Nr. 222 39.Jahrgang Ausgabe A nr. 111
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Freitag, den 12. Mai 1922
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Die Antwort der Russen.
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Die Antwort der russischen Delegation auf das zweite industrie 150 Millionen Verbraucher und unendliche Mengen von im Spiele seien. Die Vorfälle der letztverfloffenen Tage, besonders Memorandum der Entente ist gestern endlich nach tagelangen Rohstoffen zurückgeben und dadurch zur Erleichterung der durch anläßlich der Forderung der Rückgabe der nationalisierten BesitzBesprechungen, Vermittlungen und Redaktionen überreicht den Weitkrieg, die Intervention und die Blockade entstandenen Krise, tümer an ihre früheren Eigentümer zeigen auf das deutlichste, daß worden. Man sagt, daß sich die Führer der deutschen und der Arbeitslosigkeit und Troftlosigkeit beitragen würde. hier zu der rein materiellen italienischen Delegation um das Zustandekommen dieser Gemäß der Einladung von Cannes ist die russische Delegation Antwort verdient gemacht haben. Man vermutet, daß sie nach Genua mit einer ganzen Reihe von Plänen und Borschlägen betr. wird. Der Kampf, der in Genua um das russische Problem ausge eine politische Frage aufgepfropft nicht ohne Fühlungnahme mit den Führern der englischen Delegation zustande gekommen ist. Inwieweit sich nachträg die Kredite und Anleihen fochten wird, geht weiter und geht höher hinaus. liche Einflüsse aus Mostau bemerkbar machen, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Die Weitschweifigkeit, die Ausfälle und Seitenhiebe auf das kapitalistische System sind russische Eigen heiten, die in diesem Fall nicht unbedingt aus Moskau zu stammen brauchen. Sie fallen für die Erörterung auch nicht besonders ins Gewicht. Wesentlich für die politische Seite des Problems ist lediglich die Frage, was in der Antwort an politischen Vorschlägen geboten wird.
Ein flares Ja oder Nein ist aus der Note nicht herauszulesen. Sie schlägt feine Türen zu, zeigt aber auch teinen Weg zu einer baldigen Regelung. Wer also, wie Herr Barthou, sich von vornherein auf den Standpunkt gestellt hut, daß Diskussionen über das Memorandum nicht zulässig sind, wird schwerlich einen Ausweg aus der Situation finden. Wer aber, wie Lloyd George und die italienischen Delegierten, ge rade diesen Ausweg gesucht hat, den kann die russische Antwort nicht ganz unbefriedigt lassen.
In der Note wird vorgeschlagen, für die Erörterung der russischen Frage eine neue Konferenz anzuberaumen, deren Ort und Zeit vorher zu bestimmen sind und an der die Konferenzteilnehmer auf gleichem Fuß teilnehmen. Das ist ein Gedanke, der vor einigen Tagen bereits einmal auftauchte. Damals machte man Lloyd George für die Vaterschaft verant wortlich. Es wäre also möglich, daß dieser Vorschlag nicht ganz ohne Wissen des englischen Minister präsidenten in das Dokument hineingeraten ist. Auf der anderen Seite allerdings kann man sich nicht verhehlen, daß es einem Schiffbruch der Konferenz von Genua ähnlich sehen würde, wenn er in dieser Form Tatsache werden sollte. Die Konferenz würde auseinandergehen, ohne ihre wesentlichsten Aufgaben erfüllt zu haben.
Allerdings darf man nicht vergessen, daß zu diesen wefent lichen Aufgaben auch eine Lösung der Reparations frage gehört. Lloyd George hat auch dieses Problem mit Kühnheit und Geschicklichkeit in die Tagesordnung geworfen. Seine Zauberkünfte scheiterten an der Hartnädigkeit Boin carés, der es mit einer fast zum Lächeln herausfordernden Aengstlichkeit vermied, seinem Kollegen Barthou nach Genua zu folgen. Ganz ohne Nuzen scheint aber die Initiative Lloyd Georges doch nicht geblieben zu sein. Die Fäden, die man in Genua nicht aufnehmen fonnte, werden augenblicklich in Baris gesponnen, und wenn man sich nicht fatalistisch an den Namen Genua flammert, liegt zu einem übermäßigen Pessimismus fein Grund vor.
