Nr. 272 39. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Bedeutet ein Kuß die Verlobung?
Getreu ihren Traditionen, die Seele der Notundenfrau am Baltenplatz zu erschüttern, quält sich ein Berliner Morgenzeitung spaltenlang mit der Frage ab, ob ein Kuß die Verlobung bc= deutet. Dieses in dieser Zeit besonders wichtige Problem hat nunmehr auch die Redaktion des Vorwärts" auf das tiefste erregt und sie hat ihren in den besten Kreisen berüchtigten Mitarbeiter Tobias Pemberlein mit einer allgemeinen Rundfrage in seiner Bekanntschaft betraut. Die Ergebnisse find folgende: Fräulein Erna 2endenkraft, Ehrenwachtposten am Hochbahnhof Bülowplay, schreibt:
Paula Schwergeprüft, Masseuse:
bleibt..."
44
Sonntag, 11. Juni 1922
Auge schauen, fest vertrauend auf die Zuverlässigkeit der Schöpfer der Maschinen, die sie steuern. Restlos holen sie aus dem klingenden Stahl heraus, was darin geschlummert hat und führen es zum Siege. Es ist kein Sport, sondern eine Bilanz der Arbeitskräfte, und das Fazit ist zufriedenstellen. Nicht darum handelt es sich, Kilometer zu fressen, sondern zu zeigen, was Material, kunstvoll zusammenge
es kommt ganz darauf an, ob der Kuß ohne Folgen fügt, zu leisten imstande ist. Nach dem Kriege zeigten sich an einem
Wilhelm Wieringer, 3. 3. Schmied:
" Pemberlein, hast du' ne Ahnung. Immer feste druff!"
Margarete Boom, Heimarbeiterin mehrerer Majestäten: ,, Erlauben Sie, und ob! Ich möchte doch schön bitten! Sie fragen noch?"( Das Schreiben geht noch einige Seiten lang fort, hält sich jedoch im Rahmen der obigen zwei Zeilen. Außerdem find nicht soviel Fragezeichen und Ausrufzeichen in der Maschine.)
Euphemia Säuerlich, Rentiere:
Meine
deutschen Start das erstemal Motorräder aus Ländern, die bes deutend find in ihrer Industrie. Und es wurde ein heißes Ringen mit Maschinen, die innerhalb unserer Grenzen entstanden sind, ausgefochten. Daß sie unterlegen sind, zeigt, wie viel noch nötig ist, um ein Gebiet zu erobern, auf dessen Spizze zu stehen, sich in erster Linie bei den Arbeitern auswirken wird. Längere Technik im Bau, porsichtigere Wahl des Materials zeichnete die Siege der englischen Maschinen aus, die die einzigen blieben, gegen die die deutschen Räder ihre Waffen streden mußten. Belgier und Franzosen wie auch Amerikaner konnten nicht mit der den deutschen Rädern inne.
wohnenden Kraft fonkurrieren, obgleich sie das Beste herübersandten, was sie auf dem Markte hatten.
" Det is ne komische Frage, wo, wie wir gestellt sind, könnten wir ein Lied von singen, wenn wir wollten, wollen aber nich, Disgrezzion Ehrenfache. Ich meine doch die feinen Herrschaften, womit die Herren Männer, wo uns brauchen, gemeint sind, können sich die beherrschen! Kuß ist fnorte, aber wo heutzutage, frage ich? Und ein Ei fostet beinahe sechs Mart. Das sind Zustände, sagt schon ,, Lieber Bemberlein! Halten Sie mich bitte nicht für jüdisch, Das erste Rennen mein Baul, und der ist aufgeklärt! Auf den Kuß fommt es nicht weil ich eine Frage mit einer Frage beantworte. Ich hatte es für sollte 74 Mann auf die Reise schicken, von denen jedoch 20 am Start mehr, an, war einmal! und ohne Fleiß fein Preis. Die Mächens, selbstverständlich, daß ein Kuß eine Verlobung bedeutet. aufgaben. Kleine Maschinen mit 1,14 ADAC PS, der neueste wo uns fonfurrieren, stellen sich wunderwie an und treiben es heim- Frage: Bedeutet auch eine Kuß hand die Verlobung? Ich stand Industriezweig der Automobilfabriken, eingebaute Motore in Fahrlich, auf uns fagen sie, daß wir es unheimlich treiben, das fennen por vierzehn Tagen vor dem Café Jofty am Potsdamer Plaz, als rädern zeigten ihre Kunst und liefen drei Kunden über 25,5 Kilowir schon! Von einem Kuß geht feine Farbe und keine Verzierung bei Wertheim ein Herr eine Kußhand warf, die ich als auf mich meter in einem durchschnittlichen Tempo von 60,4 Kilometer Etunab, aber was ein Mann ist und fein Jüngling ohne Bart, verlangt gemünzzt betrachte. Ich habe die Adresse dieses Herrn feststellen dengeschwindigkeit. Die drei ersten im Ziel waren Räder von der was Solides. Geht in Ordnung. Wenn ein Ruß eine Verlobung laffen und will ihn auf Erfüllung des Eheversprechens einflagen. wäre, ach Du lieber Gott, die Jubileums! Das ist lachhaft, nenne Was halten Sie davon?" ich so etwas, und das können Sie Ihren Lesern von mir aus sagen, denn ich bin seit zwanzig Jahren dabei. Hochachtungsvoll!"
