Nr. 191 39.Jahrgang Ausgabe A nr. 96
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V. Sch. Genua, 22. April, 31 Uhr nachm. Soeben hat der französische Delegationsführer Barthou an den Präsidenten der Konferenz, de Facta, folgendes Schreiben gesandt, in dem er eine neue Zusammenkunft der alliierten Delegationsführer verlangt, um zu der deutschen Antwortnote Stellung zu nehmen: Herr Präsident!
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vorbei sein.
Das
die Spiße zu treiben, und felbft Barthou war allmählich nach seinen anfänglichen Mißerfolgen unter den geistigen Einfluß Lloyd Georges geraten. Inzwischen hatte aber in Paris der Herentang des nationalen Blods begonnen. Poincaré der König von Italien gerade noch zurecht gekommen sei, um In Genua gab es gestern Peffimisten, die meinten, daß selbst stand unter dem Druck der ganz radikalen Clemencisten, der Konferenz Lebewohl zu sagen. Am Sonntag werde das die jedes Maß verloren haben und sogar die alliierte Note Dom 18. April als gänzlich unzureichend bezeichnen. Das Kofferpaden beginnen, Montag oder Dienstag werde alles Ich kenne bisher den Text des Briefes, den der deutsche Reichs- Blatt Tardieus, Echo National", hatte diese Note mit dem Querbalken überschrieben:„ Unerhörte Rapitulation!" Die Solche Befürchtungen scheinen zunächst übertrieben, obKanzler heute Eurer Exzellenz übermittelt haben muß, nur durch die Tardieu- Gruppe fündigte weitere Schritte an. Unter dem wohl die Konferenz durch das neue Borgehen der Franzosen Presse, die ihn von Herrn Rathenau erhalten hat. Trohdem möchte Drud dieser künstlich geschürten Erregung mußte Boincaré Schreiben des Herrn Barthou an de Facta wendet abermals einen sehr heftigen Stoß erhalten hat. Ich Eurer Exzellenz unverzüglich von dem ausdrüdlichen Vorbehalt Mitteilung machen, zu dem mich das Dokument veranlaßt, das, falls wiederum einen Druck auf die angeblich zu schwächliche fran- fich unter groben Beschimpfungen der Deutschen gegen das der Wortlaut, wie es den Anschein hat, authentisch ist, unzuläng- französischer Seite versichert, daß Barthou im Laufe des Frei- Arrangement, das zur Beendigung des durch den deutschberechtigt hin. Die franzöfifche Delegation ist nicht der Ansicht, daß Beitlang, bis er schließlich in ultimativer Form den 18. April unterzeichneten und läßt als Ziel der Besprechung Die deutsche Delegation ftellt den deutsch - ruffifchen Bertrag als tags nicht weniger als 21 Telegramme aus Paris russischen Vertragsabschluß geschaffenen Zwischenfalls geberechtigt hin. Die franzöfifche Delegation ist nicht der Ansicht, daß, erhielt, eins fategorischer als das andere. Er wehrte sich eine offen worden ist. Es fordert die Einberufung einer neuen abgesehen von anderen vertraglichen Verpflichtungen Deutschlands , Beitlang, bis er schließlich in ultimativer Form den Besprechung jener Delegationen, welche die Protestnote vom abgesehen von anderen vertraglichen Verpflichtungen Deutschlands , Auftrag erhielt, eine fofortige Einberufung des interalliierten eine schroffe Zurüdweisung der deutschen Verständigungsnote dieser Vertrag die Grundfähe von Cannes verlegt. Indem einerseits Rates zu beantragen. Das tat er auch durch die Absendung und die ungültigkeitserklärung des deutsch - russischen Berdie Wiierten feststellen, daß der deutsch - ruffiche Bertrag den Gelft des Briefes an de Facta, von dem