Genua , 11. Mai. ( WTB.- Sonderbericht). Die Antwort der russischen Delegation auf das Memorandum vom 2. Mai hat folgenden Wortlaut: Bevor die russische Delegation an eine nähere Prüfung der Bestimmungen des von einer Mächtegruppe unterzeichneten und in der Anlage zu einem Schreiben des Herrn Borsitzenden der politischen Unterkommission Schanzer am 2. Mai überreichten Memorandums herangeht, sieht sich die russische Delegation zu ihrem großen Bedauern zu der Feststellung genötigt, daß dieses Memorandum, ohne die erwartete gerechte Lösung des ruffischen Problems zu bringen, in gewissen Punkten gegenüber dem in der Villa Alberti geschlossenen Abkommen vom 20. April und sogar gegenüber dem Londoner Memorandum
einen Rückschrift bedeutet.
gekommen, welche Rußland nötig hat und für welche es reale Ga. Nach diesen allgemeinen Betrachtungen geht die Note zu rantien bietet, sowie mit einer Aufzählung der bereits in der der Prüfung des Memorandums im einzelnen über. Das Doruffifchen Gesetzgebung verwirklichten rechtlichen Garantien, fument, das 15 Schreibmaschinenseiten umfaßt, enthält vieie welche Angehörigen fremder Staaten, die Rußland ihre technische Abschweifungen und Polemiten. Wir lassen es mit einigen Kenntnis und ihre Kapitalien zu bringen wünschen, die Achtung Streichungen an dieser Stelle folgen. ihres Eigentums, ihrer Rechte und der Erträgnisse ihrer Unterneh mungen sichern sollen. Endlich hatte die russische Delegation die Absicht, eine Reihe von industriellen, landwirtschaftlichen, Bergwerks und anderen Konzessionen, die sie den Ausländern gewähren wollte, zu unterbreiten.
Aber bis zum heutigen Tage ist diese wichtigste Seite des russischen und des weltwirtschaftlichen Problems noch nicht einmal berührt worden. Die Bemühungen der russischen Delegierten, diese Frage vor den Sachverständigen Ausschuß für die Prüfung der russischen Fragen zu bringen, find auf unbesieg baren Widerstand gestoßen. Der Sachverständigenausschuß hat als grundlegende Bedingung gestellt,
Prüfung der Einleitung des Memorandums.
dern auf die Kriegsjahre gefolgt ist, sucht in der Niederlage des Der politische und soziale Rüdschritt, der in den meisten Län sowjetistischen Rußlands , welches die follektivistischen Tendenzen der Gesellschaftsorganisation darstellt, den vollkommenen Triumpf des tapitalistischen Individualismus. Die Sowjetdelegation hat sich ständig geweigert und weigert sich noch immer, in die schwebenden Verhandlungen eine politische Tendenz irgendwelcher Art hineinzutragen. Sie fann aber nicht umhin, festzustellen, daß dieser Bersuch, in Genua tem Programm einer Partei oder eines sozialen Systems zum Siege zu verhelfen, dem Buchstaben wie dem Geiste der ersten Canner Entschließung zuwiderläuft. Wenn die Arbeiten der Konferenz gefährdet sind, so wird die ganze Verantwortung dafür auf diejenigen Mächte nach Einigungsträuben, die Interessen gewisser sozialer Gruppen fallen, die, indem sie sich allein gegen tas allgemeine Verlangen über das gemeinsame Interesse Europas steiken.
die Bezahlung der Staatsschulden und der privaten Ansprüche anzuerkennen. Diese Methode mußte den wichtigsten Teil der Konferenzarbeiten zur Fruchtlosigkeit verurteilen. Anstatt mit der Prüfung derjenigen Seite des russischen Problems zu beginnen, welche am wenigsten Diskussion hervorrufen würde, hat der Sachvers ständigenausschuß ebenso wie das Memorandum vom 2. Mai diejenigen Fragen in den Vordergrund gerückt, welche durch ihre poli- Briefe macht die russische Delegation bedeutsame Zutische und juristische Bielgestaltigkeit die lebhaftesten Meinungsver- ge ft ändnisse, indem sie allerdings gleichzeitig die Frage der schiedenheiten hervorrufen mußte.
