Nr. 304+ 39.Jahrgang Ausgabe Anr. 151
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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutfchlands
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Expedition Morigplatz 11753-54
Freitag, den 30. Juni 1922
Todesstrafe für Mordbündler!
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Abteilung Moritplay 11753-54
Der Streit um die Schuld.
,, Nationale" und Bölkische". Verschärfung der Ausnahmeverordnung. Ebenso werden bestraft Personen, die eine solche Bereinigung Republit August Bebel zu zitieren. Das ist eine werden mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Mut auf, als Kronzeugen gegen die Schutzmaßnahmen für die Eines der deutschvölkischen Berliner Blätter bringt den Die Ergebnisse der Untersuchung gegen die Mörder Ra- wissentlich mit Geld unterstützen. thenaus und ihre Hintermänner haben gezeigt, daß es sich auch Dritte Personen, die um das Dasein einer solchen Vereinigung 1878, als der damals der Stöckerschen christlich Leichenschändung schlimmster Art. Es war im Jahre diesmal wieder um Mitglieder der Organisa- wissen, werden mit Zuchthaus bestraft, wenn sie es unterlassen, von sozialen Partei angehörende Klempnergeselle Hödel tion C handelt. Die Reichsregierung fah sich infolgedeffen dem Bestehen der Vereinigung, den ihnen bekannten Mitgliedern auf den alten Wilhelm schoß, worauf wenige Stunden nach dem im Einvernehmen mit dem Reichspräsidenten in die Not- oder deren Verbleib den Behörden oder der durch das Verbrechen wendigkeit verseht, im Intereffe der Sicherheit des Staates bedrohten Person unverzüglich Kenntnis geben. und der wirtjamen Fortführung der Unterfuchung zu fofortigen Maßregeln zu greifen, ohne die geplante gesetzliche Regelung zum Schutz der Re publik abzuwarten.
Es wird deswegen der auf Grund des Artikels 48 der Berfassung eclaffenen Berordnung des Reichspräsidenfen eine Ergänzung hinzugefügt werden, welche alle Teilnehmer und mitwisser solcher Organisationen trifft. Weitere Zusäge stellen unter Strafe Berleumdung und öffentliche Beschimpfung der Opfer von Gewalttaten, die Unterstüßung von Geheimorganisationen mit Geldmitteln und ermöglichen das Verbot von periodischen Druckschriften, die sich einer zur Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs zum Schuße der Republik gehörenden Handlung fchuldig machen. Der Text der ergänzenden Verordnung lautet wie folgt:
Auf Grund des Art. 48 der Verfassung des Deutschen Reiches wird zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für das Reichsgebiet folgendes verordnet:
Artikel I.
Zuständig ist der auf Grund der Verordnung vom 26. Juni 1922 ( Reichsgesetzblatt I , Seite 521) gebildete Staatsgerichtshof.
Artikel II.
Die Verordnung zum Schutze der Republit vom 26. Juni 1922 ( Reichsgefeßblatt I, Seite 521) wird dahin ergänzt und geändert: 1.§ 5 Nr. 1 erhält zum Schluß folgenden Zusatz: ,, oder wer die toten Opfer solcher Gewalttaten verleumdet oder öffentlich beschimpft."