behauptet wird, daß sein des gegenseitigen Vertrauens zerstört, der für das von der Konfe- Wortlaut im wesentlichen in Paris redigiert sei. trages erkennen. renz erstrebte infernationale Zusammenarbeiten unerläßlich ist, find fie einstimmig der Unficht gewesen, daß es mit ihrer Würde unver- ihm der Tert der deutschen Antwort bisher nur durch die 18. April unterzeichneten, abgefaßt worden ist und daß nach Der Einleitungsfag, in dem Barthou hervorhebt, daß mit einem Teil der Delegationsführer, die den Protest pom Nun ist bekannt, daß die deutsche Note im Einverständnis einbar sei, mit den deufchen Delegierten in der russischen Kommiffion Breffe befannt gemorden sei, bedeutet eine scharfe Kritik der Vereinbarung, die zwischen ihnen und den Deutschen gezufammenzuarbeiten. Die deutsche Note legt den Brief vom 18. April der italienischen Organisation der Konferenz. Der Eindruck in ganz unzulänglicher Weise aus. Es ist hier nicht der Ort, auf die dieses Briefes ist in italienischen Kreisen um so schlechter, als troffen wurde, der Zwischenfall damit als abgeschlossen be lägenhaften Behauptungen der deutschen Delegation einzu- er an dem Tage überreicht wurde, an dem der König Victor trachtet werden soll. Daß dies der Fall sei, hat Lloyd gehen, die durch die loyale und aufrichtige Haltung der einladenden Emanuel in Genua weilte und die Italiener diesen Tag fest Genugtuung und großer Bestimmtheit erklärt. Es handelt trachtet werden soll. Daß dies der Fall sei, hat Lloyd George den Bertretern der gesamten Weltpresse mit hoher lich und friedlich begehen wollten. Aber auch in englischen Kreifen ist man der Ansicht, daß die beleidigenden Ausdrücke ich also um einen Konflikt zwischen Lloyd George und dem des Barthou - Briefes indirekt Lloyd George treffen, da gleichfalls um die Verständigung hochverdienten italienischen diefer den Fall als erledigt angesehen und bezeichnet hat. Um Außenminister Schanzer einerseits und der französischen die Situation noch zu komplizieren und zu verschärfen, hat, Regierung andererseits. Boincaré eine eigene Aktion von Paris aus unternommen
Mächte ohne weiteres widerlegt sind.
Ich bin überzeugt, daß Eure Exzellenz ebenso wie ich der Mei nung find, daß es notwendig ist, die Leiter der Delegafionen, die unter Curer Exzellenz Borfit die Note vom 18. April unterzeichnet haben, zu einer Beratung über die foeben durch die deutsche Antwort gefchaffene Lage zufammenzuberufen. Wenn die Beratung zu etwas fähren foll. müßte fe in aller fürzester Frist stattfinden. Ich bitte Sle, Here Präsident, die Versicherung meiner ausgenote an die alllierten Mächte, in der die Annullierung des zeichneten Hochachtung genehmigen zu wollen. gez.: Louis Barthou .
Deutsche Zurückweisung. Genna, 22. April. ( Eigener Drahtbericht.) Im Anschluß an einen Besuch des Reichsministers Dr. Rathenau bei dem Italieni schen Minister des Aeußern Schanzer übermittelte der Führer der deutschen Delegation, Reichstanzler Wirth, dem Präsidenten der Kon ferenz de Facta folgendes Protestschreiben:
Herr Präsident!
Es wird der Tert eines Schreibens in der Deffentlichkeit verbreitet, das der Präsident der französischen Delegation an Sie ge
richtet haben soll.
In diesem Schriftftüd wird, wie mir mitgeteilt wurde, in bezug auf mein Schreiben vom gestrigen Tage die Wendung ,, allégations mensongères"( lügnerische Behauptungen) gebraucht.
