Nr.322 39.Jahrgang Ausgabe A nr. 157
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Dienstag, den 11. Juli 1922
Kampffront gegen die Reaktion!
Kameraden!
Das Bureau des Internationalen Gewerkschaftsbundes | Indem wir in dieser historischen Stunde von der deutschen richtet nachstehenden Aufruf an alle dem Bunde angehörigen Arbeiterschaft fordern, daß sie ihre Pflicht voll erfülle, gebietet es Organisationen: uns unsere Pflicht, auch die attive Wajamkeit aller dem 36B. angeschlossenen Landeszentralen zu verlangen. Die GemeinDas Bureau des Internationalen Gewerkschaftsbundes hat nach famkeit der Ideale und der Ziele bedingt die gemeinsame PflichtSenninisnahme der allgemeinen Cage in Deutschland erfüllung. Jeder verfolge mit Aufmerksamkeit die Entwicklung der Ereigmit Befriedigung festgestellt, daß die deutschen Arbeiterorganisafionen entschlossen sind, mit äußerster Kraft sich dem Treiben der niffe in Deutschland . Das deutsche Proletariat fühle fich umgeben Reaktion zu widersetzen und die republikanische Verfassung zu ver- von den Sympathien der Arbeiterschaft aller Länder. Jeder wirke feidigen. Die deutsche Arbeiterklasse hat den festen Willen, die so darauf hin, daß die Politit der Regierung feines feuer und schwer ertauften polifischen und sozialen Freiheiten zu Landes fchüßen und weiter zu entwideln.
Gegen die Reaktionäre jeden Schlages
nicht die Stellung der deutschen Reaktionäre stärke und die Bestrebungen der sozialen Demokratie Deutschlands fruchtlos mache.
find die deutschen Arbeiter entfchloffen, alle in ihrer Macht stehenden Im Hinblick auf das allgemeine Vertrauen der arbeitenden Mittel anzuwenden, um die Eroberungen der Revolution zu schüßen. Maffen in allen Ländern und in dem tiefen Bewußtsein, daß ihr meinen Uffionsplan der deutschen Arbeiterschaft Kenntnis genom- wir gewiß, daß die deutschen Proletarier den Sieg werden gewinnen Mit Genugtuung hat das Bureau des JGB. von dem allge- Kampf gleichzeitig der Kampf der Arbeiterinternationale ist, find men. Der Internationale Gewerkschaftsbund erklärt sich rückhalt- fönnen. los bereit, diesen Aktionsplan mit allen Kräften zu Die Republik triumphiere endgültig über die monarchiffische unterflühen. Der JGB. weiß, daß die Niederlage der Ar- Reaffion! Jeder fei start! Ein jeder zeige sich der Gefahr gebeiter und der Demokratie in Deutschland die Niederlage der wachsen! Das deutsche Proletariat hat das Recht, die Hilfe der internationalen Demokratie bedeuten würde, daß der Internationale zu beanspruchen, so wie das internationale ProleSieg der Monarchisten und Nationalisten der Triumph der Reaffion tariat berechtigt ist, von ihm zu verlangen, daß es
In allen Ländern wäre.
Gestützt auf die stolze Cofung des Weltproletariats: Arbeiter aller Länder vereinigt Euch!" fordert der JGB.
von allen seinen Anhängern eine aftive Solidarität während der bevorstehenden Ereignisse. Memand darf gleichgülfig bleiben angesichts des Kampfes, den das deutsche Proletariat wider die deutsche Reaffion zu führen hat. Der Weltfriede ist abhängig vom Ausgange diefes Kampfes. Der wirtschaftliche Fortschritt steht auf dem Spiele.
Ohne die Deutsche Volkspartei . Beschluß der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion beschäftigte sich am Montagnachmittag eingehend mit der gegenwärti. gen politischen Lage. Nach einem Referat des Genoffen Hermann Müller und einer fürzeren Debatte wurde folgender Beschluß gefaßt:
feine Schwäche zeige in dem Kampfe zwischen den möchten des Fortschritts und denen der Knechtung, in dem Kampfe zwischen der Vergangenheit und der Zukunft. Unterstüht durch die Solidarität der Internationale werden die Proletarier Deutschlands fiegen! Berlin , 9. Juli 1922.
