»Kaiser poincarS/ Londo«, 28. April. (WTB.) Die Rede Poincares m Dar-le-duc findet in der Presse große Beachtung. Während„T i m e s' schreibt, die Erklärung Poincares sei frei von Rhetorik und Drohungen, nennt„W e st m i n st e r Gazette' die Rede eine an Deutschland gerichtet Drohung. „Daily Herald', das Tageblatt der englischen Arbeiter- partei, überschreibt seinen Leitartikel über die Rede„Kaiser P o i n c o r e" und gibt den europäischen Staatsmännern den Rat, Poincare zu ignorieren und ihren Weg weiter zu verfolgen. Wenn Poincare seine Stellvertreter aus Genua zurückziehen wolle, so sollen sie um Himmels willen gehen, sie seien dort nur eine Plage. Poincare sei eine Gefahr, well er ernst genommen werde. Sobald sein Bluff enthüllt sei, werde er auf- hören, Europa zu verpesten. „Daily News' schreibt, Poincare spricht von der Ent- schlossenheit, Maßnahmen„wenn nötig allein' zu treffen, um Deutsch - lands Kasien zu leeren. Das bedeute, daß er wisse, Groß- brttannien werde ins Ruhrgebiet nicht einmar- schieren. Es bedeute aber auch die moralische Isolierung Frankreichs , die für olle offenkundig sei. Durch die Demo- ralisierung der Verhandlungen in Genua hätten die französischen Staatsmänner dem Ansehen, dem Ruhm und den Aussichten Frankreichs selbst ernstlich Schaden zugefügt. „Daily Chronicle" schreibt in einem„Poincares Säbel' üb erschri ebenen Leitartikel: Die.seltsame Aktion der fran- zösischen Delegation in Genua am letzten Sonnabend, die versuchte, eine neue Krise aus dem alten Material zu erzeugen, von dem jedermann hoffte, daß es erledigt sei, wurde von den in Genua an- wesenden Personen auf das Treiben Poincares zurückgeführt. Dieser Eindruck werde jetzt durch die unglückliche Rede bestätigt, die Poincare gestern in Bar-le-duc hielt. Eine Rede wie die gestrige des französischen Premierministers, die von einem Richtteilnehmer außerhalb der Konferenz gehalten wurde, sei t o t w i e e i n Eisen- stück, das von außen in eine feine Maschinerie geworfen wurde, und bedeutet, daß bei der Person, die es geworfen hat, nicht der Wunsch zu helfen besteht, sondern zu zerstören. Die Drohung mit den Zwangsmaßnahmen enthält die letzte Drohung, daß Frankreich die Alliierten unberücksichtigt lasten und den Säbel allein schwingen werde, wie es ihn in Frankfurt geschwungen hat. Die Alliierten Frankreichs könnten nur antworten, was sie damals sagten, nämlich, daß, wenn Frankreich bei seinem Berfahren gegen- über Deutschland seinen eigenen Weg gehe, es die weitere Unter- stützung Englands nicht erwarten kann. Bereits bei zwei Anlasten ist Frankreich allein vorgegangen: das erstemal, als es in Frankfurt eindrang und dann, als es hinter dem Rücken Eng- lands unter Verletzung klarer Versprechungen den verräterischen Bertrag von A n g o r a abschloß. Wenn Frankreich zum dritten Male versuchen sollte, vom gemeinsamen Wege abzuweichen, so würde die Bereitschaft Englands, mitzuwirken, dies kaum überleben. Das Echo kn Jrankreich. Paris , 25. April. (EP.) Zu der Rede Poincares bemerkt„H u- manite": Die Entente cordiale ist bei dem Zusammen- stoß, der gestern erfolgte, gestorben. Aber morgen wird Eng- lanö, die ewige Beherrscherin der Koalitionen, eine