Cme Warnung. Em AuÄandsdeutscher schreibt uns: Es wird so viel von„moralischen'' Eroberungen ge- sprachen, die das neue Deutschland im allgemeinen und die Deutschen im besonderen machen müßten. Wenn wir s e e- lische Eroberungen machon wollen, wessen Seelen stehen uns weiter offen als die jener Millionen Deutschen , die in Oester- reich, der Tschechoslowakei und Ltalienisch-Südtirol sich Weimar — nicht Potsdam — kulturell verbunden fühlen? Man sage nicht, daß diese Ausländsdeutschen heute schon unser seien, um ihretwillen brauche man sich also nicht mehr beson- ders zu bemühen! Im Gegenteil, wir sind im besten Zug«, diesen empfänglichen Acker verunkrauten zu lassen. Hier der Beweis: Die neuen Staatengrenzen Europas decken sich vielfach nicht mit den Völkergrenzen. Es gibt neben Auslandsdeutschen auch italienisch« Südslawen , südslawische Italiener, rumänische, südslawische, tschechoslowakische Madjaren usw. Eine Irre- denta zu schaffen, um nun kriegerischen Katastrophen zuzu- treiben, diesen Gedanken kann 3s.s. Jahre nach dem Waffen- stillstand nur ein unmenschliches Menschenhirn ausdenken. Aber es will doch jedes Volk seinem unter fremd empfundenen Dach wohnenden Volksgenossen sagen: Unter unserem eigenen Dachfirst bist du stets gern gesehen� Der Budapester Madjare würde es als kompletten Irrsinn be- zeichnen, wollte jemand einen Szekler, dessen Heimat heute innerhalb der rumänischen Grenzfähle liegt, in Ungarn schika- nieren und demonstrativ gegenüber den heimatsberechtigten Madjaren benachteiligen. So ist es wohl überall. Nur der Deutsche bildet oft eine traurige Ausnahme. Das Deutsche Reich hat zum Schutze seiner Bürger D e- Mobilmachungsvorschriften erlassen. Der Arbeits- anspruch der Einheimischen wird gesichert, und was jenseits der Grenzpfähle ist, gilt als Ausland. Die vorzügliche deutsche Organisationsmaschine arbeitet schematisch. Und so geschieht es, daß der Deutsche aus Eger, der nach Leipzig kommt und Arbeit sucht, so ganz anders behandelt wird als der Süd- slawe, der aus dem jetzt italienischen Dorf nach Leibach über- siedelt. Für die Demobilmachungsvorschriften jjibt es nur Inländer und Ausländer. Ob der Ausländer ein Deutscher aus Bötzen oder ein Südinsulaner ist, das beschwert den De- mobilmachungsbeamten nicht— und der Buchstabe seiner Bor- schriften gibt ihm recht. Das. Deutsche Reich hat die Aufnahme Tausender beut- scher Flüchtling« aus dem Osten organisiert, doch gegenüber dem einzelnen fremdstaatlichen Deutschen hat es sich mit Dornen bewaffnet. Und das müßte wirklich nicht sein. Eine Aenderung all jener wirtschaftlichen Uebergangsbestimmungen, durch die der sich in Deutschland ansiedelnde Auslandsdeutsche gegenüber dem Inländer benachteiligt wird, so daß er oft unter dem Damoklesschwert der Ausweisung leben muß, eine Aenderung dieser Bestimmungen unter Berücksichtigung der Auslandsdeutschen kann uns kein VersaAer Vertrag und darf uns keine eigene Rot verwehren. Ebenso muh es möglich fein, in das neue Einbürgerungsgesetz, das jetzt vor- bereitet wird, einen Abschnitt einzuschalten, der es den Aus- landsdeutlchen, die sich in Deutschland ansiedeln, nach einer kürzeren Zeit als den übrigen Ausländern ermöglicht, hier gesetzlich beimatberechtigt zu werden. Soll der Deutsche , der ans dem Ausland als Ausländer zu uns gekommen ist, wirk- lich 10 bis IS Jahre ohne politische Rechte unter uns wohnen müssen? Wir sind in unserer Freiheit arg beschränkt. Die wenigen Möglichkeiten, die uns geblieben sind, müssen wir nützen. Gegen eine Regelung im vorgeschlagenen Sinne wird sich keine vernünftige Stimme in Deutslchland erheben.
