Nr.199 39.Jahrgang
Beilage des Vorwärts
Um Schiedsspruch und Deckungsvorlage.
Beilegung des Krakeels gegen den Magistrat.
Freitag, 28. April 1922
Bettelunwesen nach Möglichkeit zu beseitigen. Als Mittel zu diesem Biel fommen vor allem in Frage: für die Erwerbsunfähigen, die nicht in der Lage sind, den Rest ihrer ihnen verbliebenen Arbeitstraft im Wirtschaftsleben zu verwerten, eine Erhöhung der Renten, die ihren Unterhalt sicherstellt; für die willensschwachen oder arbeitsunluftigen Arbeitsfähigen geeignete heilfürsorgerische und erzieherische Maßnahmen, die u. a. auch die Möglichfeit einer nachdrücklichen geschlichen Einwirkung, zum Zwecke ihrer Stadt Berlin ersucht das Reichsarbeitsministerium, Schritte zu unterArbeitsbetätigung vorsehen. Der Beirat der Hauptfürsorgestelle der nehmen, um dieses Ziel zu erreichen.
Der Räuber in der Bankfiliale.
In der Stadtverordnetenversammlung folgte auf die Zusammen- 13ur Annahme empfohlen. Weiter beantragt der Ausschuß stöße der vorigen Gigung gestern eine Beilegung des Konfliktes, noch zwei Entschießungen, deren eine den Magistrat ersucht, bei den über deren Form zwischen dem durch die Unabhängigen brüstierten fünftigen Tarifverhandlungen, auch bei denen über den Manteltari Magistrat und den Aeltesten der Fraktionen außerhalb des Saales und das Mitbestimmungsrecht, auch die Versammlung paritätisch zu sehr lange verhandelt wurde. Der Magistrat verlangte beteiligen, deren zweite die Erwartung ausspricht, daß der Magistrat eine so vollständige Genugtuung, daß er als Sieger schaftlichkeit der städtischen Betriebe an die Bersammlung bringen nunmehr baldigst Vorschläge für die so dringliche Hebung der Wirtaus dem Streit hervorging. Der Unabhängige Dr. Ro es wird. Namens des Ausschusses berichtete Battloch( Soz.), der lih nahm das gegen den Oberbürgermeister geschleuderte Schimpf: hervorhob, daß die Ablehnung der Tariferhöhung der Straßenbahn der Filiale der Dresdner Bank am Reichstanzlerplatz einen Der mastierte Räuber, der gestern vormittag, wie gemeldet, wort mit Bedauern zurück, und durch den Vorsteher Dr. Caspari einstimmig erfolgt ist, und darlegte, daß sich die Wiederein- Besuch abstattete, ist infolge seiner schweren Verlegung noch nicht erklärten sämtliche Fraktionen, daß sie die vorgekommenen führung der Kohlenklausel für die jeweilige Normierung des vernehmungsfähig und hat die Besinnung bisher nicht Ausschreitungen aufs lebhaftefte bedauern. Gaspreises nicht umgehen lasse. Gegen den Beschluß des wiedererlangt. Die Kugel fizt im Beden und wird wahrscheinlich Aelteftenausschusses, die Rednerliste nach der Fraktionsstärke zu ge- auf operativem Wege entfernt werden müssen. Da der Räuber ftalten, legte Herr Richard Kunze , den heute zahlreiche feinerlei Papierę bei sich hatte, fonnte seine Person noch nicht feftgestellt werden.
Die zweite Beratung der aus dem Ausschuß zurückommenden Magistratsvorlage über Schiedsspruch und Dedung verlief dann ungewöhnlich ruhig. Einem im Ausschuß zustande gebrachten Rompromiß wollten die Parteien von den Sozialdemokraten bis zur Deutschen Volkspartei zustimmen, während die Koalition her Unentwegien von ganz links und von ganz rechts widersprachen. Die Erhöhung des Straßenbahntarifs wurde von allen Fraktionen
abgelehnt.