Koalition gegen Frankreich knüpfen, die größte Koalition, die die Welt je gesehen haben wird. Es ist nicht nötig, Sehergabe zu haben, um die nahe Zukunft vorauszusehen. „Oeuvre': Wenn man sich noch damit begnügen würde, Deutschland den Krieg zu erklären, aber um sicher zu sein, die ganze Welt gegen'sich zu haben, beleidige» und bedrohen einige Zeitungen Italien und England. Wir sind also bereit, die Napoleoni- schen Kriege wieder anzufangen, um der Welt zu be- weisen, daß wir nicht imperialistisch sind. Tardie« noch immer unzufrieden. Andre Tardieu findet, daß gestern auch Poincare in Var-le-Duc wie Briand im April 1921 den Deutschen nur g e- r o h t habe, ihnen die Hand an den Halskragen zu legen. Aber r sei nunmehr drei Monate im Besitz der Macht, er habe ver- arochen, die Politik seines Vorgängers nicht mitzumachen. Er habe es dennoch getan: erst habe er das Programm Briands angenommen und jetzt halte er die gleichen Reden wie Briand . Alles kehre wieder. Er glaube anscheinend, daß die öffent- liche Meinung in der Welt den militärischen Demonstrationen günstig gesinnt sei, g ü n st i g e r gesinnt als vor einem Jahre. Er vergißt und will vergessen, daß alle Zahlungen Deutschlands bis zu diesem Tage von den Okkupationskosten aufge- wogen wurden, was eine schön« Ermutigung ist, sie zu erhöhen. Er verliert aus dem Auge, daß die Besetzung des Ruhrgebiets keine Zwangsmaßnahme mehr ist. Er sieht nur eine Sache, die Betonung feiner Kraft: indem er die Gefahr heraufbeschwört, ist es ihm leicht. sie vorauszusagen. Paris . 23. April. Die Rede, die in Bar-le-duc gehalten wurde, kann gewissermaßen als Musterbeispiel für die vielen Reden gelten. die aus Anlaß der Eröffnung der Generalräte in den anderen Departements gehalten wurden. Die meisten Vorsitzenden, fast sämtlich führende Politiker aus Kammer und Senat, haben sich über die Konferenz, über die Rcparationsfrage und zum Tell auch über das noch nicht angenommene Militärdienstgesetz in gleichem Sinne wie Ministerpräsident Poincare ausgesprochen, dessen Politik in'Frankreich und in Genua in Tagesordnungen gebilligt wurde. Außerdem wurde meistens die restlose Anwendung des Versailler Vertrages verlangt und der„Pazifismus' Frankreichs betont.
der 7. Nai. Gesetzlicher Feiertag auch in Thüringen . Weimar . 25. April. (Eigener vrahtbericht.) Nach heftigen Rcdekämpscn beschloß der Thüringische Landtag heute vormittag mit allen Stimmen der drei sozialislischen Parteien gegen alle Bürgerlichen, den 1. ZN a i als gesetzlichen Feiertag zu er- klären. Das Gesetz tritt sofort in Kraft.
Sühne für petersöorf. Die deutsche Regierung hat auf die letzte Rote der Alliierten wegen der Verfolgung der in der P e t e r s d o r f e r Angelegenheit verwickelten Deutschen geantwortet, daß auch sie eine Sühne für die Bergehen als notwendig erachte, daß aber ihre Be- mühungen zur Ergreifung der Personen bis zur Stunde noch ohne Erfolg geblieben sind.
Ein öementiertes Gerücht. Die Meldung eines Berliner Mittagsblattes, wonach die Reise des Staatssekretärs im Auswärtigen Amte, o. S i M s o n, nach Berlin im Zusammenhang mit einer Personalveränderung im Auswärtigen Amte steht, wird von amtlicher Seite de- mentiert.
