tricbenc Polttik der Seroittoorhing zu würdigen oersteht und mird alles daran setzen, die schädlichen Begleiterscheinungen und Folgen, welche sich bei der Regelung der �ohn- und Ar- bcitsverhältnisse der städtischen Arbeiter und Angestellten zeigen, zu beseitigen.
der Reichsverrat ües Extronprinzen. Thronverzicht mit Vorbehalten. Den Erinnerungen des ehemaligen Kronprinzen an den 9. November widmet der Sozialdemokratische Parlaments» dienst längere Ausführungen, denen wir folgendes entnehmen: Was wollten denn Schulenburg und der ehemalige Kronprinz? Wenn es ging, wallten sie mit monarchistisch ge- bliebenen Truppen nach Deutschland marschieren und die Revolution niederschlagen. Ging da» aber nicht, und sie sahen wohl selber ein, daß es nicht ging, dann hatten sie noch einen anderen letzten ReUungsplan, für den sie auch Wichelm II. gewonnen hatten. Die deutsche Kaiserkrone sollte äußerstenfalls aufgegeben werden, um die preußische Königskrone zu retten. Was bedeutete es, wenn der Plan gelang, wenn Wilhelm II. aufhörte, Kaiser zu sein, ober König von Preußen blieb? Dos be> deutet« nicht» andere», als daß die Reichseinheit dem dynastischen Familienlnteresse der chohen- zoklern zum Opfer gebracht worden wäre. Der Ge- danke ist echt altpreußisch, echt schulenburgisch, echt hohenzollernsä). thatte nicht Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone ndgelehnt. weil sie mit dem„Ludergrruch der Revolution" behaftet war? chatte nicht Wilhelm I. , als ihm der Kaiserplan Bismarcks vorgetrogen wurde, geknurrt:.Was soll mir der Tharoktermajor?" chatte nicht einer der Paladine, der preußische Kriegsminister o. R o o n, noch der Koiserproklomation im Spiegelsaal von Ber- jaille» die höhnenden Wort« geschrieben:.Ist nun dos Kaiser- Hühnchen endlich aus dem Ei gekrochen?" Ja, märe jener groteske Plan, sich mit dem Schicksal mit Ski Prvz. auszugleichen, gelungen, dann gäbe es heute wohl noch eine Königlich Preußische chohen- zollcrn-Dynastie, aber kein Deutsche» Reich mehr. Ber- stchtete Wilhelm II. auf die Koiserwürde und blieb er König von Preußen, dann war der Fürstenvertrag, auf dem das olle Deutsche Reich beruhte, zerrissen, die Reichsverfassung gesprengt, e» gab kein Deutsches Reich mehr, sondern nur noch ein Preußen, Bayern . Württemberg, Hessen , Sachsen , Oldenburg , Mccklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz usw. Damit wäre im dynastischen Interesse der Hohenzollern genau dasjenige vollbracht worden, was Elemenceau gewollt hotte und was ihm die deutsche Republik verdarb: der Zerfall de» Reiches. Der Zerfall des Reiches, dos wäre der vollkommene Triumph de, französischen Imperialismus ge- Wesen. Dann gab es bei den Friedensverhandlungen kein« Reichs- regterung mehr, mit der man zu unterhandeln hatte, sondern nur nach Regierungen von Preußen, Bayern , Sachsen usw. Welche herrliche Gelegenheit wäre d'as gewesen, den Spalt bis zur völligen Zersplitterung weiterzutreiben, einen gegen den anderen auszu- spielen und einen Teil des Reiches zur französischen Interessensphäre zu mache», wie es zu Zeiten Napoleon » und des Rheinbundes ge- wefen war? Zum Schluß wird gesagt, das Reich fei im Kampf« gegen partikularistifch« Fürsteninteressen erstanden, nur als Republik könne es sich erhalten und entfalten. » Aus den Erinnerungen des Ex-Kronprinzen, die demnächst m Rosners Verschönerung herausgegeben werden sollen, ver» dient noch oermerkt zu werden, was dort über den kronprinz- lichen Thronverzicht zu lesen steht. Der Verfasser schreibt erläuternd, entschuldigend und auslegend: .Und gibt jemand, der in großer Rot zum Wohl des Ganzen den Verzicht auf ein verbrieftes Recht erklärt, etwa» von dem höheren freien Rechte preis, dem Ruf zu folgen, wenn er jemals aus dem Willen der Mehrheit an ihn ergehen sollte? Mein au» Lieb« zu dem Vaterlande ausgesprochener Verzicht kann auch für mich kein Makel sein..