Der Beginn der heutigen ordentlichen Sitzung war auf 5 Uhr pünktlich angesetzt, aber erst um 8 Uhr nahm der Vorsteher Dr. Caspari feinen Platz ein und eröffnete die Verhandlungen. Es waren nicht die Verhandlungen des Etatsausschusses über den gistrats, die diesen Berlust von 2% fostbaren Stunden verschuldet neuesten Schiedsspruch und die jüngsten Dedungsvorschläge des Mahaben; es war vielmehr die Notwendigkeit, einen Ausweg aus der durch den vorgestrigen
Zwischenfall Bößz- koelitz
Rufe: Sfinnes!
begrüßten, erfolglos Protest ein, indem einstimmig, gegen seine Stimme, der Vorschlag der Senioren gutgeheißen wurde. Den Reigen eröffnete nunmehr Genosse Dr. Lohmann, der die ZuStimmung zum Schiedsspruch und die Durchsehung der Anerkennung des Schiedsspruchs als wirkliche Arbeiterpolitik erklärte und dem Kompromiß mit der Modifikation zustimmte, daß die einschränkende Bestimmung unter 1 in Fortfall komme. Für diesen Abänderungsantrag wird auch, wie Reuter bemerkte, die USP. stimmen, die fich im übrigen nach wie vor ablehnend verhält. Es sprachen weiter Koch( Dnat.), der den Magistrat veranlassen will, die Vorlage betreffs der Straßenbahn so umzugestalten, daß das Privatkapital an ( D. Bp.) und Schumacher( Komm.), der sich u. a. ftrifte gegen der neuen Betriebsform herangezogen werden kann, v. Eynern die Kohlenklausel wandte. Um 10 Uhr dauerte die Beratung
noch an.
Der neue Hochbahntarif. Ermäßigung für Fahrkartenblocks.
geschaffenen unmöglichen Situation zu finden, wodurch der Aeltestenousschuß veranlaßt wurde, mit heißem Bemühen in wieder. holfen Beratungen die verföhnende Formel zu ermitteln, welche den in der Person seines Oberhauptes beleidigten Magistrat zufriedenstellte. Endlich, gegen 48 Uhr, war es soweit, daß der VorVon Sonnabend, den 29. April, ab beträgt der Fahrpreis auf steher die Sitzung mit folgenden Worten eröffnen konnte:„ Ich der Hoch- und Untergrundbahn bis zum 5. Bahnhof in der 3. Klasse habe namens des ganzen Hauses folgende Erklärung 2,50 M. und 3 M. in der 2. Klasse, für die ganze Strede in der abzugeben: Sämtliche Fraktionen bedauern auf das leb 3. Klasse 3 m. und 3,50 M. in der 2. Klasse. Gleichzeitig wird der haftefte die Ausschreitungen, die in der vorigen Sigung Preis für Fahrkartenblocs zu je 10 Stüc um 1 2. ermäßigt; fie vorgekommen find; fie verpflichten sich, mit allen Mitteln dafür zu foften hiernach für die 3. Klasse 24 M. bis zum 5. Bahnhof und forgen, daß ähnliche Vorfälle sich nicht wiederholen." Der Unabhängige Dr. Roelig gab darauf folgende Erflärung ab:„ Nachdem 29 M. für die ganze Strecke; für die 2. Klaffe beträgt ihr Preis der Herr Oberbürgermeister auf das entschiedenste erklärt hat, daß 29 bziv. 34 M. Gine weitere Fahrpreisermäßigung fritt für Kinder die von mir gehörte Aeußerung unverantwortliche Gesellen" nicht bis zu 15 Jahren ein. Die Kinderkarten find für die ganze Strecke von ihm getan worden ist, stehe ich nicht an, die von mir gegen ihn gültig, und kosten in der 3. Klasse 1,50 M., in der 2. Klasse 2 M.; gerichtete Aeußerung mit dem Ausdruck des Bedauerns zurüd fie gelten an Sonn- und Feiertagen als auch an Werktagen. zunehmen." So weit fo gut. Nun trat auch der Wirtschaftsparteiler achsen mit einer Erklärung auf den Plan, die sich mit der vorgestrigen Aeußerung Zubeils und deren Wiedergabe und Kommentierung in der linksparteilichen Breffe befaßte. Dittmann ( 1. Soz.) stellte fest, daß Zubeil in der Achtung des Berliner Proletariats viel zu hoch stehe, um von solchen Anwürfen tangiert zu werden. Eine weitere Aussprache über die Auslaffung des Herrn Bachsen wollte der Borsteher nicht zulassen; 3ubeil, der den Borwurf elender Berleumder" aufrecht erhielt, da Herr Wachsen direft die unwahrheit gesagt habe, mußte einen Ordnungsruf hinnehmen.
Hierauf trat die Versammlung gegen 8 Uhr in die Beratung der Magistratsvorlage ein, betreffend den Schiedsspruch vom 14. April, den
Manteltarif und Tariferhöhungen.
