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Milch und Honig. Ein Kapitel von reinen und verfälschten Nahrungsmitteln.
Unter dem siegreich aufgepflanzten Banner der freien Wirt- schaft nimmt die Nahrungsmittelnot allmählich jene verderblichen Formen an, die sie zwangsweise im Kriege, als wir von allen Seiten abgeschlossen waren, annehmen mußte. Diese Not ist aber nicht allein eine solche der geringen Mengen und der hohen Preise, sondern auch eine Beschaffenheit der Waren. Sättigung mittels Aufnahme von Nahrungsmitteln erfolgt zu keinem andern Zweck, als dem Körper die Stoffe zuzuführen, die er nötig hat, um das Leben in der Jugend aufzubauen und später bis zu dem natürlichen Ende auf der Höhe der Kräfte zu erhalten. Nah- rungsmittel, die diesem Zweck voll und ganz erfüllen sollen, müssen vor allen Dingen rein sein. Ein Apfel frisch vom Baum, oder ein Ei frisch von der Henne, sind solche reinen Naturprodukte und wer sie genießt, hat für seinen Körper Nutzen. Hingegen ist es bereits bei einer Wurst ganz anders. Der boshafte Volkswitz behauptet, daß außer dem Schlächter nur der„liebe Gott" selber wisse, was in der Wurst drin ist. Aber ein noch boshafterer Volkswitz bc- zweifelt hinsichtlich der Wurst selbst die höchste Allwissenheit, denn in dem allen Jugendwanderern wohlbekannten schönen Lied von dem „Herrn Pastore sin' Kauh(Kuh) heißt es:„Wat allens in de Wurst würd schicht(gemengt), det wüßst sulwst(selbst) unser Herrgott nicht. Und das berührt schon die wichtige Frage nach der Reinheit der Nahrungsmittel oder ihrer Ver- sälschung. Die Eroßstadtbewohner sind fast ausschließlich auf den Kauf gelieferter Waren angewiesen: sie haben keinen Einfluß auf die Reinheit dieser Waren. Es mögen nun einige Beispiele heraus- gegriffen werden, die den wahren Stand der Dinge enthüllen. Wie aus Kunsthonig Sienenhonig wirö. Eines der köstlichsten und kostbarsten Produkte, die uns die Natur durch ihren Vermittler, die Biene bescheert, ist der Honig. Roher reiner Honig hat die Eigenschaft, schnell ins Blut überzu- gehen und hat sich ganz besonders bei Kindern, die ihn zum Ausbau bei älteren Leuten, die ihn zur Erhaltung brauchen und bei Schwächlichen und Genesenden auf das glänzendste bewährt. Es gibt aber kaum ein Nahrungsmittel, das so schamlos verfälscht wird wie der Honig. Zur Aufklärung diene zunächst, daß das Gesetz nur zwei Bezeichnungen kennt, nämlich„Honig" und„Kunst- h o n i tz". Nur naturreiner Bienenhonig darf als „Hon,g" bezeichnet werden. Alles andere ist Kunsthonig und alle sonstigen verheißungsvollen Bezeichnungen, wie Misch- Honig, Honigverschnitt, Heide-, Lindenverschnitt usw. sind strafbar und zur Täuschung des Käufers geeignet. Gestreckt d. h. hier also verfälscht wird der Honig gern durch Vermischung mit Malz- und Kartoffelsirup, Stärkemehl, und selbst mit Leim. Die schranken- lose Freigabe des Zuckers hat nun dazu geführt, daß die Herstellung des Kunsthonigs, der dann in irgendeiner Form als Bienenhonig geht, eine gewaltig« Ausdehnung angenommen hat. Dem Kunst- bonig fehlen selbstverständlich alle die nährenden und auch heilenden Kräfte, die dem echten Honig innewohnen. Als Aufstrich erfüllt der Kunsthonig lediglich die Aufgabe der