Kanüinskp. Wenn«in Komponist in einem Musikstück die Stimmung eine» Sonnenuntergangs am Meer« zum Ausdruck bringt, so erwartet man van«hin nicht, daß er dabei das Rauschen der Wellen, das Sausen de» Winde», das Schreien der Möwen und das Rascheln des Strand- Hafers hören läßt. Rhythmisch bewegte Tön« genügen, um in der Seele des musikalisch empfänglichen Hörer» die beabsichtigt« Stim- mung zu erzeugen. Wenn aber«in Maler dasselb« Motiv behandelt, io gilt e» als selbstverständlich, daß auf dem Stimmungsbilde das Walser und die Lust, das Licht, der Sand und die Möwen sichtbar werden. Weshalb? Kann nicht ollein durch rhythmisch bewegte Linien und Farben, die nichts Gegenständliches, keine äußere Wirk- lichkeit vorzutäuschen suchen, derselbe Stimmungsessekt erzielt werden wie durch öen Rhythmus cir e« Musikstücks? Ganz gewiß. Und wenn die Wirkung dieser sogenannten.absoluten Malerei", die nur mit den reinen Kunstmitteln der Lim« und der Farbe arbeitet, sich heute noch auf eine verhältnismäßig kleine Zahl van Kunstfreunden besv>änki, während die ebenso.absolute" Kunst der Musik Millionen von verstäuduisvollen Genießern findet, so liegt dos einfach daran, daß die ästhetische Kultur de» Auges heute lange nicht so auegebildet ist wie die des Ohre ». Man sieht im Kunstwerk wie in der Natur immer nur das Gegenständliche, und die ästhetischen Eindrücke, die die Farben, Linien und Former, in der Natur und im Kunstwerk den meisten Beschauern geben, sind rein sinnlicher Ratur: man empHndet sie allenfalls als.schön" oder„häßlich", aber tiefere. scclischs Erregungen lösen sie nicht aus. Indessen scheint e» doch, daß wir uns jetzt auf dem Wege zu einer ästhetischen Kultur des Auge« befinden, und als der wichtigste und sicherste Führer zu diesem Ziel bietet sich gerade die absolute Malerei dar. Ihr Begründer und zugleich theoretischer Wortführer ist der Maler K a n d i n s k y, neben Chagall die stärkste und eigen- artigste Persönlichkeit in der gegenwärtigen russischen Kunst. Kän» dinsky lebte vor dem Kriege in München , stand seit der russischen Revolution init an der Spitz« der Kunstverwaltung der Sowjet- republik und hat seinen Wohnsitz jetzt in Berlin aufgeschlagen. Die K uusthar.dlimg G o l d s ch in i d t u. Waller st ein(Schöneberger Ufer 36a) eröffnete in diesen Tagen eine Ausstellung der Gemälde, die er während der letzten Jahr« geschaffen hat. Den L«s«rn de«„Borwärt«' ist der Name und die Eigenart dieses Künstlers nicht fremd; ich hob« bei Besprechung namentlich der Sturm-Ausstellungen oft und ausführlich über ihn berichtet. Ein großer Teck des Berliner Publikums und auch der Berliner Kritik scheint ihn erst jetzt zu entdecken. Man preist und umjubelt ihn und tut, ol, ob diese Ausstellung etwas ganz Reue« brächt«. In Wirk- lichkeit ist Kandinsty derselbe geblieben, der er seit zwölf Iahren mar, seine Persönlichkeit ist nur reifer, sein« Maierei reiner und Aarer geworden. In der Kunst, au» vielgestaltigen Linien und Färb- formen rhythmische Organismen von tiefstem Stiminungsgeholt. von pathetischer Wucht, von zartestem Märchendust, von düsterer Me- lanchsli.' und ivr�ig glänzendem Frohsinn lebendig werden zu lassen — in dieser Kunst ist er der große, von keinem anderen erreichte Meister. Ev ist unsinuia, Kanksinsky einen Farbenkünstler zu nennen: Linie, Farbe und Form sind bei ihm unzertrennlich und gerade in
