[ Wohnungsabgabc und die gleichfalls von den' lninderdemittel- ten Kopf- und Handarbeitern aufgebrachten Versicherungs- beitrüge nicht dem Wohnungsbau der minderbemittelten Volkskreise, sondern dem Wohnungsbau begüterter Volkskreise zugeführt werden. Ist diese Entwicklung der Wille des Reichstages und der Landcsparlamentc? So fragen wir von neuem. Vor allem aber: Ist diese Entwicklung der Wille der minderbemittelten Hand- und Kopfarbeiter, die die Ver- ficherungsbeitrage aufbringen? Wenn nun die Geldentwertung und das unzureichend zur Verfügung gestellte Baukapitol den Bau von Wohnungen für minderbemittelte Voltskreise unmöglich machen, darf dann der zum Schutz der Volksinteressen geschaffene Behördcnapparat den Wohnungsbau in unerträglicher Weise hemmen und ihn noch weiter verteuern? Dem Verfasser sind zahllose Fälle bekannt, wo den Siedlungsunternehmungen die Bau- und Siedlungsgcnehmigung versagt wurde, weil Formalien nicht erfüllt waren und ohne Schuld der gemeinnützigen Bauherren nicht rasch erfüllt werden konnten. IedeWochederVer- zögerung der Baugenehmigung brachte dem gemeinnützigen Wohnungsbau in den letzten drei Monaten eine Verteuerung der Bau- kosten um je das Dreifache des Friedensprei- s e s. Mit dieser Verteuerung wurde jedes Finanzprogramm über den Haufen geworfen. Äußerordentliche Zeiten erfordern außerordentliche Mittel. Burcaukratie war schon vor dem Kriege ein Luxus, heute ist sie ein Verbrechen am sozialen Volkskörper. Fragt man die dem sozialen Wohnungsbau feindlich ge- sinnten 5?reise nach den Ursachen der Baukostenverteuerung, so wird man stets die Antwort erhalten:„An der Baukosten- Verteuerung sind die hohen Löhne schuld!" Wie steht es in Wirklichkeit mit den hohen Baustoffpreifen und Löhnen? Nach der Indexziffer, die die vom Verband sozialer Bau- betriebe herausgegeben- Zeitschrift„Soziale Bauwirtschast" an jedem Monatsersten veröffentlicht, waren die Baustoffpreise Anfang Mai dieses Jahres auf das ktzfache der Friedenspreise, die Arbeitslöhne für eine Kleinwohnung aber nur auf das ?4fache der Friedenslöhne gestiegen. Rechnen wir diese in Papiermark angegebene Verteuerung auf Goldmark um und setzen mir eine Goldmark gleich 60 Papiermark, so müssen wir feststellen, daß die Baustoffpreise heute den Goldmarkpreis um etwa 13 Proz. überschritten haben. Die für eine Klein- wohnung aufzubringenden Arbeitslöhne indessen sind um etwa 43 Proz. gesunken, d. h. die Bauarbeiterschaft gibt heute ihre Arbeitskraft für den Kleinwohnungsbau um 4 3 Prozent b i l l i g e r a b a l s i m F r i e d e n, die Baustofferzeuger und Baustoffhändler verkaufen ihre Baustoffe um 13 Proz. teurer als im Frieden. Wer angesichts dieser Tatsache von einem Ab- bau der Löhne und nicht vom Abbau der Vaustoffgewinne sprechen will, der sollte auch den Mut haben, sich frei und klar zur mittelalterlichen Raubbauwirtschaft zu bekennen. Was muß geschehen? Sofern die Reichsregierung die vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund aufgestellten Nicht- lmien zu einem verstärkten Wohnungsbauprogramm für die Jahre 1922/23 und die gleichfalls vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschastsbund und 13 anderen Gewerkschaften unter- zeichneten Vorschläge zur gemeinwirtschaflichcn Regelung der Baigtoffbewirtschastung auch heute noch nicht anerkennen, geschweige denn durchführen will, müssen die minderbe- mittelten Volkskreise, insbesondere aber auch die Mieter- schaft selbst zu der Frage Stellung nehmen, ob sie die von ihnen aufgebrachte Wohnungsabgabe und die von ihnen auf- gebrachten Kapitalien der Sozialversicherungen auch fernerhin einer Volksschicht zur Verfügung stellen wollen, die an der Ausbringung dieser Mittel keinen oder nur einen geringen Anteil hat. Die Bauarbeiter werden sich überlegen müsien, ob sie den bemittelten Kreisen 43 Proz. ihrer Arbeitskraft