jirb aber mit den bisherigen Mitgliedern der anderen Disziplinargerichte Tabula rasa gemocht: ihr Amt als Disziplinarrichter, das ihnen für die Dauer ihrer Stellung als Beamter— also ans unabsehbare Zeit— übertragen war, findet am 31. August ein rasches Ende. Die neuen Mitglieder der Disziplinargerichte werden vom Reichspräsidenten für drei Jahre ernannt. Nur hinsichtlich der richterlichen und der beiden v«m Neichsrat für den Di�ziplinarhof zu stellenden Mitglieder ist der Reichsrat zu hören. Weiter ist erreicht worden, daß die Zahl der nichtrichterlichen Beisitzer, die dem Beamtenbund zu entnehmen sind, die Zahl der Richter in jedem Fall überwiegt. Die Anträge der sozialdemokratischen Parteien, im Gesetz festzulegen, daß von den Beamtenbeisitzern eine Mindestzahl den unteren und mittleren Besoldungs- or Uppen angehören müssen, wurden von der b ü r g e r- l i ch e n Mehrheit des Reichstags abgelehnt. Auf Er- suchen von sozialdemokratischer Seite hat aber der Reichs- minister des Innern im Reichstag erklärt, daß bei der Be- rufung der Disziplinarrichter auch auf die Beamten der unteren und mittleren Besoldungsgruppen ihrer Stärke ent- sprechend zurückgegriffen werden wird. Es wird also sehr bald der von der Deutschen Bolkspartei als undenkbar bezeichnete. Fall eintreten, daß auch Beamte der unteren-und mittleren Besoldungsgruppen über höhere Be- arnte zu Gericht sitzen, was durchaus verständig und wün- schcnswert ist. Rur kommt alles, aber auch alles, darauf an, daß die richtigen Männer und Frauen als Disziplinarrichter berufen werden. Stellt man sich z. B. vor, daß etwa das Reichspostministerium die Vorschläge der zu berufenden Postbeamten macht, dann— hätte man sich die ganze Mühe sparen können! Die Republik käme hierbei vorn Regen in die Traufe. Unter keinen Um- standen darf es dahin kommen, daß Ministerien, in denen die leitenden Stellen fast restlos in den Händen monarchistischer Beamten sind, Einfluß auf die Berufung der Disziplinarrichter gewinnen. Hierzu gibt es andere Wege, die einfach und prak- tisch sind und sicher zum Ziel führen. Hoffentlich gelingt es diesen neuen Disziplinargerichten, doch einen Teil der wegen de, Streiks verfmgien Eisenbahnbeamten zu retten. Der erweiterte Kreis der politischen Beamten, die im Interesse der Festigung der republikanischen Staatsform jederzeit auf Wartegeld gesetzt werden können, umfaßt nunmehr sämtliche Leiter von Reichsbehörden und ihre Stellvertreter, fcweu sie der Gruppe XIII und darüber angehören, die Ministerialdirigenten, die ebenso wie die Ministerialdirektoren unmittelbar unter dem Minister arbeiten, und darüber hin- vns> einen bestimmten Kreis von Beamten beim Reichsprüsi- deuten, in der Reichskanzlei, im Reichsrnmisterium des Innern und Reichswehrminifterium, die mit Aufgaben zum Schutz der Repubkik besonders betraut sind. Es können also z. B. jsdarzeit aus dem Amt entfernt werden die Präsidenten der Reichsmittelbehörden, Oberpostdirektionen, Eisenbahndirek- tioncn, Landesfinanzämter sowie die Abteilungsdirektoren bei diesen Behörden usw. usw. Wenn die Erweiterung des Kreises dieser Beamten vielleicht manchem auch dürftig er- scheint, so mag er sich damit trösten, daß diese Liste mit Zu- stimmung eines Ausschusses des Reichstags jederzeit er- w e i t e r t werden kann. Die Handhaben, welche das neue Gesetz zur Säuberung der Verwaltung von reaktionären Elementen bietet, sind ganz annehmbare. Ihr Wert ist um so höher zu veranschlagen, als sie gegen den Widerstand der Deutschen Volkspartei — i n Preußen stimmte sie dafür!— zustande gekommen sind, der naturgemäß auf die bürgerlichen Koalitionsparteien etwas abfärbte. Hauptsache ist aber, daß sie nun auch gebraucht werden! Die gesamte republikanische Beamtenschast, die für die getroffenen Maßnabmen volles Verständnis hat und sie mit einem Aufatmen der Erleich- terung begrüßt, erwartet, daß die Reichsregierung nun endlich Ernst nvecht und mit dem großen Reinemachen je früher je besser beginnt. Für diese Beamten wird es eine Freude sein, sich auch innerhalb der Diensträume in der Republik zu wissen und von den Quälereien monarchistischer Borgesetzter befreit