Infolge dieses Grundfehlers sind die allgemein interessierenden leihen aufrollt. In der ersten Sigung des Sachverständigender russischen Regierung zu gewährenden Kredite und AnProbleme der Zukunft den Interessen der Bergan ausschusses hat die russische Delegation letzteren um eine ins Eingenheit untergeordnet, Interessen, die nur gewisse Gruppen eine gehende Prüfung dieser Frage ersucht. Wie oben von Ausländern berühren. Die Bersicherung, daß die Anerkennung bemerkt, hat jedoch der Sachverständigenausschuß diesen Borschlag der Schulden der früheren russischen Regierung und der Privat- zurückgewiesen. Diese Frage, welche für Rußland von so bedeutenansprüche die unumgängliche Bedingung für die Mitarbeit des aus dem Interesse ist, findet auch in dem Memorandum vom 2. Mui ländischen Kapitals bei der Wiederherstellung des Kredites des neuen teine Beantwortung. Anstatt der Kredite für die russische RegieRußlands sei, steht im Widerspruch mit der Tatsache, daß manche rung zählt die Einleitung des Memorandums diejenigen Kredite ausländischen Rapitalisten Rußland schon vor Regelung der auf, welche die verschiedenen Regierungen denjenigen ihrer StaatsSchuldenfrage ihre Mitarbeit gewährt haben. angehörigen zuzugestehen bereit sind, die mit Rußland Handel Micht diese oder jene Lösung dieser Frage ist imftande, die treiben möchten. Diese Frage, so interessant sie auch für die priKapitalien nach Rußland fließen zu laffen, sondern vielmehr Sicher- paten Kaufleute der übrigen Länder sein mag, hat indessen nichts heiten, welche die ruffische. Regierung für die Zukunft bieten kann, mit der Frage zu tun, wie sie pon der russischen Delesowie die internationale Konsolidierung dieser Regierung, die aus gation aufgeworfen wurde. Uebrigens tönnen eben diese Brivatihrer de jure- Anerkennung sich ergeben wird. Der Verdacht, den man auf die Haltung der russischen Regierung Umfange nugbar machen, wenn man nicht der russischen kaufleute und Industriellen diese Kredite nicht in dem erwünschten gegenüber den zukünftigen Gläubigern von Rußland zu werfen sucht, Regierung die erforderlichen Mittel zur Wiederbelebung der weil diese Regierung nicht mit geschlossenen Augen die drückenden produktiven Kräfte des Landes sichert eine unerläßliche BeBorschläge anzunehmen bereit ist, hat durchaus interessierte Motive. dingung für die Handelsbeziehungen von einiger Intensität zwischen Die Nichtanerkennung der von dem durch das Volk ver- Rußland und den übrigen Staaten. Wenn es der russischen Regieabscheuten früheren Regime aufgenommenen Schulden und Zahlungs- rung an finanziellen Hilfsmitteln oder an Krediten gebricht, um verpflichtungen fann in feiner Weise die Haltung des aus der Industrie und Aerbau wieder zu beleben, um seine Transportmittel Revolution hervorgegangenen sowjetistischen Rußlands denen wieder instandzusetzen und um unter Beseitigung der Ausgabe der gegenüber präjudizieren, die mit ihren Kapitalien und ihren mehr und mehr entwerteten Papierrubel eine stabile, Austausch technischen Kenntnissen bei seiner Wiederherstellung hilfreiche Hand ermöglichende Währung zu schaffen, so wird ein intensiver Ausleisten würden. Im Gegenteil beweist die Tatsache, daß die russische tausch mit dem Auslande den größten Schwierigkeiten begegnen. Delegation in der Frage der Schuldenregelung die Intereffen des Uebrigens fönnen die auf das Wiedererstehen Rußlands abzielenden russischen Volkes und die wirtschaftlichen Möglichkeiten Rußlands Maßnahmen auf das ernsthafteste im Auge hat,
