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Nr. 33d 39. Jahrgang

Heilage öes vorwärts

Gonnabenö. 15. Juli 1922

Sonntägliche wanöerziele

Zum Stechlin . Unmlktelbor an der Nordgrenze der Mark liegt der Stech- Tin,«iner der schönsten Seen, den die Mark und das benachbarte Mecklenburg auszuweisen haben. Vom Siettiner Fernbahnhos fahren n ir mit den Fernzügen der Nordbahn bis F ü r st e n b e r g in Mecklenburg . Sonntagsrückfahrkarte, die zur chinsahrt schon am Sonnabend von mittags 12 Uhr an berechtigt, Z. Klasse 43 M., 4. Klasse 30, SR. Fürstenberg ist ein kleines sauberes mecklen- burgisches Städtchen, eine der früherenDorchläiichtingresidenzen". Das Schloß liegt r ämlich zwischen der Stadt und dem sich an- schließenden preußische« Dorf Ravensbrück. Wir wandern süd- lich zur Stadt hinaus. Jenseits der letzten Havelbrücke rechts ob, bald über die Bahn zum N ö b l i n s e e, und auf schönem Psode an seinem Südufer weiter. Dom Ende des Sees zum WaÜu nach 5 Minuten links ab, über den Weg von Steinförde und in westlicher Richtung hinab zum P e e t s ch s e e. Der Kiefernwald ist in Buchen- wald übergegangen. Aus dem Ostufer des Sees führt der Pfad am Fuß buchenbestanoener Höhen weiter. Bald hinter Iaycnstein 59,53 Aufstieg zumA u g u st a b l i ck" mit prächtig.'r Aussicht über den Peetschsee und seine waldig? Umgebung. Nun in südwestlicher Rich- tung auf dem Fahrweg üb« Dago« nach Neuglobsow . Beide Orte werden als beliebte Sommer irisch? von weit her ausgesucht. In Neuglobsow befand sich eine Glashütte , von der südlich des Orts noch Spuren erhalten sind. Von Neuglobsow führt westlich ein Weg durch den Wald, gleich. sam eine Allee, von Kiefern eingerahmt: er senkt sich allmählich und endet am Stechlinsee. Ein schönes Landfchostsbild tut sich hier aus: nor uns liegt der See mit der weit vorspringenden Halbinsel gegen- üb« und dem jenseitigen Ufer im Hintergrund«. Fontane hat den Stechlw prächtig geschildert, seine Schön- h-it und Größe, seine Eigenart und die Sagen, die sich an ihn knüpfen. Ein Hohn soll aus dem Grunde des Stechlin sitzen, der rot und zornig an die Ob«släche kommt, wenn er geärgert wird, und das Wasier schlägt mit seinen Flügeln, bis der See braust und wallt. Auch mit fernen Ländern soll der See in gcheimnisvollcr V«- bindung stehen, denn als 1739 in Lissabon das große Erdbeben war, sollen sich auf dem See Slrudol, Trichter und Wasserhosen gebildet haben. Die größte Tiefe des Stechlin beträgt 643 Meter. Wir wenden uns auf dem Uf«pfad nach rechts: bald überschreiten wir den Bach, der aus dem Dagowje? komint. Zur Rechten die be- waldeten Höhen, zur Linken den See, wand«« wir bis zur Nord- spitze. Von hier haben wir einen sckönen Blick üb« den Stechlin in sein« ganzen achtunggebietenden Ausdehnung bis zum Fischer- Haus am Südenbe. Lückenlos ziehen sich die bewaldeten Höhen rings um den See wid bilden einen angemessenen Rahmen. Dom Nordends des Stechlin auf dem mit Wegtafeln versehenen Wege durch prächtige Buchenhallen an dem wied« im Mecklen- durgische« siegenden Großen und Kleinen Glietzensee und dem Menowsee vorüber noch Steinförde . Alsdann am Ufer der Steinhavel unterhalb bewaldet« Höhen mit Ausblick auf »-as jenseitige beackert« Ufer, unter d« sich üb« den Weg wölbenden Tarlinde hindurch zur St e i n h a v e l m ü hl e. Ueber die Schleuse und durch das Mühlengeböft, das bei Eintritt der Dunkelheit abge- schlosien wird, an die Chaussee und auf dieser rechts nach Fürsten- b«g zurück. Weglänge 25 Kilometer. Durch den Wildpark. Dom Potsdamer Vsynhöf mit den Vorortzüge« bis Bahnhof Wildpark, bei den Zügen von der Stadtbahn in Potsdam um- steigen, vom Bahnhof aus d« Chaussee nach Werd« zum Forsthaus Sanssouci -Tor des Wildparks. Der Wildpark ist ein Waldgebiet von 575 Hektar Größe, das aus Laub- und Nadelbäumen besteht und 184Z. angelegt wurde. Sobald wir das Gebiet des Wildparks be- treten haben, folgen wir dem Wege nach dem Bayerischen Häuschen. Er führt an ein« Futterstell« oorüb«. dann zu einer Wies« Hier geht links ein breiter Fußsteig hinauf zum Haus, dos 1847 errichtet wurde. Nun denselben Fußsteig wieder hinab zum Fahrweg und aus diesem 4 Minuten zurück zur Kreuzung mit emem Gcslellweg. Dem Gcstellweg folgen wir nach lmks bis zu einem Wallgraben. Hier zweigt halblinks d« Weg zum Großen Entenfönger-Berg ab. Cr führt üb« einen zweiten Wall- er eben und steigt allmählich an, bis«r aus d« Höhe weiter geht. Der Berg hat seinen Namen.von einem Entenfanq. der hier in der Gegend angelegt wurde. Von der 5)öhe des 81,6 Meter hohen Berges schöne Aussicht nach Potsdam und Werder. Ein grün b-wachsen« Weg führt im Bogen hinab vom Berge

