Verteidiger der heutigen Justiz auch jedesmal Gründe und Gründchen zusammenschleppen, marum es gerade in diesem Fall so und nicht anders kommen konnte, die Oeffentlichkeit sieht doch nur immer das eine: oonreaktionärerSeite wird Mord auf Mord, Attentat auf Attentat verübt, unddie st räfendeGerechtigkeitbleibt mit automatischer Sicherheit aus. Aber die Reaktionäre mögen nicht gar zu laut hierüber triumphieren. Je eindeutiger das völlige Versagen der Justiz sich kund tut, desto unwiderstehlicher wird die Forderung auf Aenderung des heutigen unmöglichen Zustandes immer weitere Kreise ergreifen, desto lauter wird der Ruf nach I u st i z r e f o r m anschwellen, desto schneller wird sich die heutige Unrechtsprechung ihr eigenes Grab graben. Der letzte verhanölungstag. lZffenbtjrg. 13. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die vormittags- sitzung begann mit der Vernehmung des letzten Zeugen, des Studenten P r i n c e. Cr Hot der Organisation C angehört und hatte„bolsche- nnstische Nachrichten" zu sammeln. Er gibt an, Schul, noch nach dem Morde in München gesehen zu haben und setzt sich damit in Widerspruch zu seinen Aeußerungen in der Voruntersuchung. Das Gericht vereidigt ihn nicht. Gegen den Widerspruch der Verteidiger entspricht das Gericht dann dem Wunsch der Staatsanwaltschaft, den Unters uchungs- r i ch t e r darüber zu vernehmen, was der Zeuge Tillessen , der Bruder des Mörders, bei der Vernehmung über seinen Bruder erzählt habe. Tillessxn schilderte nach den Aeußerungen des Untersuchungsrichters, damals seinen Bruder als einen zurückgezogenen Menschen, der durch die politische Entwicklung sich vollkommen zerrüttet fühlte. Besonders erbittert war er gegen die Freimaurerei, der er die» Schuld an dem Zusammenbruch Deutschlands ' zuschrieb. Dem Untersuchungsrichter hat ein von ihm vernommener Zeuge erklärt, Schulz und lTillessen seien der Meinung gewesen, man könne nur durch Mord und Totschlag zu neuen Derhältuisieu in Deutschlands kommen. Der Bruder soll welter erklärt hoben, daß es ihm schleierhaft sei, woher Tillessen für die von ihm unter- uommenen Reisen das Geld habe. Der als Zeuge anwesende Karl Tillessen erklärt, daß mit den Worten„Mord und Totschlag" gemeint sei, es müsse zu einen Auseinandersetzung zwischen Rationalismus und Iniernationalismr/ kommen. Natürlich könne dieser Kampf nur mit den Waffen ausgefochten werden.— Staatsanwalt und Verteidiger verzichten auf die Verhandlung weiterer Beweismittel. Die Fragen an die Geschworeueu lauten: 1. Ist der Angeklagte Manfred Killinger schuldig, dem Kauf- mann Hermann Schulz aus Saalfeld und dem Oberleutnant a. D. Heinrich Tillessen aus Köln -Lindenihal, nachdem sie den Reichstags- abg. Matthias Erzberger am 26. August 1921 bei Griesbach gemeinschaftlich durch mehrere Pistolenschüsse vorsätzlich und m i t lleberlegung getötet hatten, wissentlich Bei st and geleistet zu haben, um sie der Bestrafung zu entziehen und den Tätern diesen Beistand vor der Begehung der Tat zugesagt zu haben? Die zweite Frage hat denselben Wortlaut, nur fallen die Worte „und den Tätern diesen Beistand vor der Begehung der Tat zuge- sagt zu haben" fort. Sodann führt der Staatsanwalt in zweistündiger Rede u. a. den Nochweis, daß Schulz und Tilleffen auf Grund der Tat- fachen, wie sie aus der Beweisführimg hervorgegangen sind, als Mörder Crzbergers betrachtet werden müssen. Wenn diese Voraus- setzung stimmt, so ist anzunehmen, daß sie die Tat dadurch begangen haben, daß sie mindestens eine Woche lang scharf und planmäßig Erzberger wie Bluthunde verfolgt haben. Unter allen Umstünden hält der Skaatsanwalt die Begünsti- gung der Mörder nach der Tat, also den Tatbestand der Frage Nr. 2 für erwiesen. Er stellt alle Momente zusammen, die den Verdacht rechtfertigen, daß Killinger vor der Tat schon gewußt habe, daß sie geplant ist. Aus diesem Grunde hält er die Möglichkeit für gc- geben, die Frage Nr. 1 zu bejahen. Der Ve r t e i d i g e r weist darauf hin, daß der Indizienbeweis weder gegen Schulz und Tilleffen noch gegen Killinger geschlossen sei. Killinger müsse freigesprochen werden: er sitzt neun Monate In Untersuchungshaft. Der zweite Verteidiger schildert den Angeklagten als einen einwandfreien Menschen, dem nur das Wohl des deutschen Volkes als Ziel vor den Augen schwebte. Nach einer Gegenrede
