Einzelbild herunterladen
 

tandgerichtsöirekkor Srofta. JH» priuFlsch« Justiz erfflUt auch große nationale Aufgaben. Da« bewies bei der heutigen Fortsetzung bei der Iustizkritik im Landtag Tenosse heilmann durch einen kurzen Hinweis auf den Fall Krosta. Herr Landgerichtsdirektor Krosta in Gleiwitz ist jener liebenswürdige Herr, der in seinem Amtszimmer ein Bild hängen hat, auf dem zwei Bauern an Kopf und Schwanz einer Kuh kräftig ziehen, während unten ein Mann in der Anwaltsrobe die Milch in seinen trog laufen läßt. Damit niemand den Sinn der Zeichnung mißverstehe, steht darunter:.Inzwischen melkt in guter Rah der Advokat die seile Kuh." Dieser Herr Krosta ist wegen Be- leidigung der Anwälte bestraft worden nicht doch, der Rechts- anwait und Notar Fröhlich in Gleiwitz ist bestraft worden wegen Beleidigung des Landgerichtsdirektors Krosta. Fröhlich hatte näm- lich behauptet, nachdem Krosta in einem bestimmten Fall- zweimal hintereinander durch das Oberlandesgericht hatte korrigiert werden muffen. Krosta widersetze sich aus Eigensinn der richtigen Einsicht. Natürlich mußte man das dem Fröhlich anstreichen, der Krosta ist weiter Landgerichtsdirektor in Gleiwitz . Das muß er auch möglichst lange bleiben, hat er doch mitten im Abflimmungskampfe um Oberschlesien im Gerichtssoal das Diktum von sich gegeben, die Oberfchlesier sagten nicht gerne die Wahrheit und neigten zu Lüge und Meineid. Eine Zeugin, die er früher einmal oerurteilt hat, schrie der Herr Land- gerichtsdirektor an:.was, Sie kommen heute ausnahmsweise aus die Zeugenbank, stall aus die Anklagebank?" lind in diesem Stil hilft der wackere Jurist weiter das bedrohte Deutschtum retten. In dem Prozeß gegen den Rechtsanwalt Fröhlich hat Land- gerichtsdirektor Krosta ausgesagt, er habe an dem oben geschilderten Advokatenbild in seinem Amtszimmer nichts Anstößiges gefunden. Darauf erwiderte der Verteidiger des Angeklagten, der demokratische Abgeordnete K o ch m a n n, es sei ein wahres Glück, daß d i e Scheuerfrau des Landgerichts feinfühliger ge- wesen und an der Zeichnung Anstoß genommen hätte. Woraus her- vorgeht, daß Scheuerfrauen manchmal mehr Taktgefühl haben als Landgerichtsdirektoren. Als unser Redner im Landtagsausfchuß diese Schlußfolgerung zog, klang das den Herren Juristen nicht an- genehm, aber sie tonnten es nicht gut bestreiten. Juden, Deulschvölkische und Staalslnkereffe. Der demokratische Abgeordnete Berndl las heute aus einem Urteil einen Passus vor, in dem es heißt, der deutschvölkische Angeklagte verdiene den Schutz des Gerichts: denn er wäre von den Juden verfolgt, weil sie in ihm einen Mann fürchten gelernt hätten, der ihre staatsauflösenden Tendenzen ent- hülle und bekämpf«. In einem Beleidigungsprozeß, den der.D o r w ä r t s"- R e- dakteur Abg. Kuttner angestrengt hat, hat in der Urteils- begründung der Vorsitzende erklärt, der Ausdruck schwarz- haariger Gallzier könne nicht als unangebracht be- trachtet werden, weil Im Feuilleton des.Vorwärts" irgendein Kuttner völlig unbekannter Mitarbeiter angeblich den 90. Psalm parodistisch umgedichtet hätte:.Das ist nicht deutsch, sondern echt jüdisch, uns durch Parodierung der Psalmen das Christentum ver­ekeln zu wollen." Der treffliche Amtsgerichtsrat, der so sprach, hat natürlich mit Recht am 1. April bei der deutschvölkischen Bismarck - feier auf dem Brocken die Festrede gehalten. Aber peinlich ist es doch, daß er nicht gewußt hat, daß die Psalmen im jüdischen Alten Testament stehen. Diese Fälle sollen Indessen nur den klassischen Fall des Stadt- verordnetenvorftehers Kaufmann Baum aus Arys in Ostpreußen einleiten. DieAryser Zeitung" beschimpft fortdauernd die dort wohnenden Juden als Wucherer, Drückeberger und re- volutionäre Demagogen. Der Staatsanwalt lchnt� ein Einschreiten im öffentlichen Interesse ab. Sieben jüdische Bürger von Ary» beschritten den Weg der Prioattlage. Am 26. INai 1921 war Verhandlungstermin vor dem Schöffengericht. Unter den Zeugen war auch Sausmann Baum, der eidlich aussagte, er habe wiederholt au Minderbemittelte Geld zum Ankauf von Sarlosscln gegeben, aber stet« ohne Zins und ohne Unterschied der Varlei. So z. v. an den deutschnatioaaleu Zeugen Baugewerksmeister Godziewski.