Waffenruhe in Irland . Dublin , 24. Mai. (EP.) Di« Sinnfein«rpartel hat gestern einen außerordentlichen Kongreß, dem ungefähr 2000 Dele- gierte aus dem ganzen Lande beiwohnten, eröffnet. Der einzige Programmpunkt war die Ratifizierung des Abkommens, das am vergangenen Samstag zwischen Deoalera und Michael Eollin abge- schlössen wurde und das für S ü d i r l a n d eine Waffenruhe vorsieht. Der Kongreß beschloß nach längerer Aussprache, das Ab- kommen zu ratifizieren. Er vertagte sich sodann bis zum Monat Oktober. In der vergangenen Nacht nahm die Polizei von Ulster (Nordirland ) ausgedehnte Streifen durch ganz Ulster vor und v« r- haftete mehrere hundert Sinnfeiner. Die Regierung von Ulster erklärte in einer Proklamation die irische republikanische Armee, die irische republikanische Bruderschaft und ähnliche Sinn- feiner-Organisatwnen in den sechs(Braffchaften von Ulster für gesetz- widrig. Personen, die denselben beitreten oder Mitglieder derselben bleiben, sollen verhastet und vor Gericht gestellt werden.
Reichstag . 218. Sitzung. Mittwoch, dm 24. Mai 1S22. 11 Uhr. Eingegangen ist das deutsch -polnisch« Abt omm en über Oberschlestm. lieber die Geschäftslage teilt Präsidmt Lobe folgendes mit:• Der Aeltestenrat schlägt Ihnen vor, die zweite Lesung des Etats bis Sonnabend abend zu beendigen mit der Maßgabe, daß am Sonnabend zwischen 3— 4 Uhr die ausgesetzten Abstimmungen aus den verschiedenen Etats nachgeholt werden. Dabei sollen aber die Plenarsitzungen an diesen beiden Tagen erst nachmittags um 3 Uhr beginnen, weil di« Vormittags- und Mittagsstunden vom Aus- wältigen Ausschuß zur Beratung über die Berichterstattung aus Genua , die Reparationsfragen und das deutsch -polnische Abkommen gebraucht werden. Wenn wir mit der Zeit auskommen wollen, so wird es nötig sein, daß wir die allgemeine Aussprache beim Finanzetat und beim Etat für die Ausführung des Friedensver- träges ausfallen lassen bis zum Beginn der großen politischen Debatte, die in der nächsten Woche stattfindm wird. Wir würden dann Montag und Dienstag Bericht über die Sonferenz von Genua durch die cherren Minister entgeqennehmm und daran die allgemeine politische Debatte anschließen. Für Mittwoch sind dann die dritte Lesung des Etats, die Erledigung etwaiger kleiner Gesetze, die Der- träge mit Palm und Dänemark in Aussicht genommen. Es folgt die Weiterberatung des Haushalls des R e i ch s w I r t- schaftsmini st eriums._ Der polnische Außenminister Skirmuni wurde am Montag in einem Wiener Hotel von ukrainischen Offizieren, die für Ostgalizien demonstrierten, mit faulen Eiern beworfen und tätlich angegriffen. Der österreichische Bundeskanzler drückte Skirmunt fein Bedauern über das Borkommen aus. Paul Meunier, der erst letzthin aus der von Clem«nceau verfügten Spionagehaft entlassene linksbürgerliche Exdeputierte, ist gestorben. Sein Eifer in der Bekämpfung von Iustizmißbräuchen dürfte feine Haft nicht verkürzt haben.