Zwei Cinlaöungen. von Karl Ettlinger (Karlchen), München . Heil ist mir widerfahren: ich war eingeladen. Lei Schiebers. Oh, waren das vornehme Menschen. Da hat man wieder einmal sehen können, wie der Krieg die Menschen veredelt. Vor sechs Jahren hat Herr Schieber noch mit alten Hosen gehandelt.„Zahle die höchsten Preise, Karte genügt, komme sofort." Und wer fünf Minuten mit ihm geschwätzt hat, hat sich hernach stundenlang ge- kratzt. Wenn er beim Nachhausekommen von seinen damaligen Geschäftsgängen seine Schuhe abgebürstet Hai, hat er immer die große Zehe mitgebürstet, weil die aus dem Stiesel herausgeschaut hat, und wie er einmal beim Durchkramen einer fremden Kehricht- tonne eine Zahnbürste gefunden hat, hat er einen Geschäftsfreund gefragt:„Du. was is denn das?" Heute erinnert sich Herr Schieber nicht mehr an diese Zeit. Er hat ein eigenes Haus mit Lift und Dienerschaftseingang. Wenn »r eine von den beiden Treppen hinaufgeht, denkt er keineswegs mehr daran, wieviele Treppen er schon in seinem Leben hinunter- geflogen ist. Auch von jener primitven Art der Maniküre, die Nägel abzubeißen, ist er abgekommen. Er hat getrennte Schlaf. zimmer und— das kann ich ihm nachfühlen. Er trägt nur die feinste Bildung, kein« alle Ware, sondern funkelnagelneu. Sein Lieblingsfremdwort ist Waggon. Das einzige Fremdwort, das er richtig ausspricht. Aber er gebraucht's fast nur am Telephon. Und das ist sehr einträglich. Seine Alte— Verzeihung, seine Frau Gemahlin — ist«ine äußerst sympathische Dam«. Nun ja, sie spricht etwas unortho- graphisch, dafür aber sehr anhaltend. Sie hat zwei Zofen, eine ganze Rachttischschublade voll Haare, und wer ihren dekolletierten Busen sieht, muß einen Schnaps trinken. Am schönsten ist sie, wenn sie lächelt: das wiehert, als hätte jemand eine Handgranate in einen überfüllten Pferdestall geworfen. Wo Platz ist, trügt sie Brillanten. Man braucht nicht lange darüber nachzusinnen, was sie gekostet haben, sie sagt es jedem unaufgefordert. Dann braucht man die Zahl nur durch zwei zu dividieren, und dann weiß man's. Also bei diesen Leuten war ich eingeladen. Schiebers haben nämlich»ine Tochter und für die wird ein Mann gesucht, was Bil- dung hat und Foxtrott tanzt. Er muß Zukunft haben— Vcr- gmigenheit braucht er keine zu haben, die hat die Tochter selbst. Die Tochter schwärmt für Rabindranath Tagore , nur weiß ich nicht recht, ob das ein Maler oder eine Zigarettenmarke ist. Beethoven ist ihr Lieblingsdichter und Michelangelo ihr Lieblingstomponist. Vor ihrer Mitgift muß man den Hut abnehmen. Und alles Gold, nicht Papier. Schiebers haben noch einen ganzen Koff'r voll Gold- geld, das geben sie dem Vaterland— sobald die Valuta wieder auf hundert steht. Es war wunderschön bei Schiebers. Diese Weine, die Jahr- gange beinah« so alt wie die Hosen, mit denen der Hausherr früher handelte. Und die Stimmung, es war ein fortgesetztes Anstoßen und Aufstoßen. Und di« Unterhaltung. So viele Zahlen have ich noch nie an einem Abend gehört. Und ein Grammophon hat gespielt — wirklich vornehme Leute werden doch nicht selber spielen. Ent- zückend Hot es gespielt: die bekannte symphonische Dichtung„Eine
d des Staat sanwasts nnd efner Erwiderung des Verteidiger» ziehe» n sich die Geschworenen zurück: nach halbstündiger Beratung erscheinen j sie wieder. Sie haben beide Echuldfragen verneint, so daß der . Angeklagte sofort freigesprochen werden mußte. Die Kosten sall«n der Staatskasse zur Last. Der Hastbefehl � wurde sofort aufgehoben. 1 Da lich vor dem Gerichtsgebäude eine große Menschenmenge an- gesammelt hatte, die auf das Urteil wartete, verließ von Killinger r nach der Freisprechung in einem Gerichtsauto das Gebäud« durch z eine Seitentür. vor die sich sofort viele Menschen drängten, die f Killinger mit Hurra, und Hochrufen und durch Winken x mit den Taschentüchern begrüßten.