Danach müßte man annehmen. Wilhelm habe bei der Leistung der Unterschrift sich so ungefähr gedacht, daß der Ver- zicht eine Art Fegen Papier sei. Es komme ja doch fürs erste nur darauf an,„sich auf den Boden der Tatsachen" zu stellen. Dabei möchten wir mit allem Nachdruck vor dem Irrtum war- nen, als ob wir ihn für einen gefährlichen Feind der Republik ansähen. Im Grunde genommen soll ja die ganze Schreiberei nur die eigene Kleinheit entschuldigen. Auch er hat nicht zu sterben gewußt, sondern sich nach cholland aus dem Staube gemacht. Und er hat noch Wochen später, als der erste Schreck längst überwunden sein mußte, eine feierliche Verzichterklärung auf alle seine Ansprüche unterzeichnet, nicht aus den schein- gründen, die er jetzt dafür zusammenklaubt, sondern aus änderen Gründen, die mit der finanziellen Ausein- andersetzung seiner Familie mit dem Freistaat Preußen eng zusammenhängen. Der Treppenwitz bei dieser Geschichte ist nur, daß er sich auch in dieser Annahme verrechnet hat. Deswegen war er ja später für eine Art Erbteilung noch bei Lebzeiten Wilhelms II., um materiell ordentlich auf die Beine zu kommen. was ist nun wahr! Teutschnationale und kommunistische Urteile über Severing und Richter. Seit drei Tagen schreit sich die„Rote Fahne" die Kehle heiser über die Genossen Severing und Richter.„Rechtssozia- listische Stinnes-Minister",„Lakaien des Bürgertums" usw. sind nach die mildesten Ausdrücke. Am Freitagabend tobt sich die„Rote Fahne" wiederum in folgenden Sätzen aus: Die gesamte Arbeiterschaft, die ohne Unterschied der Partei den Bajonettangriff auf die Demonstranten als einen Angriff auf das Proletariat als Klasse empfand, sieht nun an der Spitze der b ü r g er l i ch« n Front, die-sich ihr entgegengestellt hat, den sozialdemokratischen Innenminister Severing und mit ihr die Führer der SPD . Das würde nun vielleicht diesen oder jenen bedenklich stimmen, wenn man nicht am gleichen Freitagabend in der konservativen ,.K r e u z- Z t g." folgende Sätze läse: Die große Koalition in Preußen, die uns den Kultusminister Boelitz gebracht hat, ist der warnende und zur Aorficht mahnende Beginn. Aach wie vor beherrschen die Lage Braun und Severing. Die Deuts che Bolkspartei dient nur dazu, in der Regierung als Mitträger der Verantwortung für eine im Hinblick auf das Volksganz« unverantwortliche Politik die Opposilwu zu binden und die Gegenkräsle lahmzulegen. Don einer irgendwie nationaleren und mehr bürgerlich orientierten Politik, die uns von dem Einfluß der Deutschen Bolkspartei auf die Regierungsgcschäfte versprochen worden war, ist nlchke zu spüren. Also auch das„kleinere Uebel" hat sich nicht besser erwiesen. Der sozialdemokratische Terror, der systematisch mit den Mitteln der ge- geschaffenen Demokrakie ausgebaut wird, besieht noch wie vor. In den kommunistischen Versammlungen, die am Donnerstagabend stattfanden, haben sich Hetzredner bemüht, Severing und Richter als„Mordbestien" hinzustellen. Der Kommunist Schumacher, bei dem das Schwelgen in schmutzigen Ausdrücken Ausfluß seines Charakters zu sein scheint, hat sich folgende Sätze gegen Richter geleistet: Als am Dienstag die hungernden Arbeiter ihren ruhigen Umzug um das Rathaus veranstalteten, begab sich der Chef der Polizei, seines Zeichens Sozialdemokrat, früher Metallarbeiter, dann kasien- klauer von den Eisenbahnorganiiationen, dann Streikführerverhafter, Polizeipräsident Richter, zu Fuß zum Rathaus und leitete von einem Fenster aus die Schlacht. Während die Schupo- Mannschaften nur sehr widerstrebend gegen die Arbeiter vorgingen, trieben die Offiziere sie von hinten her gegen die Demonstrierenden. Wenn es unter den Arbeitern keine Tote gab, so ist das wahrlich nicht das Verdienst Richters und seiner Offiziere, die daraus brannten, Arbetterblut zu vergießen.(Im Original fett gesetzt und in die Mitte gerückt. Red. d. V.".) Was dos Wort„Kasienklauer" gegen den in jeder Be- ziehung unantastbaren Polizeipräsidenten anbetrifft, so-