32 Graö im Schatten. Die genauen Beobachtungen der Berliner Wetterwarte haben für den gestrigen Tag nicht weniger als 32 Grad Celsius im Schatten und als mittlere Tagestemperatur 25,9 Grad ergeben, während auf Grund langjähriger Messungen für den 23. Mai eine durchschnittliche Temperatur von nur 14,6 Grad in Betracht käme. In Karlsruhe haben gestern 34. in Aachen 36 Grad geherrscht. Dieses für die Jahreszeit ungemein heiße Weller ist durch ein Hochdruckgebiet her- beigeführt worden, das sell Beginn der Woche von Südwest- nach Mitteleuropa vorgedrungen ist. Inzwischen hat sich das Hochdruck- gebiet etwas verflacht. Deshalb ist für die nächsten Tage zunehmende Gewitterbildung wahrscheinlich. Die Hitze wird jedoch einftwellen nur wenig nachlassen. In einer so dicht bebauten und bewohnten Stadt wie es Berlin ist, ballt sich die Hitze viel schneller zusammen als in einer freien Gegend oder auch nur in den Vororten. Daher kommt es, daß die Hitze in der Stadt selbst viel quälender empfunden wird als draußen. Man kann an den offenen Fenstern des Eisenbahnabteils ganz deut- lich spüren, daß, wenn der Zug z. B. hinter Rummelsburg , Pankow oder Steglitz und damll aus dem Bereich des zusammenhängenden Häuserklumpens ist, die Luft eine andere, reinere wird. In unange- nehmster Erinnerung ist noch immer das abnorm heiße Jahr 1911. Es gab damals eine ununterbrochene Hitz�hl'ode, die vom 23. Juli bis zum 14. August dauerte. Die höchste" Hitzegrade traten zum erstenmal am 15. Juli und zum letzten Male � z. September auf. Das Quecksilber ereichte die respektable Höhe vu, Ig Grad Celsius. Uebertroffen wurde das Jahr 1911 aber noch durch dir.' Hitzeverhält- nisse des Jahres 1905, denn damals erreichte das XKer.mometer die Höhe von 47,7 Grad Celsius. So unerttäglich in dem Jahre 1911 allen Menschen die Hitze erschien, war sie dennoch bei weitem nicht die größte, denn mit dem Jahre 1719 hatte in Berlin eine wissen- schaftliche Beobachtungsreihe begonnen, in der das Hitzejahr 1911 erst an 19. Stelle stand. Das stärkste, was die geplagte Berliner Bevölkerung hat erdulden müssen, war aber das Jahr 1834, denn damals begann die Hitzeperiode bereits mit dem 13. Mai und hielt, abgesehen von gewissen Schwankungen, bis zum 19. September an. Es kann uns also noch mancherlei bevorstehen. Immerhin sollte man sich, selbst wenn man auch mal schwitzt, nicht allzusehr darüber ärgern. Einmal hat der Winter lange genug gedauert und ein bißchen Hitze kann man deshalb gut vertrogen. Sodann aber wird einem selbst diese abnorm heiße Temperatur wie eine angenehme milde Wörme vorkommen, wenn man hört, daß die Schiffsheizer im Persischen Golf und im Roten Meer um diese Zeit vor ihren glühenden Kesseln bei 50— 60 Grad Celsius arbeiten müssen.
vie Ergebnisse öes Hochbahnbetriebes. Minderung der Fohrgäske, aber Einnahmesteigerung. Bon der Berliner Hochbahngesellschaft liegt jetzt ihr G e- schäftsbericht für 1921 vor. Mit 1921 schloß die Gesell- schaft ifjr 25. Geschäftsjahr ab; im April 1897 wurde sie gegründet. Das von ihr betriebene Schnellbahnnetz umfaßt heute 2754 Kilometer eigene Linien und 10 Kilometer Anschluhlinien der Gemeinde. Im Jahre 1921 wurden befördert rund 96 Millionen Personen,«in- genommen 975� Millionen Mark, pro Fahrgast 101,4 Pf. Die Minderung der Fahrgäste hm fortgedauert(1919, 1920, 1921: 114)4, 101, 96 Millionen), anscheinend infolge der fort- schreitenden Fahrpreiserhöhung. Dies« führte trotz Minde- rung der Fahrgäste zu einer bettächttichen Einnahme st eige- rung(1919, 1920, 1921: 32)4, 62%, 97)4 Millionen Mark, pro Fahrgast 1919, 1920, 1921: 28,2, 62,1, 101,4 Pf., weiter in 1922 ab Februar 201 Pf., ab Mai 238 Pf.). Zur Begründung der Fahr- Preiserhöhung sag* der Bericht, daß Löhne und Materialpreise weiter gestiegen sind. Der Preis für die Arbeitsstunde einschl. aller Nebenkosten, 5,33 M. in 1920, stieg in 1921 auf 8 M. Anfang Mai 1922 erreichte er. hebt der Bericht hervor, mit 17,45 M. dos 33)4fache des vor dem Kriege gezahlten Durchschnittssatzes von 52 Pf. Der Kohlenpreis(pro Tonne), der für die Betriebs- kosten der Hochbahn am meisten ins Gewicht fällt, betrug in 1920 durchschnittlich 254,50 M., stieg 1921 auf 357 M., erreichte im Mai 1922 rund 1500 M und ist weiter im Steigen. Um wie- viel der jetzige Ktchlenpreis über demjenigen der Zeit vor dem Kriege steht, sagt der Bericht nicht. Bon 1920 mit 254,50 M. hat der Kohlenpreis bis Mai 1922 mit 1500 M. sich fast v e r s e ch s- facht. In derselben Zeit stieg der Arbeitsstundenpreis einschl. Nebenkosten von 5,35 aus 17,45 M. d„ h. nur aus etwas mehr als das Dreifache. Die Dividende auf die Stammaktien soll nach dem der Generalversammlung gemachten Vorschlag wieder auf 5)4 Proz. bemessen werden, wie in den drei vorhergehenden Iahren. Am Schluß des Berichtsjahres waren in dem Gesamtbetrieb 3230 Angestellte und Arbeiter beschäftigt, darunter 465 Frauen. Der Wogenpart besteht aus 400 Wagen, darunter 226 Motorwagen.
