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Nr.330 39.Jahrgang Ausgabe Afr. 161

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Morgen- Ausgabe

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonnabend, den 15. Juli 1922

Der Weg zur Einigkeit!

Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratischen Reichstagsfraktionen.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion und die Reichs. dem Borschlag mit sehr großer Mehrheit beigetreten seien. fagsfraktion der Unabhängigen Sozialdemokratie haben am leber die Ausführung dieses Beschlusses werden sich nun die Freitag abend nach Verbesprechungen der beiderseitigen beiden, Fraktionsvorstände im Laufe des heutigen Tages ins Fraktionsvorstände in getrennten Sigungen den überein. Benehmen setzen. ftimmen en Beschluß gefaßt, sich zu einer Arbeitsgemeinschaft 3wed der Arbeitsgemeinschaft ist es, zwischen den beiden zusammenzuschließen. Dieser Beschluß wird im Laufe des Fraktionen das Maximum der möglichen Einigkeit zu verwirt­heutigen Tages der Regierung und den Reichstagsparteien lichen. Die Selbständigkeit der Fraktionen und der hinter ihnen offiziell befanntgegeben werden. stehenden Organisationen besteht dabei noch meiter fort. Theoretisch bleibt fogar die Möglichkeit offen, die hoffent lich nie eintreten wird, daß die eben geschlossene Berbindung wieder gelöst wird. Alle Wahrscheinlichkeit spricht jedoch für die erfreulichere Annahme, daß mit der Gründung der Arbeits­gemeinschaft der Weg zur dauernden Einigung betreten wird und daß er nicht wieder verlassen werden wird.

Der Gedante, eine solche Arbeitsgemeinschaft zu gründen, mar in den letzten Tagen in privaten Unterhaltungen im Reichstag wiederholt erörtert worden. Auch der Borwärts" hatte ihn in seiner gestrigen Abendausgabe in die Debatte ge­worfen und die Möglichkeit seiner Ausführung in allernächster Zeit in Aussicht gestellt."

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Klare Entscheidung!

Bon Philipp heidemann.

ado Der folgende Artikel ist noch vor der Bildung der Sozialdemokratischen Arbeitsgemein schaft geschrieben, durch die eine veränderte politische Lage geschaffen ist. Nach welcher Seite sich diese Berände­rung auswirten wird, ist zur Stunde noch eine offene Frage. Redaktion des Bormärts".

Soll im Reichstag fortgewurstelt oder endlich eine klare Entscheidung getroffen werden? Unter dem furchtbaren Druck des Versailler Diktats besteht die ganze Regierungskunst feit Jahr und Tag darin, von heut auf morgen das nackte Leben zu fristen. Das ist ein unerträglicher Zustand, der noch un­leiblicher gemacht wird durch die Zusammenfegung des Reichstags. Es rächt sich von Tag zu Tag mehr, daß viele Wähler im Jahre 1920 auf den deutschnationalen Wahlschwindel hineingefallen sind.

Regierung und Reichstag haben in Zukunft also nicht mehr Daß der jetzige Reichstag überhaupt bis heute hat zu­nur mit einer SPD.- und einer USB- Frattion, sondern mit fammengehalten werden fönnen, ist allerlei taktischen Kunst­Gestern nachmittag trat nun der Borstand der sozial einer Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Fraktionen Stücken zu danken. Es sei nur daran erinnert, daß, vor nicht Demokratischen Reichstagsfraktion zu einer Sigung zusammen, zu rechnen. Es braucht faum näher ausgeführt zu merden, langer Zeit das Kabinett Birth nur gerettet werden konnte, in der beschlossen wurde, der Fraktion der Unabhängigen daß damit eine bedeutsame Aenderung der gesamten inner­den Vorschlag zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft offiziell politischen Verhältnisse vollzogen ist. Die Arbeitsgemeinschaft zu unterbreiten. Dies geschah dann in einer gemeinsamen dürfte immer mehr bei den schwebenden politischen Cantichei Sigung der beiden Fraktionsvorstände, die 2 Stunden später bungen als eine Einheit im Berhandeln und Handeln in Er­stattfand. scheinung treten. Nach Schluß der Reichstagssigung traten die beiden Frats Die beiden sozialdemokratischen Frattionen haben durch tionen wie gewöhnlich zu getrennten Sitzungen zusammen, in ihren Zusammenschluß zur Arbeitsgemeinschaft eine Tat voll denen der Vorschlag des fozialdemokratischen Fraktionsvors bracht, die von geschichtlicher Bedeutung ist und die bei den standes erörtert wurde. Die sozialdemokratische Reichstags- Maffen des merttätigen Boltes freudigste Zustimmung finden fraktion sprach nach ganz furzer Debatte beinahe einstimmig wird. Möge in Rukunft für beide von einander getrennte, jetzt ihre Zustimmung zu dem Borschlag aus. Etwas später, als wieder zusammenstrebenden Flügel der alten deutschen Sozial die sozialdemokratische Fraktion bereits auseinander gegangen demokratie die Parole gelten: ereint marschieren, mar, tam von den Unabhängigen die Mitteilung, daß auch sie vereint fchlagen!