Das Bureau des Internationalen Gewerkschaftsbundes. 2. Jouhaug. Th. Ceipart. C. Mertens. Edo Fimmen . 3. Oudegeeft.
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zum mindesten Unteroffizier gewesen sein muß. Mehrere Trupps bilden eine Gruppe. Diese werden von Gruppenführern inspiziert( Gruppenführer werden nur Fähnriche oder ehemalige Schüler des Radettentorps Groß- Lichterfelde ). Mehrere Gruppen werden in Kreisgruppen eingeteilt und unterstehen einem Kreisgrupper führer( Leutnant oder Unterleutnant a. D.). Die ganze Leitung führt der Leutnant a. D. Müller sowie Oberleutnant zur See Helmut Flörke, dessen Stabsquartier in der Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion erflärt, daß die zum Gastwirtschaft von Wilhelm Zahn, Klein- Raddow, ift. Den Borsiz Schutz der Republik zu beschließenden Geseze nur von einer entführt ein Herr v. Blücher in der Nähe von Labes. fchieden republitanischen Regierung durchgeführt Ein treuer Berater der beiden Leiter ist der Reichstagsabgeord merden fönnen. Die Deutsche Volkspartei hat bis in die letzte Zeit in ihrer Bekämpfung einer Reihe wichtiger Regierungsvorlagen die notwendige Rüdsicht auf das Intereffe des Staats und die Bedürfniffe der breiten Boltsmasse vermissen laffen. Sie hat noch nach der Ermordung Rathenaus die Vorlage über die Ge treideumlage abgelehnt Unter diesen Umständen würde die Einbeziehung der Deutschen Boltspartei in die Regierungsfoa lition bei den breitesten republikanischen Maffen das Vertrauen in die Absicht der Regierung, die Gefeße zum Schutze der Republik energisch durchzuführen, aufs tiefste erschüttern. Für die sozialdemofratische Reichstagsfraktion kommt daher die Mitarbeit in einer nach .rechts erweiterten Regierung nicht in Frage."
Genoffe Hermann Müller wurde von der Fraktion beauf. tragt, diesen Beschluß dem Reichskanzler zu übergeben und ihn gleichzeitig näher zu begründen.
nete der Deutschnationaler Volkspartei Willi Jandrey, melcher in Klein- Raddow wohnt und der bei den von ihm abgehaltenen Ber. fammlungen seine„ Echutztruppe" aus den Reihen der Arbeitsgemeinschaft zusammenstellt, die auf der Schreibstube der Arbeitsgemeinschaft
mit dem fogenannten„ Kunze- Totschläger" ausgerüstet werden. Bemerken will ich nech, daß Herr Jandrey Amtsvorsteher in diesem Amtsbezirk ift.
Was treibt nun der Leiter Leutnant Müller"? Er ist dauernd unterwegs, meist ist er in München , Berlin und Stettin , und zwar gewöhnlich in Stettin im Bureau des Pommerschen
andbundes mo der Herr v. Dremit und ein ehemaliger Generalmajor refidieren. Von hier aus erhält auch die Arbeitsgemeinschaft Müller die finanzielle Unterstützung. In Labes unterstützt Herr Mühlenbefizer Jung und der Geschäftsführer der Deutschvältischen Bant die Arbeitsgemein
schaft.
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An die Demokraten!
Heute sind es vierzehn Tage, seit man die zerschossene Leiche Walter Rathenaus aus dem Reichstag hinaustrug. Heute versammelt sich die Partei Rathenaus im Reichstag, um Beschlüsse zu fassen, die für die Zukunft unseres Landes von schwerwiegender Bedeutung sind.