Sarometer unü Dollar. Bon Max Pn e l s. An der O st s e«, im Juli. In der dritten Iuiiwoche fegte ein Sturm durch Deutschland . (Ss war nicht der Sturm der Entrüstung der hier gemeint ist, son- dem ein gewöhnlicher meteorologischer Sturm. Er besuchte das ganze 5|eilt?, mid erwies besonders der pommerschen Küste mehr Zlustnerisamreitew als den erholrmgsbedürstigen Großstädtern gerade lieb war. Dieser Sturm hat aus den biederen Seebären am Ostseestrande tüchiige Kaufleute gemacht. Der Unterschied zwischen Nord und Süd ist groß: aber er ist nicht so groß, daß nicht auch allerlei Gerede über die zwar wenig geliebten, aber doch bewun- demswerten Bayern auch in die nördliche Niederung vordringen könnte. Also waren die treuherzigen Pommern schon ein wenig vorbereitet, südlichen Nepp in das heimische Platt zu übersetzen. Doch erst der Sturm, der herrlich«der die See hinsausende Sturm hat diese Talente richtig entfessall. Wir wollen das an dem Beispiel eines kleinen Oertchens unter- suchen. Es ist das schlich««, von allem Fluch der Kultur unbelelkte Oerkhens Ahrenshoop . Hier hat man, wie überall am Strande, ein Baromctdr. Jede Fischechütte hat ein Barometer. Sem Ahrcnshooper Bürger wird ein Barometer in die Wiege gelegt. Dieses Barometer hat in den legten stürmischen Tagen die schwere Konkurrenz mit dem Dollar aufgenommen. Und das kam so: Zu- erst kam der niedliche, kleine Dampfer, der auf den Namen„Gu- drun" hört und jetzt an einer Schraubengrippe leidet, verspätet, dann kam er gar nicht mehr. Und dadurch blieb auch die Post aus: mit der Post bljcden die Zeitungen aus. Und so wußte ganz Ahrens- hoop nicht, wie der Dollar stand. Wie sollten da Preise gebildet werden? Wie war es möglich, festzustellen, ob das Pfund Zucker pro Tag um S oder 7 M. steigen sollte? Ob der Matjeshering den Fnedensvreia einer Gans, eines Tchweines, einer Kuh erklettern tollte? Wo war der Schlüssel? Oh— er hing an der Wand und hieß Barometer. Durch einen Volksentscheid wurde das umge- kehrte Verhältnis zum Gesetz erhoben, und die Preise stiegen im umgekehrten Lerhältnis zum Sinken des Barometers. Ein einfaches Beispiel. Barometerstand 749. Entspricht einem Butterstand von 93 M. Das Barometer sinkt, notiert 744. Die Butter steigt>,m 3, notiert 100 M. Barometerstand 739, Biitterstcmd 103. Rührend einfach ist diese Methode. Die erste Richtlinie bietet das Barometer, die zweite der Buttcrpreis. Da- nach dreht sich dann alles weitere. Bei Sturm und Braus fährt man nicht aufs Meer hinaus. Selbftverständlick. Darum blieben auch die Fischer daheim und fingen kein« Fische. Wie aber kamen die Fische dazu, nur weil sie wegen des miserablen Wetters nicht gefangen werden konnten. von der allgemeinen Preisumbildung ausgefchlosien zu sein? Was der Londkuh recht ist, muß dem Seefisch billig sein. Also wurden Fischpreise gemacht. Sie kletterten so wie das Baivmeter fiai. Es wurden zwar wochenlang keine Fische gefangen, aber sie stiegen im Preis. All die Flundern, Dorsche, Steinbutten und Aale hatten nichts zu tun, als ruhi« im stürmischen Wasser zu warten, in den Fischern mvren ihnen Anwälte erstanden, die ihr« finanziell«» Angelegenheiten großzügig wahrnahm«». Und die Flundern Verden
zu sehen. Eine Enttäuschung würde bittere Folgen nach sich ziehen. Den anderen aber, denen nun das Handwerk gelegt wird, und die aus Schmerz darüber klagen, daß dem Denunzianten - tum Tor und Tür geöffnet werde, sei gesagt, daß loyale undgewissenhaftePflichterfüllungimDienst und ein Betragen, wie es sich für einen Be- amten der Republik geziemt und der einfachste Anstand erfordert, der beste Schutz gegen Denunziationen ist. Diese Argumente werden jeden Denunzianten entwaffnen und auf Vorgesetzte und Richter überzeugend wirken. Im übrigen aber: wem es nicht paßt, der mag ruhig gehen. Tagung der Postbeamten. Heute hält in Berlin der Reichsoerband deutscher Post- und Tclegraphenbeamten(130 000 Mitglieder) einen außerordentlichen Berbandstag ab. Gegenstand der Verhandlungen ist die Organisa- tionsfrage. Di« Postbeamten werden sich auf dieser Tagung zu entscheiden hoben, ob sie weiterhin die Politik des Deutschen Be- amtenbundes mitmachen wollen, der bekanntlich das Gesetz über die Pflichten der Beamten zum Schutz der Republik abgelehnt hat, oder ob sie sich dem neuen auf gewerkschaftlicher Grundlage gebildeten Allgemeinen Deutschen Beamtenbund anschließen wollen, dem bereits die große Masse der Eisenbahn- beamten angehört. Wir werden über den Ausgang der Tagung berichten.
„völkische Zreiheitspartei"? Tie Spaltung der Teutschnationalen. Von den Vorgängen in der deutschnationalen Partei ist es nach außen ziemlich still geworden. Die Bayernkrise hat das Interesse von ihnen abgelenkt und durch die Unter- drückung des Wulle-Blattes, die auf Betreiben maßgebender Parkeikreise erfolgte, ist die wichtigste Nach- richtenquelle verstopft. Hinter den Kulissen wird dafür desto eifriger gearbeitet. Es find nämlich Bestrebungen im Gange, die völkische Gruppe unter dem Namen einer„Völkischen Freiheitspartei " als parlamentarische Partei zu konstituieren. Ursprünglich sollte die Entscheidung auf den deutschnationalen Parteitag im September verschoben werden, wo man den Ausschluß von Düringer, Kanitz, Hugenberg usw. aus der Partei verlangen, anderenfalls die Konsequenzen ziehen wollte. Durch den Ausschluß Hennings aus der Partei und den ihm folgenden Austritt W u l l e s und v. G r a e f e s ist die Sachlage verschoben worden, und da- durch sind die Bestrebungen nach Gründung einer eigenen Partei in ein schärferes Tempo geraten. Mit der Angelegenheit einer Parteigründung ist auch Ludendorff befaßt, dessen Berhimmelung von der deutsch - nationalen Presse längst eingestellt worden ist. Henning soll gerade noch ausgenommen werden, obwohl auch gewisse völkische Kreise in ihm eine zu starke Belastung sehen. Als die berufenen Führer der neuen Partei werden die Abgg. Wulle und v. Graefe betrachtet. Machen wir uns also darauf gefaßt, auf dem nächsten deutschnationalen Parteitag den Ruf zu hören:„D e r F e i n d steht rechts!" Wulle kommt wieder. Das„veutfKe Abendblatt" hat mzwischen eine andere Druckerei gefunden, in der es von nun ab hergestellt wird. Die Differenzen mit der Druckerei der„Deutschen Tageszeitung" waren dadurch entstanden, daß dos„Deutsche Abendblatt" bereits einen ziemlich hohen Kredit in Anspruch genommen hatte und die Druckerei der„Deutschen Tageszeitung" sich weigerte, den Kredit noch weiter zu erhöhen, nachdem so heftige Angriffe durch das„Deutsche Abend- blatt" gegen die„Deutsche Tageszeitung" und die Deutschnationale Partei im allgemeinen erfolgt waren. Neues Zeikungsverbok. Der Obertnäsidevt von Niederichlesien verbot den.Sprottauer Anzeiger" auf Grund des Gesetzes zum Schutze der Republik für vier Tage, weil er die Verfolgung der Mörder Rathenau » als„Posse* bezeichnet hatte.
sich wundern, wenn sie wieder in Netze gehen, wie kostbar sie ge- worden sind. Die„Gudrun" hat sich also eine Schraube verdorben. Sie schwankt im Nibnitzer Hafen und die Ribniger-Wustrower Dampf- schiffahrtsgesellschast hat schon einen Spezialarzt holen lassen. Nun möchten aber die Ahrenshooper Badegäste gerne wissen, wie sie mit dem Festlande verbunden sind. Sie gehen also zur Agentur der Ribnitz-Wustrower Danipfschiffahrtsgesellschaft in Ahrenshoop , welche gleichzeitig die amtliche Spedition ausübt, und fragen, wann wieder ein Schiff fährt. Diese amtliche Agentur hat aber auch das Sinken des Barometers vernommen und ihre Konsequenzen dar- aus gezogen. Am Gärtchen der Agentur prangt eine schwarze Tafel, darauf steht mit weißer Kreide:„Gemüse- und Johannis- beerverkauf bis 11 Uhr. Sonstiger Obstverkauf ab 4 Uhr. Aus- k ü n f t e über Abfahrt und Ankunft von Dampfern 5 M." Der Agent einer Gesellschaft nimmt also für die Auskunft über die Leistungen einer Gesellschaft 3 M. Man kann das nur als„Stunn- Psychose" deuten. Was für medizinisch nicht Vorgebildete übersetzt soviel wie„Frechheit" heißt. Und eines mäßig schönen Morgens stieg das Barometer. Die liebe Sonne schien. Das Meer ruhte sich von feinem Kollaps aus. Und es kam Post und es kamen Zeitungen und kam der Dollar- kurs. Äber die Ahrenshooper hatten sich den Dollar abgewöhnt. Sie fanden, daß sie mit dem Barometer bester führen. Nur— einen Haken halte die Geschichte. Das Barometer stieg. Ekelhaft schnell stieg es. Da hätten im umgekehrten Verhältnis die Preise fallen müssen. Sie taten es nicht. Beim Wrack an der hohen Düne tagte der Thing, und all Volk war da, und formte den Bolksent- scheid: Die Preise steigen im selben Maße wie das Barometer steigt! Die Formel war gefunden. Und die pommersch» Küste ent- lang gingen alle hin und taten desgleichen. Und so sind aus dem Seebären an der Ostsee durch einen Sommersturm tüchtig« Kaufleute geworden, die mit den fernen Bergstämmen der Bajuvaren jeden Kampf aufnehmen können.
Neue Wege der Jugendgerichte. Di« Bewegung der Jugend- aerichie, die auch bei uns so große Fortschritte macht, hat steh die Welt erobert, und besonders in den angelsächsischen Ländern be- schäftigt man sich eifrig mit dem Problem, auf diese Weise das„un- gezogene Kind" zu bessern. Neue und erfolgreiche Wege aus diesem Gebiete sind von dem Jugendgenchtshof zu Montreal in Ka- nada eingeschlagen worden, und über die Ergebnisse berichtet ein Mitglied dieses Jugendgerichts, Mrs. Rose Hcnderson, in inter» estanten Mitteilungen des Manchester Guardian. Seit 12 Iahren bereits gibt es in allen Provinzen Kanadas , mit Ausnahme von Nova Scotia , Iugendgerichtshöfe, und man hat hier die Erfahrung gemacht, daß kein unerzogenes Kind für die Besserung völlig ver- loren ist. Während der 10 Jahre, über die die Erfahrung von Frau Henderfon reicht, sind 90—93 Proz. der dem Geruht vorgeführten Kinder gerettet und zu nützlichen Bürgern herangebildet worden. Dos, was die kanadischen Jugendgerichte hauptsächlich von de» an- der» Einrichtungen unterscheidet, ist die Maßnahme, daß kein Kind bei seinem ersten Erscheinen vor Gericht bestraft werden darf. Die kleinen Verbrecher werden sogar zwei- und auch dreimal vermahnt, bevor man mit Strenge gegen sie vorfchreitet» den«»kein Kind lernt
„deutsche" Worte. Der„Rheinische Bauernverein", dem hauptsächlich katholische Agrarier angehören, hat nach dem Muster der östelbischen Landbündler jede Mitarbeit an der Durchführung der G e- treideumlage abgelehnt. Diesem Beschluß widmet das Blatt Stegerwalds,„Der Deutsche", folgende kräftige Burteilung: Krassester Eigennutz(der kein Verständnis für die. Nor des Volkes hat) ist die Quelle, aus der die Entschließung des Rheinischen Vauernvereins-Ausschustes geflossen ist. Wer so, wie der Rheinische Bauernverein— und mit ihm andere landwirtschaftliche Organisatio- nen— legal zustande gekommene Gesetze und damit das Recht fabo- tiert, macht sich mitschuldig an der Unlergrabung staatlicher Ordnung und Aulorilöl. Das ist um so gefährlicher, wenn diese Untergrabung des Rechtsgedankens in den Grenzgebieten erfolgt, wo die Feinds des Reiches nur darauf warten, künsllich erzeugten Mißmut für ihre Abtrennunasbestrebungen zu nutzen. Die Führer des Rheinischen Bauernvereins, die sich nie genug„national" geben können, laden durch ihre zur Gesetzessabotage aufsordernden Entschließun- gen eine ungeheure Verantwortung auf sich. Zugleich aber bekunden die Entschließungen, was von dem„christlichen" Charakter des Rheinischen Bauernvereins zu halten ist. Angesichts der Rai der großen Rlasie des Volkes und der viel günstigeren Lage der Landwirtschaft, wirkt jede Ablehnung eines Opfers nur als Spott und Hehn aus die so oft betonter christlichen Grundsähe. Die Bauernführer sollten sich aber auch darüber keiner Täuschung hingeben, daß sie in unverantwortlicher Weise das revolutionäre Feuer schüren. Wer die Gesetze so offensichtlich miß« achtet, wie der Rheinische Bauernverein, handelt selbst revolutionär und gibt damit Revolutionären anderer Art den besten Vorwand Zu neuer Gcwaltsanwendung. Anscheinend ist zahlreichen Leuten die Novemberrevolution zu milde verlaufen, daß ste heule so sorglos mit dem Feuer spielen. Kommt aber der große Brand, dann bitte— die Verantwortung denjenigen, denen sie gebührt! Das sind die Worte des christlichen Stegerwald-Blattes. Wir haben ihnen nichts hinzuzusetzen, als daß sie ausnahms- los zutreffend sind._• Herabsetzung üer Getreiöeumlage. Fehlernte in einzelne» Teilen des Westens. Die große Trockenheit, die w den Monaten Mai, Juni und in der ersten Hälfte des Monats Juli herrschte, hat dazu geführt, daß weite Gebiete des Westens,, namentlich dort, wo die flochgründigen und leichten Böden vorherrschen, eine vollkommene Fehlernte zu oerzeichnen haben. Daran vermochten auch die überreichen Niederschläge in der zweiten Hälfte des Monats Jul� nichts mehr zu ändern. In großen, Teilen der Rheinprooinz hat die Dürre einen schweren Notstand herbeigeführt, so daß sich die Reichs- und preußische Staatsregierung veranlaßt sahen, zur Lin- derung dieses Notstandes sehr erhebliche Mittel bereitzustellen. Auch die bayerische Pfalz ist von dem Notstand, wenn auch nicht in demselben Maße, betroffen worden. Diese Verhältnisse mußten auch bei der Verteilung der Ge« treideumlage berücksichtigt werden. In dem neuen Reichs« gesetz über die Regelung des Verkehrs mit Getreide ist in§ 2 de? Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft ausdrücklich er« mächtigt, in Gegenden mit Mißernte die Umlagemenge herab« zusetzen. Am 24. Juli d. I. haben, wie der amtliche Preußische Pressedienst von zuständiger Stelle erfährt, im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft Besprechungen stattgc- funden, an denen die zuständigen Stellen Preußens, Bayerns und Heßens sowie der Staatssekretär für die besetzten rheinischen Ge« biete teilnahmen. Infolge dieser Besprechungen hat eine wcsent« l i ch e Ermäßigung des für die preußische Rheinprovinz , die bayerische Pfalz und Rheinhcssen ursprünglich festgesetzten Umlage- solls stattgefunden.
Besuch des Reichspräsidenten in kiel . Reichspräsident Ebert wird am 4. September zum Besuch der am 3. September beginnen- den Herbstwach« für Kunst und Wissenschast in Kiel erwartet und gedenkt im Anschluß daran einer Uebung der Flotte beizuwohnen.
auf einmal, gut zu sein". Wenn ein Fall vor das Jugendgericht kommt, so wird er zunächst aus sechs Tage zurückgestellt. Während dieser Zeit zieht ein besonderer Bcaipter Erkundigungen über das Heim, die Familie und die Lebensbedingungen des Kindes ein, ver- schaff: sich einen Bericht der Schule und legt diese Erkundigungen dem Richter vor. Die Frage, die der kanadische Jugendrichter sich zu beantworten sucht, ist die:„Warum ist das Kind hier?" Bei de? Verhandlung müssen Eltern oder Pfleger zugegen sein. Man kann das Kind nich� bessern, ohne vorher ungünstige Bedingungen w seiner Umgebung abzustellen. Es wird daher eine Zusammenarbeit zwischen Eltern, Gericht, Schule und Kind herbeigeführt, die vor- treffliche Früchte getragen hat. Außerdem gibt es eine sogenannte „Große-Bruder-Bcwegung", durch die dem Knaben ein älterer und verständiger Freund zur Seite gegeben wird, der ihm mit gutem Beispiel vorangeht. Die Knaben, die in eine Besserung?- anstalt untergebracht werden müssen, kommen in»ine mustergültig eingerichtete Gutsansiedlung, in der sie mit Familien in Nein«» Häuschen zusammen wohnen. Für die Mädchen soll eine ähnliche Ansiedlung erst geschaffen und eine„Große-Schwester-Bcwegung" ins Leben gerufen werden. Zeiten wirtschafttichen Niederganges sind besonders geeignet, eine große Anzahl jugendlicher Verbrecher her- vorzurufen, und das Hauptdelikt ist der Diebstahl. Die Praxis der kanadischen Jugendgerichte aber hat gezeigt, daß nicht Bestrafung die Uebeltäter bessert, sondern nur die Beseitigung der Umstände, die die Kinder- aus den Pfad des Unrechts trieben. Waidbrände in der römischen Campagua. In den Maremmen, dem sumpfigen Landstrich an der Küste des ihyrrhenischen Meeres, wüten zurzeit gewaltige Brände, die bereits in kilomcterweijer Ausdehnung die ohnehin geringen Waldbestönde des Gebiets ver-� nichtet haben. Der ganze Bezirk von Montoriaio ist vollständig von' den Flammen eingeschlossen, und unter den Badegästen von Follo- ntea ist eine wilde Panik ausgebrochen. Die durch das Feuer ver- ängstigten Besucher flüchten mit ihren Habseligkeiten zum Meer und lagern hier um Strande . Dicke Rauchschwaden und der unauf- hörlich fallende Regen von heißer Asche hat unter den Bewohnern des ganzen Landstrichs Furcht und Schrecken verbreitet, und über- all werden die Sturmglocken geläutet. Außer den Waldbeständen sind auch große Getreidespeicher den Flammen zum Opfer gefallen. lieber dem Brandherd kreisen unaufhörlich Flugzeuge und 300 Pioniere sind in Eile von Rom herangezogen worden, um durch Auswerfen von Gruben dem Feuer den Weg zu verlegen. Die Schäden, die der Brand bisher verursacht hat, sind unberechenbar. kranke Steine und müdes Weiall. Die Naturgeschichte teilte früher alle Gegenstände in belebte und unbelebte Dinge ein. Die Steine und Metalle gehörten in die unbelebte Klasse. Heute hat die Wissenschaft diese grobe Unterscheidung ausgehoben, denn sie hat er- kannt, daß Leben irgendwelcher Art in allen Dingen herrscht. Mc- talle sind der Einwirkung von Hitze und Kälte gegenüber sehr fein- fühlig, ja sie reagieren sogar auf Reizmittel und Betäubun�mittel. Daß Steine krank werden können, zeigt eine kürzlich« Meldung aus Paris , nach der die berühmtesten Gebäude der Stadt von einer geheimnisvollen Krankheit ergriffen worden find. Auf der Oberfläche erscheinen kleine Sprünge, die sich allmählich vertiefen, bis dann von den Steinen Staub abbröckelt. Unter den Bcudenk- mäleru, die durch diese Krankheit gefährdet werden, befindet sich