Wen« sich ein Deutschnationaler beleidigt suhlt! Aus der Zeit der letzten städtischen Wahlen rührt eine Beleidi- gungsklage her, die vor einigen Tagen vor dem Schöffengericht Berlin-Wedding verhandelt wurde. Der Genosse Studienrat Professor R. Neunzig hatte am Tage vor der Wahl vor dem Hermsdorfer Bahnhof ein an die Beamten gerichtetes Flugblatt der SPD. verteilt. Als er es in höflichster Weife auch dem ihm bis dahin nach Namen und Person unbekannten Bankbeamten und Hauptmann a. D. Wilhelm von Schenk anbot, erhiett er von ihm die Antwort:„BleibenSie m i r m i t Ihrem Dreck vom Leibe l' und dazu einen heftigen S ch l a g auf das dargebotene Flugblatt so daß es zerrissen zu Boden fiel. Diese Roheit bezeichnete Genosse Neunzig als eine„Frechheit" und als das„Benehmen eines Straßenjungen". Daraufhin wurde er wegen Beleidigung auf dem Wege der Prioatklage zu- lammen mit seinem Bruder, dem Tiermaler Karl Neunzig, damals Bezirksführer der 138 Abteilung, vor das Schöffengericht geladen. Zeugen waren außer der Frau des Klägers, die un- vereidigt blieb, nicht vorhanden. Der Kläger wurde von der gegen ihn erhobenen Widerklage freigesprochen, ebenso Ge- nosse Karl Neunzig, dem die ihm gegen von Schenk zur Last ge- legten Beleidigungen nicht nachgewiesen werden konnten. Verurteill wurde lediglich Genosse Rudolf Neunzig zu der in diesem Falle verwunderlich hohen Geldsttafe von 3 00 Mark. Der Vorsitzende Richter, gegen dessen Verhandlungsleitung nichts einzuwenden war, erkannte in der Urteilsbegründung selbst an, daß er die Provokation des Genossen durch den deutschnattonalen Helden für durchaus möglich halte, wenn sie auch beim Fehlen von Zeugen nicht erwiesen sei. Die vom Genossen Neunzig gebrauchten Bezeichnungen dagegen habe dieser selbst„freimütig" von vorn- herein bekannt. Diese Sachlage hätte, meinen wir, die Urteils- fällung, wenn sie nicht zur völligen Freisprechung kam, zur Mindest- strafe von wenigen Mark führen müssen. Wir wäre das Urteil wohl ausgefallen, wenn der beleidigte Deutschnationale die Flugblätter verteilt und ein Sozialdemokrat ihn so behandell hätte?_ Das Sportfest der dentsche« Arbeiter in Leipzig findet nicht, wie irrtümlich im heutigen Morgenblatt angegeben, am 18. Juni, sondern in den Tagen vom 22. bis 25. Zuli statt. Am 18. Juni beginnt allerdings auch in Leipzig der zweite Reichs- arbeitersporttag, eine rein örtliche Veranstaltung, die alle Zweige des Arbeitersports umfaßt, während das 1. Deutsche Arbeitersport- fest im Juli als eine Veranstaltung des Arbeiterturn- und Sport. buntes aufzufassen ist,
Ein ungeklärtes verbrechen. Der Mord in der Sachsischen Straffe auch ein politischer? Das geheimnisvolle Verbrechen, daß, wie seinerzeit berichtet, unmittelbar nach den Osterfe-ertagen in der Sächsischen Straße verübt wurde, ist immer nochnicht aufgeklärt. Es ist trotz aller Bemühungen der Kriminalpolizei noch nicht gelungen, die Person des Mannes, der durch drei wohlgezielte Schüsse hinterrücks er- schössen wurde, festzustellen. Die Belohnung für die Aufklärung des Verbrechens ist'etzt auf 10000 M. erhöht worden. Ein er- heblicher Teil' Dickt davon dernfenigen zu, der die Feststellung des Er- mordeten ermöglicht. Nach dem Ergebnis aller Ermittlungen stammt der Mann nicht aus Berlin . Gewisse Mitteilungen deuteten darauf hin, daß der Erschossene homosexuellen Kreisen angehört habe. Die eingehendsten Ermittlungen nach dieser Richtung sind je- doch erfolglos geblieben. Bon Anfang an