Interpellation über öie Regimentsfeiern. Die sozialdemokratische R e i ch s t a g» fr a ktl o n hat . folgende Interpellation eingebracht: ,„Ist der Reichsregierung bekannt, daß die sogenannten Regi- mentsfeiern, die von Angehörigen der alten Armee, vorwiegend ) des Offizierkorps, veranstaltet werden, sich immer mehr zu a n t i« , republikanischen Kundgebungen ouswachsen? z Ist ihr bekannt daß von sogenannten Tradition»- kompagnien der Reichswehr die Verbindung mit den t Veranstaltern solcher Kundgebungen ständig austecht erhalten wird und daß sich Reichswehrtruppen an diesen Kundgebungen b e- teiligen? Was gedenkt die Relchsregierung zu tun, um die innen, und außenpolitischen Schädigungen des Reiche», die aus den fogenann- ten Regimentsfeiern und ähnlichen militaristischen Veranstaltungen drohen, abzuwenden, den republikanischen Charakter der Reichswehr unbedingt austecht zu erhatten und den inneren Frieden zu schützen?" Bei Besprechung dieser Interpellation werden von den Sprechern aller Fraktionen auch die Vorgänge in Königsberg am 11. Juni zur Sprache gebracht werden.
Ein rechtsputsthiftifches Sekenntnis. Im vormals Wullefchen„Deutschen Abendblatt", dem Organ der deutschvölkischen Richtung in der deutschnationalen Partei, schreibt F r. S o n t a g, der Direktor dieses Preß- Unternehmens, am Ende eines Nekrologs auf Kapp wörtlich folgendes: Wie ich damals, neben dem Grafen Westarp in der .Kreuzzeitung", in einer von mir geleiteten Wochenschrift fast als einziger im nationalen Lager öffentlich für Kapp und sein Unter- nehmen eingetreten bin, so werde ich ihm auch über den Tod hinaus ein dankbares, treues Gedenken bewahren. Er war ein Mann von vornehmster, untadettger Gesinnung und ein Politiker, der auf alle Fälle mehr vom Handeln, als vom Reden hielt. Nehmen wir des- halb dos mit seinem Namen verknüpfte März-Unternehmen als ein erfreulichesZeichen dafür, daß dieses Geschlecht, wie sein Beispiel gezeigt hat, in unserer an Worten so reichen, an Taten aber so armen Zeit noch nicht völlig ausgestorben ist. Und so mag er in unserer Erinnerung als der Vorläufer jenes Stärkeren leben, der nach ihm kommen wird, und dem unsere ganze Hoffnung gilt! Das ist das klarste, eindeutigste Bekenntnis zum gemalt- samen Umsturz der bestehenden Reichsverfassung, das sich überhaupt denken läßt. Da die deutschvölkische Richtung einen Bestandteil der deutschnationalen Partei bildet, ist festzustellen, daß diese Partei die Maske der Gesetzlichkeit ab» geworfenhat und für die von Sontag empfohlene Politik die volle Verantwortung trägt.