Geschmacksvcrbesierung. Seit Freigabe des Zuckers blüht aber auch wieder der Honig- schwinde! in umfangreichem Maße in Groß-Berlin. Hausierer„vom Lande" besorgen sich hier in den Fabriken flüssigen K u n st- Honig und bieten diesen als echten Bienenhonig„eigener Ernte" zu Preisen an, zu denen z. Z. kein Imker seinen Honig hergibt. Die Unverfrorenheit der Leute geht so weit, daß kürzlich ein Mit- glied dieser edlen Zunft selbst dem Polizeipräsidium am Alexander- platz einen Besuch abstattete und dort in den Bureaus bei den Beamten und Beamtinnen glänzenden Absatz fand. Bei seinen weiteren Wanderungen hatte er aber Pech und gelangte'in die Höhle des Löwen, nämlich in das Bureau des staatlichen Nahrungs- mittel-Untersuchungsamtes. Hier ereilte ihn sein Schicksall Sein Honig wnrde als„Kunsthonig" erkannt und der ganze Vorrat, 29 Glas, verfiel der Beschlagnahme. Bei seiner Vernehmung gab er an, daß der Honig rein sei und von seinen eigenen Bienen aus Suderode (Harz ) stamme. Er komme schon seit 30 Jahren im Frühjahr und Herbst nach Berlin und oerkaufe seine Honigernte hier direkt an die Konsumenten. Inzwischen ist aber festgestellt worden, daß der Mann nicht ein Bienenvolk besitzt. Dieser unreelle Handel ist ein Krebsschaden für die deuffche Bienenzucht, er hat einen Umfang angenommen, von dem sich die Konsumenten keinen Begriff machen.
verregnete Milch. Wir haben den scheinbar etwas entlegenen Fall des Honig herausgegriffen, weil die Heil- und Nährkraft des Honigs für die Aufzucht unserer Jüngsten ganz besonders wichtig ist und weil eine unscharfe Kontrolle und eine diese Dinge nicht scharf anpackende Justiz sich mit schuldig machen an der Gefährdung des jungen deutschen Nachwuchses. Eine zweite große Ge- fahr, als solche dem Volk und den Müttern viel eher begreiflich als im Fall des Honigs, ist die Verfälschung der Milch, wie sie seitens einer verantwortlich fühlenden Aerzteschaft vor einigen Tagen der Oeffentlichkeit mitgeteilt worden ist. Milchverfälschung bedeutet langsame Vergiftung des Nachwuchses. Der Hygieniker Professor Rubncr stellte vor Iahren bereits Soda, Borax. For- malin und Wasserstoffsuperoxyd, also eine ganze Giftapolhekc, als Iusatzmittel zur Milch fest und forderte, daß diese„Chemi- kalien als Zusätze zu verbieten sind." Milchver- sälschung ist es selbstverständlich auch, wenn der Milch Wasser zugesetzt wird und in dieser Hinsicht ist ein Prozeß bemerkenswert, der vor einiger Zeit vor dem Landgericht in Münster i. W. entschieden und von dem Reichsgericht trotz eingelegter Reoi- sion bestätigt worden ist. Vom Landgericht Münster i. W. wurden im November v. Js. die Landwirtseheleute Wilhelm P äschert wegen Betruges und Nahrungsmittelfälschung zu je 3 Monaten Eiefängnis und 3000 M. G« l d st r a s e verurteilt. Di« Milch, welche die Angeklagten an die Molkerei lieferten, war als F«ttarm erkannt worden, weshalb ein Polizeibeamter eine Milchprüfung vornahm. Es wurde nun festgestellt,'daß die Milch der Angeklagten einen Wasserzusatz von 22 bis 37 Prozent enthielt. Die beiden Angeklagten bestritten, der Milch Wasser zugesetzt zu haben, doch gaben sie zu, daß einmal versehentlich eine Kanne voll Wasser in die Milch geschüttet worden sei