Attentat Bismarck aus Barzin telegraphierte:„ Ausnahmegemerkt, gegen die Sozialdemokratie, die nicht das gefeg gegen die Sozialdemokratie!" Bohlgeringste mit dem Attentat und dem Attentäter zu tun hatte! Gegen sie wurde die ganze offizielle Heze organisiert, trotzdem fie innerhalb und außerhalb des Reichstages nur eine fleine Minderheitspartei war. Ihr wurden, wie noch heute aus deutschnationalen Reihen, die schlimmsten Verbrechen angedichtet, gegen sie wurde das schmachvolle S cha ndgese eingebracht und angenommen, das 12 Jahre lang Sozialdemokraten im Deutschen Reiche vogelfrei machte, Fa milienväter von ihren Angehörigen riß und aus der Heimat jagte, Hunderte und aber Hunderte von Arbeitern ins Gefängnis beförderte. Alles, weil man die Iügnerische Behauptung aufstellte, diese große sozialistische Arbeiterbewegung habe die Gewalt auf ihre Fahne geschrieben. Dagegen Wird durch den Inhalt einer periodischen Druckschrift wandte sich Bebel in der Reichstagsrede vom 16. September die Strafbarkeit einer zur Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes zum 1878, in der er sagte:„ Wenn je eine Partei gezeigt hat, daß Echuße der Republik gehörenden Handlung begründet, so kann die sie für die friedlichste, ruhigste Entwicklung ist, periodische Druckschrift, wenn es sich um eine Tageszeitung handelt, so haben es die Sozialdemokraten unter den erbis auf die Dauer von vier Wochen, in anderen Fällen schwerendsten Umständen bewiesen." Jeder, der die Geschichte bis auf die Dauer von sechs Monaten verboten werden.§§ 2, 3 der Sozialdemokratie tennt, weiß, daß sie vor, während und und 10 der Verordnung vom 26. Juni 1922 finden entsprechende nach dem Sozialistengesetze im fchärften Kampfe
2.§ 5 Nr. 5 erhält am Schluß folgenden Zusatz: ,, oder wer eine solche Verbindung mit Geld unterstützt." 3.§ 7 Abs. 1 Nr. 2 erhält die Fassung: für die in§ 5 bezeichneten Bergehen." Artikel III.
Personen, die an einer Bereinigung teilnehmen, von der sie wissen, daß es zu ihren Zielen gehört, Mitglieder einer im Anwendung. Amt befindlichen oder einer früher en republikanischen Regierung des Reiches oder eines Landes durch den Tod zu beseitigen,
Techows Geständnis.
Die Bernehmung des gestern vormittag verhafteten RathenauMörders Techowo dauert noch an. Im wesentlichen ist Techow geständig. Er gibt zu, von der Mordtat gewußt zu haben. Er felbst hat das mörderauto geführt. Er bestreitet auch nicht, mitglied der Organisation C zu fein, verweigert aber über gewisse Dinge die Aussage, da er sein Ehrenwort" gegeben hat, das ihm die Aussage verbiete.
Massenattentate geplant.
Hamburger Feststellungen.
Hamburg , 29. Juni. ( Eig. Drahtbericht.) Bei der Unterfuchung, die von der Hamburger Polizeibehörde in der Angelegenheit der Sprengstoffattentäter geführt wurde, ergab sich begründeter
Artifel IV.
Diese Berordnung tritt mit der Verkündung in Kraft.
den gleichen Kreisen ausgeführt worden ist. Von der Hamburger Polizei wurden mit diesen Feststellungen am Dienstag früh Beamte nach Berlin geschickt, die der Berliner Polizeibehörde das Material übergaben, auf Grund dessen dann die Ermittlung der Persönlichkeit erfolgte. Der Bruder des Kapitän leutnants v. killinger, ein gewisser Erich Killinger, hielt sich feit längerer Zeit in Hamburg auf, wo er bereits vorher ein Nachrichtenbureau unterhielt, das im Verdacht stand, Spielberichte anzufertigen. Er soll auch mit der Organisation C in Verbindung gestanden haben. Nachdem das„ Hamburger Echo" auf seine Tätigkeit hingewiesen hat, ist er aus Ham burg verschwunden. Er soll sich augenblicklich in Berlin , Hotel Esplanade, aufhalten.
gegen alle Gewaltanbeter gestanden hat, die sich unter den verschiedensten Namen auch in die Arbeiterbewegung, nicht zuletzt unter eifrigster Förderung durch die bismarcksche und nachbismarckische Polizei, einzudrängen fuchten. Heute August Bebel zu zitieren als Gegner von Schutzmaßnahmen für die Republik ist so dumm, daß der Gedanke nur einem deutschvölkischen Hirn entspringen konnte.
Ueber Wert und Unwert dieser deutschvölkischen Hirne wird jetzt im Lager der Rechten lebhaft gestritten. Die deutschnationale Parteileitung hat jetzt endlich eine Anweisung an ihre Mitgliedschaften im Lande ergehen lassen, in der aufgefordert wird, die Mitgliederlisten nachzu prüfen, ob etwa Anhänger von Gewaltakten oder Angehörige von Organisationen darin verzeichnet sind, die die Gewaltanwendung predigen. Alle folchen Mitglieder sollen schleunigst aus der Partei ausgeschlossen werden.
