Nr. 331 39.Jahrgang Ausgabe Nr. 159
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Vorwärts
Berliner Volksblatt
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und 2506 bis 2507
Sonnabend, den 15. Juli 1922
England und der Schuldenausgleich.
Der englische Finanzminister Robert Horne hielt gestern im Unterhaus eine vielbemerkte Rede, in deren Verlauf er es eine Ehrenpflicht Englands nannte, die Schulden an Amerika abzutragen. Ueber die internationale Lage, wie sie durch die deutschen Zahlungsschwierigkeiten entstanden
testen nach einer Beschneidung der Reparationslasten rufen, fich aber wie die Wilden gebärden, wenn der Gläubiger Einficht in die Bücher verlangt.
Jouhaux über den Marksturz.
Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Verlag, Haupterpedition n. JuferatenAbteilung: Dönhoff 2506-2507
Die Arbeitsgemeinschaft.
Der Beschluß der beiden sozialdemokratischen Reichstagsfraktionen, sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zu= sammenzuschließen, wird von der gesamten Berliner Presse als das bedeutsamste Ereignis des gestrigen Tages an hervorragender Stelle und in auffallendem Druck veröffentlicht. Da er aber erst in später Abendstunde gefaßt wurde, beschränken fich die meisten Blätter auf seine Wiedergabe, der fich in vereinzelten Fällen kurze Kommentare anknüpfen."
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Verhandlungen zwischen Frankreich und Amerika . fei, sagte er, es sei fein Grund vorhanden, zu verzweifeln. Er Paris , 14. Juli. ( WTB.) Ueber die gestrige erste Besprechung glaube, es werde ein Weg gefunden werden, um die ernsten der französischen Finanzdelegierten Parmentier, Leneveu und Das Berliner Tageblatt" schreibt: Gefahren auf finanzillem Gebiete zu vermeiden, und in dieser Bayer mit dem amerikanischen Schazsekretär Mellon in Washing - Dieser Beschluß der beiden sozialistischen Parteien ist von Beziehung werde England eine große Rolle spielen ton erfährt der Vertreter von Havas, daß das amerikanische Schahz großer politischer Tragweite und ist geeignet, wesentkönnen. England verzichtet für seinen Teil also a den Schul- amt Parmentier um Einreichung von Berichten über die franzölich zur Klärung der gegenwärtigen politischen Krise beizutragen. denausgleich. Darüber hinaus kann die Andeutung Robert fischen Budgets des vergangenen, des laufenden und des Ob die Arbeitsgemeinschaft nur der erste Schritt für eine Ver. Hornes bedeuten, daß England trotzdem bereit ist, der Frage tommenden Jahres, um die Statistik der französischen Produktion, fchmelzung beider Parteien sein oder ob, bei der ungleichartigen eines Schuldenverzichts Frankreich und vielleicht auch seiner des französischen Handels und der französischen Aus- und Einfuhr Zusammensetzung der unabhängigen sozialistischen Fraktion, in der anderen Gläubiger Belgien und Italien gegenüber näherzu- ersucht habe, die ihm nur unvollständig vorlägen. Selbstverständlich Persönlichkeiten wie Adolf Hoffmann , Levi, Ledebour mit Breits treten. Auch in der englischen Presse. finden sich nun- fönnten auch über alle übrigen Fragen zweddienliche Ausscheid und Criſpien zusammenfißen, der Versuch einer Gemeinschaftsmehr derartige Andeutungen. So sagt die frankreichfreund- fünfte gefordert werden. Nach Zusammenstellung des Aften arbeit, wie in der ersten Zeit nach der Revolution, auch diesmal liche, zu der englischen Regierung in Opposition stehende stückes werde Mellon sofort die Kommission zusammenrufen, vor der scheitern wird, muß die nächste Zukunft lehren. Nicht zuletzt wird ,, Times", das Problem der Bezahlung der britischen Schul- Barmentier die nötigen Erflärungen abgeben werde. man jedenfalls in den Gewerkschaften das treibende den an Amerika im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Element für diese Arbeitsgemeinschaft erbliden fönnen. Alliiertenschulden an England, um dadurch die unhaltbare Die Vertreter der Gewerkschaftsverbände, die heute früh Lage in Europa zu beheben, stelle einen Appell an eine großzügige Voraussicht dar, durch die man den höchsten internatio- Jouhaur schreibt zur Zusammenschlußbewegung der internatio- froher Ueberraschung gelesen haben, werden sich der ihnen Paris , 15. Juli. ( WTB.) Der französische sozialistische Führer die Nachricht von dem Beschluß der beiden Fraktionen mit nalen Interessen diene. England müsse sich an nalen sozialdemokratischen Parteien zur Unterstützung der zugemuteten Urheberschaft gewiß nicht schämen. Indes wissen dieses große internationale Unternehmen deutschen Demokratie: Der finanzielle Zusammenbruch unsere Leser bereits, daß der Vorschlag vom Vorstand der heranwagen. Reichstagsfraktion Auch Daily Mail“ und„ Daily Telegraph " Deutschlands stellt ein neues Problem dar, das eng mit demjenigen sozialdemokratischen halten es für notwendig, daß England in dieser Hinsicht die der Aufrechterhaltung der Demokratie verknüpft ist. Der Sturz ohne jeglichen Druck" von anderer Seite ausgegangen war. Die Berliner Volkszeitung" beschränkt sich auf Initiative ergreift und im Evening Standard" heißt der Mart und die Teuerung, die notwendigerweise daraus het die Bemerkung, die durch die Bildung der Arbeitsgemeindie vorgehen wird, können für die über den Alliierten werde von der englischen Regie rung ernsthaft in Erwägung gezogen. Das End: ziel diefer Maßnahme sei, durch eine gleichzeitige Herabjegung der Reparationsschuld eine große internationale Anleihe für Deutschland möglich zu machen. Das Blatt erinnert daran, 1 Milliarde 187 Millionen Pfd. Sterling belaufen, wovon auf 1 Milliarde 187 Millionen Pfund Sterlin belaufen, wovon auf Frankreich 58 Millionen, auf Italien 500 und auf Belgien 103 Millionen entfallen. Daraus ist ersichtlich, welche Anforderungen an den Opfermut Englands gestellt werden, und man fann sich wohl auch in Frankreich faum der Einsicht verschließen, daß es Englands gutes Recht ist, wenn es angesichts dieser Opfer die Vorhand in der Reparationsfrage für sich in Anspruch nimmt.
ihr Berzweiflung im Gefolge haben. Jouhaur verlangt deshalb einen einmütigen Druck der Arbeiterschaft, der die Regierungen nötigen soll, bei der Sanierung der deutschen Finanzen mitzuwirken. Das deutsche Proletariat unterſtüßen, sagt er weiter, heißt aber nicht zugeben, daß die Regierungen durch ge= fährliche politische Maßnahmen, die übrigens auch unwirksam sein würden, die Propaganda der Platzhalter des alten Regimes verstärken.
Abreise des Garantiekomitees.
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Das Garantiefomitee hat, wie die Dena erfährt, seine Arbeiten beendet und wird am Sonntag nach Paris zurückkehren. Die Differenzen, die mit der deutschen Regierung bezüglich der Maßnahmen gegen die Kapitalflucht Die französische Schuldenkommission hat bestanden, sind behoben. Eine Anzahl von Gefeß in Washington die ersten Besprechungen mit den amerikani- entwürfen sind aus diesen Beratungen entstanden, die schen Gläubigern gehabt. Die sereinigten Staaten verlangen die Reichsregierung in nächster Zeit durchzuführen die Abzunächst einen genauen Einblick in die Staatshaushalt- ficht hat. Das Garantiekomitee wird Anfang der nächsten pläne Frankreichs und wirtschaftliche Statisti- Woche in Paris seinen Bericht erstatten. Nach der jezigen fen. Auch Frankreich bleibt also die Bitterfeit eines Berfah- Stimmung der Mitglieder zu urteilen, kann dieser im allgerens nicht erspart, das sich bei einem mit seinen Zahlungen meinen günstig ausfallen. Das Garantiekomitee hat die ins Hintertreffen gelangten Schuldner nun einmal nicht um- Ueberzeugung gewonnen, daß die deutsche Regierung den gehen läßt. Ein Vergleich mit Deutschland liegt nahe. Er besten Willen hat, die notwendigen Maßnahmen zur Saniezeigt, wie unfinnig das Verhalten derer ist, die zwar am lau- rung der deutschen Finanzen zu treffen.
Präsident Pilsudski droht mit dem Rücktritt. Warschau , 14. Jull.( WTB.) Der Staatschef Pilsudski richtete an den Sejm - Marschall Trampczynffi ein Schreiben, in dem er sagt, daß die Wahl Korfantys zum Ministerpräsidenten mit seinen Ansichten über die innere Lage des Staates in Widerspruch stehe und er sich daher gezwungen sehen werde, in kürzester Zeit jein Amt niederzulegen.
ten. Präsident Pilsudski scheint derselben Auffassung zu sein. Seine Rücktrittsdrohung bringt ein neues Moment in den Verfassungskampf, der nun schon seit Wochen zwischen dem Staatschef und dem Parlament droht und der kein Ende finden kann, weil die Parteifonstellation im Sejm dieses Parlament verhindert, von der Macht einen dienlichen Gebrauch zu machen, die es gerne für sich in Anspruch nehmen möchte. Noch verwickelter wird der Verfaffungskampf durch die Tatsache, daß er sich bereits unter dem Zeichen der Neuwahlen abspielt.
Appell an Sowjetrußland.
Gegen einen Racheakt.
Prof. Dr. Albert Einstein , Helmuth v. Gerlach und Graf e Bler haben, wie die„ Dena" erfährt, folgenden Appell an die Sowjetregierung gerichtet:
fchaft vollzogene Tatsache sei geeignet, die Schwierig. feiten, die der Lösung der parlamentarischen Krise entgegenstehen, wesentlich, vielleicht gar entscheidend zu
mindern".
Ueber dieselbe Frage äußert sich die Bossische Zei tung" etwas zweifelhafter, wenn auch immer noch recht zuversichtlich. Sie beschäftigt sich mit dem Leitaufsak des ,, Borwärts" von gestern abend, der den Vorschlag zur Bildung der Arbeitsgemeinschaft bereits enthielt, und meint, wir dürften darüber unterrichtet sein, daß Zentrum und Demokraten bereit seien, im Fall einer Verschmelzung beider Fraktionen die Koalition mit der neuen Gesamtfraktion fortzufezen. An ihrer zahlenmäßigen Stärte von 180 Mann würden sie sich nicht stoßen. Bedenken würden nur dagegen erhoben, die USP. als vierten selbständigen Koalitionspartner aufzunehmen. Der ganze schwere Streit um die Koalitionserweite rung hätte nach der Boff. 3tg." vermieden werden können, wenn alle Unabhängigen oder wenigstens jene überwiegende Mehrheit der Unabhängigen, die heute innerlich auf dem Boden der Sozialdemokratischen Partei stehen, in deren Fraftion eingetreten wären, genau so, wie im vergangenen Jahr nach dem Halleschen Parteitag ein großer Teil der Unabhängigen zu den Kommunisten übergegangen ist. Das Blatt tommt zu folgendem Schluß:
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Inzwischen ist die im Borwärts" bereits angekündigte Arbeitsgemeinschaft der beiden sozialdemokratischen Reichstagsfraktionen tatsächlich zustande gekommen. Wie sich die anderen Koalitionsparteien dazu stellen werden, ob sie diese Arbeitsgemeinschaft einer Verschmelzung der beiden Fraktionen gleichwertig erachten werden, muß ab gewartet werden. Das wird der schwierigste Punkt der Verhand lungen werden. Hat man sich erst darüber verständigt, dann darf bie Sorge um die dritten Abstimmungen am Dienstag sehr gering sein. Die Germania " gibt die Nachricht an leitender Stelle wieder und antwortet auf unsere Ausführungen von gestern u. a. das folgende:
Die Wahl Korfantys zum Ministerpräsidenten ist Wenn der ,, Vorwärts" die von niemandem aufgeworfene Frage, offenbar eine Verlegenheitsmaßnahme des polnischen Parlaments. die ja eigentlich überhaupt feine ist, anschneidet, was Das Stimmenverhältnis von 219 gegen 206 zeigt, wie schwach die man von einem Ausscheiden der Sozialdemokratie aus der RegieMehrheit ist, die hinter Korfanty steht. Korfanty galt bisher als rung erwarte, so scheint er uns die Rollen zu vertauschen; denn an Anhänger der Aeußersten nationalen Rechten. Seine Tätigkeit als ein Herausdrängen der Sozialdemokratie aus der Regierung denkt Abstimmungskommissar in Oberschlesien ist noch in frischer Erinneim entferntesten fein Mensch und davon war auch in unserem Arrung. Er arbeitete mit allen Mitteln. Als er sich seinerzeit an die " Die Unterzeichneten sind tief ergriffen von den Umständen, titel nicht mit einem Worte die Rede. Vielmehr war in unseren Spitze der polnischen Aufrührer stellte und das Abstimmungsresultat unter denen sich der Prozeß der Sozialrevolutionäre vollzieht. Sie Kreisen auf Grund der Haltung der Sozialdemokratie die Aufmit Terror und Waffengewalt gegen Entente und Interalliierte fürchten ein unwiderrufliches Urteil und richten deshalb im Namen fassung entstanden, daß man das Zentrum als nebenfächlich beRommission zu„, revidieren" versuchte, wurde die polnische Regierung der Menschlichkeit und der allgemeinen Beruhigung einen dringen- handeln und ihm eine Rolle zuweisen wolle, die mit der Koalitions. ron den Alliierten gezwungen, Korfanty abzuberufen. Obwohl die den Appell an die Sowjetregierung, um sie zu bitten, sich jedweder politik nicht gut zu vereinbaren ist. polnische Regierung versicherte, mit den Butschisten nichts zu tun zu Maßnahmen zu enthalten, die von der zivilisierten Welt als die haben, fand Korfanty in Bolen bald einen Ehrenplatz. Er war einer Bollziehung eines Ra che attes angesehen werden könnten." der Gründer des Polnischen Verbandes zum Schuhe der Westmarten", der die Turner, der vor zwei Jahren Rußland besuchte, London , 15. Juli. ( Eẞ.) Der Abgeordnete der Arbeiterpartei, Gebiete als Hauptziel auf seine Fahne geschrieben hat. Er nahm ein Telegramm an Lenin , worin er die Aufhebung der hat sie nach der„ Einheitsfront" geheult, gebrüllt, gefreischt lebhaften Anteil an der deutschfeindlichen Propaganda in Ostpreußen , Todesstrafe in Rußland und die Begnadigung der verurteilten und gezetert. Nun ist die Einheitsfront da ihr unsolidarischon seit langem als zukünftigen Ministerpräsidenten, doch hatte es Sozialrevolutionäre fordert. Das Telegramm ist von fches intrigantes Verhalten selber aus ihr ausgeschlossen haben, bisher den Anschein, daß er als Mehrheitskandidat nicht in Frage dem Direktor des„ Daily Herald" mitunterzeichnet. fam, da man in ihm den Vertreter der extrem- deutschfeindlichen Richtung fah. Auch wenn man berücksichtigt, wie wandlungsfähig Kor- Nachrichten" melden, gelangen zurzeit bei der 3meigstelle München das Sozialisten gefeß!" schreibt sie: Waffenzerstörung in München . Wie die„ Münchener Neuesten USP. SPD. tapitulieren!", SD. und USP. für fanty ist, muß feine Romierung zum Ministerpräsidenten an dem der Reichstreuhandgesellschaft die auf Befehl der Ententekommission Die Bourgeoisie hat nichts mehr dagegen, daß Hilfer. Tage, an dem die deutsch polnischen Wirtschaftsver im Münchener Zollamt beschlagnahmten neuen Jagdwaffen von ding oder Breitscheid , oder auch beide, Miniſter werden. Sie hat handlungen beginnen, wie eine Propotation Deutschlands mire etwa 9000 Stück zur Zerstörung. ihren Widerstand aufgegeben, fomie fie erkannte, daß es den Unab
Aus dem wesentlich beruhigten Ton der Germania " glauben wir schließen zu dürfen, daß sie sich selbst von der Irrigkeit ihrer Auffassung überzeugt hat. Die Rote Fahne " tobt wie besessen. Monatelang
und wie heißt es nun? Unter fnallenden Ueberschriften wie
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