Arbeitsplan des Reichstags.

Der Weltestenausschuß des Reichstags beschloß, in der Sonnabendfizung neben fleineren Borlagen das Gesetz über die Reichsfriminalpolizei in erster Lesung und das Gesetz über die Pflichten der Beamten gegen die Republif zur zweiten Lesung auf die Tagesordnung zu setzen. Außerdem hofft nian, noch am Sonnabend die zweite Lesung der Steuervor Tage( 3wangsanleihe, Erbschaftssteuer, Einfommensteuer) zu beginnen. Der Rechtsausschuß soll am Sonntag das Reichsfriminalpolizeigesetz beraten, damit am Montag dieses Gefez in zmeiter Lejung im Plenum verabschiedet werden fann. Am Dienstag soll dann die dritte Lesung der sämtlichen Schußgefeße vorgenommen werden, und an diesem Tage also die große Entscheidung im Reichstage fallen.

Bisher 23 Verhaftungen. Berlin , 14. Juli. ( Amfliche Meldung.) In der Mord­fache Rathena u fahndet die Berliner politische Polizei noch gegenwärtig nach dem Ingenieur Fischer und dem Oberleutnant zur See a. D. Erwin Kern , sowie ferner nach einem gewiffen Günther Brand, welcher der Teilnahme an der Mordtat in­

7. Als Teilnehmer der Student Gustan Steinbed aus Dres. 7. Als Teilnehmer der Student Gustav Steinbed aus Dres: den, früheres Mitglied der Brigade Ehrhardt und des Berbaudes nationalgesinnter Soldaten, der bei der Bermittlung des bei dem Mord benußten Kraftwagens mitgewirkt hat.

8. Als Teilnehmer der Handlungsgehilfe Rudolf Heinze aus Dresden , Mitglied des Berbandes nationalgefinnter Soldaten, des Nationalverbandes deutscher Offiziere und des Bundes der Front. soldaten, aus dem gleichen Grunde wie zu 7.

9. Als Teilnehmer der Kaufmann Werner aus Berlin , der die Vermittlung der zur Unterstellung des Kraftwagens be. nugten Garage besorgt hat.

10.

Als Begünstiger der Garagen befizer Richard Schütt aus Berlin .

meil eine Anzahl Unabhängiger bei. der Abstimmung über ein Mißtrauensvotum den. Sigungssaal verließ. Solche Kunststüde mag man so hoch einschäßen wie man will, unter Politif ſollte man gemeinhin doch etwas anderes ver stehen. Und um das gleich vorweg zu nehmen: Wer diesen Reichstag in den letzten Tagen wieder an der Arbeit gesehen hat, wird nicht glauben können, daß er noch 2 Jahre vege­tieren mird. Benn eber mit diefer hohen Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, dann ist es doch gewiß nicht ein Ausfluß poli­fifcher Beisheit, dem Zufall zu überlassen, an welchem Fünfchen sich der nächste Wahlkampf entzündet. Es dürfte sich dann doch empfehlen, die Gelegenheit beim Schopfe zu nehmen, die wie faum eine andere geeignet ist, gründlich ab­zurechnen mit all denen, die die Republif sabottieren, die mit Dem Brote muchern, die geheimbündeln, die ihre politischen Gegner systematisch verleumden, bis sie schließlich abgeschossen

werden.