auch fernerhin opfern können. Die Reichsregierung sollte diesem kommenden Konflikt vor- beugen und schleunigst einen durch Sachverständige zu ver- stärkenden parlamentarischen Ausschuß einsetzen, der der Woh- nungsabgabe den vom Gesetzgeber gewollten sozialen Sinn Spuk. Mit dem Schlage Mitternacht begann es. Nacht für Nacht. Zuerst scharrt es an meiner Tür vorbei. So als ob ein betrun- kener Jemand sich am Treppengeländer hinaufstützte. Dann ist's über mir. An der Hängelampe bemerke ich, daß die Zimmerdecke schwankt. Die Glasstäbchen, die das Grell der Lichtbirne abdämpfen, klirren leise aneinander. Einig« Fliegen, aus dem Schlafe ge- scheucht, kreisen zankend um das Licht. Jetzt knarrt ein Tisch, stöhnt ein Stuhl, ächzt eine Bettstatt. Genau über meinem Bette. Und da« Zimmer über mir scheint doch unbewohnt. Wenigstens höre ich tagsüber nie einen Laut oder ein Geräusch, das auf das Gegenteil schließen ließe. Wieder ist's da. Diesmal klirrt Woschgeschirr. Ein kleine» Weinen, wie das eine» aus dem Schlaf gerissenen Kindes, steht auf und eine beruhigende Altstimm« legt sich sanft darüber. Das Weinen erstickt. Bald rührt sich wieder das Klirren, dem ein Stoß gegen die Zimmerdecke folgt, als stürze jemand zu Boden. Nach einer kurzen Pause beginnen plötzlich Tisch« und Stühle durcheinander zu poltern, Teller, Töpfe springen an die Wände, um zuletzt auf dem Fußboden mit teuflischem Gelächter zu zerschellen Da ist auch wieder das oerängstigte Kinderweinen und eine gequälte Frauenstimme. Der Hexensabbat schließt mit einem dumpfen Fall. Zuletzt wird etwas Schweres, Lebloses über den Dielen geschleift, ein Bett knarrt, und der Spuk ist wieder einmal zu Ende. Die Glasstäbchen meiner Lampe klingen ein wenig auseinander, als ob Weinkelche sängen. An schönen Tagen stand vor meinem Fenster eine junge bleiche Frau über ein Wäschelchaff gebeugt und rieb stch die Hände wund. Daveben, in einem Wäschekorbe, saß ein bleichsüchtiges Kind mit einem Wasserkopfe und Quellaugen. Wasserköpfe werden im Alka- holrausch gezeugt— sagt die Medizin. So oft ich vorüberging, bückte sich die Wäscherin so tief, daß ich ihre Augen nicht sehen kennte. Und einmal kam der Spuk nicht zu Ende. Mitten drin gab's einen tierischen Schrei, einen dumpfen Fall, ein Röcheln. Selbige Nacht vermochte ich nicht mehr einzuschlafen. Am folgenden Bor- mittag trug mci einen schmucklosen Armensarg an meinem Fenster vorbei. Leicht hin, schwer zurück. Den Spuk hatte man abgeholt. Der Spuk hatte ein aufgedunsene» Gesicht und eine violette Säufer- nase. Sonst sah er wie ein Mensch aus. An schönen Tagen reibt die junge Frau wieder vor meinem Fenster Feemdeleutcwäsche. Ihre Bewegungen sind jetzt merkwürdig frischer, idr Blick ist freier, wie der eines erlösten Menschen. Der Spuk ist tot. Nur ein Schatten von ihm ist noch da. Das Wesen neben der Frau im Wäschekörbe. Lebt zwischen Tog und Nacht. Augenblicklich aber liegt Frühlingssonne auf dem kleinen Wasser- topfe und zieht blonde Härchen heraus._______ Sepp.
zurückgibt und die minderbemittelten Kreise vor der Aus- beutung durch das Prioatkapital schützt. Wenn in den nächsten Monaten die Arbeitslosigkeit in der Industrie einsetzen sollte, wird das Baugewerbe, das vom Aus- landsmarkt unabhängiger ist als jede andere Industrie, zum stärksten Stützpunkt der deutschen Volkswirtschaft und des sozialen Friedens werden können.'Die gegenwärtige sozialwirtschastliche Struktur in der Bauwirtschaft ist aber nicht geeignet, sie zum Fundament einer sozialen Nothilfe zu machen, wenn eine der wichtigsten Auf- gaben, die die deutsche Volkswirtschaft heute zu bewältigen hat — die Beseitigung der Wohnungsnot— in einer Form gelöst wird, die naturnotwendigcrweise den Unwillen und die Empörung nicht nur der minderbemittelten Bevölkerung, sondern auch der Zlrbeitnehmer des Baugewerbes auslösen muß.