dem sicheren, aufs feinste abgewogenen organischen Besamtausbou aller malerischen Elemente liegt seine Stärke. Man sehe, wie auf dem Gemälde„Roter Fleck" durch die nach rechts gerückte dominierend« rate Farbform die weiße unr-gelmäßig« Fläche rhythmisch gegliedert und das ganze Bild ins Gleichgewicht gebracht wird: wie auf dem ..Schwarzen Fleck" das gesamte Gerüst der Komposition durch die schwarze Scheibe(rechts oben) und die beiden kleineren roten und blauen(links unten) zusammengehalten ist. Das sind Beispiele einer restlosen Flächenpliederung und eines vollkommenen Bildaufbaus, wie sie die gegenständliche Malerei nie zuwege bringen kann, weil diese durch die Linien und Farbfarmen der Wirklichkeit in der klaren Auswirkung der rhythmischen Vision stet» mehr oder weniger be- hindert ist. Kandiusky? Arbeiten der letzten beiden Jahre(19Z0 und 1921) unterscheiden sich von den früheren vor ollem dadurch, daß an die Stell« der oft etwa» rauchigen Farben«in ganz reines und klares Kolorit getreten ist und daß die früher bevorzugten organischen Formen durch mehr oder weniger abstrakte abgelöst erscheinen. Die bei Werten der absoluten Malerei immer etwas störende Erinnerung an Naturformen(das Bild„Im Grau"" von ISIS wirkt stellenweise wie ein Blick in ein Aquarium) ist vollkommen überwunden. Die Farbenharmonivn sind von einer sinnlichen Schönheit und einem Wohlklang, der nicht mehr zu überbieten ist. Dabei nirgends eine Spur von äußerlicher, dekorativer Gefälligkeit, sondern jedes Bild Zeugnis und Offenbarung tiefsten«eelischen Erlebens. Ein Ge- mälde wie„Kreise aui Schwarz" gehört zu dem Größten, was die Kunst unserer Zeit hervorgebracht Hot. Im übrigen zeigt diese Kadinsky-Ausstellung wieder einmal, wie nahe unserem Empfinden die moderne russische, im Gegensatz zur allernevesten französischen Kunst steht. John Schikowski .
Srabbe»„Napoleon " im Slaatskheata. Ein ungeheures Wert der Phantasie, der Gestaltung, des Willens, aber auch de« Irrtums, der Knabenhastigkeit und Uebertreibung. Kurz, ein totes Werk, das Gott ses Dank bei den Klassikern begraben ist. Um die Wieder- belebung hoch verdient Leopold Ießncr, der Intendant, Regisseur und Marschmeister der Massen, der Bühnenmaler Cäsar Klein und Ludwig Hartau , der Napoleon . Hundert Pro- blem« sind zu erörtern. Sie sind schwierig. Wir werden zu keinem reinen Genie geführt. Wir müssen uns doch damit herumchlagen. Heut« abend soll es geschehen. dl. H. Neuere Lileralur im Schulunterlcht. Ein« bemerkenswerte Der- fügung des Prooinzialschulkollegiums in Hannover , die überall Beachtung finden sollte, erklärt tß für einen Mangel, daß nur ver- hältnismäßig wenige Schulen auch neuere deutsch « Prosa dichterischer und wissenschaftlicher Art in den Kreis der zu lesenden Schriftwerke aufgenommen haben. Daß unsere Schulen die Lite- ratur einseitig nur in ihren poetischen Erzeugnissen darbieten, ist, wie die Verfügung betont, eine alte Klage. Außerhalb der Schul« aber treten vor allem die Novelle und der Roman oder das wissen- schaftliche Buch an sie heran. Die Schule versäumt eine wichtige Aufgabe, wenn sie die Schüler nicht anleitet, auch solche Werke mit Verständnis und Urteil zu lesen.