an eine schöne Allee. Hier geht nach 2 Minuten links der Weg zum Forst haus Nvrdtor ab. Bei diesem Forjthaus verlassen wir den Wildpark. Wir wenden uns sogleich links ab, aus der Chaussee am Zaun des Wildparks entlang, die um den Kleinen und Großen Entcnsäng«bcrg herumsührt. 2lls Werderscher Damm geht die Chaussee durch die sumpfig« Niederung, in der links der Große Entenfänger-See liegt. Am Werderschsn Fährhaus erreichen wir die Havel , die hier secortig erweitert vorüberzieht. Bon d« gegenüberliegenden Seite grüßt uns Werder, während die sich im Hintergrunde hinziehenden Werderschen Obstberge dos Landschafts- bild einrahmen. Vom Fährhaus lassen wir uns zur Stadt über- setzen, die aus einer Insel zwischen zwei Havelarmen liegt. Nach dem Landbuch Kaiser Karls IV.(1375) gehörte Werder zu den Be­sitzungen des Klosters Lehnin. Die Mönche legten aus den Bergen Weinbau an, aus dem sich später der Obstbau entwickelte. Dieser bildet noch heute den Haupternährungszweig der Bewohner. Die Verfrachtung des reisen Obstes nach Berlin geschieht jetzt in Kähnen, die von Dampfern geschleppt werden. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden, nach Berichten aus jener Zeit, ausschließlich Segel- und Ruderboots, sogenannte Schuten, benutzt, auf denen d« Steu«mann das Komniando führte und die Ruderer nicht Männer, sondern jung«, kräftige Mädchen waren, ein heiteres, ja ausgelassenes Schifssvolk, das keinen and«en Schiffer ungeneckt vorüberließ. Auf der Brücke gehen wir zum Festland hinüber und besteigen hier eine der das Ufer begleitenden Höhen, von denen sich ein prächtig« Blick üb« die Obsianpflanzimgen sowie über die zahlreichen weitousge- dehnten Seen der Umgebung bis noch Potsdam hin bietet. Pom Bahnhof Werder treten wir die Heimfahrt an. Weglänge 14 Kilomet«. * Wie wird das Sonniagswetter?

Bei Annähemaj; eines Dicht besonders starten, jedoch nm.fans'- reichon Tiefdraekgebietos, das gegen Mitte der Woche von Süst- eurepn nach den Karpatenländern vordrang, traten am Sonntag nachmittag in SäddeutsoBIaSdj Sachsen und Schlesien zahlreiche Gewitter untlRegengiisse ein und pflanzten sich in den folgenden Tagen weiter nach Korden fort. Am ergiebigsten waren die Nieder­schläge in der UiBgeburg der Oder und Elbe , so fielen z. B. in Beutben 70 mm Regen und Hagel, am Mittwoch nachmittag eben­daselbst 31 mm Begen, von Mittwoch bis Donnerstag morgen inner­halb der Stadt Berlin 43, in Berlin-Steglitz 41 und in Kvritz 36 mm Regen. Dabei webten ziemlich frische nördliche\Vinde und führten eine empfindliche Abkühlung herbei, so dass am Donners­tag die Temperaturen im mittleren Norddeutschland grösstenteils unter 15 Grad Celsius fielen. Jetut Ist da» Tief nach der «stllc heu OslseekUste gelangt, von wo es nur langsam nordwärts weiterzuziehen scheint. Gleichzeitig rückt vom Atlan­tisehen Ozean gegen Schottland ein neues Tiefdruckgebiet vor, dass sich in einem breiten Ausläufer nordostwärts bis nach Nord­frankreich hinein erstreckt. Zwischen beiden Tiefdruckgebieten gelegen, haben wir am Sonnabend and wohl auch anfangs am Sonntag zeitweilige Aafhellnng den Wettern zu erwarten. Dabei dürften sieh die Winde nach Süden drohen und das Thermometer wieder etwas höher steigen. Etwa am Sonntag vormittag oder gegen mittag wird aber wahr­scheinlich ncaer Regen eintreten und, obschon mit einigen Unterbrechungen, während des grösseren Teiles des Tages anhalten.