Was wir jetzt vor zwei Wochen erlebten, war, wie jede echte Tragödie, nicht nur niederdrückend, sondern zugleich auch erhebend. Aus Schmerz und Scham erhob sich das Bekenntnis zur jungen deutschen Republik , und Männer schienen zu sein, die es ablegten. Was man feither erlebt hat, war nur niederdrückend. Denn an der Stelle, an der damals das Hoch auf die Republik empordonnerte, hörte man nur noch schlürfende Schritte und hüftelnde Bedenken. Es ist ein großes tattisches Geschiebe, ein zähes parlamentarisches Geerre entstanden um Paragraphen und Konstellationen, und während es dem Volk draußen grau an den Augen vorübergeht, versichert drinnen politische Altersweisheit mit lächelnder Zuversicht, daß aus dem großen Durcheinander schon eine Koalitionspolitit als eine unumgängliche Notwendigkeit ge " Berständigung" zutage treten werde. Von dieser Stelle, an der oft mit Ueberzeugung für die sprochen wurde, mag es erlaubt sein, der Demokratischen Partei einige offene Worte zu sagen. Was wir heute erleben, das soll mur, so will es scheinen, ein neues Kapitel aus der Elendsgeschichte des deutschen Liberalismus werden, die ja in ihrem Kern die Unglücksgeschichte unseres ganzen Bolles ist. Auf jedem ihrer Blätter stehen die Worte zu und Freiheit hat dieses Bürgertum einst geschwärmt unter lesen: Bersagen des deutschen Bürgertums." Für Einheit schwarzrotgoldenen Farben. Aber die Einheit ist von einem Junter gmacht worden, und für die Freiheit haben die Arbeiter gefämpft-vergebens, bis aus den Trimmern des großpreußischen Kaiserreichs die Deutsche Republik entstand.
Unterdes hat es in den liberalen Parteien manchen trefflichen Mann gegeben, aber stets waren es die Besten, die sich in Hoffnungslosigkeit verzehrten, wenn sie nicht die Kraft fanden, das neue Ufer jenseits der großen Klassenscheide zu erreichen. Ein Theodor Barth fämpfte vergebens für das Zusammenwirken des demokratischen Bürgertums mit der Arbeiterschaft, er starb schließlich in dem Gefühl, sein Leben nuglos vertan zu haben.
Der Feind, der alles demokratische Wollen im deutschen Bürgertum erwürgte, war der Nationalliberalis= mus, der sich in seinem Wesen charakterisieren läßt als ein ideenloses Sichhingeben an vollendete Tatsachen. Dieses Sichhingeben wird ebenso durch die Unterwürfigkeit gekennzeichnet, mit der man den Uebergang von Bismarck zu Wilhelm II vollzog, wie heute durch die Erklärung der Deutschen Volks partei :" Wir sind der Ueberzeugung, daß der Wiederaufbau Deutschlands nur auf dem Boden der republikanischen Verfassung möglich ist." Nie handelt es sich um eine selbständige Lebensäußerung, immer nur um ein Weichen vor einem Stärkeren, um ein Sichabfinden mit dem Ungemollten.
Sie haben Königsmördern Ruhm verliehn Und haben Könige gelobt.
Sie haben Hoch die Republik " geschrien Und später gegen Republik getobt. Jezt sind sie tief loyal und gern erbötig,
Den Rock zu wechseln und das Hemd, wenn nötig.
Berfolgt man die bisherige Haltung der Demofraten, so ist es unmöglich, den Verdacht zu unterdrücken, daß auch für manche von ihnen das Bekenntnis zur Republik und zur Koalition mit der Sozialdemokratie nur ein Sichabfinden mit dem Ungewollten ist. Sie fühlen sich vom Nationalliberalismus magnetisch angezogen.