Ein Rückzug in öer»Dolchstoß�-Zrage. Die Tübinger Rede des Generals v. Deimling, die der Dolchstoßlegende den Gnadenstoß versetzte, gibt de?„Kreuzzeitung " Anlaß, in ihrer üblichen Manier gegen den höchst lästigen Zeugen mit persönlichen Angriffen vorzugehen. Sie macht dunkle Andeu- tnngen über den„Gkisteszustand" des Generals, der sein Kommando „wegen übergroßer Nervosität" habe vorzeitig niederlegen müssen. Ob diese Milteilung in bezug auf Deimling stimmt, wissen wir nicht, dagegen weiß alle Welt auf das Bestimmteste, daß sie auf seinen Antipoden in der Dolchstoßfrage, L u d e n d o r f f, vollkommen zu- trifft. Dieser Mann war es, der, nachdem er niit seinen Nerven zusammengebrochen war, die Dolchstoßlegende zur höchstpersönlichen Selbstverteidigung in die Welt setzte. Sachlich fühlt sich die„Kreuzzeitung " ober so sehr in die Ecke gedrängt, daß sie nun mit einemmal erklärt: Es hat noch kein vernünftiger und Sachkenner behauptek, daß der„Dolchstoß" allein unjere Katastrophe herbeigeführt hätte, wohl aber daß er ganz wesentlich zu unserem Un- glück beigetragen hat. Wenn wir die dcutschnationale Grammatik richtig verstehen. so soll damit gesagt sein, daß die Behauptung, der„D o l ch st o ß" habe allein die Katastrophe verursacht, mct Vernunft und Sachkenntnis unvereinbar sei, in Wirklichkeit habe er nur zu Deutschlands Unglück beigetragen., allerdings„ganz wesent- lieh". Das ist ein höchst bemerkenswertes Geständnis. Bisher haben wir immer gehört und gelesen, der Dolchstoß sei allein an allem Un- glück schuld. Jetzt erfahren wir, daß es sich nur um ein Prozent» Verhältnis handelt und daß jeder, der etwas anderes behaupte, un- vernünftig fei und von der Sache nichts verstehe, vielleicht hat die „Kreuzzeitung " die Güte, sich einmal darüber zu äußern, inwieweit andere Faktoren— Versagen des monarchistischen Systems, falsche Einschätzung der Gegner. Fehle? der Kriegsführung, Kriegsoerlänge- rung und Anvcxionshetze, Nichtachtung und Entrechtung der breiten Volksmassen, Irreführung der öffentlichen Meinung u. a.— an der Katastrophe Mitschuld tragen, dann wird sich zum Schluß her- ausstellen, daß der sogenannte„Dolchstoß" nur eine Folge jene? Fehler von oben war, die die Sozialdemokratische Partei , die Trägerin�des Verteidigungsgedan- k e n s, vor dem Krieg und während des Kriegs unablässig be- kämpft hat.