Die voltshochsthule in Gefahr. Berlin will dm Zuschuß hemnlerdrückm? Die seit zwei Iahren bestehende Volkshochschule Berlin hat in dieser kurzen Zeit eine so erfolgreiche Entwicklung gehabt, daß sie überall im Deutschen Reich und auch im Ausland zunehmende Anerkennung findet. Um so mehr überrascht die Nachricht, daß der bisher von der Stadt Berlin geleistete Zuschuß im neuen Rechnungsjahr einge- schränkt werden soll. Infolge der Entwertung des Geldes und der entsprechenden Steigerung des Kostenanschlages der Volkshochschule wären statt der für das letzte Rechnungsjahr gewährten fjOOOVO M. jetzt 996600 M. nötig, aber der Zuschuß soll auf 400000 Mark verringert werden. Gegen diese aus dem Magistrat bekannt gewordene Absicht richtete gestern die Volkshochschule in gemeinsamer Sitzung des Vor- standes und des Ausschusses eine Kundgebung. Der Vorsitzende, Stadtrat a. D. Genosse S a s s e n b a ch, betonte die Notwendigkeit, sich gegen die drohende Gefahr zu wehren. Universitätsprofestor Dr. Merz, der Direktor der Volkshochschule , sprach über die Eigen- ort dieser Bildungsstätte, die Vertreter des Forschertums mit dem Mann aus dem Volke zusammenbringt und im Geiste bester Wissenschaftlichkeit breite st e Schichten der Be- völkerung in eine innere Beziehung zur Kultur zu setzen sich bemüht. Unter ihren jetzt etwa 6000 Hörern sind 80 Prozent mit Volksschulbildung. Die Hörer haben sich zur Per- Koppelung der Hörgcbühr bereit erklärt, aber auch hiermit ist von der auf etwa VA Million Mark sich belaufenden Gesamtausgabe nur ',4 Million gedeckt. Wird dieser Anstalt der Zuschuß gekürzt, so ist ihr der Zusammenbruch sicher, was nicht nur für Berlin , sondern für die ganze deutsche Volkshochschulbewegung ein vernichtender Schlag wäre. Die Stadt hat in ihren Ausgaben von 1921/22 über 136 Millionen für Volksschulen, ziemlich 4 Millionen für Mittelschulen, annähernd 40 Millionen für höhere Schulen, aber nur 600 000 M. für die Volkshochschule . Pro Kops der Bevölkerung macht das für Volksschulen 30,30 M., Mittel- schulen 90 Pf., höhere Schulen 8,82 M., für die Volkshoch- schule 13 Pf. Für die Volkshochschule 996 00 M. wären erst 22 Pf. pro Kopf. Setzt Berlin den Zuschuß auf 400 000 M. herab, dann muß, erklärt Prof. Merz, die Volkshochschule ihre Pforten schließen. Nach längerer Erörterung, in der alle Redner die Absicht der Zuschußkürzung tadelten, wurde einstimmig eine Entschließung angenommen. Sie bittet Magistrat und Stadtverordnete dringend, „nicht durch Sparsamkeit am falschen Ort die Existenzgrundlagen der An st alt zu gefährden'. 996 000 M. sei der Mindestbedarf, wobei der schon im Herbst 1921 aufgestellte Kostenanschlag die allgemeine Preisbewegung und Aus- gabensteigerung nur zum kleinsten Teil berücksichtigt habe. Trotz sparsamster Finanzgebarung können die Volkshochschulen natur- gemäß ebenso wenig sich selbst erhalten, wie andere nicht Erwerbs- zwecken dienende Schulen. Porstand und Ausschuß erwarten, daß die städtischen Körperschaften nicht der Volkshochschule die Mittel versagen, deren sie zur Sicherung ihres Bestehens und gedeihlichen Fortwirkens bedarf. Wie wir übrigens hören, liegt in dieser Angelegenheit ein end- gülliger Magistratsbeschluß zum Haushalt noch gar nicht vor. Die Kölner Sänger in üer Staatsoper. Begrüßungsrede des Reichspräsidenten . Für den Kölner Männergesangvercin wurde in der Staats- o p e r eine umfangreiche Feier veranstaltet. Schillings dirigierte mit bemerkenswerter Freude die Egmont-Ouverwre. Die beiden größten Berliner Männergesangvereine entboten den Kölner Kollegen durch meisterhafte Sangesvorträge ihr? Grüße; besonders der RüdelscheBerein derLehrer zeigte mit dem Vortrage eines außerordentlich schwierigen und schönen Chorwerkes von Neumann, daß die Kölner hier mit einer sehr ehrenvollen Konkurrenz zu rechnen haben. Dann erhob sich Reichspräsident Ebert in seiner Loge und sprach, von einhelligem Beifall mehrfach unterbrochen, warmherzige Worte für das Rheinland . Er dankte den Kölnern und der gesamten rheinischen Bevölkerung im Namen der Staatsregierung für ihr treues Aushalten auch in schwerer Zeit und begrüßte sie als Ueberbringer einer hohen künstlerischen Kultur. Die Rede spielte ferner mit vielem Takt auf die rheinischen Abtrennungsbestrebungen an, die gerade durch dos vorbildliche Treusein der Rheinländer ab- gewehrt worden sind. Nach den Chören sprach noch in Vertretung des Ministers Boelitz Staatssekretär Becker. Und den Schluß der Feier machte das schönste aller Gesangsstücke, die Rede des Hans Sachs aus den„Meistersängern'.
