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Nr. 302 39.Jahrgang Ausgabe Nr. 150
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Sozialdemotrat Berlin"
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
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Redaktion und Expedition: SW 68, Lindenstr. 3
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Medaktion Morigplatz 15195-97 Expedition Morinvlas 11753-54
Donnerstag, den 29. Juni 1922
Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag, Gebedition und InseratenAbteilung Moritplat 11753-54
Proletarische Einheitsforderungen. night Ende, sondern Anfang!
einer außerordentlichen Sigung einberufen. Berlin , 27. Juni 1922.
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund : Leipart . Graßmann. Allgemeiner Freier Angestelltenbund: Aufhäuser. Urban. Urban. Staehr. Sozialdemokratische Partei Deutschlands : Müller. Braun.
In unserer heutigen Sonderausgabe veröffentlichten ausschüsse des ADGB . und des AfA- Bundes noch für diese Woche zu selbst bürgerliche Kreise, die sonst dem Massenaufgebot der Arwir bereits einen Aufruf, den die Vorstände des 2lgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, des AfABundes und die Leitungen der beiden sozialistischen Barteien gemeinsam mit der KPD . erlassen haben. Bei der beschleunigten Herstellung der Sonderausgabe waren leider infolge technischen Versehens die Unterschriften fortgefallen, so daß der Aufruf verstümmelt erscheint. Deshalb und da vermutlich manche unserer Leser die Sondernummer nicht erhalten haben, wiederholen wir die Veröffentlichung des für die politische Entwickelung bedeutfomen Aufrufs. Red. des„ Vorwärts". Der Borstand des Allgemeinen Deutschen Gewertschaftsbundes hat in Ausführung des Beschlusses des Leipziger Gewerkschaftskongresses sich mit dem Borstand des AfA Bundes und den drei politischen Arbeiterparteien in Verbindung gefeßt. In gemeinschaft
Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands : Crifpien. Dittmann. Kommunistische Partei Deutschlands : Meyer. Koenen.
lichen Beratungen find von den Unterzeichneten die folgenden Reichstagsauflösung in Sicht.
Forderungen beschlossen worden:
Die gewaltigen Rundgebungen zum Schuße der Republik , die am Dienstag in ganz Deutschland stattgefunden haben, dürfen nicht ergebnislos verpuffen. Darüber besteht in den sozialistischen Arbeiterkreisen feinerlei Zweifel. Und beiter nur mit Rittern und 3agen entgegensahen, beginnen langsam zu begreifen, daß die ungeheure Welle der Empörung über den neuesten politischen Meuchelmord nicht ohne greifbare Resultate für die Sicherung der republikanischen Staatsform bleiben fann. Der Aufruf der großen Arbeiterorganisationen, den wir heute wiederholen, zeigt die Wege, die jetzt beschritten werden müssen. Jedermann weiß, daß wir Sozialdemokraten die politische Entwicklung mit den Mitteln parlamentarischer Gesetzgebung zu beeinflussen suchen und daß wir gewaltsamen Aenderungen ablehnend gegenüberstehen. Aber auch darüber darf fein 3weifel obwalten, daß zu den parlamentarischen Mitteln nicht nur Verhandlungen und Beschlüsse im Reichstage gehören, wenn sie auch an erster Stelle zu nennen sind. Die Bertreter der bürgerlichen Parteien, die im Reichstage zu der Notverordnung des Reichspräsidenten Stellung genommen, haben, von den Rechtsparteien abgesehen, übereinstimmend befundet, daß auch sie den Schutz der Republit für notwendig halten. Diese Erklärungen dürfen keine platonischen bleiben. Die Parteien, die sich zur Republik befannten, müssen sich ganz klar darüber sein, daß eine 3erEmpörung wachrufen würde als der Mord an Rathenau. ögerung der notwendigen Maßnahmen und die Vertröftung der wartenden Massen noch schlimmere Empörung wachrufen würde als der Mord an Rathenau .