das Leamtenrätegesetz. Die erste Lesung des Beamtenrätegesetzes im 23. Aus- schütz des Reichstages Ist beendet. Das Ergebnis ist ein Torso. Bom Regierungsentwurf ist wenig übrig geblieben. Die entscheiden- den Fragen: Befugnisse, Mitbestimmungsrecht, Schlichtungsstellen und Schutz der dem Gesetz zu unterstellenden Arbeiter und Ange- stellten blieben u n g e l ö st. Außer einigen skizzierenden Strichen über das, was die Beomtenräte im großen und ganzen zu tun haben, findet sich über all dies« Dinge in der gegenwärtigen Fassung des Gesetzentwurfes kein Wort. Das kommt daher, daß der Aus- schuß mit 14 gegen 14 Stimmen— Linksparteien und Demokraten gegen die übrigen bürgerlichen Parteien— nicht nur sämtliche Berbesserungsanträge zu den entscheidenden Para- graphen, sondern auch die Regierungsvorlage selbst ablehnte und
Tribüne sSommerspielzcit)" Drei Akte von Heinrich ZNann. Was zur Wahl dieser vor Jahren mit Tilla Durieux in den Haupt- rollen gespielten Mannschen Einakter geführt haben mag, ist nicht recht erfindlich. Die kleine Bühne verfügt nicht über besondere Kräfte, die von sich aus die Mannschen Figuren in irgendeine fesselnd neue Beleuchtung hätten rücken können: � D a g n y Servals, die am ehesten hervortrat, verkörperte die weiblichen Gestalten in den ersten beiden Stückchen mit kluger Steigerung der Effekte und völliger Be- herrschung der Routine. Aber der Eindruck des rein verstandesmäßig Konstruierten, bei aller fliegenden Hitze der Worte doch Kaltem, das den Szenen anhaftet, blieb in der Darstellung ganz unvermindert. Dem Autor ist es wohl»m seelische Probleme zu tun. Aber er spitzt sie grüblerisch und paradox in einer Weise zu, die jede Möglichkeit intimerer Ausgestaltung und Entwicklung ausschließt. Die Phantasie des Hörers geht nicht mit. Das Ganze mutet an als Schattenspiel der Reflexion, in dem statt realer Menschen Marionetten nach Diktat und Losung eines ihnen fremden Willens agieren Absonderlich ver- zwickte Fälle von Perversitäten werden tri abgekürztem Verfahren vorgeführt. Im ersten Stückchen„Der Tyrann" lockt ein kaum dem Knabenalter entwachsener, grausam blutiger Renaissance-Regent einem Weibe, das, selbst in ihn oerliebt, als Rächerin ihn in der Liebesstunde erstechen wollte, ihr Geheimnis ab und übergibt sie un- barmherzig der herbeigerufenen Wache.— Dos Versteckspiel in- und durcheinanderschillernder Motivs, bei dem der Zuschauer selbst am Ende im Zweifel ist, was Scheiß was Wahrheit sein soll, wird noch raffinierter und methodischer in der„Unschuldigen" fortge- spönnen. Von außen her gesehen erinnert da manches an Ibsen . Rur daß eben bei diesem die Dunkelheiten organisch au? dem Schöße des lebendig Angeschauten aufwachsen, während hier alles wurzellos in freier Luft schwebt. Eine Frau, die des Gattenmordes angeklagt war, spielt mit dem Manne, der als Verteidiger ihr zum Frelspruch verholfen und sie nun zur Frau begehrt. Sie selbst bezichtigt sich vor ihm der Tat, in der Hoffnung,' daß seine Liebe auch darüber hinweg käme. Als er nach ihrer Ansicht die Probe nicht genügend besteht, reißt sie sich von ihm los.— Den beiden tragisch gefärbten Skizzen folgt als Abschluß die Groteske„V a r i e t e, eine satirisch grelle Schilderung aus den Kulissen geschminkter Brettlwelt. Aller- Hand Wendungen wurden stark belacht. Aber neben dem in Wede- kindschem Stile Grellen kommt der eigentliche Humor zu kurz. Die unwillkürlich aufsteigende Erinnerung an Hartlebens in ähnlichem Milieu abspielende„Sittliche Forderung" ließ dieses Manko um so deutlicher empfinden. ät. Rußland und die welk. Im Aerlog für Politik und Wirtschaft ist ein Hilferuf Nansens erschienen:„Rußland und die Welt". Man kennt Fridtjof Nansen , den Polarforscher und Organisator des russischen Hilfswerks: man kennt ihn vor allem aus seinen Reden im Völkerbund, die ein Heer von Diplomaten erschütterten, ohne eine hilfreiche Hand in Bewegung zu setzen. Dieser Gegensatz zwischen seelischem Erleben und praktischem Tatwillen ist bezeich- nend für unser heuliges Europa . Nansen sagt in seinem Hilferuf: „Wir bitten die sämtlichen Regierungen Europas um S M i l l i o n e n Pfund Sterling insgesamt. Da» ist nur die Hälfte von dem,