Nach der Ermordung Erzbergers gingen die Wogen im Lande sehr hoch, nach der Ermordung Rathenaus war die Erregung schier grenzenlos. Aber furze Zeit nach dem einen wie nach dem anderen Morde waren und sind es im Grunde genommen nur noch die Arbeitermassen, die der Gefahr, in der die Republik schwebt, rücksichtslos zu Leibe zu gehen entschlossen sind. Bon vielen außerhalb der sozialistischen Parteien, die zuerst sehr rabiate Töne angeschlagen haben, fann man schon wieder sagen: zum Teufel ist der Spiritus, das Phlegma ist geblieben. Um fein Mißverständnis auf­fommen zu lassen, jei gleich gesagt, daß natürlich viele ehrliche Demokraten in verschiedenen nicht sozialistischen Parteien tätig find, die gleich den Arbeitern zu entschiedenstem Kampfe gegen die Reaktion bereit find, aber sie sind leider in ihren Parteien in der Minderheit. Die sozialistischen Parteien müssen mit den Verhältnissen im Reichstage rechnen und dort hat es fich leider gezeigt, daß die bürgerlichen Koalitionsparteien der Regierung geneigt find, den Wünschen von weiter rechts her se große Ronzessionen zu machen, daß die Frage brennend geworden ist, ob die Sozialdemokratische Partei den Schuh­14. Als Begünstiger der Kaufmann Baul Büsch aus Lenzen , gefeßen für die Republit, so wie sie bisher gestaltet worden Mitglied des Deutschen Bundes , der die Mörder nach der Tat befind, in der Schlußabstimmung überhaupt wird zustimmen fönnen.

11. Als Begünstiger der Garagen besiger Franz Diftet aus Berlin , die beide nach der Tat Beweisstüde, nämlich die bei der Mordtat benusten Rleidungsstüde vernichtet haben. 12. Als Begünstiger der Schauspieler Waldemar Saugmig aus Schwerin , Mitglied des Deutschnöllischen Schuh- und Trugs bundes, der zur Torischaffung eines Roffers bei der Borberei tung der Flucht mitgewirkt hat.

13. Als Begünstiger der Kaufmann Rudolf Otto aus Wismar , Oberleutnant zur See a. D., der die Mörder nach der Tat durch hergabe von Lebensmitteln unterstützt hat.

herbergt hat.

fofern verdächtig ist, als er die Bereitstellung des zur Mordiat be­nuzten Kraftwagens vermittelt hat. Außer diesen noch flüchtigen Mitbeteiligten find von der Abteilung la insgesamt 23 Per­15. Als Mitmissender der Kapitänleutnant jonen festgenommen und wegen des Verdachtes der Täter­schaft oder der Teilnehmerschaft oder Mitwisserschaft oder der Be- Tillessen, Mitglied des Neudeutschen Bundes. günftigung dem zuständigen Amtsgericht vorgeführt worden, nämlich:

16. Als Mitwissender der Kapitänleutnant a. D. Manfred v. Rillinger, Mitglied der Organisation C.

1. Als Täter der Student, frühere Zeitfreiwillige in der Ehr hardt- Brigade und Mitglied der Organisation C, Ernst Werner Lechon aus Berlin , der bei Ausführung der Tat den Kraft.

wagen gelenkt hat.

2. Als Teilnehmer der Raufmann, frühere Seetadett Chriftian Karl 31semann aus Schwerin , Angestellter des Deutschvölkischen die zur Schutz und Truzbundes, der Mordtat benutzte Rafchinenpistole hergegeben hat. 3. Als Teilnehmer der Fabritant Johannes Küchen meister aus Freiberg in Sachsen , Mitglied des Deutschvölkischen Schutz und Trugbundes, der den bei der Ermordung benutzten Rraftmogen zur Berfügung gestellt hat.

4. Ms Teilnehmer der Fabritant Franz Rüchenmeister aus Freiberg in Sachsen , Mitglied des Deutschvölkischen Schutz- und Truzbundes, aus dem gleichen Grunde wie zu 3.

