Weitaus die interessanteste Persönlichkeit in dieser Reihe proble- matischer Naturen aber war der„nordische Seher", der schwedische Naturforscher und Theosoph Emanuel von Swedenborg , dessen seit same religiöse Phantasmen auch heute noch in England und ver. einzelt auch in Schweden eine Anzahl von Anhängern zählen. Swedenborg stellte eine höchst eigenartig« Mischung von wissen schaftlichem Geist und unklarer Phanlastik, von Genie und Wahnsinn dar. Die Rcuhwett hat freilich nur seine Geisterseherei und seine religiösen Verirrungen im Gedächtnis behalten. Von seinen streng lutherischen Eltern zu einer an Pietismus streifenden Frömmigkeit erzogen, zeichnete sich Swedenborg schon al» Knabe durch eisernen Fleiß und tiefe Herzensgüte aus. Seine Hauptstadien betrafen Mathematik. Physik und Chemie. Er wurde Mitglied der Akademien zu Upsala, Stockholm und St. Petersburg ; die van ihm oerfaßten namrwiflenschaftlichen Werke füllen eine kleine Bibliothek,»nd zumal um die technische Verbesserung des Bergwesens in feinem Heimatlande erwarb er sich hohe Verdienste. Rur weriige» dürfte es bekannt sein, daß er in seinem Versuch, die Entstehung unseres Sonnensystems zu erklären, ein Vorläufer von Kant und Laplac« ist. Merkwürdig ist nur das ein«, daß er, der stch übernatürlicher Offenbarungen rühmte, der olle Himmel und Pla- neten durchwandert und mit ihren Bewohnern freundschaftlich ver- kehrt zu haben behauptet, nur von sieben Planeten spricht und von den nach seinem Tode entdeckten Himmelskörpern Uranus und Neptun nicht die blasseste Ahnung hat. Von seinem 60. Lebensjahre an beschäftigte stch Swedenborg ! fast ausschließlich mit mystisch-theosophischcn Spekulationen, die in seinem überreizten Gehirn den Glauben an Wunder und Visionen erzeugten und geradezu ein« Geisteskrankheit herbeiführten, die wissenschaftliches Arbeiten ausschloß. Das Problem, zu dem Rudolf Steiner in unseren Tagen mit Hilfe seiner„Anthroposophie"— em vielsagender Name für eine nichtssagende Sache— seineu Gläubigen den Zugang zu eröffnen versucht:„Wie erlangt man Erkennt- xua Höherer Welten?� hatte sein bedeutenderer Lorgänzer ändert-
halb Jahrhunderte zuvor für seine Person bereit» durch angebliche göttliche Erleuchtungen In weit ausgiebigerem Maße gelöst. Für un» Deutsche ist Swedenborg deshalb von besonderem Interesse, weil er, wenn auch unabsichtlich, für den größten deutschen Philosophen des 18. Jahrhunderts, Kant, die Veranlassung wurde, sich eingehend mit den sogenannten okkulten Phänomenen zu beschäftigen. Swedenborg hatte auch die Gabe des sogenannten „zweiten Gesichts". Auf der Rückkehr von einer seiner zahlreichen Reisen war Swedenborg am 19. Juli 1759— das Datum ist ur- kundlich festgestellt— in Getenburg eingetroffen und befand sich am Nachmittag diese» Tages in einer größeren Gesellschaft, als er die Vision einer Feuersdrunst hatte, die zur gleichen Zeit in dem mehr als 50 Meilen entfernten Stockholm wütete und den Stadtteil Södermalm in Asche legte. Zwei Tage später traf ein Kurier der Handelskammer au» Stockholm mit Nachrichten über die Feuers- brunst ein, die Swedenborgs Angaben durchweg bestätigten. Kant wurde von einer ihm befreundeten Dame, einem Fräulein von Knobloch, brieflich um sein« Ansicht über Swedenborgs Persön- lichkeit und über jenen Vorfall befragt. Er zog mündlich und schrist- lich umfassende Erkundigungen ein. In dem uns erhaltenen Ant» wortschreiben an Fräulein v. Knobloch vom 10. August 1763 be» schränkte sich Kant darauf, den Sachoerhalt getreu referierend wiederzugeben, ohne mit seiner persönlichen Ansicht herauszutreten. Er hatte sich brieflich an Swedenborg selbst gewandt und wollte sein Urteil bis nach Empfang eines ihm in Aussicht gestellten Antwort- schreiben» zurückhalten. Erst al» dieses trotz wiederholter Erinne- rung ausblieb und Kant in seiner Schrist �Himmlische Geheimnisse" nur eine Fülle wüstester Schwärmereien, aber keine Aufklärung über sein« angeblichen hellseherischen Fähigkeiten fand, ging er zu einer mehr und mehr absprechenden Haltung über. In der im Jahre 1766 erschienenen Schrist„Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik", in der er die Wahngebilde de» nordischen Seher» in geistreicher Weise in Parallele stellt zu den Annahmen der Metophnstt von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit, kämpft er gegen ollen Geisterspuk mit den Waffen überlegener Ironie und beißendster Satire. Pom Standpunkt der Wissenschaft- lichen Kritik und de» philosophischen Skeptizismus gehört diese Schrift unstreitig zum Geist- und Wirkungsvollsten, was je über diese Dinge geschrieben worden ist. Und«« ist Swedenborg » indirektes Verdienst, sie oeranlaßt zu haben.