öer Justiz. Nach Schluß der Beweisaufnahme siel dieser Godziewski siber Baum her. schlug ihn hinterrücks über den Kopf und stieß ihn die hohe glatte Steintreppe hinunter. Baum stellte Strafantrag und bat um Einschreiten im öffentlichen Interesse. Der Oberstaatsanwalt in Lyck lehnte das Einschreiten ab. Aus Beschwerde wies ihn der Oberstaatsanwalt in Königsberg an, die Ermittlungen erneut aufzunehmen. Sie endeten damit, daß Godziewski einen Straf- befehl über SV M. erhielt. Inzwischen hatte Godziewski auch gegen Baum Straf- a n t r a g wegen Beleidigung gestellt: er fühle sich durch die Angaben Baums über das Karwffeldarlehen beleidigt. In diesem Falle griff der Oberstaatsanwalt sofort ein und nahm im öffentlichen Interesse die Klage gegen Baum auf. Er erließ aber nicht etwa einen Strafbefchl über 50 M., sondern veranlaßt« einen Eröffnung?- beschluß und Ansetzung einer chauptverhandlung. um die fürchterliche Beleidigung des deutschvölkischen Mannes durch den Juden Baum zu rächen. Auf die Beschwerde des Baum erfolgte am 4. November 1921 folgende Ankworl des Oberflaatsanwalks: Nachdem in Ihrer Anzeigesache in Sachen Godziewski wegen Beleidigung infolge Ihrer Beschwerde auf Anweisung des Herrn Generalstaatsanwalts in Königsberg von Amts wegen eingeschnitten worden ist, weil die beleidigenden Aeuherungen(es handelte sich, wie gesagt, um Faustschläge und die Treppehinunterwerfen) i. Ge- richtsgebäude gefallen waren, im Gcrichtsgebäude aufhaltsame Per- sonen aber zwecks Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in dem- selben vor Beleidigungen geschützt werden müssen, war es für die hiesige Staatsanwaltschaft doch selbstverständlich, daß in der gleich- liegenden Anzeigesache Godziewski gegen Sic nunmehr ebenfalls öffentliches Interesie angenommen wurde. Sie haben bei dieser Sachlage keinerlei Anlaß zu einer Beschwerde über ungleichmäßige Behandlung.(!) Weshalb schließlich der inzwischen von hier ver- setzte Dezernent der Staatsanwaltschaft gegen Sie Anklage erhoben hat, statt einen richterlichen Strafbesehl zu beantragen, ist mir nicht bekannt. Ich nehme aber an, daß er es getan Hot, um Ihnen eine eingehende Erörterung des Falles vor Gericht zu ermöglichen oder weil er angenommen hat, daß Sie sich bei dem Strafbesehl doch nicht beruhigen würden." So, Herr Oberstaatsanwalt Hoeber in Lyck. Soll man darüber weinen oder lachen? Die verlorene Handschrift. Im Jahre 1920 traten die Arbeiter von Flensburg unter Führung des Architekten R e k o w s k i in einen D e m o n- st r a t i o n s st r e i k. Die Rechtsparteien traten in einen Gegen- streik, den Amtsgerichtsrat Schulz leitete. Nach Streik-Ende schickte Schulz dem Rekowski wegen des Streiks Strafbesehl über Strafbefehl. Darüber führte in der Landesversamm- lung der sozialdemokratische Abg. H e i l m a n n Beschwerde. Das Justizministerium sucht seit 2 Jahren die Strasbesehle. von denen Abschrift ihm heule zum drittenmal überreicht worden ist, hat sie ober bisher nicht finden können. Vor einigen Monaten hatte Rekowski auf der Straße einen Zusammenstoß mit einem Lehrer. Er stieß den deutschnationalen Mann aus Versehen an und entschuldigte sich unter Abziehen des Hutes. Der andere nahm den Stock und schlug ihn über den Schädel, daß er 8 Tage lang krank lag. Daraus wurde nicht etwa der schlagfertige Lehrer, sondern Rekowski angeklagt und unter vem Verdacht des L a n d f ri e d e n b r u ch s in Unter­suchungshaft genommen. Natürlich mußte die Untersuchungshaft auf Beschwerde sofort aufgehoben werden, weil überhaupt gar kein An- Haltspunkt für dos Vorliegen eines Landfriedenbruchs gegeben war und ebensowenig Fluchtverdacht irgendwie begründet werden konnte. Rekowski wollte nun Schadenersatz wegen unschuldig erlittener Untersuchungshaft und beantragte zu diesem Zweck Akteneinstcht. Diese wurde ihm indessen mit der Begründung abgelehnt, daß über das ganze Verfahren Gerlchtsokken überhaupt nicht vorhaude« feien Auch diese verlorene Handschrist wird noch immer vergeblich gesucht. Das sind einige Genrebilder aus der preußischen Justiz, gezeich- net nach den jüngsten Beratungen des Iustizetats.

