schaft her Eisenbahnen selbst. Vor Monaten schon hoben der Deutsche Vcrkehrsbund und der D e u t s ch e E i s e n- bohnerverband wertvolles Aufklärungsmaterial über die wirklichen Ursachen des Eisenbahndefizits herausgegeben. dessen Verbreitung und Ausnutzung' angesichts der neuen schwerindustriellen Treibereien doppelt angezeigt ist. Einige Tatsachen daraus, die das Sachverständigenelaborat der In- dustriellen besonders charakterisieren, seien schon heute kurz wiedergegeben. Die erste Ursache der Eisenbahnzerrüttung war der Krieg, der das Eisenbahnmaterial heillos verwüstete. Noch im No- vember 1920 erklärte der Vertreter des Verkehrs- Ministeriums in der Sitzung des Sachverständigenbei- rats, daß infolge der übermäßigen Inanspruchnahme der Ma- schinen während des Krieges, infolge ihrer Beraubung an kupfernen Bestandteilen und der Verwendung von minderwer- tigen Ersatzstoffen mehr als 40 Proz. der Maschinen in den Reparaturwerkstätten steckten, gegenüber 20 Proz. in der Vorkriegszeit. In ebenso verwahrlostem Zustand befand sich das Wagenmaterial, befand sich auch der Strecken- bau! Denn während 1912— 14 jährlich 4200�-4500 Kilo- ineter Gleise der Betriebssicherheit wegen umgebaut worden waren, waren 1917 und 1918 nur je knapp 2200 KikGneter Gleise umgebaut worden. 1919 gar nur 968 Kilometer. Dieser ganze verwahrloste und zerrüttete technische Apparat mußte in den letzten Iahren mit einem Ko st enaufwand von unzähligen Milliarden wiederhergestellt werden! Das Defizit des ordentlichen und außerordentlichen Haushalts der Reichseisenbahnen erklärt sieg so zum großen Teil aus der unseligen Erbschaft des Krieges! Obendrein aber wurden nicht nur diese Ersatzbauten, son- dern auch die laufenden Kosten des Betriebes maßlos verteüert durch den Preiswucher der beliefernden Schwerindustrie. Während im Jahre 1920 die Ar- beiterlöhne im Eisenbahnbetrieb erst auf das lOfache, die B e a m t e n g eh ä l t e r gar erst auf das Ofache gestiegen waren, waren die Preise für Kohle, Lokomotiven, Waggons um diese Zeit bereits mif das 16— ISsachc, für Schienen, Eisen« schwellen, Stabeisen usw. bereits auf das 25— 30fache gestie- aen. Nach der amtlichen Gegenüberstellung betrugen i n Prozenten der Gesamtausgabe: 1913 1920 die Vcamteiibci>.iige.......... 28,14% 22.43% . Arbeiterlvhns.......... 26,01, 25,70, . v e r s ö n l. Ausgaben überhaupt 60,87„ 51,09„ . Ausgaben für Kohlen....... 9,82„ 16,27, . Fahr�enghaltuna und Erneuerung... 16,02„ 28,53. Ausgaben für Werkstoffe allein..... 3,63, 6,88, sächliche Ausgaben überhaupt.. 89,13. 48,91. Es ist danach klar, daß die Gesundung unserer Eisenbahn- finanzen vor«üen Dingen durch c i n Mittel zu bewirken ist, durch die Verhinderung des Preiswuchers, durch die Stabilisierung der M a t e r i a l i e n p r e i s e.! Diese Unterbindung des Preiswuchers aber wird nur dadurch möglich, daß die Reichseisenbahn sich selbst die in Gestalt von Kohlenzechen, Eisen- und Stahlwerken, Lokomotiven- und Waggonfabriken notwendigen Rohstoff- und Materialien- hezugsquellen angliedert, deren sie benötigt, um sich dem Preisdiktat der privaten Schwerindustrie zu entziehen. Das deutsche Trustkapital glaubt allen proletarischen Hofs- nungen auf die allmähliche Durchsetzung der sozialistischen Gc- meinwirtschaft dadurch den Todesstoß versetzen zu können, daß es den wichtigsten Gemeinbesitz des Reiches, die Eisenbahnen, wieder in die Fänge des Pravitkapitals bringt. Das Prole- tariat aber kann das Gemeineigentum an den Eisenbahnen nur dadurch zu sichern hoffen, daß es den Eisenbahnbetrieb durch Ausweitung und Rationalisierung zu einem lebensfähigen ge- meinwirtschaftlichen Betrieb macht. Hier muß und wird darum die erste folgenschwere Entscheidung fallen zwischen den Mäch- ten des Kapitalismus und Sozialismus!