Die Helöen vom Trittbrett. In jenen letzten Monaten des Jahres 1918 und in den ersten des darauffolgenden Jahres, dann aber jedesmal bei Verkehrsein- stellungen der Straßen- und Hochbohnen konnte man die Beobach- tung machen, daß die Ring- und Vorortbahnen gestürmt wurden, und daß die Menschen, von dem Wunsch geleitet, aus jeden Fall mitzukommen, die Fahrt auf dem Trittbrett der Wagen mitmachten. Das Mitfahren in dieser Form soll natürlich nicht sein, ist v«boten, steht unter Strafe und ist außerdem mit persönlicher Lebensgefahr verbunden. Das M«kwürdigc aber, das sich bereits in jenen weit zurückliegenden Tagen zeigte, war, daß die Männer oft auf den Trittbrettern stehen blieben, selbst wenn innen schon wieder ganz be- quem Platz war. Bitten, Mahnungen und Strafen Helsen nichts. Da geschah das fürchterliche Unglück auf dem Nordring, das die Menschen reihenweise vom Trittbrett heruntermähte. Man meinte, dieses Unglück hätte doch endlich eine Warnung sein müssen. Umsonst. Am letzten Sonntag, als am frühen Nachmittag ganz plötzlich d« Wettersturz kam und die Menschen in rasender Eile heimwärts stürmten, waren die Trittbrett« der von Rahnsdorf kommenden Züge abermals dicht besetzt, und wieder zeigte es sich, daß manche selbst dann draußen blieben, wenn innen bereits wieder Platz war. Besonders eingerissen ist diese Unsitte auf den Strecken nach Fürsten- brunn und Hennigsdorf . Man fragt sich erstaunt und v«wundsrt: Warum das? Die Losung ist sehr schnell gefunden. Es ist immer die Eitelkeit, die die meist recht jugendlichen Trittbrettfahrcr zu ihrem absonderlichen Tun anspornt. Man kommt sich wie ein rechter Held vor, wenn man in straff« Haltung mit trotzigen Mienen, dem wild vorbeipeitschenden Wind preisgegeben, draußen steht, während die anderen gemächsich drinnen sitzen. Denn das Drinnensitzen ist doch kein Kunststück. Aber das Stehen auf dem Trittbrett! Und man schielt auch recht oft in die Scheiben, um gewahr zu w«den, ob die Drinnensitzenden sich mit dem kühnen Helden vom Trittbrett beschäftigen, und man hofft vornehmlich, dem weiblichen Teil der Mitfahrenden ganz kolossal mit seinem Heldentum zu imponieren. Wenn aber diese Bürschchen gar nicht auf die Mahnungen der Bahn- beamten und der verständigen Leute hören wollen, so könnte es vielleicht gar nicht schaden, wenn sich mal ein muskulös« Männer­arm aus dem Abteil nach außen reckt« und den jugendlichen Tritt- bretthelden einfach durch das Fenst« ins Abteil zöge. Da hätten die Mädels mal was zu kichern und die übrigen Insassen in dies« trostlosen Zeit auch mal ein paar ungetrübte fröhliche Minuten. Uebrigens wollen jetzt auch die Eisenbahnverwallungen gegen die Helden vom Trittbrett unnachsichtlich und mit großer Strenge vor- gehen, ebenso auch gegen die Raucher in Nichtroucherobteilungen.