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Aber bevor es zu irgendeiner Handlung in dieser Hinsicht fommt, bäumt sich schon der deutschvolfische Flügel gegen eine solche Reinigungsaktion auf. Im„ DeutEine Verhaftung in Düsseldorf . schen Abendblatt", das noch immer das Sprachrohr Reinhold Berdacht, daß die Täter einer politischen Geheimorgani- Wie die Düsseldorfer Nachrichten" erfahren, ist im Laufe des Mulles und anderer Wotangläubigen ist, wird den deutschWie die ,, Düsseldorfer Nachrichten" erfahren, ist im Laufe des fation angehören, die sich über das ganze Reich erstrede. Tai- Donnerstags der in den Boehner- Werken in Düsseldorf - Obertaffel nationalen Freunden drohend die völkische Fauft gezeigt. fächlich gehörten, wie jetzt festgestellt wurde, die verhafteten einer in angestellte Ingenieur Rauert unter dem Verdacht der Teil- Man gibt sich scheinbar der Hoffnung hin, daß der Ausschluß Gruppen gegliederten Abteilung an, die unter Führung des ver- nahme am Morde Rathenaus verhaftet worden. Kauertz soll der der Völkischen " von den„ Nationalen" nur durch eine kleine hafteten früheren Offiziers Warniden stand. Bei Täter sein, der von der Berliner Kriminalpolizei unter dem Namen Minderheit gefordert würde, aber die Völkischen halten es auch ihm wurde der Entwurf zu einem„ Fahnenwimpel" beschlagnahmt, Knauer oder Rauer gesucht wird. Wie verlautet, ist Sauerk am für gewiß, daß es in der Partei noch einige fühle Rechner der folgendermaßen gekennzeichnet war: Kampfwimpel, Warnice, Morbtage nicht in Düsseldorf gewesen. Als die Fahndung nach geben dürfte, die das Erempel namentlich unter dem GesichtsHamburg, Offiziersffurmfompagnie KII. Marinebrigade E( Ehr- einem gewissen Knauer oder Kauer bekannt wurde, soll er gepunkte eines möglichen Wahlkampfes und des damit Hamburg , Offiziersffurmfompagnie K II. Marinebrigade E( Ehr- äußert haben: ,, Jett ist es Beit, daß ich verschwinde". Hiervon er zusammenhängenden Broblems der Wahlversammhardt?). Bei den beschlagnahmten Papieren befand sich auch ein hielt die Kriminalpolizei Mitteilung. Kauert wurde sofort verBrief an den Kapitänleutnant v. Killinger mit der Bezeich- haftet. Seine Vernehmung dauert nech an. Das Gerücht von der Iungen(!) nachprüfen werden." nung von A., die als von Killinger gedeutet wurde, ein Verdacht, Berhaftung drang wie ein Lauffeuer durch die Stadt. An verschicder nach Aussagen von Festgenommenen bestätigt wurde. Die Ab- denen Stellen fuchte die Bevölkerung den Transportwagen, in dem teilung Warnide war in die Organisation C, die sich in Pro- sich Kauerh befand, zu stürmen. Nur mit äußerster Mühe Bonnten vinzial- und Landesverbände ordnete, eingegliedert. Die die Beamten unter dem Hinweis, daß der Verhaftete der MittäterOrganisation C hatte ein Spreng- und Mordkommando, das die Be- schaft ja noch gar nicht überführt sei, einer Lynch justiz vorfeitigung politischer Persönlichkeiten auszuführen hatte. beugen.
Diefem Kommando gehörten u. a. die vom Polizeipräsidium Berlin jetzt festgestellten Mörder an. Es war beabsichtigt, etwa zwölf führende politische Persönlichkeiten zu beseitigen, zu denen auch Rathenau , Theodor Wolff vom„ Berliner Tageblatt" und der Hamburger Banfier Mag Warburg gehörten.
handelte, die durch furze Telegramme angefündigt wurden.