wurde auch dem' Verdacht nachgegangen, daß es sich um einen politischen Mord handeln könnte. Gewißbeit darüber wäre erst zu erlangen, wenn man den Toten kennt. Man rechne: mit der Möglichkeit, daß das Verbrechen mit dem Mord an dem Inspektor Blau zusammenhängt, der vor einigen Jchren im Landwehrkanal ertränkt wurde. Bei der Auf- klärung dieses politischen Verbrechens war auch wiederholt von einem Manne die Rede, der geäußert hat, auch er fürchte, wegen seiner politischen Stellung umgebracht zu werden. Auf diesen Mann paßt die Beschreibung des Ermordeten aus der Such- fischen Straße. Außer Notgeld fand die Kriminalpolizei in den Taschen der ziemlich neuen Kleidung, in der der Mann wohl aus der Provinz oder dem Auslände nach Berlin gekommen ist, nichts als einen Zettel mit dem aufgedruckten Wort: Splettstraße, ohne Nummer, und einen Fohrschein der Berliner Straßenbahn. Der Schaffner, der diesen Schein ausgegeben hat, ist ermittelt. Nach feiner Aussage hat der llnbckannte am Ostermontag gegen 9)4 Uhr vormittags einen Anhängewagen der XV-Bahn in westlicher Richtung benutzt. Er stieg in der Gegend der Brunnen- oder Ackerstrahe auf. Der Schaffner weiß ober nicht mehr, wo er abgestiegen ist. Der Mordprozeß gegen die Geschwister Zlägler, der vor dem Schwurgerichls de? Landgericht I wieder aufgerollt werden sollte. mußte infolge de? schleckten geiundheillicken Zustande? der Gertrud Nägler vertagt werden. Sie hatten im Juli 1920 den Kaufmann Wolfner im Hotel.Münchener Hoi" in der Königgrätzer Straße mit Aetber betäubt, erdroiielt und beraubt. Das erste Gerichtsurteil, das Gertrud Nägler zu 13 Jahren, ihren Bruder Ernst wegen?lnstimmg und den Drogisten Wilhelm Bock zu lebenslänglichem Zuchthaus ver- urteilte, wurde seinerzeit wegen eine? formalen Fehlers aufgehoben. Die ersten Hitzeserien. Sämtliche Gemeindeschulen in Pots- dam schlössen heute um VAi llhr der großen Hitze wegen den Unterricht. Der Turnunterricht nachmittags wird durch Schwimmunterricht ersetzt. Die Handarbeitsstunden wurden heute nicht im Klassenzimmer, sondern im Schulhof abgehalten. Dos Freibad Tegel, an der Scharfenberger Enge des Tegeler Sees belegen, eröffnet den Betrieb am Himmelfahrtstage. Das Freibad ist bekanntlich im vorigen Sommer bedeutend erweitert worden und gestattet auch bei stärkstem Andrang jedem Besucher reichliche Bewegungsfreiheit und ist jetzt mit der Straßenbahn lLinie 25: Charlottenstraße— Teaelort) bequem zu erreichen. Die Besucher fahre» bis zur Haltestelle Habicht und gelangen von dort auf schattigem Waldwege in 10 Minuten zum Freibad. Die staatliche Zinpfonstalt, Berlin , Thaerstr. 30, nimmt zur Eni- lastting der öffentlichen Jmpftermine regelmäßig unentgeltliche Impfungen vor. Impflinge und Miederimpflinge können daselbst, jeden Mittwoch und Freitag in der Zeit von 9—10 Uhr vor- mittags vorgestellt werden. Auch erwachsenen Personen bietet sich jederzeit, z. B. bei Antritt einer Auslandsreise, die Möglichkeit, sich gegen Zahlung einer geringen Gebübr impfen zu lassen. Die dort amtierenden Aerzte geben jede gewünschte Aufklärung über Zweckmäßigkett und evtl. schädliche Folgen der Impfung. Bücher im Werte von einer halben Million Mark wurden vor einigen Tagen in Cl>arlottenburg gestohlen. Die Diebe, von denen einer als„wilder Ziehmann" bei einem kürzlich erfolgten Umzug« mitwirkte, hatten als angebliche Beauftragte eines Pro» duktenhändlers am hellen Tage ungestört die Boden» kammer erbrochen und die dort