An die Reichsregierung und den Reichstag . Keine Einigung in der Brotfrage. Morgen fommt im Reichstag die Regierungsvorlage über Das Gefch zum Schutze der Republik muß enthalten: die Getreideumlage zur zweifen Lesung, ohne daß es Sofortiges Verbot und strenge Bestrafung jeder mon- bisher gelungen iff, eine Einigung über sie zu erzielen. Swifden archistischen oder anfirepublikanischen Agitation in Wort, Bild den Forderungen der Sozialdemokratie und dem Standpunkt Angriffe auf die Republit und ihre Organe irgendwie verherr- bisher ein unüberbrüdbarer Gegensah. Die Soand Schrift. Bestrafung auch derjenigen, die solche Agitation oder der bürgerlichen Koalitionsparteien in der Preisfrage klafft ligen, belohnen oder begünstigen. Berbot und fofortige zialdemokratie besteht darauf, daß der Roggenpreis nicht höher Auflösung aller monarchistischen oder anfirepublikanischen Ber- als auf 6300 m. pro Tonne und der Weizenpreis nicht über Die notwendigen Gefeße zum Schuße der Republit, wie fie bindungen. Berbot der monarchistischen Fahan und Farben. 6900 m. feffgefeht wird; die Bürgerlichen wollen anscheinend der Aufruf der Arbeiterorganisationen fordert, bedürfen Sofortige Beteiligung aller monarchistischen Embleme in den bestenfalls einen Roggenpreis von 7600 M. zugestehen. zweifellos in mehreren Punkten der parlamentarischen öffentlichen Gebäuden und Anstalten. Bestrafung jedes Angriffes Mit der dadurch entstandenen Situation beschäftigte sich weidrittelmehrheit, um zur Annahme zu gelangen. in I at, Worf oder Schrift auf die republikanischen Farben und die sozialdemokratische Reichstagsfraktion geffern abend in einer Es besteht nun nicht mit Unrecht die Befürchtung, daß gewisse Fahnen. Strenge Vorschriften zur Säuberung der Regie. Sigung, die fich bis in die späte Nachtstunde hineinzog. Die Teile der bürgerlichen Parteien im entscheidenden Augenblic rungsstellen und Behörden, einschließlich der Gerichte und Meinung überwog, daß eine Verständigung nicht mehr zu erberfagen möchten, wenn es zu den wichtigsten Abstimmun der Reichswehr von allen monarchistischen oder anfirepublikani- zielen sei und die Reimstagsau lösung damit un gen kommt. Leider ist nicht unbekannt, daß sogar manche Defchen Elementen. Aufhebung derjenigen Rechte, die dieser Säube- vermeidlich sein wird. mokraten, die in Rathenau doch ihr hervorragendes Parteirung entgegenstehen. Berbot des Waffentragens außermitglied betrauern, eine gewisse Angst vor der eigenen halb des Dienstes. Verbot des Uniformfragens für ehemalige Courage" an den Tag legen, sobald sie von der abstrakten Offiziere. Untersagung weiterer Ernennung von Reserveoffizieren. Sympathieerklärung zu fon treten Handlungen übergehen Einfehung eines Außerordentlichen Gerichtshofes in sollen. Ihnen und ähnlichen weichherzigen Gemütern in den Alle drei Ehrhardt- Offiziere. Berlin , dessen Sammern aus je einem Richter und sechs Laienbeiübrigen bürgerlichen Parteien wird deshalb der Aufruf der Arfigern bestehen, die vom Reichspräsidenten zu ernennen sind. UeberAmtlich wird in später Abendstunde gemeldet: Nachdem die beiterorganisationen und Parteien eine willkommene Rückentragung der Anklageerhebung an einen vom Reichsjuftiz- Abteilung la des Berliner Polizeipräsidiums bereits am Diens- stärkung sein. Sie werden aus der Entschiedenheit, mit der minister zu ernennenden republikanischen Reichstommiffat. tag den bei Ermordung