B r e g e l als dessen Frau, P. C. T y n d a l l als Dr. Balsam vud Maria Cornelius als Fräulein Ida waren ausgezeichnrle Gegenspieler. Ottokar Dumte verstand es weniger, sich in seiner Doppelrolle als Bürgermeister und Redakteur der„Fahne" dem Rahmen des Ganzen einzufügen.. Er unterlag der Veriuckumz, über alles Maß hinaus zukarritieren. Erna Eva Mäher spielte zwar des Meisters Frau überzeugend, sprach leider oft zu leise. '- wo.
Die Volksbühne Norden brachte am Montag Hermann Vahrs Komödie„Der Meister" zur Darstellung. Das Komödienhafte kam jedoch nur in einigen Szenen zum Ausdruck und wirkte wie ein Fremdkörper, denn das Ganz« ist tiefernste Seelenschilderung. Selten wohl ist das Aufbegehren der Frau gegen den brutalen Herrschwillen des Mannes so treffend zergliedert worden, wie es hier Bahr getan hat. Die Darsteller wurden im allgemeinen der schwierigen Aufgaben gerecht. Insbesondere der japanische Doktor' Otto K c r s ch n c r s verdient volles Lob, und Wolf Trutz spielte meisterhaft da, Meister. Erich Ytty als Medizinalros. Amij
Jrauzl. Der Abend ist naßkalt. Die Straße ist ein See, in dem die Passanten große«, wunder. lichen Fischen gleichen. Beim Ausatmen glaubt man ein qualmender Schornstein z» sein. Die Straßenbahnwagen sind überfüllt. Eng zusammengepreßt, scheuern sich die Paffagier« S«g«nseitig die Kleider. Man ist ungemein rücksichtslos und steckt zum Beispiel dl« Nase frech in die Busenbuchtung einer Dame. Mit Hilfe meiner Ellenbogen bekomme ich an einem llmsteig». platz im Innern des Wagen» einen Sitzplatz. Seltsam« Menschen sitzen um mich herum. Menschen mit roten Augen, müden, grüngelben Sttrnen, aus denen ein« fein« Schicht Ruß und Staub liegt: Ardeiter.— Menschen mit spitzen Fangnasen, eiskühlen Augen, die wie Glasperlen einer Rechenmaschine glotzen: Kaufleute. — Menschen, deren Gesichter ganz flach sind vor Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben. Sie sind dreitausend Jahre alte Mumien zwischen den Tote« von gestern und heute. Ich suche ein Gesicht, Hilter dem da» helle Licht des Lebens leuchtet. Ein Gesicht mit sprechenden Lugen, die mir von Lieb«, Haß. hoher Freud« oder tiefem Leide erzählen soll«». lind was finde ich? Maske» der unsagbarsten Lebensmüdigkeit. Da— meine wandernden Lugen fassen ein« Gestalt. Ein blutjunges Mädchen ist«», mit stubenbloffen Wange» und lustsreudigen Augen. Seine Kleidung ist ärmlich, aber blitzsauber. Es sitzt an eine, der schmutzigen, nässebehauchten Wagenfenster angepreßt. Sein Gesicht ist ein einzig frohes, lebendige« Lächeln. Sein« Augen singen vor Freude. Jetzt zeichne» es etwas mit dem Zeigefinger der rechten Hand aus die Glasscheibe. Es ist ein Name: „Franzi!" Und nun weiß ich, warum das junge arme Ding f» glück. lich ist. Ich schaue es mit zärtlichem Perstehen im. Es ist die Sonne über diesen Sumpf. -------------_ Xlitn««•*•(*