9er erste Zalter. Bon Paul Outmann. Mein Begleiter war wieder einmal im besten Zug, mir das Da. fein zu verekeln. „Wozu lebt man eigentlich?" sagte er.„Hat es einen Zweck, tagsüber wie ein Lasttier zu fronen und vor lauter Angst, daß man das zum Unterhalt Notwendige nicht erreicht, nacksts kein Auge schließen kann? Meine Häuslichkeit ist mir zur Hölle geworden. Die Unterhaltung besteht nur noch in Klagen über die unaufhörlich wachsenden Preise. Valuta, Indexziffer, Dollarkurs, gleitende Lohn- skala und dergleichen sind die Lieblingsthemen meiner Frau, die früher ein kleines, reizendes Weibchen war, das so hübsch über aller- Hand Alltäglichkeiten zu plaudern verstand. Ist das etwa ein Leben, daß man sich erinnert, wie billig früher ein Eisbein gewesen ist und daß man heut noch kaum sich einen Hering kaufen kann? Daß man früher an den Rhein gereist ist, während man sich's heut überlegt, an die Havel zu fahren? Das Ganze macht mir keinen Spaß mehr", schloß er mit einem Seufzer.„Ich wollte, es wäre zu Ende." In diesem Zlugenblick verklärten sich seine Züge. Cr blickte irgendwohin ins Weite und streckte freudig lächelnd den Arm aus. „Da sehen Sie, dort, dort, da hinten." Ich glaubte, daß vor seinen Augen die Vision eines Dollarregens plötzlich aufgetaucht sei, aber ich entdeckte in der sonnigen Luft nur ein zappelndes gelbliches Etwas, einen Zitronenfalter. „Der erste Schmetterling", rief entzückt mein Begleiter aus. Der Falter erhob sich und flatterte eine Weile über dem Straßen. bahnwagen der Linie F," Dann ließ er sich darauf nieder. Als wir nne Strecke weitergegangen waren, sahen wir. daß er an einer Straßenkreuzung den Wagen verlassen hatte, eine Weile in der Luft schaukelte und sich dann auf das Dach der 69 setzte. „Es kostet ihn nichts", sagte seufzend mein Freund,„er braucht keinen Umsteigefahrschein für S Mk. Aber schön ist es doch, ein Wesen zu sehen, das zwecklos in der Frühlingssonne einherflattert, keinen Geschäften nachjagt, sich nicht vor dem Dollar fürchtet, das Glück des Daseins hingegeben genießt. Süß ist es. einem Geschöpf zuzuschauen, daß ich in meiner Hand zu einem Schmutzfleck zerdrücken könnte, und da, mir durch sein frohes Geflatter in der.leuchtenden Frühlingsluft beweist, wie sehr es mir überlegen ist. Es gibt mir wieder Mut. Ich werde das Steigen der Indexziffer noch eine Weile mit ge- jaßtem Lächeln ertragen."