Wie wäre es sonst möglich, daß der Gedanke einer Er weiterung der Koalition nach links, zu den Unabhän=
Ein Kundiger schreibt uns: Die Arbeitsgemeinschaften sind die In der Organisation untersteht die Arbeitsgemeinschaft dem aus Handlanger der Realtion. Ich will hier die Berhältnisse der in dem Kapp- Putsch berüchtigten Hauptmann Auerbach, Stettin , Klein- Rabbom, Kreis Lebes in Pommern , stationierten Arbeits der auch durch den Kurier Siegfried Rasche( ehemaliger Groß- gigen, einen solchen panischen Schrecken auslösen fonnte, gemeinschaft Müller" schildern, der ich selbst angehörte. Lichterfelder Kadett) die
Was treibt diese von der Reaktion so dankbar unterstützte Truppe Berbindung mit dem„ Fürsten " Awoloff Bermondt und umb welche Eristenzen sind darin vertreten? dem Grafen v. d. Goltz,
In Berlin W., Kaldreuthstr. 16, befindet sich das Bureau dieser den berüchtigten Baltikumfämpfern, aufrechterhält. Leute, hier merden die Opfer, die fich der Arbeitsgemeinschaft an- Im Reichstage müßte Herr Jandren einmal gefragt werden, Broletariats hervorgebracht wird, so beschleicht einen ein Gefchließen wollen, angeworben. Bedingung: treu deutsche Gefinnung, ledig und eine minimale Löhnung. Sobald die wo die von der Arbeitsgemeinschaft Müller
daß man sich, von dieser Angst bedrängt, in die Arme der Deutschen Boltspartei flüchtete? Liest man in der bürgerlichen Provinzpreffe, was da an Angstprodukten über die drohende sozialistische Schreckensherrschaft und Diktatur des fühl des Bedauerns, das sich von Achtung weit entfernt hält. Man kann als Demokrat die sozialistische Ideenwelt befämpfen, tut man das aber als Demokrat, dann muß man auch das Vertrauen haben, daß sich das, was man selber für gut und vernünftig hält, auch durchsetzen wird. Dafür nun aber diese Angst...!
Leute nach Labes bzw. Klein- Raddom kommen, werden sie einem aus Oberschlesien mitgebrachten Maschinengewehre geblieben sind, Truppführer zugeteilt und müssen Landarbeit" verrichten, d. h. bie auf der Schreibstube der Arbeitsgemeinschaft Müller von dem im geeigneten Augenblid die von der Reafiton jo ehrenwert ge- Kurier Siegfried Kasche , dem Gruppenführer Jansen und dem fundene Streifbrecherarbeit leiften. Gegebenenfalls wird ehemaligen Unteroffizier, jeßigen Schreiber der Arbeitsgemeinschaft, ihnen auch Gewehr, Munition, Hardgranaten und Maschinengewehr eingefettet wurden Sollte Herr Jandren vielleicht diese Angst wovor? Man fürchtet, man würde untergebuckt anvertraut, um in ein Aufstandsgebiet geschickt zu werden, zu räubern Kleinigkeiten vergessen haben? Es könnte sein Gedächtnis dann etwas werden, wenn sich zu den 109 Sozialdemokraten, die jetzt in und die Kaffe der Arbeitsgemeinschaft zu füllen, wie es 1921 in aufgefrischt werden. der Koalition figen, meitere 71 gesellen würden. Ist das nicht Oberschlesien der Fall war, wo man Rutschen, Pferde, ein beflagenswerter Mangel an Selbstvertrauen? Jede BarMaschinengewehre usw. nach Labes schickte. Die Führer dieser Geßlers Sorgen. Auf Anregung mehrerer Landesregierungen tei, die mehr als ein bloßes Anhängsel der Politik fein will, Räuberbonde waren der sich„ töniglich preußisch" nennende hat sich das Reichswehrminifterium damit einverstanden erklärt, daß muß Führerfraft in sich verspüren, Führerkraft ist aber Oberleutnania D. Schäfer und ein Leutnant Kling- neuerdings auch auf dem Stahlhelm des Reichsheeres ein lands, überall dort, wo Willen, Ideen, Persönlichkeiten vorhanden mannschaftliches Abzeichen getragen wird. Es besteht aus einem Heinen, an der linken Seite des Stahlhelmes aufgemelten find, auf die bloße Mandatszahl tommts nicht an. Ich schildere nun die Einteilung dieser so glänzend bewährten" appenschild in ben Farben des betreffenden Landes. Nun Benn sich jetzt die Demokratie unter lauten Hilferufen Luppe. Ginem einzelnen Trupp steht ein Truppführer vor, der sage noch einer, daß Herr Geßler die Reichswehr nicht reformiert! an die Türe lehnen will, um den Eintritt ber Unabhängigen
fpot.