Kavallerie gegen Sozialüemokratke. Ei« preußischer General verherrlicht Frankreich . DieKreuzztg." hat die nützliche Aufgabe, dem deutschen Volk zu zeigen, wie es in den Köpfen der Leute aussieht, die früher einmal Deutschland regierten. Sie erwirbt sich in dieser Richtung ein neues Verdienst, in dem sie jetzt mit dem Ab- druck einer Artikelserie beginnt:.Die Sozialdemokratie und ihre Wirkungen im Lölkerleben. Vom General der Kavallerie Freiherr« v. L i e t i n g h o f f." Nachdem dieser General das übsiche Lob der guten alten Zeit gesungen, fährt er fort: Im schroffsten Gegensatz dazu steht die Sozialdemokratie. Ar­beit und Hingabe des einzelnen an Staat und Vaterland kennt sie nicht. Für sie ist der Staat die Futter- krippe, um aus ihr möglichst viele materielle Dortelle für die Partei, noch mehr für den einzelnen zu ziehen. So benützt ein Pensionär der Republik seine freie Zeit, um Tausende und aber Tausende seiner Volks- genosien, die hingebungsvoll für die Sache der Deutschen Republik arbeiten, zu beschimpfen. Der sehr national gesinnte Herr findet dann weiter, daß die Deutschen viel schlechter sind ols die Fran,zosen, denn bei diesen findet die.sozialdemo- kratische Verhetzung ihre Grenzen an der besten Eigen- schaftderFranzosen.an deren brennendem Rational - gefühl. Weiter heißt es wörtlich: Es Ist in Frankreich unmöglich, daß im Interesse des Inter - Nationalismus der einzelne oder irgendein« Partei mit dem Landes- feind konspiriert. Zu Beginn des Krieges 1914 wurde Zaure» er­mordet. Dieser nationale Patriokivmus. der in ollen Franzofen lebt, hat dos Volk bisher vor den schlimmsten Folg-m der sozial- demokratischen Lehren bewahrt. Prachtvolle Leute, diese Franzosen! Sie haben Iaurös ermordet! Aber tut nicht Herr v. Vietinghoff seinen Deutschen " unrecht? Haben sie das nationalpatriotische Mordgeschäft nicht noch weit besser besorgt? Der General hält sich jedoch bei solchen Gedankengängen nicht auf, sondern geht dazu über, das soziale Leben in Frankreich und Deutsch - land zu schildern: In. blauer Bluse mit Holzschuhen in der Sonne zu sitzen und abends beim Glase Absynth im Wirtshaus und dabei zu politisieren und sich über die Wahl der Deputierten aufzuregen, sind die Genüsse des Lebens. Das sind nicht gerade hochgesteckte oder gor ehrgeizige, fondern mehr als bescheidene Lebensziele, aber es liegt ihnen ein gesunder Gedanke zugrunde, nämlich der, in der Jugend zu arbeiten, um im Alter ruhen zu können. Bei uns ist feit der Revolutton das Gegenteil eingetreten. Die unreife Jugend verdient überhohe Löhne, um sie ausnahmslos oft in liederlichster Weife zu vergeuden. In den Familien ist wachsende Not und die Alten darben, hungern und verhungern. Das war stüher nicht so und ist auch ein Ergebnis sozialdemokrclischer Lehren. Von diesen Sozialdemokratei., die prassend und schwel- gelnd ihre Eltern verhungern lassen, ist natürlich auch nichts anderes zu erwarten, als daß sie das Vaterland verraten. Sie haben hier hört der General auf,-originell zu sein durch den Dolchstoß in den Rücken des siegreichen Heeres den Ver- lust des Krieges absichtlich herbeigeführt. Hunderttausende von Sozialdemokraten modern in den Massengräbern des Weltkriegs. Herr v. Vietinghoff lebt erfreulicherweise, bezieht seine Generalspension und schreibt über die Sozialdemokratie, die. das Vaterland verraten hat. So zeigt die.Kreuzzeitung" an einem wahren Pracht- exemplar, welches Gemisch von sittlichem Tiefstand und geisti­gem Unvermögen Deutschland bis zur Revolution regiert hat. Die französischen Republikaner aber können an dem begeisterten Lob, das ihnen dieser preußische General zollt, wirklich ganz genau erkennen, wohin sie geraten sind.