wie die Behauptung, er habe darauf gebrannt. Arbeiterblut zu vergießen, so ist kein Ausdruck der Berachtung für diese niedrigen Verleumdermethodcn kräftig genug. Aber was die sachlichen Behauptungen anbetrifft, so stellen wir ihnen ein- ach folgenden Ausfall der deutschvölkifchen„Deut- chen Zeitung" gegen Genossen Richter gegenüber: Was ist das für ein Polizeichef, der seine unter schmierigsten Umständen ihre Pflicht erfüllenden Beamten derart im 1 Stich läßt. Sie in dieser hahnebüchenen Form disqualisiziert und in Angst von Maßnahmen abrückt, die sich folgerichtig aus der durch die verhetzten Arbeiter geschaffenen Lage ergeben und die vom Oberbürgermeister und Stadtverordnetenvorsteher selbst erbeten� worden war. Was ist das für ein Polizeichef, der, anstatt auf seinem Posten zu stehen, selbst Demonstrotionskellnchmer ist. (Im Original fett gesetzt und in die Mitte gerückt. Red. d.„D.".) und mit seinen„Befürchtungen" weiser ist als der liebe Gott! So wird von der äußersten Rechten wie von der äußeisiten Linken in der gleich demagogischen und unverantwortlichen Weise gehetzt und geschrieben. Es ist nur gut. daß die Hetzer aus beiden Lagern sich wechselseitig als Lügner entlarven.
Der geschwungene USp.-Säbel. Auch Lipinskis Polizei haut und sticht! Bei der agitatorischen Ausschlachtung der bedauerlichen Zusammenstöße vor dem Rathaus haben die Unabhän- g i g e n, insbesondere die„Freiheit" und die unabhängige Landtagsfraktion, mit den.Kommunisten gewetteifert. Run hat schon am Donnerstag Genosse Severing im Landtag darauf hingewiesen, daß es ja auch in Leipzig am 1. Mai zn Zusammenstößen mit der Schutzpolizei gekommen ist, die unter dem Kommando des unabhängigen sächsischen Innenministers L i p i n s k i steht. Darauf wurde ihm aus der USP.-Fraktion cntgegengerufen, daß bei dem Zusammenstoß an der Leipziger Universität von der Waffe keinGebrauch gemacht worden und kein Blut geflossen sei.— Run aber haben merkwürdigerweise die K o m m u n i st e n des sächsischen Landtags ein: Anfrage an die sächsische Regierung gerichtet, in der es heißt: Nach Zurückkehren dieser Gruppe in den Universitätshof, in welchen sich infolge des Gerüchts, die Besteiger des Daches feien von der Polizei geschlagen und verhaftet worden, mittlerweil« weitere Demonstranten Zutritt zu verschaffen versucht hatten, ist es zwischen den letzteren und der Polizei zu einem blutigen Zusammenstoß ge- kommen. Dieser wurde dadurch hervorgerufen, daß auf Befehl des Schupo- hauplmauos Schleyer ein Teil der Polizeibeamten mit gezogenen Säbeln ganz sinnlos auf die Demonstranten einschlug, während der größte Teil der Beamten Zurückhaltung übte. Der unverantwortliche Waffengebrauch gegen die unbewaffneten Demonstranten hatte zur Folge, daß ungefähr IS Arbeiter und Arbeiterinnen teilweise sehr schwer verletzt wurdeu. Wir können von hier aus nicht beurteilen, ob die Schi!» derung der Kommunisten zutrifft. Jedenfalls aber ist festzu- stellen, daß die Vorgänge in der L e i p z i g e r U n i v e r s i t ä t von den Kommunisten fastaufsHaarso dargestellt wer- den wie die Vorgänge vor dem ÄerlinerRathaus. Da entsteht nun allerdings die Frage: wie haben i n Leipzig U S P und KPD., die dort die herrschend: Stellung in der Arbeiterschaft haben, gegen das von ihnen be- hauptete Blutbad protestiert? Hat es auch in L e i p- zig einen Proteststreik gegeben?! Wird die„Frei- heit" nun auch gegen Lipinski ebensolche schamlos-blöde Reimereien veröffentlichen wie gegen Richter? Und schließlich: Gedenkt bei der Besprechung der kommu- nistischen Anfrage im sächsischen Landtag die unabhän- gigo Landtagsfraktion Sachsens gegen den Minister Lipinski dieselbe Haltung einzunehmen, wie die unabhängige Landtagsfraktion in Preußen gegen Minister Severing?!