des Minifters Rathenau benutten diese Vertretung der arbeitenden Massen ihre Forderungen Schaffung einer Reichsegefutive, insbesondere einer Reichs- kraftwagen ermittelt und im Polizeipräsidium sicherge- nicht nur aufstellt, sondern auch ihre Durchführung sicherfriminalpolizei. Vorschriften zur Erleichterung der Verhaffung und stellt hatte, ist es jetzt gelungen, die Mordiat in vollem Umfange zustellen bestrebt ist, entnehmen können, daß diesmal eine Anordnung fofortiger Verhaffung solcher Personen, die gegen Gesetze aufzuklären und die Namen der Täter festzustellen. Es Verwässerung der Zusagen wie nach dem Kapp- Butsch zum Shu je der Republik verstoßen. Bestimmungen über Beschlag- find: nicht angängig sein darf, wenn anders nicht alles Vernahme und Einziehung des Vermögens der Verurteilten sowie über 1. Techow, Ernst Werner, 21 Jahre alt, in Berlin ge- trauen zu dieser Republik auch in Arbeiterfreisen verschwinden Entziehung von Penfionen und Bezügen. boren und zuleht hier wohnhaft; foll.
Die Geltungsdauer des Gesetzes ist zunächst auf mindestens 3wei Jahre festzusetzen. Bom Reichstag erwarten wir, daß er dieses Gesetz in fürzester Frist verabschiedet und nicht früher auseinandergeht, bis es in Kraft getreten ist.
Die Mörder festgestellt.
name Bécheur, früherer Aufenthalt Flöha i. Sachsen , auch 2. Fischer, Hermann, auch Bogel genannt, SpigChemnih: nicht älter als 25 Jahre.
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gerade sozialdemokratischer Organisationen, die eine soAus allen Teilen Deutschlands kommen die Forderungen fortige Auflösung des Reichstages und als= 3. nauer, audy Körner und Kern genannt, gleich- baldige Neuwahlen unter der Parole Schutz der Refalls nicht älter als 25 Jahre. publik!"„ Nieder mit der monarchistischen Mordpropaganda" Unabhängig hiervon fordern roir: Sofortige Amnestie Alle drei Genannten gehören der Organisation C verlangen. im Reiche und in den Ländern für alle wegen politischer Bergehen und früher der Brigade Ehrhardt an. Knauer gehörte Berurteilten mit Ausnahme derjenigen, die im Sinne diefes Gefehes beim Kapp- Putsch zur fogenannten Stabswache der Betriebsrätezentrale des Wirtschaftsbezirks GroßZentralrat und Gruppenräte der Freigewerkschaftlichen strafbare Handlungen begangen haben. Amnestie auch für die Reichstanzlei. Alle drei haben sich aus Berlin entfernt, Berlin haben neuerdings einmütig diese Forderungen aufaus Anlaß des Eisenbahnerstreits zur Verantwortung fie hatten jedoch nach den Ermittlungen zuletzt feine erheblichen gestellt: Gezogenen, Einstellung aller aus demselben Anlaß eingeleiteten Mittel und auch feine Päffe. Techow ist am Sonntag abend 1. Gofortige Reorganisation der Reichswehr , Disziplinarverfahren. mit dem D- Jug 8,35 Uhr nach Halle abgefahren. Die beiden der Polizei, der Justiz, der Reichs, Staats- und Kommunalbehörden Die politischen Arbeiterparteien haben sich ver- anderen haben vermutlich am Dienstag Berlin verlaffen und dergestalt, daß alle antirepublikanischen Elemente daraus beseitigt pflichtet, diese Forderungen gemeinsam durchzusehen und alle fich nach Norden begeben. Eine Anzahl weiterer Personen, die und durch befähigte zuverlässige Republikaner ersetzt werden, entMaßnahmen der Regierung zur Erreichung dieses Zieles zu unter- der mittäterschaft überführt sind, sind von der sprechend dem Bielefelder Abkommen von 1920. Polizei verhaftet worden.
ffüßen.