damit bewies, daß er in seiner jetzigen Zusammensetzung arbeits- unfähig ist. Um nicht die Zeit mit unnützen Debatten zu ver, trödeln, hat man daraufhin den Rest der Vorlage gestrichen. Aus dem Ehaos einen Ausweg zu suchen, ist zunächst den Re« gierungsparteien überlassen worden. Jedoch ist man bisher keinen Schritt weiter gekommen, da es trotz aller Bemühungen nicht mög- lich war, verschiedene der beteiligten bürgerlichen Abgeordneten zu einer Besprechung zusammen zu bekommen. Infolgedessen ist die Klärung der Angelegenheit nunmehr offiziell von dem Fraktion«- vorstand der SPD. übernommen worden. Es wird abzuwarten sein, ob die Besprechungen zu einem greifbaren Ergebnis führen werden. Die Hoffnung ist nicht groß, weil gerade in den Differenzpunkten sich die Ansichten auch zwischen den Regierungsparteien ziemlich schroff gegenüberstehen. Hinzu kommt, daß weder die Haltung der Demokraten, noch di« des Zentrums in diesen Dingen einheitlich ist. Möglich, daß die Teilnahme der Fraktionsäorsitzenden an den Besprechungen ver- mitielnd und fördernd wirken wird. Notwendig ist aber, daß sich die beiden bürgerlichen Regierungsparteien zunächst innerhalb ihrer Fraktionen über die Kardinclpunkte klar werden. Dieses ist bis jetzt nicht der Fall. Wenn in den nunmehr vorliegenden Entwurf dies« oder jene wirkliche Verbesserung hineingekommen ist und auch hier und da ein offenbarer Forlschritt oerzeichnet werden kann, so ist dies Haupt- sächlich dem unermüdlichen Kämpfen der SPD. -Vertretcr im � 23. Ausschuß zu verdanken. Dem Betriebsrätegesetz folgend haben sie eine Reihe von Anträgen gestellt, die sich eng an jenes Gesetz anlehnen und zum großen Teil auch Annahme fanden. Auch die Beamtenräteverordnung des Reichsverkchrsministcro und der be- kannte gemeinsame Entwurf des Allgemeinen Deutschen Gcwerk- schaftsbundes sowie des Deutschen Bcamtenbundcs für ein Beamten- rätegcsetz sind bei Stellung der Antröge berücksichtigt worden. Leider muß aber festgestellt werden, daß eigentlich alle Anträge, die entscheidende Fragen berührten und sich nicht nur mit einem vorsichtigen freiheitlichen Borfühlen begnügten, sondern entschieden vorwärts schreiten wollten— etwa in der Richtung der Wünsche de» ADGB . und DBB.— von der geschlossenen bürgerlichen Front abgelehnt wurden. Es machte sich dabei das eigenartig» und die moderne Beamtcnfrage in ihrer ganzen Breite und Tiefe grell beleuchtende Bild bemerkbar, daß die in den bürgerlichen Par- teien als Abgeordnete sitzenden Beamten, die im Deutschen Be- amtenbund gewerkschaftlich organisiert sind, nicht im entferntesten daran dachten, auch nur den Gedankengängen ihrer Spitzenorgani» sationen zu folgen, geschweige denn deren Forderungen zu erfüllen. und für sie zu kämpfen. Das Unding der sogenannten„Partei- politisch-neutralen" Organisation trat hier mit rücksichtsloser Deut- lichkeit zu Tage. Der Deutsche Beamtenbund täte deshalb besser, anstatt sich jetzt über die Unfruchtbarkeit der Arbeiten des 23. Aus- schusies zu entrüsten und sie zu bespötteln, seinen ganzen Einfluß aufzubieten, um jene Abgeordneten, die seine Mitglieder sind und denen das elende Ergebnis der ersten Ausschußlesung allein zu danken ist, au� seine Linie zu bringen. Eine auch vcn uns wiedergegebene Nachricht der Telegraphen- union, daß die Weiterberatung des Beamtenrätegesetzes bis zum Herbst vertagt worden ist, entspricht, wie wir hören, erfreulicher. weise nicht den Tatsachen. Di« Verhandlungen zwischen den Re. gierungsparteien, die zu einer Verständigung führen sollen, werden gleich nach Zusammentritt des Reichstags wieder aufgenommen wer. den. Diese Verständigung konnte bisher nicht erzielt wer« den, weil, wie schon bemerkt, zu den Sitzungen, die zu diesem Zweck angesetzt waren, außer den beiden der SPD. angehörenden Abge. ordneten nur einer von den vier geladenen Abgeordnelen der büre gerlichen Parteien erschienen war. Die Sitzungen konnten also nicht stattfinden.