Karfreitag in öer Kunst. Von Dr. Karl Leonhard . Der Gang nach Golgatha, die Kreuzigung... sie haben in der chlist'i�en eine große Rolle gespielt. Leider sind uns aus den e-st�' christlichen Jahrhunderten keine Darstellungen erhalten
Dank vom kjiaufc Eberlein. Der Internationale Studentenkongrcß in Leipzig , der durchaus vom Geiste der Völkerversöhnung und Völkerverständigung getragen war, hat, wie wir bereits mitteilten, u. a. auch eine Hilfsaktion für die russischen Studierenden beschlossen. Die von bolschewistischem G-ld ausgehaltene„Rots Fahne" stattet dafür ihren Dank ab, indem sie die Studenten, die diesen Beschluß faßten, in der pöbelhaftesten Weise beschimpft. Aus dem langatmigen Er- guß geben wir eine Stelle wieder: Man hat sich also geeiniot, will Bücher und wissenschaftliche Instrumente schicken. Was soll man auch von Intellektuellen an- ders erwarten? Können sie je mehr geben als Worte und ge- druckte Buchstaben, die obendrein noch verlogen sind? Dabei soll diese„wissenschaftliche Unterstützung" frei von politi- scher„Beeinflussung" sein, das heißt in der Sprache der Bourgeoisie: sozialistische und kommunistische Literatur ist ausgeschlossen(!!). Rußlands Intelligenz soll also mit einer trüben, dicken Flut von antikommunistischen Schriften überschwemmt werden. Gehässiger und plumper konnten Geist und Sinn der Entschlie- ßung nicht gefälscht werden. Die„Rote Fahne" ruft selber täglich die ganze Welt zur Hilfeleistung für das notleidende Rußland auf. Glaubt sie mit solchen Dankbezeugungen das internationale Hilfs- werk zu fördern?!
Ein seltsamer ffilferuf. Die„Rote Fahne" veröffentlicht einen„Offenen Brief ", den die in Bayern noch in Haft befindlichen Opfer der R ä t e z e i t an die Exekutiven der drei Internationalen zu der Berliner Tagung geschickt haben sollen, der aber verspätet eingetroffen sei. Der Brief stellt sich im Endzweck als ein Hilferuf an alle drei Exekutiven dar, alsa au chan die Exekutiven der Internationalen 2 und 2)4. Dabei können sich aber die— offenbar kommunistischen— Verfasser des Hilferufes nicht versagen, diese beiden Internationalen, von denen sie Hilfe erwarten und verlangen, mit jeder Zeile ihres Schreibens in d e t wüstesten und gehässigsten Weise anzupöbeln. Besonders infame Ausfälle enthält das Schreiben gegen die Sozialdemokratie und gegen die einzelnen sozialistischen Minister. Wir können den Verfassern des Offenen Briefes nur mit der Feststellung antworten, daß inBayer nwederSozialdemo- traten noch sozialistische Mini st er regieren, sondern daß dort die bürgerliche Reaktion am Ruder ist. Der Grund für die Erscheinung, daß Bayern heute einen sicheren Hort der Reaktion darstellt, sollte eigentlich den Verfassern des Offenen Briefes hin- länglich bekannt sein: Es ist der Wahnsinn der lltüuchenet Rciiezcil. der das bayerische Bürger- und Bauerntum aus Zahre hinaus zu einem reaktionären Block zusammengefchmiedek hat. Wenn die Sozialdemokratie zu ihrem Bedauern nicht die Macht besitzt, wie sie gern möchte, den Opfern der bayerischen Reaktion wirksame Hilfe zu leisten, so sind die von diesen selb st herbeigeführten politischen Zustände schuld daran. Im übrigen werden uns aber auch derartig unqnalifizierbare Beschimpfungen nicht hindern, nach Pflicht und Gewissen für die Amnestie der politischen Gc- fangenen einzutreten.
Der getrennte Geheimbünölerprozeß. Eine seltsame Entsckieidung des Reichsgerichts. Es bestätigt sich leider, daß der Prozeß gegen Killinger und Genossen wegen Geheimbündelei nicht, wie ursprünglich geplant, in Offenburg , sondern in München stattfindet. Dagegen wird der Prozeß Killinger wegen Begünstigung der Erzberger- Mörder in Offenburg verhandelt. Es findet also eine Tei- lung des Prozesses statt. Von den zirka 50 unter Anklage stehenden Personen wird in München gegen die verhandelt, die an der Ge- Heimorganisation Consul beteiligt waren, während die anderen sich wegen Beihilfe zum Erzberger-Mord In Offenburg zu verantworten haben. Wie der Soz. Parlamentsdionst erfährt, hat der Erste Straf» senat des Reichsgerichts diese außerordentlich merkwürdige Eni- scheidung gefällt gegen den Antrag de« Oberreichs- a n w a l t s.