Brenhlscher Skaalsrak. Wie der Präsident in der lehien Sitzung de* Preislichen Staatsrats mitteilt, bat Reichstagspräsideut Lobe wegen SrbeitSüberbürdung seinen Sitz im Staatsrat aufgegeben. An feine Siecke tritt Landrat Seibold(Soz.).

Der musikalische knolcn. Ein angehender Operettenkomponist, das melodienschwere Haupt von prachtvoller Mähne umwallt, sitzt mit seinem Lidrettisten in der Oper. Es wird Puccini gespielt. Als eine leichtflüssige Melodie vom Orchester her erklingt, meint Bodo, der Librettist: Du, Leonardo, die Melodie mußt du dir merken." Leonardo blickt verstört aus. Nach einem Weilchen fällt Bodo, dem Listenreichen, auf, daß Leonardo sein Taschentuch hervorgezogen hat und daran dreht. Was treibst du denn da?" fährt er ihn barsch an. Einen Knoten muß ich mir doch machen," erwidert weich- schwärmerisch Leonardo. Wozu willst du dir denn einen Knoten machen, mein Lieber?" Auf daß ich die Melodie nicht vergesse...1" Flugformen der Vögel. Bei der zu erwartenden wärmeren Witterung wird sich auch Gelegenheit bitten, wieder die verschiedenen Flugfiguren der Vögel zu beobachten. Neben dem meistverbreiteten regellosen Haufen, den wir wohl am meisten von unseren Tauben- schwärmen kennen, auch von den Staren, Schwalben und anderen Tieren, fallen besonders zwei Formen auf: die gerade Linie und die Winkelform. In gerader Linie nebeneinander fliegen z. B. die Brachvögel, von südlichen Dögeln der Ibis. Die Winkelform, manchmal auch doppelt, wie ein lateinisches W anzusehen, kennen wir von den Wildgänsen, den Kranichen und einigen anderen. Was veranlaßt die Tiere zu solcher regelmäßigen Flugordnung? Man hat gemeint, daß damit eine Erleichterung des Fliegens erreicht werde, aber offenbar ist»s doch ganz falsch, den aus lauter ein- zelnen Tieren bestehenden Winkel wie einen zusammenhängenden Keil aufzufassen, der die Luft leichter durchschneidet als andere Formen. Auch kann man nicht annehmen, daß der von den vorauf» fliegenden Dögeln erzeugte Luftstrom etwa den folgenden auswärts treibend zugute käme. Nach dem bekannten Vogelkundigen v. Lucanus ist der einfache Grund der Anordnung der, daß ein guter Flieger als Schrittmacher dient, die anderen aber, die ihm folgen, doch auf einen freien Ausblick Gewicht legen, sowie aus Vermeidung des Aukprallens, falls der Vordermann aus irgendeinem Grunde die Geschwindigkeit verlangsamt. Es wird darauf hingewiesen, daß auch der weltbekannte Gänsemarsch keine schnurgerade Linie bildet, sondern ein ständiges Abweichen recht» und links erkennen läßt. Im Großen