Pittinger nicht geflohen. Der Sanitätsrat Dr. Pitttnger sendet uns aus München folgende Berichtigung: „Die Notiz in der Abendausgabe vom 8. Juni— nach der der Dr. Pittinger, JCm Organisator der bayerischen Separattsisn- bewegung" sich einem Bericht der„Münchn. Post" zufolge seiner Ab. urteilung durch das Reichsgericht durch die Flucht entzogen Hab«— ist in jeder Beziehung unwahr."
, kleine Freundin hat doch jedermann". DI« Tochter hat die Melodie mitgebrummt, ich finde: mit dem Brummen muß sie die doppelte Mit- gift mitkriegen. Meiner Ansicht nach brauchen die Leute einen taub- stummen Schwiegersohn. Wenn er auch blind ist, um so besser für ihn. Nach dem Fressen boben wir ein Verdauungstänzchen gemocht. Erst tanzte ich mit der Mutter, dann mit der Tochter, das war keine leichte Arbeit, und ich glaube, jetzt kann ich auch mit dem vernagel» ten Hindenburg tanzen. Mitten im Shimmy wurde Papa Schieber plötzlich ans Telephon gerufen. Wie er nach fünf Minuten zurück- kam, meinte er:„Wieder sechzigtausend Mark verdient, di« Leute rufen einen wegen jeder Kleinigkeit ans Telephon." Leider habe ich mich bei Schiebers unmöglich gemacht, ich be- haupiete nämlich, der Farbendruck über dem Büfett sei nach einem Gemälde von Murillo, und Mama Schieber blieb dabei, der Maler hieße Gorilla. Murillo, das sei ein Tier, von was die Menschen abstammen. In Gemälden kenne sie sich aus, sie habe die ganze Münchener Pinkelothek im Kopf. Wir haben uns herumgefttitien, sie ist in Ohnmacht gefallen, es hat einen furchtbaren Fettfleck gc- geben, und ich bin fort. Gestern war ich woanders eingeladen, bei einem Univcrsitäts- Srofessor. Es Hot nur deutschen Tee geaeben und Marmeladcbrot. ind es wurde kein Foxtrott und kein Shimmy getanzt. Und den ganzen Abend ist keine einzig« Zahl genannt worden, sondern die Leute haben über«in Buch gesprochen, das sie tatsächlich gelesen hatten, und nachher haben sie Kammermusik gemacht. Ohne Gramms- phon, nur mit der Hand. Auch ans Telephon wurde der Herr Pro- fessor gerufen, aber als er zurückkam, hatte er keine 60 000 Mark verdient, sondern eine vornehme Schieberfamilie hatte ihm die Privatstunden abgesagt. �So eine Pandel" sagte der Herr Professor. Scheußlich, wie ungebildet diese Universitätsprofessoren sind im Per- gleich mit Herrn Schieber u. Co.
Heil Goethe Dir! Zu der von uns gemeldeten Ernennung des Hakentreuz-Professor Roethe zum Vorsitzenden der Goethe-Gescll- schaft geht uns aus Lesersteisen nachstehender Dithyrambus zu: Endlich hat jener Geist der Gerechtigkeit, den wir täglich über den Sälen der preußischen Justiz thronen sehen, auch hier seinen Triumph- zug angetreten. Gustav Roethe ist zum Vorsitzenden der Goethe- Gesellschaft ernannt worden! Was ist uns Roethe, was war er uns? Er, dem schon heute die Geschichte in unbestechlichem Gerech- tigkeitssinn den stolzen Beinamen„Der eiserne Iustav" verliehen, er bewachte im Weltkrieg in schimmernder Wehr den Potsdamer Bahnhof zu Berlin und bewahrte so die Reichshauptstadt vor den mit den D-Zügen einflutenden Scharen des westlichen Erb- fcindes, so die völkisch« Wirksamkeit seiner politischen Freunde, Kapp, Ludendorff und anderer Helden ermöglichend. Der unaus- löschliche Dank nicht nur de» von ihm geretteten Berlins , sondern auch des deutschen Vaterlandes ist ihm sicher. Die Gerechtigkeit ist auf dem Anmarsch, und nur böswillige Zungen können behaupten, daß Goethe diese Ehrung nicht verdient habe. Jetzt frisch ans Werk! Ernennen wir B r u n n e r zum Vorsitzenden der Kleist-Gesellschast und Knüppel-Kunze zum Präsidenten der Kani-Gesellschaft— dann mag der geistige Wiederaufbau Deutschlands frisch-fröhlich begirrnenl �___ wp.