geblieben. Die Katakomben, die am sichersten die Werke vor einem Untergang hätten schützen können, haben uns nichts überliefert. Erst ums sechste Jahrhundert herum finden wir, daß die Kunst sich des Karfreitagsmotios annimmt. Zu einer wirklichen Blüte der Paffions- kunst ist es aber auch dann für mehrere Jahrhunderte nicht gekommen. Nicht etwa deshalb, weil die Bedeutung Golgathas den Christen da- mals noch nicht so überzeugend nahe gebracht worden wäre wie heute, nein, im Rahmen des religiösen Gefühls spielte die Kreuzigung schon die gleiche Rolle, aber das ästhetische Empfinden wehrte sich, dem religiösen Gefolgschaft zu leisten. Es ist ungeheuer bezeichnend, daß die italienische Renaissance an der Passionsgeschichte fast völlig vor- beigegangen ist. Für sie war Christus ein Herrlicher, ein Held, das Ideal menschlicher Vollkommenheit, und ez widerstrebte ihr, ihn als Besiegten, Geschundenen, Gequälten, als tausendfach mißhandeltes Opfer menschlicher Verkommenheit im Bilde darzustellen: die enormen künstlerischen Werte, die in dieser Erniedrigung Christi verborgen liegen, haben erst die deutschen Künstler zu entdecken und heraus- zuarbeiten vermocht. Die Kölner Malschule beginnt mit diesem Werk. Roger van der Weyden und Martin Schongauor erreichen dabei schon wunderbare tiefe Wirkungen, und dann kommt der größte aller Passionsmaler, Albrecht Dürer , der mit einer Kraft ohnegleichen so- wohl die Tiefe seelischen und körperlichen Schmerzes in der Christus- gestalt als auch die sieghafte Verklärnng, die über den Kreuzigungs- Vorgang trotz aller scheinbaren Demütigung ausgegossen ist, zu er- fassen weiß. Schon Dürer bringt in seinen Passtonsvorstellungen einen herben Realismus, der der sanften glatten Schönheit der romanischen Kunst direkt entgegengesetzt ist. Matthias Grünewald geht in der Heraustreibung der Furchtbarkeit des Vorganges noch weit über ihn hinaus. Mit extrem naturalistischen Mitteln werden auf dem Isenheimer Altar grelle Effekte erreicht, die ihre Berechti- gung nur dadurch erweisen, daß sie sich zu einem grandlosen, er- schütternden Gesamteindruck zusammenschließen, dem sich kein Be- trachter. entziehen kann. Hier soll nichts mehr gemildert und be- schönigt werden, hier spricht Golgatha ganz unmittelbar seine grausige, niederschmetternde Sprache. Mit Grünewald bricht die realistische Entwicklung der Passionsidee so ziemlich ab. Auch Rembrandt be- deutet in der künstlerischen Abklärung und persönlichen Durch- geistigung, nicht in der Erfassung der Gefühlswerte, einen Schritt über ihn hinaus.. Rubens und die Italiener gar kehren zu der Weife der Renaissance zurück. Dann kam die Neuzeit. Klinger hat die Karfreitagsidee in streng natürlichem Sinne aufgefaßt, ohne dabei den tiefen religiösen Ernst des Motivs in den Hintergrund treten zu lassen. Neben den Malern hat sich vornehmlich aber auch die Kunst des Bildhauers unp Holz- schnitzers mit diesem Karfreitagsvorwurf befaßt. Die wundervollen Altäre früherer Jahrhunderte, die Darstellungen des Weges nach Golgatha in den vierzehn Leidensstationen sind Beweis genug dafür. Hierzu kommt noch die Musik, die darstellende und die dichtende Kunst, die sich ebenfalls dem Zauber des Karfreitags nicht verschließen konnte. Die Volkskunst feiert in den Obcrammergauer Passtons- spielen ihre höchsten Triumphe. So hat der Weg nach Golgatha und das christliche Symbol des Kreuzes zu allen Zeiten den Künsten«in Motiv gegeben, wie es schöner und gewaltiger nicht gedacht werden kann. Christus aber und sein Gang nach. Golgatha, die Kreuztragung