echaulvielbuttie findet Donnerstag die SV. Aufiührtmg 8on Büchners, D a n 1 o n S Tod' statt. Giue Kunft-Ttiftung für München -Nladdaih. Der jetzig« Leiter des Anger-MuIeumS in Erfurt . Dr. Walter KaeSbach , der an der Berliner Nalionalgalerie viele Jahre tätig war, hat seiner voleriiadt Müncken-GIad- dach leinen Besitz an moderner Kunst geilifiet. BS find 8S Bildrr unter anderem»on RoblfS, Nauen , Heckel. Kirchner, sieininger. Die Stadt hat, wie das.Kunstblatt' derichlet. tür die Stittung bereits Räume zur Ver- fügung gestellt; Suttitsteunde haben zum Ausbau der Sammlung Äittel ausgebracht. Ter 24. Kongreft der Teutsche» SetrNschaft für innere Medizin wurde Montag im Wiesbadener Kurbause eröffnet. Drei große Sammel» reserate fLeberkraiiffieiten. SbmPathitcheS Nervensystem und Zirbetdrnie) sowie 137 Sinzclvorträge auS der inneren Klintf find vorgeieben. Di« Milgliederliiie de? KongirfieS dürfte wob! all« wtsfe»Ichaf>lich forschenden und inlcrefsiertcn iunerin Mediziner Deutschlaud» umjajjen; dazu hervor- »ogmde tilmtter des UutlandeS.

Die(Drganisation üer Seamtenräte. Im Reichstagsausschuß für Beamtenange­legenheiten wurde am Dienstag mit der Beratung des Gesetz- entwurses über Beamtenvertretungen begonnen. Er legt Wert darauf, daß die Beamtenräte nicht so groß werden und damit Gefahr laufen, sich in parlamentarische Erörterungen zu verlieren, statt praktische Arbeit zu leisten. Bei Besprechung einer Reihe von Begrisfen, die sich aus dem Betriebsrätegesetz ergeben und die sinn- gemäß auf dus Beamtenrätegesetz angewandt werden sollen, machte Ministerialrat Roser ausführliche Bemerkungen über das bis- herig« Verfahren des Reichsverkehrsministeriums gegenüber dem dort schon bestehenden Hauptbeamtenrate. Bei der Abstimmung über die einzelnen Paragraphen wurde zu§ 9 gemäß einem An- trage des Abg. Dreunia<U. Soz.) beschlossen, daß ein Bezirks- beamtenrat aus fünf Mitgliedern bestehen soll, wenn die Zahl der von ihm vertretenen Beomten weniger als 1000 beträgt, für jedes weitere angefangen« Tausend erhöht sich die Mitglieder- zahl um 1 bis zur Höchstzahl von 15. Zu K 10 wurde gemäß den Anträgen der Abgg. S ch u l d t(Dem.), S t e i n k o p f(Soz.) und Breun ig(U. Soz.) eine Fassung bejchlossen, wonach der Hauptbeamtenrat aus mindestens 7 Mitgliedern bestehen soll. Eine Mitgliederhöchstzahl für den Hauptbeamtenrat soll es nicht geben. Für di« ersten 100 000 Beamten oder weniger sollen in den Hauptbeamtenrat 7 Mitglieder gewählt werden, für je weitere 25 000 Beamte ein weiteres Mitglied. Nächste Sitzung Mittwoch.