Der Etatsausschuß hatte gestern und heute vormittag die Bor. beratung der Borlage bewältigt; es hat sich eine Mehrheit von der D. B. P. bis zu den Soz. für ein Kompromiß folgenden Inhalts gefunden: 1. Die Geltungsdauer des Manteltarifvertrages und der Bereinbarung über das Mitbestimmungsrecht ist auf den 31. März 1923 zu begrenzen; 2. der Grundlohn für die städtischen Handwerfer über 24 Jahre wird für April auf 15,50 M. und für Mai auf 16 M.
erhöht; 3.
Die Tarifänderungen für die Straßenbahn werden zurzelt abgelehnt.
Mit diesen Maßgaben wird die Magistratsvorlage und damit auch die Tariferhöhungen für Wasser, Gas und Elektrizität
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Die Macht der Lüge.
Roman von Johann Bojer.
Eines schönen Tages erzählte er feiner Frau von der Gefchichte, und sie ging gespannt darauf ein, ermunterte ihn fast
wild.
Und wie sie ihn näher fragte und er wahrscheinliche Gründe vorbringen mußte, da wurde es einer, auf den er sich noch nicht recht besinnen fonnte, es war ja etliche Jahre her. Aber es ward nun für die beiden ein Labsal, von dieser Person zu sprechen.
So tam endlich ein Abend, daß sie wieder zusammenfaßen und hiervon sprachen. Und nachdem Wangen eine Weile in seinem Gedächtnis gegraben, sprang er plöglich auf: Jegt hab' ich's!"
,, Henrit!" stieß sie mit einem kleinen Schrei hervor und fuhr gleichfalls auf.
Rasmus Brodersen war es." " Oh- Gott sei Dank!" stöhnte sie und mußte sich an die Brust faffen.
Aber Rasmus Brodersen war in Amerika . Doch Wangen glaubte, daß er in einem feiner Briefe über die Sache schrieb. Er holte seine Briefpakete hervor und.begann, alle Briefe feines alten Schulfreundes wieder durchzulesen. An diesem Abend fand er ihn nicht. Er konnte ja auch verlegt sein.
Doch diese Stunden voller Aufregung und Spannung machten Frau Wangen ganz frant. Sie wollte, daß sie die Nacht durch weitersuchen sollten, aber er wollte bis morgen warten. Und als er am nächsten Morgen sich mit neuen Briefpateten hinfeßte, dachte er: Findest du es heute nicht, dann mird sie von Sinnen."
Um die Mittagszeit tam sie hinein zu ihm ins Schlafzimmer, in dem er saß, und fragte zum zwanzigsten Male: „ Nun?"
,, Es muß irgendwo noch ein Back Briefe sein!" sagte er und fragte sich am Kopf. Und dann begann er, alle ihre Schubfächer durchzustöbern ,, um sie zu finden.
In diesem letzten Paket- da muß es drin sein!" dachte fie. Und sie beschloß, ihn jetzt in Ruhe zu lassen, bis er selbst mit der frohen Nachricht zu ihr käme.
Gegen die Bettelkünstler.
leber das Bettelunwesen angeblicher Kriegsbeschädigter hielt Stadtrat Schining als Leiter der Hauptfürsorgestelle mit deren Beirat eine Besprechung ab. Der Beirat, dem Vertreter der Kriegsbeschädigten und Kriegerhinterbliebenen angehören, erkennt an, daß nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel alles getan wor den ist, un Kriegsbeschädigte der Notwendigkeit zu entheben, betteln zu müssen. Wenn trohdem das Bettelunwesen immer noch nicht verschwinden will, so ist festzustellen, daß die meisten unter der Maste von Kriegsbeschädigten bettelnden Personen nicht Kriegsbeschädigte find, sondern Personen, die sich nur als Kriegsbeschädigte ausgeben, um die Opferfreudigkeit des Publikums für Kriegsbeschädigte für sich auszunuzen. Bei einer kleinen Minderheit wirklich friegsbeschädigter Bettler find alle Versuche fehlgeschlagen, die ihnen verbliebene Arbeitskraft für sie nubar zu verwenden. Entweder ist es ihre geringe Willens Praft oder direkter Widerstand, der oft soweit geht, daß fie auf alle Fürsorgemaßnahmen verzichten, da die Bettelei weit gewinnbringender ist. Das Publifum, das seine Gaben solchen Personen zuwendet, fördert somit die berufsmäßige
in
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Eine aufregende Szene spielte sich Mittwoch nachts gegen 11 1hr . Levy aus Wilmersdorf hatte auf der Untergrundbahnstation einem Untergrundbahnzuge ab. Der Kaufmann Nürnberger Platz einen Zug bestiegen, der nach dem Fehr. belliner Platz fahren sollte. Er trug in der Hand feinen Koffer, der für etwa 100 000 m. Pelze und Schmucksachen enthielt. Als sich der Zug bereits in Bewegung gesetzt hatte, wurde dem Kaufmann der Koffer von einem jungen Mann mit Gewalt entriffen. Der Räuber zog die Schiebetür blitzschnell zu und sprang aus dem fahrenden Zuge. Als L. die Notleine ziehen wollte, hinderte ihn mit dem Räuber unter einer Decke gesteckt hat, muß dahingestellt eine Frau an diesem Borhaben. Auf der nächsten Station ist auch diese Frau in der allgemeinen Verwirrung verschwunden. Ob sie bleiben. Von dem Täter hat man noch keine Spur.