Der wegen Begünstigung der Crzberger-Mördcr verhastet ge- wesene Dr. Müller aus München ist bekanntlich aus der Unter- fuchungshaft entlassen worden. Daraus ist insbesondere von rechtsstehenden Blättern gefolgert worden, daß sich die Unschuld des Dr. Müller erwiesen habe. Aus einer Erklärung des S t a a t s a n- w a l t s in Offenburg geht hervor, daß Dr. Müller selbst dreimal den Antrag auf Hastentlassung gestellt hat, der aber immer wieder wegen Fluchtverdachts und Verdunkelungsgefahr abgelehnt wurde. Müller wurde erst dann aus der Haft entlassen, als der Tod seines Vaters- das nach Ansicht des Gerichtes notwendig machte. Der Staatsanwalt sagt dazu, man könne auch jemanden aus der Untersuchungshaft entlassen, ohne damit feine Unschuld zu dokumentieren. Das scheint im Falle Müller zuzutreffen: denn, wie uns ver- sichert wird, geht das Verfahren gegen ihn ohne Unter- brechung weiter.____ Das Enöe öes monarchistischen plunösrs. Halbamtlich meldet MTB. : In Ausführung der bei Beannvor- tung der kleinen Anfrage Müller(Franken) Wels erteilten Zusage, hat die Reichsregicrung kürzlich Anordnung getroffen, dag die Hoheitszeichen des früheren Regimes, soweit dies noch nicht geschehen ist, innerhalb bestimmter von der zuständigen obersten Reichsbehördc anzuordnenden Fristen spätestens bis zum 1. Oktober 1922 aus den Amtsräumcn und von den Gebäuden der Reichsgebäude entfernt werden. Auch sind die in der genannten Be- antwortung vorgesehenen Anordnungen hinsichtlich der Bilder in Amtsräumen getroffen. Ferner ist durch Erlaß des Reichspräsidenten vom 30. März das neue Reichssiegel festgesetzt worden. Zu dem Erlaß ist eine Bildtafel erschienen, die das Reichssiegel in seinen verschiedeneu An- Wendungsformen und mit dem Reichsadler, wie es auf amtlichen Drucksachen und in Amtsschildern angewandt wird, zeigt und durch die Reichsdruckerei zu beziehen ist. Das fällige putfchgereüe. Die reaktionäre Presse verspürt wieder einmal die Notwendig» keit, mit dem Kommuni st enschrecken zu agitieren. Badische Blätter bringen sensationelle Meldungen über einen„großen Schlag", der diesmal von Süddeutschland aus unternommen werden solle. Natürlich fehlen die üblichen Requisiten nicht, wie Kampforganisation, Hauptquartier, Stoßtrupps, Reservetruppen, russische Offiziere als Militärinstruktoren, Generalstreik, Besetzung von Bahnhöfen und Postämtern usw. usw. Man hat nur vergessen mitzuteilen, ob sich auch am Tage des Losschlagens deutschnational« Agitatoren vom Schlage des Rostocker Herrn Hansen einfinden werden, die die Führung des Ganzen übernehmen.
Die soziale Kürsorge im Dergbau. Der Knappschastsberufzgenoflenschaft in Berlin liegt die Durch- führung der R e i ch s u n f a l l v e r s i ch er u n g der Millionen deutschen Bergleute ob. Welchen Umfang dieser in der jetzigen Zeit besonders wichtige soziale Versicherungszweig hat, ergibt sich aus folgenden abgerundeten Zahlen. An Renten und Zulagen wurden 96,5 Millionen Mark gezahlt. Dem Betriebestock mußten 10 Millionen und der Rücklage 30 Millionen Marl zugeführt wer- den. Die Kosten der Fürsorge für die Verletzten innerhalb der Wartezeit, für Unfallverhütung, für Festsetzung der Entschädigungen, des Rechisgonges, der Abtragung und der Verwaltung erforderten 28,5 Millionen Mark. Die von den Bergwerksunter- nehmungen aufzubringende Gesamtsumme beträgt somit für 1921 rund 165 Millionen Mark(51 Millionen Mark mehr als im Vorjahre), die jetzt zu verteilen und einzuziehen sind.