*
Oberlehrer Dr. Rohlkopf schreibt:
Ihr Frage zerfällt vor dem kritischen Hinblick in zwo Teile: a) wieso, b) wem, c) wohin. Was nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Ad a: die Bekleidumstände. Geht aus der Natur der Sachlage hervor. Es entscheidet der individuelle Maßstab. Man muß also den einzelnen Fall kritisch untersuchen, ehe ein objektiver Stab gebrochen werden könnte. Nun zu Punkt b. B₁: Don wem. B2: zu messen. Hier müssen die Erziehung, die Standeszugehörigkeit, die Weltanschauung und der jeweilig herrschende Status der guten Sitten als strafverschärfend resp.-ver= mindernd im Auge behalten werden. Zu c: hier darf in die Unterschiede der Geschmäder nicht mit zu rauher Hand eingegriffen werden. Auch die Gesamtperspektive muß gewahrt bleiben. Ich bin zu weiteren Auskünften gern bereit, eventuell auch telephonisch."
*
Fräulein Anna Schulze, Stenotypistin:
-
Ihre Frage, lieter Tobias Pemberlein, ist von einer Naivität, die ich bei Ihnen gar nicht gesucht hätte. Bei Ihnen ist ein Kuß bestimmt keine Verlobung, bei mir, daran muß ich festhalten bei= nahe! Im großen und ganzen finde ich, daß die Frage ebenso dumm wie tattlos ist; denn erstens bedeutet ein Kuß für jeden Menschen etwas anderes, und zweitens ist er ganz entschieden Privatsache derjenigen, die ihn täligen". Daß eine Tageszeitung wie die von Ihnen durch den Kakao gezogene teine heftigeren Sorgen hat, ist lediglich eine Illustrierung des Gejammers über Papiermangel..."( Bravo ! T. P.)
Professor Queller, Sittenwart:
Erich Käse, Schriftsteller:
In der Praxis fann ich nicht mitreden. Theoretisch verstehe ich unter dem Ruß das Aufeinanderlegen zweier zu diesem Zwecke nahe gebrachter Lippenpaare. Zur Entscheidung darüber, ob damit eine Verlobung gemeint ist, dient das Kriterium seelischer Komponenten. Tritt im Momente des Kusses der Wunsch oder der Vorfah über die Schwelle des Unterbewußtseins, den akuten Zustand in einen chronischen zu verwandeln..."( Der Saz ist noch furchtbar lang, aber wir wissen schon, was er will. T. P.)
*
Gustav Bendom, Gastwirt( start angetrunken): „ In der Jugendzeit die Jugendzeit ein Lied mir iiiiimerdar
-
-
-
Andreas Tüffte, Portier:
-
"
aus
-
Marte DKW., die Ueberlegenheit im Stil und große Schnelligkeit vor allen anderen entwickelte. 1. Ebstein- Charlottenburg 25:19; 2. Urban- Löbau 26; 3. Thiele- Rathenow 26:18. Leider ist bei diesem Rennen laut Mitteilung der Rennleitung der Fahrer Mar Süde Berlin durch Gabelbruch in der Nordschleife gestürzt und zog sich eine leichte Gehirnerschütterung zu.