Die Lumpenkiste als Diebesversteck. Aushebung eines ganzen hchlernesies. Fortgesetzte Veruntreuungen eines Hausdieners haben in den letzten Monaten hiesige Geschäfte erheblich geschädigt. Jetzt endlich ist es der Kriminalpolizei nach mühevollen Beobachtungen gelungen, den Ungetreuen und feine Helfershelfer am Stettiner Bahnhof zu ermitteln und festzunehmen. Er entpuppte sich als ein erst 14% Jahre alter entsprungener Fürsorgezögling Eharlie Arft aus Hamburg , der hier in Berlin bei einem Pflege- vater wohnte. Das gutgekleidete Bürschchen nahm unter ver- schiedenen Namen bei großen Geschäften Stellung als Haus- d i e n e r an und wurde auch in der Regel sofort a n g e- nommen, weil er sehr nett auftrat und einen durchaus vertrauenerweckenden Eindruck machte. Seine Papiere wollte er stets bald nachbringen. Sobald der neue Hausdiener wertvolle Waren erhielt, verschwand er damit, in einigen Fällen schon nach der ersten halben Stunde. Hand in Hand mit ihm arbeitete ein gewisser Herbert Ladewig aus der Gartenstraße. Die Ermittelungen ergaben, daß Eharlie und fein Freund alles an einen Allhändler Skibbe in der Schlegelstraße verkauften. Als die Beamten mit Skibbe, den sie an anderer Stelle ermittell hatten, sich nach dessen verschlossenem Keller begaben, fanden sie diesen leer. Während sie sich in den Räumen noch umsahen, sprang plötzlich aus einer der umher- liegen de n Lumpenkisten ein Mann heraus, der zu ent- fliehen versuchte. Er wurde gestellt und als ein Händler Tietz« er- kannt. den man schon lange suchte, und der in dem Keller ein sicheres Versteck gefunden zu haben glaubte. In einem Räume neben dem Keller fanden die Beamten noch einen Mann namens Henschkel mit seiner Braut Erna Glinka. Mit Tietze stand wieder«in Hehler Friedrich Papendiek in Verbindung, der in einem Fremdenquartier in der Linienstraße mit seiner Geliebten Anna Biskup ermittelt und ebenfalls festgenommen wurde. Ter Extrazug zum Bockbierfest. Ein Gegenstück zum Eisenbahnerstreik unterlag dem Befinden der Potsdamer Reichsdisziplinarkammer. Am 12. Februar v. I.' wurden der Bahnhofsvorsteher Rats, der Lokomotivführer Schubert und drei Bahnmeister Meyer, Hunthe und B u n« s e vom Bahnhof Templin von dem Gelüste erfaßt an einem Bockbierfest in Fürsten werder teilzunehmen. Tempkin und Fürstenwerder siegen aber 1*4 Stunden Eisenbahnftreck« auseinander und der fahrplanmäßige Abendzug lag den bierdürftigen Herren zu spät. Kurz entschlossen stellte der Bahnhofsvorsteher einen E x t r a z u g zusammen, bestellend aus einer Lokomotive und einem Personenwagen 2. und 3. Klasse. Gegen 7 Uhr abends fuhr er mit den Bahnbeamten, unter Mitnahme von zwei nicht be- amteten Herren, noch Fürstenwerder . Bei Nacht und Nebel, oh-e vcrschriftsmähigen Heizer und ohne die Signale zu beachten,
durchraste der Zug die Strecke. In Fürstenwerder wurde bis 3 Uhr morgens gekneipt und dann brachte der Extrazug die Herren wieder nach Templin . Diese Extrasahrt zum Bockbierfest wurde ruchbar. Die zwei nicht beamteten Herren mußten 1700 M. an den Eisen- bahnfiskus blechen und gegen die Beamten wurde ein Difziplinarver- fahren wegen Dienstvergehens eingeleitet. Die Disziplinarkammer sah die Sache etwas milder an und erkannte bei Rats auf Straf- Versetzung und 3000 M. Geldstrafe; die anderen Be- amten kamen mit Geldstrafen in Höhe von 300 bis 3000 M. davon.