Gegen die Teuerung vnd den Wucher veranstaltet die Leitung der Sozialdemokratischen Partei in München eine große Massen- kundgebung. Die Salzburaer Sozialdemokrokcn haben bei den Landtags- und Gemeindcwahlen sehr erfreulichen Gewinn an Stimmen und Mandaten zu buchen. In einer ganzen Reihe Gemeinden haben unsere Genossen die Mehrheit.
und schließlich der Kreuzestod muß auch uns Sozialisten Beispiel, Symbol dafür sein, daß eine ideelle Bewegung nur dann vorwärts schreiten kann, wenn ihre Trägcr selbst ihr Letztes... ihr Leben für die Bewegung zu opfern bereit sind.
Konzerte. Ein paar Rationalisten schrien schon wieder einmal Lärm, weil ein Italiener einen Isonzo -Gesang komponiert hat: sehr taftvoll, während der Genua -Konferenz, so zu poltern! llsighi dirigierte das Orchesterstück selbst. Es ist ein weich und silbrig dahin- fließendes, von kleinen Erregungen unterbrochenes, still- poetisches Werk, ohne starke gedankliche Struktur, mit kühnen harmonischen und taftlichcn Rückungen. Futuristisch im Klang, aber gemähigt durch ältere melodische Einfälle, die nur halb italienisch scheinen. Das Ganze keine Kraftprobe, wie ja auch die größeren, eigeneren Italiener Malipiero, Pizzetti , Respighi noch nichts ganz Starkes hergeben. wohl aber eine Probe auf orchestrales Arbeiten, auf Talent, dos vom Borschwimmcnden zum Bauenden fortschreiten Möge. D o l z y c k t, der Pole, begeistert sich an Tschaikow'ky. Schwer, diese Multipli- kation der Sinnlichkeiten noch als schön zu genießen. Im Lisztschen Es-Dm-Konzert, war Eleanor Spencer mit spielerischer Ge- wandtheit, doch ohne Plastik, mehr liebenswürdig als großartig hingelegt, zeigt Dolzicki Aufmerksamkeit und Können auch in der Improvisation. Fried bleibt bei der Probe, als Anreger, als Funke für Begeisterung, als systematischer und besessener Studierer (Schönberg, Berlioz ) oft stärker als im Konzert, wo die heiße Flamme alles zu verschlingen scheint. M e d t n e r, der Glazounow- Schüler, ist ein mutiger, kleinmalerisch begabter, delikat schreibender Spätromantiker. Doch sollte man sein Klavierwerk nur in kleinen Dosen genießen. Umgekehrt bei Graveure, dem amerikanischen Sänger: da möchte man Stunden lang sitzen, mit offenen Ohren, und staunen, jubelnd das Wunder einer herrlichen(Bariton-) Stimme, eines fehlerlosen Sprechens, einer münnlich-hohen Inbrunst, einer im Lied vorbildlichen Sangeskultur erleben. Ein Rattenfänger. K.S. Der Untergang der„Titanic ". Am 15. April jährt sich zum zehnten Male der Tag, an dem die„Titanic ", das Riesenschiff der „White Star Line ", im Atlantischen Ozean mit fast zwei Dritteln der Besatzung und der Passagiere dem Zusammenstoß mit einem Eisberg zum Opfer fiel. Auch über das dazwischenliegend« Jahr- zehnt hinweg, das das Massensterben fast zu einer gewöhnlichen Er- scheinung gemacht hat, mögen wir an jenes Geschehnis als an eine der letzten großen Katastrophen vor dem Weltkrieg zurückdenken, vor denen sich die Menschheit noch in einer großen Empfindung des Mit- gefühls einte, zugleich auch als ein Ereignis, in dem die Ohnmacht des Menschen vor der blinden Naturgewalt besonders sinnfällig her- vortrat. Die„Titanic ", das Schwesterschiff der ein Jahr früher erbauten „Olympic", maß 260 Meter in der Länge und 28,2 Meter in der Breite: sie besaß einen Bruftopehalt von 45 000 Tonnen und eine Wasserverdrängung von 65 000 Tonnen. Mit einer Geschwindigkeit von 21 Seemeilen gehört« das Ungetüm zu den schnellsten bis dahin erbauten Schiffen. Sein Riesenleib faßte 5476 Menschen, davon 4776 Passagiere. In ihrer Ausstattung war alles geschehen� um sie zu einem jchwimmenden Luxushotel zu machen. Sie bejah ein