"
Rennen 2 zeigte Ausländer am Start, während das vorhergehende lediglich von deutschen Maschinen bestritten wurde. Gie waren in vorzüglicher Form, mußten aber auf der gleichen Strecke wie vorher, bei Maschinen von 2,67 PS., den Sieg einem„ Wanderer" überlassen. Dieses Rennen entwickelte die Geschwindigkeit von 75 Kilometer. Gleich als zweiter hatte eine englische Douglas". Maschine den Lorbeer zu pflücken, während als dritter wieder ein ,, Wanderer" notiert wurde. 1. Schuster Chemnitz 20: 2; Mihingt 2. Kagerer- München 20: 10; Urban- Löbau 21:38.
"
Die letzten drei Rennen konnten alles englische Fabrikate holen, und zwar Rennen III über 34 Rilometer 3,8 PS. Stundengeschwindigkeit 93,3 Kilometer 1. Högel - München auf Engl . Triumph" Wenn id mal' n paar von die Aester in meine Hausflur er in 21: 50; 2. Schuster- Chemnitz auf Wanderer" in 21:54; 3. Möhwische, hau ick elende mit' m Scheuerlappen mang!"
dem alle Streise auf tiefste bewegenden Thema folgendermaßen: Unser Mitarbeiter Mich. v. Lindenheden äußert sich zu Wer sich die Schnute nach Genüssen wischt, Der soll auch vor den Folgen nicht erschrecken. Ich aber halt vom ganzen Küssen nischt Und zeichne als Ihr Mich. v. Lindenheden.
Der Kampf der Motorräder.
Erster Renntag auf der Avusbahn.
Was Arbeiterhände in Werkstätten und an sausenden Maschinen geschaffen haben, fand seine Auferstehung aus totem Eisen und
17
-
"
ringer auf„ Viftoria" in 22: 42. Rennen IV über 42,5 Kilometer 5,7 PS. Stundengeschwindigkeit 84,9 Kilometer: 1. Rellringer. München auf„ Engl . Triumph" in 30: 2; 2. Sachs- Reichenbach auf , Wanderer" in 30: 16; 3. Schwarze auf" Wanderer" in 32: 32. Rennen V:„ Austragung der ADAC. - Kraftradmeisterschaft auf der Straße 1922" über 85 Kilometer. Offen für alle Stärken. Stunden. geschwindigkeit 94,9 Kilometer. 1. Rössig- Berlin auf ,, Douglas" 3,8 PS. in 53: 46; 2. Högl- München auf„ Engl . Triumph" 3,8 PS. in 54:45; 3. Wenzel- Düsseldorf auf NSU.( deutsches Fabrikat) 4,0 PS. in 59: 53.
Die heutigen Rennen der Automobile beginnen auf der Avusbahn um 2 Uhr.
Die Fröbelstraße.
Im Kußwelen herrschen augenblicklich unhaltbare Zustände. wurde zum Leben erweckt. Brüllende Akkorde raftlosen Dentens Wer öfter Gelegenheit nimmt, nach Anbruch der Dunkelheit in den der großen Massen der Ingenieure flangen hinaus in die Menschen- Im Etats ausschuß der Stadtverordnetenversammlung gab Gebüschen des Tiergartens herumzuschleichen, tann haarsträubende mengen, die gestern im Grunewald staunend die Zeit, gefangen in es gestern eine überaus hißige Debatte über die Zustände in der Beobachtungen machen. Unter der früheren Regierung fonnte so der Schnelligkeit, vorübereilen sahen. Menschen liehen ihre Nerven Fröbelstraße. Bekanntlich hat die Stadtverordnetenversamm etwas einfach nicht vorkommen. Ich bin für Einrichtung eines und fnüpften fie an ihre Maschinen, die über die Straße jagten. Tung bereits seit längerer Zeit die Trennung der Geschlechts Ruß- Streifentommandos beim Berliner Polizeipräsidium. Ferner Knatternd flatterten die Delwolfen hinter ihnen zu Fetzen zerrissen franten station für Prostituierte vom städtischen Obs für Erlaß eines Gesetzes, daß jeder Kuß vierzehn Tage vor Berab- her, und schwangen sich begierig in die heiße Luft des Juni. Rafend dach gefordert, und der Magistrat hat neuerdings beschlossen, diese reichung beim zuständigen Standesamt zur Genehmigung eingereicht schoffen die Motorräder die Automobilstraße hinunter, entfchwanden Station nach Rummelsburg hinauszuverlegen. werden muß, ferner, daß er nur vor mindestens drei Beugen abfol- den Augen, um ebenso schnell wieder am Horizont aufzutauchen Alle Fraktionen waren sich mit dem Magistrat darüber einig, viert werden darf. Ein Kuß bedeutet nicht nur die Berlobung, son- und mit Brülen sich in die Kurven zu stürzen. Im unablässigen daß die jeßige Unterbringung der geschlechtskranken Prostituierten dern de facto Einleitung der Präliminar- Ehe mit nachfolgendem Rund der Straße zogen sie ihre Strecke, bis sie durchs Ziel gingen, unwürdig sei und daß die Zustände, die sich vor dieser Station Trauzwang. Alles in allem müßte der Kuß schon darum verboten und bejubelt heimkehrten. Zeugen eines wagemutigen und starken in der Fröbelstraße entwickelt haben, nicht länger ertragen werden werden, als er gewöhnäich nur zur Einleitung weiterer Ob- Geschlechts, an denen die Arbeiter und Ingenieure ihren Teil Lor- können. Sehr eigenartig aber mutete es an, daß ausgerechnet der szönitäten dient..." beeren ernten dürfen. Fahrer, die dem Tode mit Kaltblütigkeit ins Sprecher der Deutschnationalen sich zum Anfläger des Ma
28]
Der Ruf durchs Fenster.