„Mitspielendes" und„zuschaueades" Theaterpubllkum. Der Theaterbesucher legt sich wohl nur selten Rechenschaft darüber ob, weshalb die durch da» Spiel gewonnenen Eindrücke ihm einen Genuß gewähren. Die Psnchologen aber haben die Erscheinung des Kunstgenusses in einem Theater durch die verschiedensten Theo- neu zu erklären versucht. In seiner vor kurzem bei B. G. Tcubner in Leipzig erschienenen„Psychologie der Kunst" unterscheidet Richard Müller-Freienfels zwischen zwei Typen, die er„Mitspieler" und„Zu schauer nennt Und er bringt dafür eine Reihe inter - essanter Zeugnisse bei.„Ich vergesse vollständig, daß ich im Theater bin," sagte ihm z. B.«ine Dome.„Meine eigene bürgerliche Existenz ist mir vollkommen entschwunden. Ich spüre nur noch die Gefühi- der handelnden Personen in mir. Bald rase ich mit Othelio, bald zittere ich mit Desdemona. Bald auch möchte ich rettend eingreifen. Dabei werde ich aus einer Stimmung so schnell in die andere ge- rissen, daß ich gar nicht zur Besinnung komme. Im allgemeinen ist das am stärksten in modernen Stücken, doch erinnere ich mich, daß ist im„König Lear" an einem Aktschluß bemerkte, daß ich mich ganz fest an eine Freundin angeklammert hatte vor lauter Entsetzen." Diese Art, Kunst zu genießen, ist die allerprimitivste, wie sie die Kinder haben oder auch das romanische Publikum bisweilen zeigt, das den Darsteller des Bösewichts mit Wurfgeschossen bombardiert. Aber auch bei höherer ästhetischer Kultur gibt es solche„Mitspieler", deren Miterleben der Vorgänge auf der Bühne rein geistig ist. Ganz entgegengesetzt ist der Genuß des„Zuschauers", für den die folgende Schilderung bezeichnend ist:„Ich sitze vor der Bühne wie vor einem Bilde. Jeden Augenblick weiß ich, daß die Vorgänge da vor mir nicht Wirklichkeit sind: keinen Augenblick vergesse ich ganz, daß ich im Parkett sitz«. Gewiß empfinde ich zuweilen die Gefühle oder Leidenschaften der dargestellten Personen, aber das ist nur Material für rein eigentliches ästhetisches Gefühl. Das ist nie mit den dargestellten Leidenschaften, sondern immer über die dar- gestellten Leidenschaften gefühlt. Dabei ist mein Urteil beständig wach und klar. Mein Gefühl bleibt immer bewußt. Nie reißt es mich mit, und geschieht das doch einmal, so ist mir das unsym- pathisch." Müller-Freienfels meint, daß solche gegensätzlichen Typen des Kunstgenusses in vollkommener Reinheit selten sind, daß viel- mehr beide Empfindungen, das„Mitspielen" und das„Zuschauen", im Kunstgenuß zusammenwirken. Der Film al, Suustgeschichlslehrer. In Frankreich ist man seit einiger Zelt an der Arbeit, den Film nickt nur für das Studium der Naturwissenschaften, der Geographie usw., sondern auch für die Kunstgeschichte zu oerwerten. Es werden von toi bedeutendsten Kunstwerken der Pariser Museen und von den hervorragendsten Leistungen der französischen Kunst Standfilme aufgekommen, die einen vortrefflichen Eindruck des Kunstwerkes vermitteln. Mit Hilfe dieser Film« will man auch den tunstgesckichtlichen Unterricht in der Schule beleben. Dieser Plan wurde auf dem letzten pädagogischen Kongreß in Paris ausführlich erörtert, und der Generalsekretär der Seine-Präfektur Aubanel erklärte darüber:„Die Verwendung de»> Kinos im kunstgeschichtlichen Unterricht ist nur ein« logische Fort- setzung der Bestrebungen, den Film überhaupt für die Pädagogik zu verwerten. Seit langem weiß man, daß die Erziehung durch das Auge am leichtesten und raschesten vor sich geht Der Geist wird viel mehr durch den Blick als durch das Gehör gefesselt, und auch