Fortdauer der Fridericus- Rey- Skandale.
Der Fridericus- Rer- Film, der trotz der vielen Standal faenen noch immer in einzelnen Berliner Lichtspieltheatern läuft, gibt ständig neuen Anlaß zu Gegendemonftrationen. So wurden wieder im Union- Theater, hajenheide 38/40, die Reklameschilder zertrümmert und die ausgestellten Photos zerrissen. Acht der Haupttäter wurden der der Schupo festgenommen, aber der Film, die Ursache dieser Vorkommnisse, scheint feinen unheilvollen Einfluß noch weiter ausüben zu
dürfen.
Mögen die Lichtspieltheater die Wiedergabe des Films einstellen; dann wird auch der Schupo feine Gelegenheit zum Einschreiten gegeben sein und die Kinobefizer haben nicht nötig, sich Sorge um ihre Einrichtung zu machen.
Das unerschwingliche Straßenpflaster. Vorsicht beim Erwerb von Hausparzellen.
Die Stadt Berlin hat im Gemeindeblatt" vom 23. April 1922 neue Richtlinien für die Zulassung von Ausnahmen vom orts statutarischen Bauperbot bei Einrichtung einzelner Wohngebäude sowie Grundsätze für die Genehmigung, von Kleinhaus- und Mittelhaustolonien bekanntgegeben. Nach diesen Richtlinien soll das Bauen mit Rücksicht auf die nahezu unerschwinglich gewordenen Kosten für Anlegung neuer Straßen nur noch an denjenigen un gepflasterten Straßen zugelassen werden, für die ein förmlich feftgesetzter Fluchtlinienpian besteht; äußerstenfalls genügt für Wohnstraßen ein vom Magistrat oder von den früheren Gemeindevertretungen genehmigter Fluchtlinienpfan, wenn Einwendungen nicht zu erwarten sind.
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Die Entfernung des geplanten Wohngebäudes von der nächsten befestigten Straße darf höchstens 150 Meter betragen. Als besonders wesentlich ist die Bedingung hervorzuheben, wonach die Baulustigen vor Erteilung der Ausnahme vom Bauverbot die schätzungsweise nach den derzeitigen Breisen zu berechnenden Pflastertoften vorbehaltlich späterer Berrechnung in bar bzw. durch Eintragung von Sicherheitshypothefen in voller Höhe sicherzustellen haben. Nach unseren Informationen Angesichts diefer Tatsachen wird es für notwendig gehalten, würden beispielsweise die Kosten für die Regulierung nur daß die zentralen Behörden des Reiches, der Länder und der Kom- fchmaler Wohnstraßen bei allerbescheidenster Ausführung munalverbände gemeinsam generelle Schritte unternehmen, eine mit gewöhnlichem Kopfsteinpflaster( nicht Reihensteinplafter und Fürsorge für Bettler durchzuführen, die das Ziel hat, das ohne Unterbettung) mindestens 4000 m., d. h. für den laufen
Bettelei.
Und während sie nun auf diese Befreiung für sie beide wartete, gewann sie mit einem Male all ihre Sicherheit und ihren Stolz wieder. Sie ging ihren täglichen Gang hinüber zum Hof, hoch aufgerichtet und langsamen Schrittes, barhaupt in der Sonne, das Haar aufgesetzt wie eine Krone über dem blaffen, schönen Geficht. Jezt mußten vielleicht doch noch alle die Feinde ihres Mannes mit langen Nasen abziehen.
Dies war der erste Tag, daß sie nicht dachte: Wie mag's dem kleinen Bias jetzt gehen!" Und das mit ihrem Vater, das war ein großes Unglück und Sorge, aber deswegen hatte fie fein schlechtes Gewissen mehr.