Dr. Wirth
in der Form einer
Aber
dem französischen Wunsch entsprechend, gestern nachmittag zu Die Unterzeichner des Protestes vom 18. April sind nun, ist noch nicht bekannt. Hätte aber diese Beratung einen andeeiner neuen Besprechung zusammengetreten. Das Ergebnis ren Berlauf genommen als den, daß das getroffene Arrangeweil er angeblich im Widerspruch zu den Versailler Bedin- ment anerkannt, die deutsche Note stillschweigend zur Kenntnis gungen ſtehe. Gegenwärtig sind die Alliierten, d. h. die genommen wird, so wäre das eine schwere Niederlage Signatarmächte der Note vom 18. April, seit einer Stunde Lloyd Georges und Schanzers. Es handelt sich zunächst bei de Facta versammelt. In dieser Sigung dürfte sich das um einen Kampf zwischen England- Italien und Frankreich weitere Schicksal der Konferenz entscheiden. Ein Ausweg ist innerhalb fenes von der großen und der fleinen Entente um so schwerer zu finden, als einerseits die Engländer und unter Buziehung Bolens gebildeten Gremiums. Italiener feine Lust haben dürften, fich dem neuen Sabotage es ist taum dentbar, daß eine so wichtige Angeverfuch Frankreichs zu fügen, andererseits aber die Instrut legenheit endgültig entschieden werden fann ohne die tionen Barthous offenbar so unverföhnlich abgefaßt sind, daß Hinzuziehung der zahlreichen anderen Delegationen, die die Aussichten einer Bermittlung gering erscheinen. In den an der Konferenz als„ Gleichberechtigte " teilnehmen. ruhig beurteilt. Einerseits hat man von dem Brief Barthous die Note vom 18. April ohne ihre Zustimmung abgefaßt wor Kreifen der deutschen Delegation wird die Lage durchaus unter ihnen hat es bereits starte Berstimmung geweckt, daß noch nicht offizielle Kenntnis erhalten, andererseits aber haben den war. Würde man sie jetzt gar einfach auf Grund von Be Antwortnote befriedigend sei. ja Lloyd George und de Facta bereits erklärt, daß die deutsche Schlüffen eines Gremiums, in dem sie nicht vertreten sind, unverrichteter Dinge wieder nach Hause ziehen lassen, so würden fie sich mit Recht aufs heftigste vor den Kopf gestoßen fühlen. Für Lloyd George bedeutet dieser Umstand eine erhebwäre erstaunlich, wenn er ihn nicht ausnüßen würde. Lloyd liche Stärtung seiner ohnehin schon starten Stellung, und es George ist heute von ruhmlofem Ende bedroht, es ist zu er warten, daß er sich dagegen nach Kräften wehren wird. berufung der franzöfifchen Vertretung, wenn den Wünschen Ein Teil der Pariser Presse fordert stürmisch die Rück Barthous nicht genüge geschehe. Ob die Konferenz dadurch gesprengt wird oder ob sie ohne Frankreich weiter tagt, auf alle Fälle bedeutet ein solcher Vorgang den Rückzug Frankman tann fehr im Zweifel barüber sein, ob Frankreich einen reichs in die folierung, bei dem es einzig und allein auf Polen als vorläufig treuen Begleiter rechnen dürfte.
solchen Schritt wagen wird, noch mehr darüber, ob sich aus einer solchen frisenhaften Entwicklung etwas Nüzliches für Europa erwarten läßt.