Der �Satpr' von Köpenick. 03n sonderbar« Heiliger trieb im Frühjahr d. I. kn der Um. gebung von Köpenick sein" Unwesen. Dort wurden mehrere Mo- nate hindurch Frauen und selbst Schulmädchen von einem Jndivi- duum stark«schreckt und belästigt, welches zu der eigenartig veran- tagten Menschenklasso der sog. E x h i b i t i o n i st e.n gehörte. Ahnungslos des Weges gehende Frauen wurden plötzlich von einem in halbnacktem Zustande befindlichen Mann«, der aus einem Ge- büsch auf sie zustürzte, angefallen, der sich schamlos benahm, um dann blitzschnell wieder zu verschwinden. Unter dem Verdacht, Liese Sittlichkcitsattentote v«übt zu haben, wurde im März fr I. ein Mann namens Richard K e s s e l m o n n verhastet, und zwar auf die Anzeige einer Frau Rektor C. hin, welche ihn als den Täter bezeichnet«. Die Folge war die jetzige Anklage wegen Er regung öffentlichen Aergernisses, Beleidigung und in einem Falle sogar wegen versucht« Notzucht, da er ein« Frau tätlich an- gegriffen haben sollte. Bor Gericht wurde vom Rechtsanwalt Dr. S t e m m l e r als Verteidiger des Angeklagten unter Beweis gestellt, daß dieser selbst unmittelbar, nachdem er Kenntnis von der gegen ihn erhobenen Beschuldigung erholten hatte, zu der Zeugin, Frau(L., gegangen sei und dieser in Zeugen gegen- wart erklärt habe, daß et b e st i m m t nicht der Täter sei. Wenn dieselbe Zeugin jetzt unter dem Einfluß der polizeilichen D«nehnningen usw. noch so longer Zeit plötzlich mied« erkläre, d« Angeklagte sei der Täter, so beweise dies, daß vermutlich sämtliche Zeuginnen, die den Angeklagten jetzt nach Monaten wiedererkennen wollen, mit« einer gewissen Massensuggestion stehend diese Aus- sogen machen. Die Geschworenen hielten den Sachverhalt an- gesichts dieser Tatsachen nicht für aufklärbor und verneinten die Schuldfragen, so daß der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen wurde.

Der Ruf durchs Fenster. Roman von Paul Frank. Die Ermahnung über solche Beschäftigung den eigent- lichen Zweck unseres Hierseins nicht zu vergessen, dürfte wohl überflüssig sein?' Ganz und gar. Ich mache Ihnen den Dorschlag, heute morgen, so zeitig als möglich, zu Herrn Tudolin zu gehen, da ich mir vorgenommen habe, ihm unbedingt, ohne irgendeine konventionelle Rücksicht zu nehmen, den Standpunkt klarzu- machen, von dem abzugehen wir nicht gewillt sind." Ausgezeichnet; hier bin ich endlich einmal ganz Ihrer Meinung. Was allerdings jene andere Angelegenheit an- langt, die mysteriöse Uebereinstimmung, von der Sie vorhin so begeistert gesprochen haben.. /' Die vertrogen wir vorläufig." Auch damit bin ich einverstanden. Und wenn es Ihnen pacht. so wollen wir vorläufig noch ein paar Stunden schlafen; ich für meinen Teil empfinde wenigstens das dringende De- will ich nicht länger stören! Gute Nacht, Herr Doktor, und nichts für ungut! Um neun Uhr klopfe ich an Ihre Tür und hoste, Sie bereitzusinden!" Als Doktor Jordan und Klaus Garbislander das Zimmer des Polizeipräfekten betraten, war darin eine stattliche Zahl von Personen versammelt, in deren Mitte Herr Tudolin sich befand, der sich gar keine Mühe gab. die Erregung zu ver- bergen, die ihn ergriffen hatte, und der den Eintretenden, als er ihrer ansichtig wurde, die Hand schüttelte und sie begrüßte. Das ist heute eine Nacht gewesen!" rief er dem jungen schrift- steller zu.Wissen Sie, daß ich um vier Uhr glücklich nach Hause gekommen bin? Wenn er wenigstens dafür gestanden hätte!" Wie ist das Berhör ausgefallen?" erkundigte sich Gar» bislander. Ich möchte am liebsten, um vor Aerger nicht zu ersticken. gor nicht davon sprechen! Etwas Aehnliches ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen!" ereiferte sich der