Noch immer königlich. Das Landgericht Berlin II, Berlin SW. 11, Hallefches Ufer 29— 31, scheint sich noch in den letzten Wochen oder Monaten vor dem 9.;.November 1918 so stark mit Kuverts eingedeckt zu haben, daß es offenibar auf ein Jahrzehnt genug hat, denn uns wird ein solches Kuvert, gestempelt Berlin SW. 11, vom 22. April 1922, vorgelegt, das bald 4 Jahr« nach der Revolution noch den Aufdruck hat:„Absender Kgl. Landgericht II, Berlin SW.11, Holle- sches User 29—31". Die Rückseite des Umschlages weist eine» gleichfalls gedruckten Stempel auf, der die Umschrift hat:„Königl. Preuß. Landgericht II Berlin". Unter solchen Umständen gewinnt die große öffentliche Kundgebung, die die Deutsche Lina für Menschenrechte am Donnerstag, den 27. April, abends 8 Uhr, in der„Neuen W« l t", Hasenheide, gegen die Miß- stände in der heutigen deutschen Justiz veranstaltet, besondere Bedeutung. Genosse Kuttner wird in dieser Bersamm- lung das gesamte schwer wiegende Material, das er anläßlich der Beratung des Justizetats bereits dem Hauptausschuß des Preußischen Landtages unterbreitet hatte, dort auch der w e i- t e r e n Oeffentlichkeit zugänglich machen. Außerdem werden sprechen Hellmut v. Gerlach, Kammergerichtsrat Freymuth, Dr. E. Ä. Gunbel und Dr. Tucholsky. Der Reichsjustiz- minister und die juristischen Abgeordneten aller Parteien sind persönlich eingeladen. Karten 3 M. bei Wert- heim, Bote u. Bock. Gewerkschaftsmitglieder 2 M. Abendkasse.
„Fridericns Rex" wieder als Unruhestifter. Am Montagabend wurde in den Konkordiasälen, Andreas- straße 64, der Film„Fridericus Rex" zur Aufführung gebracht. Be. reits gegen 7 Uhr hatte sich ein« große Menge vor dem Hause an- gesammelt, so daß das Ueberfallkommando der Schutzpolizei alar- miert wurde. Es wurden zunächst 3 Beamte entsandt, doch genügten diese nicht, um die immer mehr anwachsende Menge in Schach zu halten. Deshalb mußten neue Verstärkungen der Schutzpolizei ein- gesetzt werden, da inzwischen etwa 300 junge Burschen in den Hos des Grundstücks eingedrungen waren. Den vereinten Bemühungen der Beamten gelang es schließlich, die Menge zu zerstreuen, doch wurde noch«in starker Posten zurückgelassen, der für die Aufrechterhaltung der Ruhe sorgte.— Es wird wirklich hohe Zeit, daß dieser die Bevölkerung aufs äußerste erregende und provozierend� Film schleunigst von der Berliner Filmbühne verschwindet. Fortschreitende Arbeit am Bahnhof Fricdrichftraste. Die Umbauarbeiten am Bahnhof Friedrichstraße gehen jetzt flott vorwärts. Schon vor einiger Zeit ist die vorläufige Ueberdachung des neuen Bahnsteiges fertiggestellt worden. Nunmehr sind auch die ersten Maurerarbeiten an der Nordfront in Angriff genommen wor- den, und zwar zunächst die Arbeiten in der Nähe des neuen Mittel- eingangs an der Nordfront, um die Zugänge zum Stadt- bahn steig alsbald in Betrieb nehmen zu können. Ebenso wird auch der nach Osten gelegene Zu- und Abgang zu dem neuen Bahnsteig und die Schalterhalle im ersten Stadtbahnbogen östlich der Friedrichstraße ausgebaut, um die jetzigen Zustände, den Notzugang zur Stadtbahn usw. möglichst bald zu beseitigen. Dem- nächst wird mit der Aufstellung der Eisenträger begonnen,' die später- hin die Bahnhofshalle tragen werden und die ebenfalls ummauert werden. Schon die bis jetzt fertiggestellten Teile der Nordfront, die mit dunkelroten Glasur st einen verblendet werden soll, geben einen Eindruck, den die gesamte langgestreckte Front nach ihrer Fertigstellung machen wird. Man kann nur bedauern, daß die durch hie Zeitumstände erforderlich gewordene Sparsamkeit eine gleich- artige Ausgestaltung des ganzen Bahnhofs in der gleichen Bauweise verhindert hat.