Sollte diefer Ausdrud wirklich gefallen fein, fo fehe ich mich gezwungen, entschieden Einspruch gegen eine beleidigende Anschuldt- Parlamentsdienstes: Nach Aeußerungen aus maßgebendert Um 7 Uhr abends drahtet der Bertreter des Sozialbem. gung zu erheben, durch die an einem befonders fefilichen Tage der französischen Kreisen muß man annehmen, daß Frankreich Konferenz der von Ihnen, Herr Präsident, so nachhaltig betonte und mit aller macht weitgehende Sicherungen von Deutsch fo tatfräftig vertretene Geist von Genua am schwersten verletzt wird. land in bezug auf den deutsch - russischen Vertrag verlangt.(?) Genehmigen Sie.... Schon arbeitet die französische Jusion wieder und man sieht bereits die deutsche Reichswehr vereint mit Bolschewisten am Rhein aufmarschieren. Ein Glück ist nur, daß nicht Deutsch Nachmittags drohende Sprengung. land, sondern abermals Frankreich den neuesten Beweis Frankreichs hat mit voller mucht eingelegt, um den bereits uns im Augenblick besonders wichtig, wenigstens wichtiger, V. Sch. Genua, 22. April, 5 Uhr nachm. Die Gegenaktion der Juloyalität liefert. Das vor aller Welt festzustellen, scheint allgemein als erledigt angesehenen Zwischenfall des Rapollo- als neuen Bessimismus zu verbreiten. pertrages wieder aufzurollen. Der unmittelbare Eindruck, den die Bekanntgabe des Barthou - Briefes an de Facta hervorge rufen hat, ist ein äußerst pessimistischer. Auch solche franzöfifche Kreise, die bisher den Zwischenfall leidenschaftslos V. Sch. Genua, 22. April, nachts 12% Uhr. In der KonFrankreich fann, wenn es in die Isolierung gerät, beurteilt hatten, betrachten nunmehr die Konferenz als end ferenz der großen und kleinen Entente, die von 4 bis 7 Uhr gedauert weierlei tun. Es tann dann entweder zur Besinnung fomgültig gefprengt. Die maßlose Schärfe der von hat, wurde das Schreiben Barthous verlesen, der dazu noch u. d. men und die unfähige Regierung, die es so weit fommen aus, eine friedliche Erledigung der Angelegenheit um jeden Forderungen der Note vom 18. April nicht überein. Er wandte fi auf eine Bahn begeben, deren Ende sich gar nicht absehen Barthou gebrauchten Ausbrüde geht auch offenbar darauf erklärte, drei Punkte der deutschen Antwortnote ftimmten mit den ließ, davonjagen, oder es kann den letzten Rest der Besinnung verlieren und sich unter Führung gewissenloser Abenteurer Breis zu verhindern. Das Wort von den„ lügnerischen Be- lehe heftig gegen die ruffife Note. Cloyd George erklärte, hauptungen der deutschen Antwortnote" ist eine faltblütige daß auch ihn zwei Stellen der Note nicht befriedigten; die deutsche läßt, so klar auch ihr Anfang von der nationalistischen Brovotation nicht nur Deutschlands , sondern auch note sei aber verföhnlich und insbesondere von„ lügenhaftem" Bresse bezeichnet wird. Er heißt: militärisches Bor. Italiens und Englands, Denn diese beiden Mächte Charakter tönne man nicht sprechen. Er machte weiter den Bor- gehen gegen das entwaffnete Deutschland waren von dem Inhalt der deutschen Note vor ihrer Ueber- fchlag, der deutschen Delegaflon eine noch am Sonntag ferfigauf eigene Faust. gabe unter der Hand unterrichtet worden und hatten weder zustellende note zu übermitteln, die ausdrücklich betont, daß die fichkeit, zunächst ohne an sie zu glauben, ins Auge fassen muß. Die Dinge find so zugespigt, daß man auch diese Mög vor noch nach der Veröffentlichung irgend etwas dagegen ein- lierten den Schluß der deutschen Note als Unnahme ihrer For Selbst in Frankreich wird es feinen Menschen geben, der bezuwenden, erklärten sie im Gegenteil als befriedigend. Auch derungen ansehen. die französische Delegation in Genua , in der, von Barthou Es bleibt abzuwarten, ob Poincaré mit diesem Zugeftändnis von Bersailles gerechtfertigt werden tönnte. Ein auf eigene haupten wird, daß ein solches Vorgehen aus dem Dokument und wenigen anderen abgesehen, die verständigen Ele fich zufrieden gibt. Wenn ja, ist auch dieser Zwischenfall erledigt, Fauft unternommenes militärisches Vorgehen Frankreichs be mente überwiegen, zeigte feinerlei Neigung, die Dinge auf der französisch innerpolitische Ursachen hat. deutet nicht Ausführung, sondern 3erreißung des durch