Die neueste Parole. Für den künftigen Historiker der Nachtriegs- und Revolutions - zeit, ist es nicht unwichtig, die Parolen zu verfolgen, die von fparta- kistisch- kommunistischer Seite der Reihe nach ausgegeben, in alle Be- triebe und Versammlungen gelragen, vielfach nachgeplappert und schließlich durch andere oerdrängt wurden. Kurz und bündig war die erste Parole, die sich auch den Einfältigsten einprägte und die noch heute am treffendsten Programm und Ziele der Deutsch - Moskauer kennzeichnet.9t i e d e r!" das konnte jeder mitschreien. Bald aber wurde dasNiederl" den Rufern im Streite langwellig und abgelöst durch etwas kompliziertere Parolen. Müssen wir schon einmal mit solchen Parolen rechnen, könnten wir ihren Urhebern nur dankbar sein dafür, daß sie von Zeit zu Zeit wechseln wie die Kinobesitzer mit ihren Filmen. Doch hoben wir das nicht einmal nötig, well das Agitationsbedürfnis der KPD.-Zentrale sie zu dieser Abwechslung zwingt. Der Mensch kann viel ertragen, doch selbst die schönste KPD.-Parole erträgt er auf die Dauer nicht und wenn er der blindeste Nachläufer seiner Partei wäre. An Stelle des nerven- zerrüttendenNieder" und aller ihm folgenden Parolen bis zu den 10 Punkten des ADGB ." und derEinheitsfront des Proletariats", tritt jetzt der Ruf:HermitdemWeltkongreßdesProle- tariatsl" Zu dieser Formel würden wir der KPD. -Zentrale nicht geraten haben. Der Satz ist zu lang, und die Sache mit den Weltkongressen, auf denen doch immer nur dieOberbonzen" der KPD . mit den Bonzen derSozialoerräte r" zusamtNenkommen, wenig

populär. Einfacher wäre schon:Her mit der Weltrevo- l u t i o n!" Dabei kann sich jeder denken, was er will. Doch wie gesagt, wir sehen sehr wohl ein, daß Abwechslung sein muß. Wir müssen uns also schon damit abfinden, daß die neueste Parole in der Resolutionszentrale massenhaft reproduziert wird und am Schlüsse jeder Versammlung die APD.-Leute ihre Resolution mit dieser Parole einbringen. Es bleibt uns der Trost, daß sie bald durch ein neues Produkt der Parvlcnschmiede abgelöst werden wird.

Hegen ein Neichslanü(dberftblesten. Breslau , 25. April. (Eig. Drahtbericht.) Auch die oberschlesi- schen Deutschdemokraten haben sich jetzt gegen die Auto- nomie-Parole des Zentrums und der Polen ausgesprochen. Auf einem demokratischen Bezirksparteitag in Neiße wurde ein« ent- sprechende Entschließung ähnlich wie die letzte Entschließung des Hindenburger Sozialdemokratischen Bezirksparteitages einstimmig angenommen. Bemerkenswert ist, daß aus dem Bezirksparteitog ein rühriger demokratischer Redner auch die Forderung nach einem Reichsland Oberschlesien abgelehnt hat, weil ein solches Reichsland auf dasselbe hinauskomme wie ein selbständige» Land Öberschlesien im Sinne der Reichsverfassung. Auch di« Kommunisten haben sich in ihrer Press« gegen die Autonomie erklärt und wollen anscheinend also im Gegen- satz zur Volksabstimmung über di« Zugehörigkeit Oberschlesiens zu Deutschland im vorigen März diesmal keine Stimmenthol- t u n g üben. So ist jetzt die Stellung aller Parteien zur Autonomie- frage geklärt. Aus der einen Seite stehen die polnischen Parteien geschlossen für die Autonomie zusammen mit dem deutschen Zentrum, in dem der Gedanke des Reichslandes Oberschlesiens ja auch nur ols eine Versprechung aufgetaucht ist, die erst nach der Errtngung der Landesautonomie durch die Abstimmung zu oerwirklichen wäre. Auf der anderen Seite stehen sämtliche übrigen deutschen Parteien, die die Landesautonomie in jeder Form ablehnen und im gegenwärtigen Zeitpunkt nur einen raschen Ausbau der preußischen Pro- vinzialautonomiebestimmungen für möglich halten. Die Entscheidung dürfte gegen die Autonomie nur dann ausfallen, wenn auch ein Teil der Zentrumsanhänger der Autonomieparole der Abgeordneten Ulitzka und Ehrhardt nicht folgt. Nach verschiedenen öffentlichen Aeußerungen angesehener oberschlesischer Zentrumsleut«, besonders solcher, die die finanziellen Schwierigkeiten der Selbst- Verwaltung aus praktischer Erfahrung kennen, ist eine gewisse Aus- sicht auf ein solches Abschwenken eines Teils der Zentrumsanhänger zur Parole der übrigen deutschen Parteien nicht ausgeschlossen. Bor- bedingung dazu ist ein taktvolles Verhalten der Autonomiegegner. die ihre besonderen Wünsche zurückstellen müssen, sowett sie die Ab- stimmung zu einer Kundgebung für den großpreußischen Gedanken machen wollen. Zu einer solchen Kundgebung ist zweifellos di« Mehrheit der deutschbleibenden oberschlesischen Bevölkerung nicht be- reit, während sie eine unorganisch« Abstückelung des Restes von Öberschlesien zu einem besonderen deutschen Staatsgebiet hoffentlich verwerfen lvird.