Präfekt.Trotz aller Anstrengung ist es mir nicht gelungen, aus dem Burschen auch mir zwei zusammenhängende Worte herauszukriegen, irgendwelche Angaben von Wert und Wich- tigkeit zu holen! Wenn er wenigstens gelogen, wenn er randaliert oder getobt hätte! Aber nichts von alledem, und nur dieses starre, konsequente Schweigen, das weder Güte noch Drohung zu brechen vermag." Mir ist es nicht anders ergangen," ließ sich der Kom- missar Ljubatfchow vernehmen, dem die Befriedigung über das Fiasko, das der Chef erlitten, deullich anzumerken war. Ich hätte den Herrn Präfekten sonst gewiß nicht bei nacht- schlafender Zeit ins Bureau bemüht." setzte er, boshaft lächelnd, hinzu. Don welchem Burschen ist eigentlich die Rede?" fragte der Arzt den Schriftsteller. Bon dem Defraudanten, von dem ich Ihnen heute nacht erzählt habe," sagte Garbislander.Wie heißt der Dieb eigentlich?" fragte er den Präfekten.Sie haben zwar gestern seinen Namen genannt, den ich jedoch wieder vergessen habe." Faltin heißt er Richard Faltin." Wenn die Herren sich für Einzelheiten der Affäre inter - essieren sollten.. ließ ein kindhaft kleingewachsener Her? mit einem schmalen, überaus elegant gekleideten Körperchen sich vernehmen, der sich zugleich vor dem Schriftsteller artig verneigte und ihm das zartgelb behandschuhte Händchen ent- gegenstreckte. Direktor Roos von der Handels- und Gewerbebank." stellte der Präfekt vor. Garbislander, Schriftsteller aus Wien, " entgegnete dieser und sah in das seltsam fahle, kahle, haarlose Gesicht des Bankdirektors, wobei es seinem scharf beobachtenden Blick nicht entging, daß der Mann eine Perücke trug, deren fuchsige Farbe ihre Auffälligkeit erhöhte, und die dem Alter ihres Trägers durchaus nicht angemessen war. Ueber den wimper- los geröteten Augen saßen in kühnem Schwung die mit dem Kohlenstift viel zu dick gezogenen Brauen. In liebenswürdig verbindlicher Weise, die der Grundzug seines Wesens zu sein schien, erklärte der Bankdirektor sich bereit, dem Schriftsteller die Auskünfte zu erteilen, die dieser verlangte. Beide Herren zogen sich in eine Zimmerccke zurück. Der Betrug ist ungeschickt und plump genug inszeniert worden, da schon oierundzwanzig Stunden noch der Bcrübung

die Tat entdeckt war, und der verdächtige Faltin außerdem ein dermaßen sonderbares Benehmen zur Schau trug, daß man schon darum anzunehmen berechtigt war, daß etwas Außer- gewöhnliches in seinem Leben sich ereignet haben müsse. Er war von Grund auf verwandelt und auch für seine unmittcl- bare Umgebung nicht wiederzuerkennen." Jordan war neben Garbislander getreten. Wie war er denn früher gewesen, vor Begehung des Diebstahls?" Niemand von uns hätte ihm ein derartiges Verbrechen ziigetraut, keiner von denen, die ihn gut zu kennen glaubten. Richard Faltin war ein bescheidener, stiller, fleißiger, junger Mensch von sechsundzwanzig Iahren, der bisher der exaktesten Pflichterfüllung gelebt hatte." Was haben Sie darauf zu erwidern, Doktor?" konnte sich Garbislander nicht enthalten, triumphierend auszurufen. Die Parallele läuft weiter!" Welche Parallele?" erkundigte sich der Bankdirektor. Wollen Sie doch bitte, fortfahren, Herr Direktor," bat der Schriftsteller eifrig.Es war dies nur eine Bemerkung in Paranthese und eigentlich nicht zur Sache gehörig." Richard Faltin steht seit fünf Jahren in Diensten der Handels- und Gewerbebank, hatte alle Aussicht, seine Stellung zu verbessern, und nur seiner Tüchtigkeit, seiner absoluten Ver- trauenswürdigkeit hatte er es zu danken, daß er in jungen Iahren schon die Stellung eines Kassierers bekleiden durfte. Sie können sich wohl denken, meine Herren, daß für dieses Amt nicht der erstbeste in Frage kommen kann, daß vielmehr unter dem Beamtenmaterial gesucht und gesichtet wird, ehe man einen auswählt. Nicht daß die vorkommenden Fälle von Unredlichkeit etwa häufig wären, da wir ein unnachsicht- lich strenges Kontrollsystem eingeführt haben, das eine Unregel- Mäßigkeit in der Gcldgebarung beinahe vollständig aus- schließt. Natürlich kann es trotz aller Wachsamkeit und Ge» nauigkeit vorkommen, daß man einem besonders raffiniert angelegten Betrug zum Opfer fällt. Vor neun Jahren hat sich in unserem Institut der letzte derartige Fall ereignet. Der allerdings, um den es sich heute handelt, läßt sich mit jenem ganz und gar nicht vergleichen, da der Täter diesmal die Sache ganz plump, unbegreiflich derb und ungeschickt an- gefaßt hat. so daß sie eigentlich von vornherein für verloren gelten mußte* (Fortsetzung folgt.)