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Von den Gewerkschaftsmitgliedern und den gesamten Arbeitnehmern Deutschlands verlangen wir jetzt absolute Einigteit, gejdloffene Disziplin, festen Willen und Bereitschaft zur Unterstützung unseres Vorgehens, jebald wir sie dazu aufrufen.
Von den Gewerkschaften und Arbeiterparteien .des Auslandes,
Annahme des Bemelmans- Abkommens.
Paris , 22. Juni .( Havas.) Die Reparationstommisfion hat gestern die Abänderungen geprüft und gebilligt, die das Abkommen vom 15. März 1922 betreffs der Sachlieferungen durch die Vereinbarungen vom 6. bis 9. Juni erfahren
hat.
2. Sofortige Amnestie aller politisch Inhaftierten und Angeklagten, die gegen die monarhistische Reaktion gerichtete Hand
lungen begangen haben.
3.
Die fofortige Anflageerhebung gegen alle geistigen Urheber der Attentate der Reaktion sowie deren sofortige Ueberführung in Untersuchungshaft. 2- Bund sind verpflichtet, die heutigen Demonstrationen im ganzen
-
4. Die politischen Parteien im Verein mit dem ADGB . und Reiche nicht als den Abschluß, sondern als den Beginn des entschiedenen Handelns zur Durchführung vorstehender Forde Die deutsche Arbeit für Frankreich . die uns wiederholt ihre Unterstützung zur Erhaltung der deutrungen zu betrachten und haben die Verpflichtung, unter Einsetzung Paris , 28. Juni. Der ,, Eclair" hat aus dem Ministerium für ihrer gesamten Machtmittel fchen Republik zugefichert haben, fordern wir jetzt eine ft a rfe parlamentarisch und außerparlamenCinwirtung auf ihre Regierungen in der Rich- öffentliche Arbeiten erfahren, daß die deutschen Arbeiter, tarisch deren Durchführung zu erzwingen. tung, daß die Entente von ihrer Gewaltpolifir die für die Ausführung der öffentlichen Arbeiten außerhalb der Hierbei verpflichten die Versammelten die drei Parteien, den gegen das deutsche Volf, die den Nationalisten und Monarchisten Kriegsgebiete nach Frankreich fommen sollen, zum größten Teil 2DGB. und Afa- Bund, bei evtl. Weigerung der gegenwärtigen In Deutschland immer neuen Agitationsstoff geliefert hat, end- in Mart bezahlt werden. Die Nahrungsmittel werden Regierung gemeinschaftlich eine Arbeiterregierung zu bilden und die lich abläßt. ihnen von Deutschland geschickt werden. Ein Drittel der Liefe hieraus resultierenden Wahlen gemeinschaftlich zu führen. Sollte rung für die auszuführenden Arbeiten wird der französischen bei einer evtl. Weigerung der gegenwärtigen Regierung, die vorgeIndustrie übertragen werden. Dieses Verhältnis werde aber je nannten Forderungen zu bewilligen, diese nicht freiwillig zurücknach den verschiedenen Lieferungen variieri merden. Frankreich treten, so ist deren Rücktritt zu erzwingen. merden 66 Proz. des Kaffes und bes Zemenics, 50 Proz. der Eisen-! Die Stimmung in allen sozialistischen Arbeiterkreisen Zur Beschlußfassung über die welteren Mahnahmen und die und Stahllieferungen und 33 Proz. des Werkzeuges und der ist gegenwärtig fo, daß man nicht den Bersuch machen sollte, Mitwirkung der gesamten Arbeitnehmerschaft find die beiden Bundes- Maschinenlieferungen übernehmen. I durch Ausweichen" und Lavieren" Entscheidungen hinaus
An alle republikanisch gesinnten Organisationen richten wir die Aufforderung, sich unseren Forderungen anzuschließen und auch ihre Kräfte für ihre Durchführung einzuschen.