Roman von Paul Frant.
.
Wenn bloß der Text nicht so merkwürdig abgefaßt wäre!" rief der Arzt.
Was heißt das: Verschwunden?!" jammerte Frau Hedwig. Der Theaterdirektor zuckte die Achseln.
"
Wohin ist er verschwunden?" flagte Frau Hedwig. Was bedeutet das überhaupt? Ist ihm ein Unfall zugestoßen? Hat ihm jemand etwas getan? Ist das Wahrheit, Lüge oder Verschleierung?"
" Ich kann das ebensowenig wissen wie Sie, gnädige Frau." sagte der Arzt.
11
11
Wir hätten ihn nicht fahren lassen dürfen!" schluchzte sie. Wir haben immerhin unser möglichstes getan!" " Nein! Das haben wir eben nicht getan! Einen kranken Menschen darf man nicht eine so weite Reise unternehmen laffen!"
Wollen Sie am Ende die Krankheit Ihres Mannes mit diesem Ereignis in Zusammenhang bringen? Das wäre eine immerhin fühne Kombination!"
Albert hat es doch nicht nötig, Gastspiele zu unternehmen! Er braucht das Geld nicht! Er hätte weiter hier bleiben müssen und nicht fortfahren dürfen! Wir sind schuld an seinem Unglück! Wir ganz allein!"
" Beruhigen Sie sich doch, gnädige Frau. Es kann ja noch alles gut werden!"
In diesem Augenblick trat Franz Sermian, der Kritiker des Tageblatt", ins Zimmer. Mit einem Blick hatte er die Situation erfaßt. Als Frau Hedwig feiner ansichtig geworden war, stürzte sie ihm mit einem Aufschrei entgegen.
" Man weiß also schon..." fragte Sermian.
Und Sie?" entgegnete rer Arzt. Ist auf der Redaktion etwas befannt?"
"
"
Wir haben ein Telegramm erhalten."
Wir auch..." sagte der Arzt und zeigte dem Kritiker die Depesche.
" Das ist gleichfam der Ertraft..." erklärte Sermian, nachdem er gelesen hatte.„ Wir haben auführlicheren, aber darum nicht flareren Bericht."
Was weiß man bei euch?"
"
Albert Reuß ist am Abend ins Theater gekommen, eine| bemühten, die jedoch Zuspruch und Beistand gleich eigensinnig Tatsache, die von mehreren Personen mit eigenen Augen ge- ablehnte. Anna soll meinen Koffer packen.. Bitte, Doktor, sehen worden ist. Nachher hat ihn feiner mehr erblickt. Reuß forgen Sie dafür, daß es geschieht..." ist aus seiner Garderobe verschwunden."
auf.
Frau Hedwig schluchzte statt einer Antwort herzzerbrechend ,, Eine tolle Geschichte..." murmelte der Theaterdirektor. ,, Aus der Garderobe verschwunden" wiederholte der Arzt.
,, Warum ist er gefahren?" flagte Frau Hedwig. Meine Ahnung, meine Ahnung! Mit aufgehobenen Händen habe ich ihn gebeten hierzubleiben... als ob ich dieses furchtbare Schickfal geahnt hätte... Sie haben ihn auch gebeten, Doktor, nicht wahr? Aber er hat nicht auf uns hören wollen! Und nun ist alles... alles vorbei..