und das es öfters in die Kannen geregnet habe. Da jedoch beide Angeklagte das Melken der 5kühe und die Verarbeitung der Milch selbst be- sorgen, so hat das Gericht für erwiesen angesehen, daß sie gemein- sam die Milch verwässert haben. Der Betrug wurde darin ge- funden, daß sie das zugesetzte Wasser als Milch verkauft haben und es sich als Milch bezahlen ließen. Die von den Angeklagten gegen das Urteil eingelegte R e v i s i o n,- in welcher sie bestritten, gemein- sam gehandelt zu haben, wurde vom R«ichsgericht als unbegründet verworfen, da im Urteil das Zusammenwirken ausdrücklich fest- gestellt ist. Was alles verfäljcht wirö! In der Bevölkerung, die unter unerhört hohen Preisen und herabgesetzter Qualität der Waren leidet, wird man ein solches Urteil durchaus angemessen finden. Aber man wünscht auch auf das dringendste, daß der Schutz der Konsumenten er- giebiger und entschiedener werde. Denn es sind ja nicht Milch und Honig allein, di« verfälscht werden, sondern außer Obst und Gemüse so gut wie alle andern Nahrungsmittel. Fleisch kann auch frisch präpariert werden, was aber nicht mit Gefrier- fleisch verwechselt werden darf, denn zum Gefrieren ge- brachtes Fleisch erhält sich ausgezeichnet. Aber Hack- und W u r st f l e i s ch ist allen möglichen Verfälschungen ausgesetzt. In den Vorkricgsjahren waren di« Wurstverfälschungs- Prozesse gang und gäbe. Die Verfälschung reiner Naturbutter durch Kunst- bezw. Pflanzenbutter und durch Färbung ist bekannt. Mehl wird durch Gips, Kreide, Infusorienerde gestreckt und durch geringen Mengen Schwerspat schwerer gemacht. Zu Back- und Konditorwaren werden oft Metallsarben, die Arsen, Kupfer usw. enthalten, verwendet. Die bittere Mandel wird durch das gesundheitsschädliche Nitrobcnzol ersetzt. In Marmeladen werden Apfelschalen, Aipselabfäll«, Himbeerkerne, Farbstoffe und Zuckcrersatzmittcl verarbeitet und die Feldgrauen haben mit Recht den Namen Schmiere dafür erfunden. Ein ergiebiges Feld der Verfälschungen bieten die Gewürze. Unter gemahlenem Pfeffer hat man zerstoßene Tonkrüge. Nußschalen, Kampfer- holz, Zigarrenkistenholz, das übrigens auch zur Verfälschung von Zimmet verwertet wird, gefunden. Im Kaffeeersatz hat man geröstei« Bohnen, Kolanüsse, Kaffeesatz, geröstete Erbsen, Wicken und Linsen und selbst gemahlene Ziegelsteine gefunden. Und was nennt sich nicht gar Gesundheitskaffee. In B a ck ö l hat man in einem besonderen Fall 80 Prozent Rüböl und 20 Prozent Petro- leum nachgewiesen. Aeußerst umfangreich und höchst gefährlich ist die Verfälschung auch bei den G e t r ä n t e n. Bayern sieht aller-
Der Ruf durchs A'enster. SSf RomanvonPaulFränk. Reuß hat eine Unsumme von Arbeit und Energie an diese Rolle verschwendet und die Figur an der Wurzel zu fassen gesucht: er ist in ihr aufgegangen, er hat seine eigene Person- lichkeit verschwinden lassen und ist in jener anderen, von dem Dramatiker erschaffenen, mit Haut und Haar untergetaucht. Was ja eigentilch das Wesen der Schauspielkunst überhaupt ausmacht. Doch ich will nicht vorgreifen, da über dieses Thema später zu sprechen sein wird, nachdem inzwischen an- deres. Wichtiges erledigt worden ist. Ich erbitte mir nun die besondere Aufmerksamkeit meiner