Als das Effen fertig war, stand sie wieder vor feiner Tür und lauschte. Sie hörte Papier rafcheln. Sie wagte nicht. ihn zu stören und zu melden, daß das Effen bereitstehe, obwohl sie heute eine besonders schönes Stück Fleisch bekommen hatte, das ihm ordentlich schmecken sollte.
Endlich kam er, völlig zufrieden und vergnügt. Er hatte es noch nicht gefunden, aber er war so ganz sicher, bis zum Abend würde er es haben.
Dies bestimmte Versprechen machte sie ganz wirr ror Freude. Die durchwachten Nächte, die Aufregung hatten sie ganz aus dem Gleichgewicht gebracht, und während des Essens war sie richtig kindisch lustig. Nein, er brauchte ihr nichts zu erzählen, menn er es nur heute abend noch fand. Und fie prostete ihm mit Wasser zu und steckte ihren Finger in sein Glas, um das Wasser für ihn in Wein zu verwandeln, und während sie darüber lachte, standen ihre Augen voller Tränen.
Sie saß den Nachmittag über wie auf Nadeln. Aber er hatte gebeten, in Ruhe gelassen zu werden. Und das sollte er. Endlich machte er die Tür auf und lächelte: Hier ist's, Raren!"
Und wieder fuhr sie mit einem Schrei in die Höhe: ..Henrit!" Dann lief sie ihm entgegen, riß ihm das Papier aus der Hand und flog es durch. Ja! Vor ein paar Jahren war es geschrieben, sprach von einem guten Mittagessen, und dann weiter... ja, da stand es! da stand es!
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Sie hängte sich an seinen Hals, sie nahm seinen Kopf zwischen ihre beiden Hände und hielt ihn vor ihr Gesicht, indem sie ftöhnte:„ Warum füßt du mich nicht! Warum springst du nicht.an die Decke! Oh, ich glaube, ich werde ganz schwach!" Sie mußte das Papier wieder zur Hand nehmen und
noch einmal lesen. Aber... aber. plöglich etwas in ihr. Diese Schrift dächtig der ihres Mannes.
es war, als erstarre die... glich so ver
Sie sah flüchtig auf zu ihm, wagte aber nichts zu sagen. ,, Wenn ich dieses vor Gericht vorlege!" sagte er lächelnd, das glaube ich, soll genügen."
Sicher, Henrit!" Sie lachte immer noch vor Freude, mußte sich aber hinsetzen.
,, Was hat er getan?" dachte sie und blieb sitzen und starrte vor sich hin. Gott helfe mir!"
Sie fühlte alles zusammenstürzen, und sie starrte auf seine Schuld, überall, überall! Aber das fonnte ja nicht sein. Es durfte, es durfte nicht sein!
Sie konnte sich ja doch irren. Sie wollte diesen Brief
nicht länger sehen, lächelnd gab sie ihn zurück und sagte, er
folle ihn gut aufheben. Vielleicht konnte er ihm etwas nügen. Ein wenig nur. Denn er mußte ja freikommen.
Am selben Abend sagte sie, als sie schon zu Bett lagen: ,, Du schreibst ja jetzt gar nicht mehr für die Zeitungen, Henrif! Aber ich finde, die Oeffentlichkeit tönnte ruhig erfahren, wie sich der Pastor und Thora gegen uns benommen haben." Ja," sagte er ,, und es wäre ganz gut, wenn das auch die Geschworenen zu lesen bekämen, ehe sie über mich ihr Ur
teil fällen."
Und sie versuchten, Hand in Hand zu schlafen.
22.
Ein Mann kommt vom Norden über das Gebirge her und bleibt vor der Norbyalm stehen, wo Einar vor der Tür sizzt und Besen bindet.
Der Fremde legt sich aufs Gras, stüßt sich auf seinen Rudsad und erzählt, daß er westlich vom Storfonn eine Bärin mit zwei Jungen gesehen habe. Und als Neuestes aus dem Kirchspiel erwähnte er, daß heute die Schwurgerichtsverhandlung gegen Wangen sei.
,, So," sagte Einar und bindet weiter an seinem Besen. Er ruderte den Fremden über den Gebirgssee, der Mann wollte westwärts in ein anderes Kirchspiel. Einar erfuhr noch, daß die zwanzigjährige Tochter des Arztes auf die Buvikalm gezogen sei, und das weckte in ihm frohe Erinnerungen an den Weihnachtsball.
( Fortseßung folgt.)