lagernden Schätze durch einmaligen Besuch heben können. Die Bücher, unier denen sich ein« große Anzahl seltener illustrierter Sonderdrucke be- fanden— der Wert eines Werkes allein wird von Sachverständigen auf 20 000 M. geschätzt—, verkauften die Diebe als Makulatur an Produktenhändler, wofür sie pro Kilogramm„Papier " 4,50 M, erhielten. Gestern ist es dem Kriminalassistenten Ziegler und seinen Beamten gelungen, die Einbrecher zu ermitteln und den größten Teil des gestohlenen Gutes herbeizuschaffen. Die Blinden und Krüppel für die Altershilse. Der Bund zur Förderung der Selbsthilfe der körperlich Behinderten(Otto-Perl- Bund) und der Gesongschor des Moonfchen Blindenvereins, Chor- meister Max Hölting, veranstalten zum Besten der Altershiffe am Sonnabend, 27. Mai 1922, abends 8 Uhr, im Schubert-Saal, Bülow- ftraße 104, einen Vortragsabend. Der armlose Karl Hermann U n- than wird einen Vortrag mit musikalischen Darbietungen über „Ohne Arme durchs Leben' halten. Gründung der Prinz-huberlus-Quelle Vor der 8. Strafkammer des Landgerichts HI wurde der schon erwähnte Pro,eß gegen den Kaufmann Hugo Lebmann erledigt. ES handelte sich um die Gründung der„Hotel Cumberland Aktiengesellschaft", die ouS der Boardingboufe-Gefell schaft am Kurfürsten- dämm hervorgegangen war. Lehmann hatte die Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 5000 M. gegründet, dann sich die Aktien der vier anderen Aktionäre abtreten lassen und dann als einziaer Atlionär in einer„Generalversammlung " mit sich selbst da? Kapital auf 400 000 M. erhöht. Er erwarb dann die völlig wertlose „Prinz-HubertuS-Ouelle G. m, b. H.", fehle sich selbst ein boheS JahreSgehalt als Direktor aus und brachte eine Anzahl Leute, die er anstellte, um ihre Eriparnisie. Das Gericht erkannte auf 10 Monate Gefängnis und 20 000 M. Geldsirafe. Vereinigung der sskrennde von Religion und Volte ilriedew. Genosse Pfarrer Bleier hält am HimmclfahrtStage, abends S Uhr, eine religiös« Fdersliinde in der TrinitaiiSlirche. Charlotfenbnrg, Kor!-?lugukt. platz, ab. Das Thema lautet:„Unser Himn/cl". Die Feier wird durch GejangSvorträge der Genossin Eudat pmrahmt.
Deuffche Ferienkinder für Dänemark . Der dänische Iustizmiuister hat dem Anttag einer großen Anzahl dänischer Familien stattgegeben und die Erlaubnis für die Unterbringung deutscher Kinder in Däne- mark während der diesjährigen Ferien erteilt. Das Reiseziel wird in der Haupffache Iütland sein. Die Trägheit des fjertn Bürgermeisters. Seltsame Zustände müssen«n F r a u st a d t herrschen, wie eine Eingabe der dortigen sozialdemokratischen Stadtverordnetenfrattion an den preußischen Innenminister erkennen läßt. Danach hat der Bürgermeister von Fraustadt , Dr. Laue, bei seiner Wiederwahl sich durch Ehren» wort verpflichten müssen, daß«rauch wirklich arbeiten würde. Der Herr hat auch einwilligen müssen, daß eine Kam» Mission gewählt wurde, die darüber zu wachen hatte, daß der Herr Bürgermeister sein Wort innehiell. Aber diese Kautel«« scheinen nichts genutzt zu haben, denn die Eingabe verlangt die Amtsentsetzung des Herrn Dr. Laue, weil er trotz Ehrenwort und Kontrollausschuß nach seiner Wiederwahl sich untätig'gezeigt habe. — Auch mit der Trägheit kämpfen Götter selbst vergeben«!
Wetter für morgen. Verlin und Umgegend. Sehr warm und ziemlich schwül, üd« wiegend heller, aber veränderlich mit etwas GewMerucigmig und größten» teil? Ichwachen jüdlichen Winden.
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