Rade? ist einer Meldung der„Ruß Preß" zufolge zusammen mit dem Mitglied der russischen Genua -Delegation L i t w i n o w von Berlin nach Moskau abgereist. Der Aufstand in Georgien . Au» Tistis wird gemeldet, daß die Bolfchewisten den gegcnrevolutionären Aufstand in Buchara vollständig niedergekämpft haben. Die Re- bellenführer, die in die Hände der roten Soldaten fielen, sind lebendig verbrannt worden.
was ein modernes Schlachtschiff kostet. Die Reqierunaen wolle" aber nicht: sie bedauern, daß sie nicht können, nicht dürfen. Sk- besprcchen es, tagein tagaus, ohne Ergebnis. Monat für Monat vergeht, mittlerweile aber sterben die Menschen vor Hunger." Und Maxim Gorki , der russische Arbeiterdichter, der wie kein an- derer' die Tierseele Rußlands aufgefangen hat, hinter der das Licht des Menschlichen und der menschlichen Weisheit in dämmernden Fernen leuchtet, klagt in seinem Nachwort:„Jetzt aber— glaube ich— hat Europa seine moralische Autorität als Schöpferin von Kultwerten verloren." Auch das ist bezeichnend für den Zustand Rußlands , für den Zustand Europas . Bezeichnend für die Krise der geistigen Kultur, in der wir leben. Das Geleitwort zu diesen Bekenntnissen trägt den Namen Gerhart Hauptmann . Worte wärmster Anerkennung sür Nansen, den Menschen: kein Wort für das hungernde, verhungernde Rußland . Bielleicht ist auch das nicht ohne tiefere Beziehung. lex. Das Massengrab im Lawinenschnee. Die Schneeschmelze am Col de Frc-jus, dem an der sranzösijch-italienischen Grenze gelegenen Paß, hat zur Entdeckung der Leichen von 22 italienischen Arbeiter" geführt, die zusammen mit ihrem Führer bei der Wanderung übe. die bequeme, nach Frankreich führende Alpenstrahe von niedergeheu. den Lawinen überrascht und verschüttet worden sind. Die ersten Nach- richten von dem Unglück, das in der Geschichte der Alpen einzig dasteht, wurde von einer Grenzpatrouille überbracht, die abseits der Straße 10 Leichen gesunden hatte. Eine sosort aufgenommene Streif« führte dann zur Auffindung von weiteren 13 Leichen, unter denen sich die einer Frau befand. Es ist anzunehmen, daß sich die au» 21 Mann und einer Frau bestehende Arbeiterkolonne im No- ocmbcr vorigen Jahres der Führung eines jener Bauern anvertraut hatte, die sich ein Geschäft daraus machen, Waren und Menschen über die Grenze zu schmuggeln. Sie hatten bereits die französische Grenz« überschritten und befanden sich in der Nähe des ersten fraii. zöstsch-n Dorfes, als sie von einem Schneesturm überrascht wurden, der sie zwang, zu rasten und Schutz zu suchen. Die Leichen wurden in kauernder Stellung gefunden: st« hatten ihre Jacken über die Köpfe gezogen, ersichtlich zu dem Zweck, um sich gegen den Sturm zu schützen, dessen Ende sie hier abwarten wollten. Sie hotten in- dessen die Rechnung ohne die Lawinen gemacht, die sie unter einer sieben Meter tiefen Schneedecke begruben. Weimar gegen Berlin . Die Weimarer Mitglieder der Goethe» g c s e ll I ch a i I baden eine Ortsgruppe geb'ldei. um.gegen die von Berlin ausgehenden Bellrebungen. Weimar als ständigen Tagungsort der Gesell» schaft und dauernde» Sitz dieser au»»uschallcn solvic-ine Anzahl Mitgliedec des Vorstandes hinaus zu wählen, Stellung zu nehmen.' Die sehr ver- zoplle Goethegelelllchajl. die die Berliner Mitglieder etwas renopieicn wollte, soll also nach dem Wunich der angestammten Weimarer Goethe- mumicn so unooikStümlich und unsruchtbar bleiben wie bislang. Fm WaUner-Tbeater findet Sonntag eine Wiederboluna der Oper .Carmen' statt. Monlaq. den ö. Juni, zum ei stenmal in dieler Spie!» zeit.Troubadour'. Den Maniico singt Herr Ballenr von der Staat»- opcr, die Aczueena Trudc Conrad vom StadUhcaler in Essen . Zur Feier des IvUjährtge» Bcstrhrus des Instituts für Kirchenmiisik findet im Nahmen der ftestoeranstallungen am Donnerstag, 8. Funi, mittags 12 Ubr, in der Kaiscr-Wilhelin-GedächtniStirche unl« Mitwirlung des Crgclviriuofcn Kurt Roscnhauc ein Lestlonzert statt.