D!e Krise üer USp. Im Organ der USP.-Rechten, dem„Sozialist", verössent- licht der frühere„Freiheit"-Redakteur Gerhart S e g e r einen Artikel über„die geistige Krisis unserer Partei", in dem e? erklärt: Die ASP. Ist auf dem besten Wege, dem Vordringen der sozio» listischen Erkenntnis unüberwindliche Hindernisse zu bereiten, wenn sie den Arbeitern keine wertvollere geistige Kost zu bieten weiß, als in ihnen das radikale Gefühl und den blinden Glauben an alleinseligmachende Leipziger Dogmen(Aktionsprogramm von 19191) zu erwecken. Der eine Teil der Arbeiterklasse sei in Erkenntnis der ge» schichtllchen Entwicklung dazu gelangt, positiv zu arbeiten und unter den gegebenen Verhältnissen jede Position zu er- obern, die gestattet, die früher nur propagierten Forderungen zu realisieren. Der andere Teil wirkt rein negativ, er lege das Schwergewicht auf die Agitation. Je mehr der erste Teil erreiche, desto phantastischer würden die Forderungen des anderen, der zu ihrer Berwirklichung ja auch nichts tue. Seger erklärt: Die Scheidelinie zwischen dem positiven und dem negativen Tell der Arbeiterbewegung geht mitten durch unsere Partei; wir stehen, und darin besteht unsere Krisss, vor der Entscheidung, ob wir zum positiven oder negativen Teil gehören wollen. Die Rechlssozialislen sind der positive, die Kommunisten der negative Teil. Der Herausgeber der Zeitschrift selbst, Dr. Breit» scheid, stellt an die„Freiheit" eine Reihe von Fragen, aus denen hervorgeht, daß nach seiner Meinung eine geeinigte Sozialdemokratie in einer Koalition viel mehr erreichen könnte als die SPD . Zu den bisherigen Ausführungen der„Frei- heit" bemerkt er: Man mag darüber streiten, ob die Formel, nach der die USP. die Regierung bekämpft, in der die SPD. sitzt, in ihrer Einfachheit den Tatsachen gegenüber zu bestehen oermag. Ts braucht uur an den Antrag Crispien in der letzten Reichstagssitzung vor den Pfingstferien erinnert zu werden. Bekanntlich hatte Crispien durch seine damalige Haltung die Verteidigung der Regierung Wirth gegen einen reaktiv-. nären Vorstoß übernommen. Das war ungemein vernünftig, beweist aber, daß die Behauptung, die USP. bekämpfe„vom Boden des Klassenkampfes" aus die Koalitionsregierung bis aufs Messer, nur Sand in die Augen von Kindern ist, denen man die Wahrheit zu sagen sich noch nicht traut.
Ebert bei vollmar. Auf der Rückfahrt vom Walchensee-Kraftwerk hat der Reichs» Präsident Ebert unserem alten Genossen Georg v. Vollmar am Walchense« einen Besuch abgestattet. Genosse v. Vollmar, einst der unbestrittene Führer der bayerischen Sozialdemokratie und ein« der markaniestett Persönlichkeiten der Gesamtpartei, liegt seit Jahren vollständig gelähmt darnieder. Auch seine Gattin ist infolge eines Schlaganfalls gelähmt. Jahrelange Freundschaft hat den Sozial- demokraten Ebert mit dem Sozialdemokraten Vollmar verbunden. Dieser Freundschaft gab er jetzt bei seiner amtlichen Reise erneut Ausdruck._ Neues Dpnamitattentat in Hamburg ! Hamborg , 13. Juni. (MTB.) Vergangene Nacht wurde aber- mals ein Sprengssossanschlag auf die kommunistische Buchhandlung in der Admiralitätsstraße verübt. Wie die Mittagsblätter melden, ist nennenswerter Schoden wicht angerichtet und niemand oerletzt worden. Es scheine sich um einen Dummenjungenstreich zu handeln. Däumigs Befinden besorgniserregend. Wie wir erfahren, ist der Zustand Ernst Däumigs, der im Reichstag von einem Ohnmachtsanfall betroffen wurde, sehr besorgniserregend. Auf dem Transport ins Birchow-Krankenhaus befielen ihn Herz- krämpfe. Vor zwei Jahren hatte Däumig einen ähnlichen Anfall zu überstehen.