Berkagung eines Raubmordprozesses. Wie noch erinnersich sein dürfte, war am 6. Dezember o, I. der in der Wielandstraße 12 zu Eharlottenib-urg wohnhaft« Gabriel Alexander, der einen Handel mit Pfefferkuchen usw. trieb, von seinem Sohne ermordet und seiner Barschaft von 11 000 M. beraubt aufgefunden worden. Er- mittlungen ergaben, daß der Ermordete zu seinen Botengängen so- genannte„Arbeitslose", die sich im„Cafe Dalles" in der Schön- hauser Straße herumtrieben, benutzt hatte. Diese Spur führte schon nach 2 Tagen zur Festnahme dreier Täter: des Möbelflechters Wehn er, des Autoschlossers S chark o w ski und des Schrift- fetzers Kelischowfki, die sich jetzt vor dem Schwurgericht des Landgerichts III zu verantworten hatten. Die Verhandlung kam nicht zustande und mußte auf unbestimmte Zeit vertagt werden, da die Verteidiger Ladung von weiteren Zeugen beantragt hatten, dem das Gericht stattgeben mußte. Die Zentralstelle für den Karlosselhandel hielt ihre zweite Frühjahrskartoffelbörs« im Lehrervereinshaus ab. Bor - mittags fand im Meistersaal in der Köthener Straße eine allgemeine Kartosseltagung statt. Verbandssyndikus Dr. Arno Schade referierte über das Thema:„Was steht dem deusschen Kartoffelhandel bevor?" Das Ganze klang dahin aus: Nur die freie Wirtschast ist fähig, den Kartoffelhandel wieder lebendig werden zu lassen. Freie Wirtschaft in dem Sinne, daß die„behLMiche Bevormundung" aufhören müsse! Der Grundsatz müsse sein: Restlos freie Wirtschaft und keine staatliche Emmischungl(?) Nachmittags begann die Börse, wobei man feststellen konnte, daß ein Angebot fast gor nicht vorhanden war. Man hatte die Kartosfelgroßhändler oftenbar fassch einge- schätzt, als man ihnen zumutete, das Vergnügen der Teilnahme an dieser Kartoffslwgung mit 30 M. Eintrittsgeld bezahlen zu müssen. Gefrorene Kaninchen. Weniger wegen Fleischmangels als wegen der FZeifchteucrung erscheint bereits allerlei„Ersatz" auf dem Markt. In Warenhäusern, Markthallen und aus Wochenmärkten werden jetzt größere Posten gefrorener australischer Kaninchen an- geboten. Dos Pfund kostet zwar nur 13— 15 M., aber die Ware sieht so schecht aus, daß sie vorläufig nur wenig Liebhaber findet. Fortführung der Ouäkerfpeisung In Neukölln. Werdenden und und stillenden Müttern ist die Möglichkeit gegeben, vom Beginn nächsten Monats ab weiterhin an der Quäkerspeifung wie bisher teil- zunehmen. Anmeldungen hierfür werden schon jetzt im Bureau der Quäkerküche, Bergstr. 35/36, in der Zell von 9 bis 1 Uhr entgegen- genommen. S. Abteilung der Konsumgenossenschaft. Versammlung der Agl- tationSkommission Donnerstag, dem 27. April, abends 7 Uhr, in der Schul- aula, Wattstratze._
Wetter für morgen. Berlin und Umgegend. Ein wenig lühlcr, zeitweise heiter, jedoch überwiegend bewölkt, mit leichten Rcgenfällen und ziemlich frischen westlichen Winden.
Schweres Aecgiftungsunglück durch INeihylalkohol. Ein ent- setzliches Unglück hat sich im Homburger Hafen zugetragen. Mehrere beim Löschen eines Dampfers beschäftigte Arbeiter hatten aus einem leckgesprungenen Faß, das anscheinend Alkohol enthielt, ge- trunken. Unglücklicherweise enthielt das Faß Methylalkohol. Bei vielen Arbeitern stellten sich bald nach dem Genuß schwere Bergiftungserscheinungen ein, denen bisher sechs zum Opfer fielen. Einige der Vergifteten starben be- reits auf dem Transporte, andere im Krankenhause. Die Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet