Major Vebersteüts SartholomSusnacht. ,,Jch sehn- mich danach, dah Fach in Berlin einzieht." Von unterrichteter Seite erfahren wir: Der Schriftleiter der Zeitschrift„Volk und Wehr', Organ des Verbandes„national" gesinnter Soldaten(der be- kanntlich aufgelöst wurde), schrieb in einem vom 7. April 1921 datierten Brief von Berlin : „Ich werde hier auch demnächst Vorträge über Kriegsverbrecher" halten, da das ja mein Spezialgebiet ist. Uebrigens würde ich Dir raten, bei Eurem Vortrag meine Schriftenfolge„D i e B e st i e n im Weltkriege" zu verkaufen und in Massen zu verbreiten... Im Vertrauen will ich Dir noch mitteilen, daß Ende des Mo- nats bei Lehmann-München eine von mir aufgestellte Gegenliste erscheint. Da die Regierung zu feige und zu schlapp ist, habe ich mich an die Arbeit gemacht. Titel:„Kriegsverbrecher" Eine deutsches egenliste an Frankreich , ausgestellt auf Grund amtlichen Materials, nach den Vernehmungen der Kriegsgefangenen in den Durchgangslagern usw. usw. von einem Deutschen . Sie wird, hoffe ich, riesiges Aufsehen machen. Alphabetisch stelle ich etwa 600 französische Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften, Aerzte, Sanitäter, Schwestern und Dolmetscher an den Pranger. Sie wird in fast allen Sprachen übersetzt. Wirkung hat sie natürlich nur, wenn sie in Millionen von Exemplaren in die breite Masse geht... Falls sie einschlägt, soll auch England darankommen. Der Reichswehrminister bekommt«Volk und Wehr" regelmäßig, so daß er auch Deinen Artikel liest." Briefschreiber ist der Major W e b e r st e d t, der am 21. April 1921 in einem anderen Briefe anzeigt, daß er in die Redaktion des„Deutschen Tageblatt"(eine Gründung Wulles!) eingetreten und dort Schriftleiter der jeden Mittwoch er- scheinenden Beilage„Deutsche Wehrkraf t", Wochen- beilage für Heerwesen und Wehrkraft, geworden ist. Weberstedt ist auch zweifellos der geeignete Mann für Wulle wie auch als Referent über Kriegsverbrecher und Herausgeber der deutschen Gegenliste, denn am 18. April 1921 hatte er an denselben Adressaten geschrieben: «Eine Möglichkeit für Dich, Dich ganz der Arbeit des Verbandes zu widmen, bestünde nur dann, wenn der Landesverband so stark und leistungsfähig würde, daß Du besoldeter Geschäftsführer würdest. Vielleicht erreichst Du es und Du bist dazu berufen, die Erhebung Ostpreußens , wenn die Stunde kommt, vorzubereiten und zu leiten. Denn letzten Endes arbeiten wir doch alle auf ein zweites IStZ hin. Und je mehr sie uns knechten und treten, desto eher wird der Tag kommen! Ich sehne mich danach, daß Foch in Berlin einzieht, denn eher wacht das deutsche Volk nicht aus! DielleichtistderTag nicht mehr fern. Mein Ideal ist eine zweite Bartholomäusnacht, ln der wir die Eindringlinge nicht nur erledigen, sondern uns ihrer schwere» Waffen bemächtigen, das ist die Hauptsache!" Und der Briefempfänger schreibt in einem Artikel, dessen Manuskript uns vorliegt: «Und die da nicht zurückschauen wollen, den verlorenen Kaiser, ihre verlorene Volks- und Waffenehre nicht sehen, nicht mehr erkennen wollen, die in ihrem neuen republikanischen,„demo- kratischen" Deutschland sich häuslich einnisten und ihr Glaubens- bckcnntnis aller Welt gar ins Gesicht schreien: auch unter der Re- publik kann man«ein guter Deutscher " sein— es sind unbedingt die Berworsencn.... Das deutsche Volk wird nicht eher vor Gott und der Geschichte wieder gerecht dastehen, bis es nicht einen großen Fehltritt zurückgetan und seinen schmäh- lich verratenen Kaiser gefragt haben wird: Wollen Euer Majestät die Gnade haben, uns wieder zu regieren?" Deshalb also waren Ludendorff , Litzmann , Lettow-Vorbeck und zuletzt Hindenburg in Ost- preußenl_ die„Korruption" ües„vorwärts". Vor der 11. Strafkammer des Landgerichts I Berlin fand am Sonnabend die Berufungsvcrhandlung des„Vorwärts" gegen das „Deutsche Abendblatt" statt. In einem Artikel vom 17. November 1021 hatte da-„Deutsche Abendblatt" Rcinhold Mulles den„Vor- wärts" wegen eines Aussatzes über dänische Kulturprcpaganda in ziemlich unvcrhüllter Form den Vorwurf der Korruption und der Arbeit in fremdem Solde gemacht. Namens des „Vorwärts" strengte der damalige verantwortliche Redakteur Ge- nosie Dr. Peiser Beleidigungsklage gegen das Wulleblatt an. Im ersten Termin suchte sich der Verantwortliche Wulles dadurch her- auszureden, daß er unter Korruption eine„zusammengebrochene Weltanschauung"(!) verstanden wissen wollte! Diese saule Ausrede, die mit völkischem Monncsmut herzlich wenig zu tun hatte, ver- fehlte ihre Wirkung. Der Mann wurde verurteilt, legte aber Be- rufung ein. In der Berufungsinstanz versuchte Wulles Vertreter die Aktivlegitimation des Klägers zu bestreiten. Der Vorsitzende regte vor Eintritt in die Verhandlung einen Vergleich an, mit dem sich Genosse Dr. Peiser schließlich einverstanden erklärte. Der An- geklagte mußte sich zu folgender Erklärung bereitfinden: „Ich habe in dem Artikel„Korruption" in Nr. 1S6 des„Deut- schen Abendblattes" vom 17. November 1921 denVorwursder Bestechlichkeit gegen den„Vorwärts" oder dessen Mitarbei- ter, insbesondere gegen Herrn Dr. P-iser, den damaligen verant- wortlichen Redakteur, nicht erheben wollen. Sollte aus der Fassung des Artikels ein solcher Vorwurf herausgelesen werden können, so bedauere ich, daß diese Fassang gewählt worden ist. Ich bin damit einverstanden, daß diese Erklärung je einmal in einer Ausgabe des„Vorwärts" und des„Deutschen Abendblattes" veröffentlicht wird." Der Angeklagte mußte sich ferner verpflichten, sämtliche gericht- lichen und außergerichllichen Kosten des Verfahrens zu übernehmen. >Heutschsozia!e Msröpropaganüa. Ein Demokrat, Mitglied des Bundes jüdischer Frontsol- baten, schildert uns, was er kürzlich in einer Berliner Versammlung der Deutschsozialcn Partei erlebt hat. Er schreibt: „Unter dem Vorsitz des Herrn Dr. med. Früh, Gleimstr. 39 wohnhaft, sprach der Parteisekretär Scheibel unter anderm folgendes: „Unter ollen Umständen Befreiung vom Judentum, auch wenn der Eegn-r es mit seinem Leben bezahlen müßte." Die weitere Ausführung, die auch in dieser Versammlung gemacht wurde, möchte ich der Raumersparnis wegen nicht wieder- geben. Auf unsere lebhaften Zwischenrufe erklärte der Vorsitzende Dr. Früh: „Di« Judenbengel mögen machen, daß si« herauskommen!' Die Partei hatte sich zum Schutz einen Polizeiober- Wachtmeister mit Namen Karge oder Krage bestellt, der dann meinem Ersuchen, die Personalien des Vorsitzenden usw. fest- zustellen, nicht nachkam. Ich bin dann zu dem nächsten Revier, Wörther Straße, gegangen, wo ich auf mein Verlangen zwei Be- amte erhielt, die di« Feststellung wunschg«mäß vornahmen." Das fachgemäße Eingreifen der Schupo findet hoffentlich feine Fortsetzung in ebenso raschen Maßnahmen der Justiz: ebenso rasch muß ober auch der deutschsoziale Polizsioberwachtmeister über feine Pflichten belehrt«erde».
Das MCN. Einen lehrreichen und teilweise auch unterh astsamen Einblick konnte man anläßlich einer Presseführung in die Organisation und den Betrieb des Mitteleuropäischen Reise- b ü r o s nehmen, das sich im Erdgeschoß des Potsdamer Bahnhofs am Potsdamer Platz befindet. Der Zweck dieser halbamtlichen kurz nach den Anfangsbuchstaben MER. genannten Einrichtung ist die Zusammenfassung des zersplitterten Reifebürowefens in Deutschland und Förderung des Reiseverkehrs durch, nach und in Deutschland . Das MER. besitzt den Alleinvertrieb von Fahrscheinen und Fahrkarten außerhalb der Bahnhöfe. Alle seine Vertretungen sind zu kostenloser Auskunfterteilung verpflichtet. In Deutschland gibt es bereits 160, im Ausland etwa 200 MER-Büros. 73 v. H. des Reingewinns fließen an die Reichsbahn zu Verkehrs- werbungszwecken. Eines der größten Büros der Welt ist das MER-Büro im Potpdamer Bahnhof: während des Ferienvcrkehrs in den ersten Tagen des Juli wurden hier täglich etwa 10 000 Reisende bedient. Aeußerst sympatisch berührt es den weniger bemittelten Reisenden, wenn er beim Betreten des unteren Raumes gleich zur rechten Hand eine Verkaufsstelle für Fahrkarten 4. Klasse sämtlicher von Berlin mit 4. Klasse abgehenden Züge findet, w»? denn auch die gleichfalls in den unteren Räumen befindliche Auskunftsstelle jederzeit Auskunft über einfachere und billigere Bäder, Kurorte und Sommcrftischen erteilt. Rur sollte sich das Publikum daran gewöhnen, feine An- fragen kurz und bestimmt ohne lange Redereien zu machen, wie man es verschiedentlich beobachten konnte. Eine besondere Abteilung des Bureaus befackt sich mit der Ausgabe von Fahrscheinen für Seereisen im europäischen und Ueberseeverkehr, von Flug- scheinen für den deutschen und internationalen Luftverkehr, von Sichtvermerken für Reisepässe und mit der Entgegen-
Msschneiöen! IM" Aufheben! Mit der Eröffnung des Fernsprechamtes Dönhoff gelten für die Bureaus im Vorwärts-Gebäude nur die folgenden Telephonnummern: Redaktion vnd Verlag: Dönhoff 292. 293. 294. 295. -— 2506, 2507. 5ozd. Parlamentsdienst: Dönhoff 4196, 4197, 4198. Rachlexpedition des Vorwärts: Dönhoff 293(Rachtruf). Druckerei und Buchhandlung: Dönhoff 5190—94, 1863. Bezirksvorstand Groh-Berlin: Dönhoff 5086—88. Brandenburger Bureau: Dönhoff 3170. Parteivorftand: Dönhoff 740—741. Zentralbildungsausschutz: Dönhoff 717. Verband der Arbeilerjngendvereine: Dönhoff 743. Ver«SozialdemokralischeParlameuksdienst" bittet besonders, die Fernanrufe und Ortsgespräche für den„Sozjaldem. parlamenlsdienst" in Zukunft nur auf de« oben für ihn an- gegebenen Leiluugeu zu bewisken.
nähme von Aufträgen auf amtliche Gepäckabfertigung in der Wohnung, auf Gepäck- und Unfallversiche- r u n g. Im MER 10 ist die Laufkartenführung für die von Berlin ausgehenden Schlafwagen zusammengefaßt: zur Zeit verkehren von Verlin täglich 38 bis 60 Schlafwagen 1. und 2. Klasse i�Eo drei Liegewagen 3. Klasse mit insgesamt rund 1200 Plätzen, die Plätze werden nach der Reihenfolge des Eingangs der Be- stellungen vergeben. Der größte Teil d«r Bettkarten ist fast ständig Regierungsvertretern, Reichs- und Landtagsabgeordneten und Mit- gliedern der Ententekommissionen reserviert. Um den Rest entsteht ein Kampf unter den Valutastarten. Große Unzufriedenheit hat eine Zeitlang auch die Unzulänglichkeit der O-Zug-Platzkarten erregt, ein Zustand, der jetzt mit einem erheblichen Aufwand von Mitteln und Kräften beseitigt ist. Durchschnittlich gehen von Berlin täg- lich 50 bis 60 v-Züge ab, für die die 19 Berliner MCR-B'.ireaus Platzkarten ausgeben, außerdem 110 Personenzüge. In»en 60 D-Zügen stehen rund 18 0 0 0 Plätze 1. bis 3. Klasse zur Verfügung. Außerdem laufen in den Zügen(einschl. der drei Schlafwag enz ll ge nach München , Köln und Frankfurt a. M.l täglich etwa 60 Schlafwagen mit rund 1200 Bettplätzen. In den 110 Personenzügen stehen rund 53 000 Plätze zur Verfügung. Der Personenzug führt durchschnittlich 30 Plätze 2. Klasse. 130 Plätze 3. Klasse und 300 Plätze 4. Klasse. Weiter hatte man Gelegenheit, einen der neuen Wagen der 4. Wagenklasse zu besichtigen, die durchweg mit Sitzbänken ausgestattet sind, deren An- ordnung ein Mitnehmen der vielfach die Reisenden behindernden Traglasten in diese Wagen verhindere. Die Wagen machen einen recht freundlichen hellen Eindruck und werden vermutlich unter der Net der Zeit zu einem Einheitstyp für die weitesten Kreise der Be- völkerung werden. Die neuen D-zugmäßig beförderten Personenzüge mit 4. Klasse fahren jetzt bereits auf den Strecken von Berlin nach Köln , Dreslau, Königsberg i. Pr. und Frankfurt a. M. Der Gesamteindruck des Gesehenen und Gehörten war ein durchaus er- freulicher und läßt mancherlei Hoffnungen auch für eine Erweite- rung und Vervollkommnung des eisimbahnlichen Volks-Schnellver- kehrs aufkommen._ Säuglings milch mit Soda. Ein Rotsignal der Berliner Kinderärzte. Die im Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu- sammengeschlossenen Berliner Kinderärzte geben folgende Er- klärung ab: Die Berliner Säuglings- und Kindermilch hat sich in ihrer Beschaffenheit in der Nachkriegszeit ständig ver- schlechter t. ver Gehalt an Fett, diesem wichtigsten NiM- stofs der Milch für den Säugling, ist um mehr als ein Drittel gegen- über der Friedenszeit g e f u n-k e n. Die Milch hat durch K o n s e r- vierungsmittel, derrfi Zusatz früher gesetzlich verboten war, lebenswichtige Stoffe(Vitamme) verloren. Eine besonders verderb- liche Rolle spielt unter den Konservierungsmitteln der Zusatz von Soda und Wasser st osssuperoxyd. Die Sauberkeit der Milch, die in früherer Zeit selbstverständlich war, ist einer b e- denklichen Verschmutzung gewichen und ihr Batterien- geholt ist infolgedessen weit über das zulässige Maß gestiegen. Ge- sundheitsstörungen ernster Art sind bei unseren Säuglingen in steigendem Maße zur Beobachtung gekommen. Namentlich der Skorbut der steinen Mnder hat sich in letzter Zeit bedenklich gehäuft. Angesichts dieser Uebelstände fürchten die Berliner Kinderärzte ver- hängnisoolle Folgen für unseren Nachwuchs, wenn nicht bald für Abhilfe Sorge getragen wird. Si« fordern: 1. Wiedereinführung der früheren Reinlichkeit bei der Gewinnung und dem Transport der Säuglingsmilch, sowie Beachtung der bereits bestehenden ge- sundhcitspolizeilichen Vorschriften. 2. Verbot der tonservierenden Zusätze. 3. Bekämpfung der Milchverfälschung, besonder» der Eni- rahmung.
Neben dieser verschlechterten Beschaffenheit der Milch verdient die dauernd« Verminderung der vorhandenen Milchmengen ernsteste Beachtung. Bei der Knappheit und Teuerung der Nahrungsmittel kommt der Milch als wesentlicher Bestandteil der Kost auch unserer Kleinkinder eine höhere Bedeutung als früher zu. Weiteres Sinken der zur Verfügung stehenden Milch- mengen muß unbedingt vermieden werden, damit nicht schwere Ge- sundheitsschädigungen der Kinder eintreten. Es gilt hier zu warnen, bevor es zu spät ist. Die Kinderärzte lenken die Aufmerksamkeit maßgebender Kreise, besonders der Gemeinden, auf die Bereit- stellung guter Trockenmilch, die in periodisch wiederkehrenden Zeiten knapper Milchversorgung als zweckmäßig empfohlen werden kann. Schließlich betonen die Kinderärzte nachdrücklich, daß Reich, Staat und Gemeinden auf einen erschwinglichen Breis der Milch mit allen Mitteln hinwirken müssen. Der Aufruf, der unterschrieben ist von Vrofessor Dr. Erich Müller als Vorsitzenden und Professor L. Meyer als Schriftfüher, beleuchtet mit einemmal die ungeheure Gefahr, in der unser junger und jüngster Nachwuchs schwebt, eine Gefahr, di« durch die soeben erfolgte Nachricht über die angeblich unabwendbare Milchpreiserhöhung noch verschärft wird.
Sturmwetter und 5ernsprechstörungen. In den durch die stürmische Witterung verursachten Störungen der von Berttn ausgehenden Fernfprechleitungen ist gegen gestern eine leichte Besserung eingetreten. Störungen liegen noch vor im Verkehr mit Holberstadt, Wernigerode , Simlsund, Neubrandenburg , 1 Srcifcurg(Breisgau ), Neustrelitz . Lychen , Strausberg und Muncheberg (Mark). Der Verkehr wird, soweit möglich, durch Umlsitung der Gespräche aufrechterhalten. Im Verkehr mit dem Auslande fehlt die Verbindung nach Wien , Kopenhagen , Mailand . Budapest und Zürich . Der bei jedem Unwetter erfolgende Zu- sammenbruch des Telogrophen- und Fernsprcchwesens ist eine ß«des unbefriedigenden Zuftandes des ober» r � � � � betriebssicherer und wirtschaftlich arbeitender Fernverkehr kann mir durch Verkabelung der wichtigsten Verkehrslinien erreicht werde». Die Telogravhenver- waltung hat bereits vor mehreren Jahren mit dieser Arbeit be- gönnen, di« jedoch wegen Mangel an Geldmitteln nicht so schnell vorwärts kam,� wie es im Interesse des Wirtschaftslebens dringend erforderlich wäre.— In den Mittagsstunden hellte sich übrigens das Wetter heute ganz erheblich auf. Stücke des blauen Himmels waren schon wieder zu sehen. Man kann also hoffen, daß die Rsoi-n- zeit sich ihrem Ende zuneigt._ Cölar Thiele. Der Senior der Berliner Journalisten, der In- haber der«G e r i ch t s k o r r e s p o n d e n z Oskar Thiele", ist in der Nacht zum heutigen Mittwoch im Alter von 74 Jahren plötzlich verstorben. Nicht nur die Berliner , die gesamte deutsche Presje verliert in ihm«inen der befähigtesten und gewandtesten Jour- nalisten, der seit einem halben Jahrhundert dem Leserkreis der Ber - liner Zeitungen und zahlreicher Zeitungen im Reich die Nachrichten aus den� Moabiter Eerichtssälen übermittelte. Trotz seines hohen Alters ist Thiele bis zum gestrigen Dienstag unermüdlich an seiner gewohnten Arbeitsstelle tätig gewesen, bis in der Nacht ein Herz» schlag seinem arbeitsreichen Leben ein Ende mochte. Er ist als arbeitsfteudiger Journalist in den Sielen gestorben.
Wartehallen und Verkaufskioske. Die Verkehrsdeputation hat einem Vertrag zwischen der Berliner Straßenbahn und einem Privatunternehmer zugestimmt, wonach an zunächst etwa 30 Verkehrspunkten bis zum l. Oktober 1925 Wartehallen zur Benutzung der Straßenbahn- f ihr gaste aufgestellt werden sollen. Zunächst sollen mindestens 3 Hallen bis zum 1. April 1923 möglichst jm Bezirk Ait-Berlin und mindestens weitere 35 Hallen bis zum 1. Oktober 1923 errichtet werden. Die Wartehallen müssen neben Stehplätzen auch Sitz» gelegenheit für etwa 10 bis 12 Personen bieten und außerdem einen kleinen Raum zum Unterstellen von Gerätschofim und für einen Straßenbahn-Dienstfernsprecher enthalten. Die Wirtschaftlichkeit dieser Wartehallen wird für den Unternehmer dadurch begründet, daß Läden und Fernsprechzellen angebracht werden. Zn den Läden sollen Gegenstände aller Art verkaust oder zugelassene Gewerbe be- trieben werden. Der Ausschank und Berkaus von Alkohol ist unter allen Umständen verboten. Damit kommt Berlin endlich zu einer Einrichtung, die in anderen Stödten schon längst besteht, z. B. in Leipzig seit über 30 Jahren. Der Magistrat will jetzt auch den Plan ausführen, Verkaufs» kioske auf verkehrsreichen Plätzen durch private Unternehm>''r gegen Pocht aufstellen zu lassen. Zum Berkauf sollen i(i erster Linie Zigarren. Konfitüren und Blumen zuge- lassen werden, aber auch an Benutzung der Kioske als Wechsel- st u b e n wird gedacht. Die Stadtverordneten ersucht der Ma- gistrct um Zustimmung zu Verträgen mit drei verschied.'» eu Unter- uehmern, die im ganzen 14 Kioske aufstellen wollen und dafür eine Iahrespacht von zusammen 1 380 000 2!T. zu zahlen hätten. Die Pacht soll betragen je 60 000 M. für einen Kiosk auf dem Haus- vogteiplatz und zwei auf dem Beve-Allions'-Platz, je 75 000 M. für je einen auf dem Spitlelmarkt, dem Dönhoffplatz, dem Askanilchen Pidtz und Unter den Linden , je 100 000 M. für einen anderen Kiosk Unter den Linden (gegenüber Kranzler) und zwei auf dem Alexanderplatz , je 130 000 M für vier auf dem Leipziger Platz. Vorgesehen ist, daß bei Valutaschwankungen die Pacht sich entsprechend erhöht oder ermäßigt. Obige Beträge sind errechnet unter der Voraussetzung, daß der An- taufswert von 20 M. in Gold 1200 Papiermark ist. Nach dem gegenwärtigen Stand von 20 Goldmark— 1700 Pcviermark würbe die Gesamtpacht für die 14 Kioske bereits 1 935 000 Papiermark betragen. Das Gerücht von einem ZUordanschlag war gestern in der Nähe des Friedrickshains verbreitet. Vor dem Haufe Nr. 27 in der Kochhannstraße fand man auf dem Dürgersteige einen besinnungslosen Mann liegen, der aus einer Scbnßwunde am Kopfe stark blutete. Man brachte ihn mit Hilfe der Schutzpolizei in einem Kräftwagen nach dem Krankenhause am Friedrichshain , wo die Aerzte feststellten, daß eine Kugel in der rechten Schläfe stecken geblieben war. Die sofort aufgenommenen Ermittlungen ergaben, daß nicht ein Mordanschlag, sondern ein Versuch von Selbstmord vorliegt. Der Schwerverwundete wurde festgestellt als ein 20 Jahre alter Schlosser Paul Ehnert, dessen Wohnung noch unbekannt ist. Riescnbrand eines New. Barker Warenhauses. Bei einem Brande in einem großen New Parker Warenlzauje, bei dem zahl- reiche Explosionen erfolgten, wurden zwei Personen getötet und dreißig verletzt. Nach den vorliegenden Berichten ist dieses der größte Brand seit dem Brande des Nixty-Eable-Gebäudes. Sämt- liche New Porker Feuerwehren waren an der Brandstelle versammelt.
Arbeitersport. Der 3. Kongreß des Internationalen Arbciteroerbandes für Sport und Körperkultur wird im Anschluß an das 1. Deutsche Ar» beiter-Turn- und Sportfest in Leipzig vom 26.— 27. Juli im Pfauensaal des Leipziger Zoologischen Gartens tagen. Seine wichtigsten Verhandlungsgegenstände sind ein Referat über Arbeitersport und Arbeiterklasse und die Verständigung über die technische Zusammenarbeit der angeschlossenen Länder. Dem Bunde sind an- geschlossen: Deutschland , Frankreich , Belgien , England, Italien , die Schweiz , Tschechoslowakei , Oesterreich und Finnland . Ueber da» Ergebnis ber Verhandlungen werden wir berichten. Ruf dem Ptortuna-Zportplah treffen lich heute Mittwoch, den 19. Juli abends 0 Uhr 80, Viktoria-Tcmpelhos, 1. Männermannschaft gegen„Rüstig- Vorwärts" 1913, 1. Männermannschast. Beide Mannschasteu treten in bester Aujsteüuug est, daher ist guter Sport fa erwarten.