Das wikingerfchiff von Ofeberg. Der eigentümliche Wikinger - brauch. Tote in einem Schiff zu begraben, das in die Erde gefetzt und mit einem Grabhügel überdeckt wurde, hat uns einige Wikinger- schiffe gerettet, die in Norwegen ausgegraben wurden. Zu den berühmten Funden von Sarpsborg und Gokftad ist der Fund eines dritten Schiffes getreten, der auf Ofeberg im Amtsbezirk Iarl?- berg gemacht wurde. Ueber dieses Schiff, das sorgsam restauriert und in der Sammlung der Universität von C h r i st i a n i a aufge- stellt wurde, und über das bisher bei uns wenig bekannt geworden ist, macht Dr. Jens Snenson in der„Umschau" eingehende Mit- tcilungcn. Da das Schiff in blauer Tonerde lag und der Grab- Hügel aus Torf aufgebaut war, wurden olle Altertümer aus Holz und anderen vergänglichen Stoffen gut erhalten, doch war dos Schiff selbst infolge von Erdbewegungen stark beschädigt. Ueber dem mittleren Teil des Schiffes befand sich eine Grabtammer, die leider im Altertum ausgeplündert worden war und in der nur noch Teile von zwei weiblichen Skeletten gefunden wurden. Es war also augenscheinlich eine vornehme Frau in dem Schiff begraben worden, der eine Dienerin hatte in den Tod folgen müssen. Unter den Toten- geschenken, die beigegeben waren, befanden sich Webe- und Spinn- gerate, Garnknäule und Wachs. Außerdem barg man einen vier- rädrigen Wagen, der über und über mit wundervollen Schnitzereien verziert war, vier Schlitten, mehrere Bettstellen, Küchengerät, Wasch- kübel. eichen- Truhen, zum Teil mit Inhalt, ferner Stoffreste. Federn und Daunen aus Bettdecken und Kopspolstern, eine runde Stangs mit eingeschnitzten Runen, einen gut erhaltenen Anker und anderes Schiffsinvcntar, sowie eine Menge Gerippe von Pferden, Ochsen und Hunden, die bei der Beerdigung erschlagen worden waren. Das ganz aus Eichenholz hergestellte Schiff hat eine größte Länge von 21V, Meter und größte Breite von etwas über S Meter: es war ein Fahrzeug mit 15 Rudersstzen. Seiner ganzen Ausrüstung nach muß es ein Prunkschiff gewesen sein, das nur zu Fahrten innerhalb des Fjords und in geschlossenen Fahrwässern diente. Auf Grund der Ornamente und anderer Umstände kann man annebmen, daß es au» der Zeit um 800 n. Chr. stammt. Nach dem Schiff selbst ist das Interessanteste des Oseberg-Fundes der vierrädrige Wagen, dessen wundervolle Tierornamcntik zum Schönsten gehört, was aus jener Zeit erhalten ist. Rachlflüge. In dem Flugdienst zwischen London und Pari» sind jetzt sowohl von englischer wie von französischer Seite auch Nachtflüge eingeführt worden, bei denen die Flugzeuge abends von dem Aus- gangsflugplatz abfliegen und die Rückreise in früher Morgenstunde antreten. Im Kriege waren solche Nachtslüge von Bedeutung, doch auch im Frieden strebt man nun danach, die Abflug- und Landezest wie bei allem anderen Verkehr von der Helligkeit unabhängig zu machen. Sodann wird die Zeitersparnis, die der Hauptvorteil de» Luftverkehrs ist, bei Flügen in der Dunkelheit, also außerhalb der Geschäftszeit, am meisten bemerkbar. In seinem soeben erschienenen Buch„Vom Flieoen" bespricht Prof. Kort Weoener auch den Nacht- flug und gibt dafür eingehende Verhaltungsmaßregeln. Da in der Höhe die verdunkelnde Dunstschicht fcblt, so sieht man den Horizont auch in der Nacbt meist ausreichend klar. Das Meßo-rät im Flug» zeug darf nur schwach beleuchtet werden, damit das Auge nicht ge» blendet wird, wenn es vom Meßgerät zum Horizont schmeist. Hat man dichte Wolken über sich oder befindet sich noch im Dunst, so ist