Die Konferenz der Ministerpräsidenten. Nur die Mehrheit für Beschleunigung des Schutzgesetzes. In der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder mit der Reichsregierung, die gestern nachmittag stattfand, sprach sich die
Warburg follie bereits am Montag in Hamburg bei der Grün- Mehrheit der erschienenen Ländervertreter für eine gefeßliche dung einer wirtschaftlichen Vereinigung sprechen. Von der Polizei Fassung der zum Teil durch die Verordnung des Reichspräsidenten wurde ihm abgeraten, dies zu tun, denn der Auftrag zu feiner Er- geregelten Bestimmungen zum Schutz der Republik aus. mordung war bereits erteilt. Ferner erklärte sich die Mehrheit bereit, im Reichsrat auf Ueber die Art, wie die Mitglieder der Organisation miteinander die geschäftsordnungsmäßige Frist zu verzichten, die für die Beverkehrlen, wird in Erfahrung gebracht, daß es sich um Kuriere handlung von Gesetzentwürfen vorgesehen ist und sofort in eine BeEiner der in Hamburg wegen der Attentate Verhafteten, der ist demgemäß zu erwarten, daß der Gesezentwurf schon Anfang ratung des Gesetzentwurfs zum Schuße der Republik einzutreten. Es Privatdetektio niedrig, hatte den Auftrag bereits erhalten, nächster Woche dem Reichstag zugehen wird. Die Beratungen der das Automobil zu führen, in dem die Mörder Rathenaus gefahren Reichsregierung mit den Ministerpräsidenten der Länder werden find. Er war, um die Einzelheiten der Tat zu besprechen, nach Berlin jetzt fortgesetzt. geholt worden, wo er mit den Tätern verhandelte. Der Hamburger Bolizei gelang es auch, die Wohnung zu ermitteln, wo in Hamburg die Verabredungen stattgefunden haben. Die Berhandlungen mit Niedrig zerschlugen sich, well er feinen Führerschein besaß und zwei Abg. Helfferich hat am Donnerstag nachmittag, nachdem Leute, die den Führerschein bejaßen, zur Verfügung standen. die Verhaftung Günthers bekannt wurde, Berlin plößlich Auch über das Attentat auf Scheidemann find in verlassen und die Polizei gebeten, für den Schuß seiner Woh Hamburg Ermittelungen gemacht worden, die ergaben, daß es von nung zu forgen,
Helfferich abgereist.
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Auf jeden Fall kündigen die Völkischen an, daß sie sich nicht ins Bodshorn jagen lassen wollen. Der Fall Rathenau , sagt das Deutsche Abendblatt", sollte abgeschlossen sein, nachdem die Mörder als ein paar blutjunge fanatische Außenseiter" ermittelt worden sind. Wobei selbstverständlich, um sich die erforder= liche freundliche Stimmung bei den bisherigen Parteibrüdern zu schaffen, der Hinweis auf die angeblich kommende Rätediktatur nicht fehlen darf.
die Deutschnationalen durch die Deutschvöltischen merden ins Wir haben allerdings die Ueberzeugung, daß sich viel eher Bockshorn jagen lassen. Versichert doch die„ Tägl. Rdsch.", die dem ehrenwerten Kreis so nahesteht, daß es schon Zeiten dem ehrenwerten Kreis so nahesteht, daß es schon 3eiten und Stunden in der Partei gegeben habe, wo man drauf und dran war, gewisse hemmungslose Raitalinskis" von sich abzustoßen.„ Leider glaubte man." lagt die Tgl. Rdsch." weiter, es der Parteisache schuldig zu fammlungen" wird daher wahrscheinlich das starte Herz Bor der Drohung mit dem Problem der Wahlverfein, es zu einer solchen„ Schwächung" nicht fommen zu lassen." der Exzellenz Hergt auch jetzt um einige Grade tiefer sinken.
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Aber wie dem auch sein mag, ob die Nationalen" oder die„ Bölkischen" die Sieger in diesem Bruderstreit bleiben: teide werden vergeblich versuchen, die Mitschuld an der Mordatmosphäre von sich abzuweisen. Es gibt zweifellos im deutschnationalen Lager Männer und Frauen, die mit der Entwicklung nicht einverstanden sind, die die Politif ihrer Partei genommen, aber sie sind in der Minderheit. Der eine Teil der Mehrheit jedoch hat die Verbrechen und die Vere