17. Als Mitmissender der Hauptmann Walter Bede aus Berlin , Mitglied des Verbandes nationalgefinnter Soldaten. 18. Als Mitwissender der Korvettenfapitän a. D. Friedrich Abendroth aus Dresden , früherer Angehöriger der Brigade Ehrhardt , Mitglied der Organisation C und des Berbandes natio­

nalgefinnter Soldaten.

a. D. Karl Vielleicht steht die Sozialdemokratische Partei jetzt vor der folgenschwersten Entscheidung, die sie nach dem August 1914 zu treffen hat. Es darf nicht übersehen werden, daß die Partei jezt mehr denn je zuvor mit den zu ernstem Borgehen entschlossenen Gewerkschaften Hand in Hand gehen muß. Die Gewerkschaftsorganisationen umfassen bekanntlich neben einer fleinen Minderheit von Anhängern anderer Parteien Sozial­demokraten, Unabhängige und Kommunisten. Die Arbeiter­fchaft ist so erregt, daß sie selbst die weiseften, auf Grund der im Reichstag obwaltenden Berhältnisse getroffenen Entschei­dungen nicht billigen würde, wenn sie ihr nicht voll­fommen flar und geeignet erscheinen, die Reaktion rücksichtslos zu bekämpfen. Die Erbitterung der Ar­beiterfchaft wird, wie zu befürchten ist, sich noch steigern, wenn die Dreistigkeit der Rechten im Reichstage weiterhin so unverhohlen zutage tritt wie bisher. Zeitweilig benahmen fich die Deutschnationalen, aber auch Mitglieder der Deutschen Volks. partei, in den Reichstagsfizungen doch so, als seien sie die Herren der Situation. Das ist ein auf die Dauer für die Arbeiter unerträglicher Zustand.

19. Als Mitwissender der Schüler Hans Stubenrauch aus Berlin , Mitglied des Bundes der Aufrechten.

20. Als Mitwissender der Kaufmann Erich Bade aus Medlen burg, Gauleiter des Deutschvölkischen Schutz- und Truzbundes. 21. Als Mitwiffender der Privatdetektiv Waldemar Niedrig aus Hamburg , Mitglied der Organisation C.

Bundes.

22. 21s Mitwiffender der frühere Seeoffizier Hartmut Blaas aus Hamburg , Mitglied der Organisation C und des Neudeutschen 23. Als Mitwiffender der Kaufmann Walter Richter aus Berlin- Tempelhof , Mitglied des Berbandes nationalgefinnter Sol­

daten.

5. Als Teilnehmer der Student Wilhelm Günther aus Berlin , Mitglied des Berbandes nationalgefinnter Soldaten, des Deutschen Bundes und des Bundes der Aufrechten, der bei den Bor­bereitungen zur Mordtat, insbesondere bei der Bereitstellung der Die zu 15 bis 23 Genannten haben sich dadurch strafbar ge­Maschinenpistole, bei der Beschaffung einer Garage und macht, daß fie von dem Borhaben des Mordes vor der Taf& ennt bei der Beschaffung von Geld mitgewirkt hat. nis gehabt und es unterlassen haben, der Behörde Anzeige zu erstatten.

6. Als Teilnehmer der Gymnafiaft ang erb Te dy om ous Berlin, früheres Mitalied der Organisation C und des Deutsch Die polizeilichen Ermittlungsvorgänge werden jegt von der Ber­nöllischen Schutz und Trugbundes, aus dem gleichen Grunde liner Polizei der Anklagebehörde beim Staatsgerichtshof zu mie zu 5. geleitet.

Nur mit Ach und Krach hat die Getreideumlage gegen die Rechtsparteien und Agrarier gesichert werden fönnen. Je muchtiger dann die Anklagen gegen die Kreise, aus denen die Fäden in die Mörderorganisationen laufen, herniederfausten, um so unverschämter wurde das Benehmen Der Deutschmationalen. Man lese in ihrer Preffe und ihre Interpellation über die hier und da vorgekommenen Ausschrei tungen bei den Demonstrationen vom vorwöchigen Dienstag! Daß fein verständiger Mensch solche Ausschreitungen