44
" Durchaus nicht!" rief der Kritiker. Der Fall liegt unKlar, aber doch nicht verzweifelt! Wir wissen vor allem noch gar nichts über das Schicksal Ihres Mannes!" „ Das ist es ja eben!"
„ Es ist möglich, daß die Geschichte eine völlig harmlose Erklärung findet.
"
" Haben Sie bloß ein wenig Geduld..." schluchzte sie. „ Das nächste Telegramm, das Sie in der Redaktion erhalten, wird nicht mehr so harmlos sein. Da werden Sie dann Genaues wissen, wie und wo man meinen armen, unglücklichen Mann aufgefunden hat."
" Ob wir nicht besser täten zu gehen...?" fragte der Kassierer den Theaterdirektor.
"
Bleiben Sie doch..." widersprach der Arzt. Sie müssen bleiben. Je mehr Leute die Frau um sich hat, desto besser für sie. Wenigstens beherrscht sie sich doch, so gut es geht... Wir dürfen sie nicht allein lassen..
" Ich will zu ihm!" rief Frau Hedwig plötzlich und sprang vom Sofa auf.„ Ich fahre zu ihm nach Riga ! Noch heute abend fahre ich! Und Sie dürfen mich nicht hindern, Dofotr!" " Ich denke gar nicht daran; vor allem gilt es jedoch, einen Entschluß zu fassen."
" Der meine steht fest: ich fahre heute abend nach Riga ." " Sollten wir nicht vorerst noch ein wenig überlegen?" ermahnte der Arzt.
" Da ist nichts zu überlegen..." widersprach sie." Ich reise unter allen Umständen. Wenn ich ihm doch nur heimlich gefolgt wäre..." Sie brach erneut in heftiges, trampfartiges | Schluchzen aus, so daß sich die drei Herren abermals um fie
" Wir haben ja noch so viel Zeit, da der Zug erst um halb neun Uhr abgeht.
Woher wissen Sie das?"
Ihr Mann ist doch mit demselben Zug gefahren..." Frau Hedwig schluchzte heftig auf. Mit demselben Bug..." miederholte sie, während ein Tränenstrom ihren Augen entstürzte.
Sermian zündete sich eine Zigarette an. Ich frage vorher noch in der Redaktion nach," sagte er, obwohl das, wie ich gestehen muß, nicht viel Zweck hat, da die nächsten Depeschen erst in der Nacht hier eintreffen können."
" Frau Hedwig..." ließ Jordan sich vernehmen, auch ich habe einen Entschluß gefaßt: ich fahre mit Ihnen nach Riga " Sie sah ihn mit einem dankbaren Blick an, erhob sich und lehnte sich in ihrer bejammernswerten Hilflosigkeit an seine Brust.
Borerst muß ich allerdings noch nach Haus, um die nötigen Anordnungen zu treffen."
" Seien Sie unbesorgt..." beruhigte ihn Sermian,„ ich bleibe, bis Sie zurückkommen, bei der gnädigen Frau
,, Wenn bloß die grauenvolle Ungewißheit nicht wäre..." flagte Frau Hedwig. Ich hätte mich in Gottes Namen da mit abgefunden, daß ihm ein Unfall zugestoßen, wenn ich wüßte, daß er verlegt ist... Wenn man aber gar keine Ahnung besigt, welcher Art dieser Unfall gewesen, ob er nicht am Ende tödlich verlaufen ist..."
Wir werden in absehbarer Zeit Klarheit haben, Frau Hedwig..." sagte der Arzt.„ Kopf hoch, da wir in der nächsten Zeit unsere Nerven tüchtig beisammen haben müssen...
Frau Hedwig holte tief Atem, schluchzte tränenlos unwillfürlich nochmals auf, aber man sah ihr an, daß sie von nun an gewillt war, sich zu beherrschen.
" Auf Wiedersehen!" rief Jordan. Ich will mich nach Möglichkeit beeilen, um Sie nicht zu lange allein lassen zu müssen..." Mit diesen Worten stürmte er aus dem Zimmer. Im Vorraum begegnete er Anna, die ihn aus angstvoll geöffneten Augen ansah, und der er, ohne ihr weitere Erklärungen zu geben, den Koffer der gnädigen Frau zu pade anbefahl. Ohne des Mädchens Antwort abzuwarten, hjarte er die Wohnung Albert Reuß' verlassen. ( Turtlegung folgt.)