daß die Delegation nur Verpflichtungen einzugehen willens ist, von denen fie ficher ist, daß Rußland fie auch halten kann. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß mehr als ein unter Gleichzeitig bildet der Inhalt des Memorandums vom 2. Mai eine den auf der Konferenz vertretenen Staaten in früheren Zeiten deutliche Abweichung der der Genueser Konferenz durch die Schulden und Zahlungsverpflichtungen, die von ihm aufgenommen Entscheidung von Cannes vorgezeichneten Richtlinien. bzw. eingegangen worden waren, nicht anerkannt und daß mehr Als die einladenden Staaten Rußland gleichzeitig mit den an- als ein Staat Besigtümer ausländischer Staatsangehöriger oder auch deren Staaten auf die jetzige Konferenz beriefen, motivierten sie diese seiner eigenen Landeskinder beschlagnahmt und sequestriert hat, ohne Einladung mit der Notwendigkeit, dem europäischen System seine daß fie deswegen Gegenstand des jetzt dem sowjetistischen Rußland heute gelähmte Lebenskraft zurückzugeben". Das Mittel zur Er- ggenüber zur Anwendung gebrachten Ostratismus gewesen reichung dieses Zieles sollte der wirtschaftliche Wieder wären. aufbau Mittel- und Osteuropas " sein. Nach allgemeiner Die Harträdigteit, mit der besonders gewiffe Mächte Rußland Ansicht war gerade Rußland derjenige Staat, dessen wirtschaft von dem internationalen wirtschaftlichen und politischen Leben auslicher Wiederaufbau für Europa und die ganze Welt am wichtigsten zuschließen und ihm die Gleichheit der Behandlung vorzuenthalten war. Schon in dem ersten Memorandum der russischen Delegation, versuchen, ist durch die Nichtbefriedigung gewisser Forderungen das die Antwort auf das Londoner Memorandum bildete, wurde die finanzieller Natur nur schwer zu erklären. Wenn man überlegt, wie Aufmerksamkeit der Konferenz auf die Tatsache gelenkt, daß das teuer diese Haltung der Welt, den Staaten, welche damit den Anfang Problem des Wiederaufbaus Rußlands allen Erörterungen in der gemacht haben, und Rußland , welches feit bald fünf Jahren ihre Konferenz zugrunde gelegt werden müßte. Die russische Delegation unheilvollen Folgen zu tragen hat, zu stehen gekommen ist, so ist es erklärte sich ihrerseits bereit, gemeinsam mit den anderen schwer zu glauben, daß hier nur die Interessen der Befiher von Mächten dieses Grundprobelm zu erwägen, welches der Welt- Anleiheftüden oder ehemaliger Eigentümer nationalisierter Güter
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nur von der Regierung felber nach einem vorher festgelegten Plan in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Die russische Delegation hat die Absicht, der Konferenz diesen von den kompetenten Männern der Wissenschaft und der Industrie ausgearbeiteten Plan vorzulegen.
Prüfung der Klausel la.
Berbot umstürzlerischer Propaganda. Die russische Delegation stellt nicht ohne ein gewisses Erstaunen folgenden auffälligen Kontrast fest, nämlich daß in dem Memorandum vom 2. Mai der Kernfrage vom Wiedererstehen Rußlands nur allgemeine und feinerlei präzise Vorschläge in sich schließende Erwägungen gewidmet sind, während sich die Frage der Regulierung der Staatsschulden und der privaten Forderungen in der Form eines Kontrastes präsentiert, in dem man auch die albergeringfügigsten Einzelheiten vorauszusehen sich bemüht hat. russische Delegation ist nicht weniger überrascht, in diesem finanziellen Kontrakt und an der Spize desselben Klauseln zu sehen, die bisher in den Verhandlungen der russischen Delegation niemals eine Rolle gespielt hatten. Indem das Memorandum der Canner Bedingun gen, die einen politischen Charakter tragen und übrigens von der ruffischen Regierung afzeptiert worden waren, eine einzige Bedingung, nämlich die fünfte, betr. der umstürzlerischen Propa
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