Zuhörerschaft, da ich Ihnen �von einem bedauerlichen Unfall des Schauspielers Albert Reuß berichten will, von dem er während einer der Proben zum Merwolf' betroffen worden, der von allen Beteiligten un- wichtig genommen und unterschätzt wurde, jedoch, wie wir ebenfalls später sehen werden, alz die Wurzel aller Uebel an- zusehen ist. Auf dem Theater wird mit Illusionen gearbeitet, meine Damen und Herren! Im Zwischenakt werden diese Illusionen tzerstört und wieder.aufgebaut, die hiernach das naive Zu- fchauereauge entzücken. Was, beispielsweise, wie der wahr- hafte Frühling anmutet, ist nichts als ein breites, bemaltes Stück Leinwand, ein sogenannter Prolvekt, der an seinem unteren Ende, um den leidigen, die Illusion des Zuschauers. störenden Faltenwurf zu vermeiden, mit einer Eisenstange beschwert wird, und der, wenn es gilt, die Landschaft zu er- schaffen, dke den Rahmen einer der drei Akte bildet, aus der 'Höhe, vom sogenannten Schnürboden herabgelassen wird. Solche Benvandlung geschieht rasch und nimmt auf die auf her Bühne Beffbäftigte», von denen man annimmt, haß sie Mit den Gepflogenheiten und Gefahren vertraut sind, keine Rücklicht. Neulinge haben i�re Unachtiamkeit oft zu büßen. Bei einer dieser Proben, während deren der Schauspieler Albert Reuß mit Zähigkeit, Fleiß und Ausdauer dem Werk gedient, idas zum Sieg zu führen er sich vorgenommen hatte, wurde er, da er, in die abennalige Lektüre der Rolle versunken stand, vom äußeren Ende der einen solchen niedersausenden Prospekt beschwerenden Eisenstange am Scheitel getroffen. Man ver-
mutete, daß er eine tüchtige Schramme erlitten hatte, und war darauf gefaßt, Blut fließen zu sehen. Die Verletzung erwies sich jedoch, rein äußerlich, als unbedeutend. Der dichte Haar- wuchs des Schauspielers schien die Wirkung abgeschwächt zu haben. Da er weiter keine Beschwerden verlvürte. bestand er darauf, daß die Probe fortgesetzt werde, da die Erstausführung des Wcrwolf vor der Tür stand. Reuß wurde auch an den darauffolgenden Tagen durch keinerlei Unwohlsein gestört, das als üble Folge des erlittenen Unfalls aufgefaßt oder mit diesem in irgendeine Beziehung hätte gebracht werden können. Erst am Premierenabend, nachdem die Aufführung des Werwolf unter allen Anzeichen eines ungewöhnlichen und stürmischen Erfolges stattaefunden hatte und der Schauspieler allein in seiner Garderobe saß, ward er von einem Schwächeanfall überrascht, den er für eine Reaktionserscheinung hielt, die, mie er meinte, auf die angestrengte Probenarbeit zurückzu- führen sei. Wenige Stunden später erlitt er den zweiten An- fall, und am Morgen des nächsten Tages wurde ich von der besorgten Gattin des Schauspielers gerufen, der natürlich heftig leugnete und bestritt, überhaupt krank zu sein, und der sich im Verlauf einer beinahe heftig erregt geführten Debatte von mir, der ich meine Diagnose mit unfehlbarer Sicherheit gestellt hatte, weder überzeugen ließ, daß er ernsthaft und nicht unbedenklich leidend sei, noch von der geplanten Gast- spielfahrt nach Riga abbringen lassen wollte, die für seinen Zustand, wie ich ihm ganz offen gestand, eine ganze Reihe von Gefahren mit sich bringen rrnißte. Die Erkrankung, deren Vorhandensein ich bei Albert Reuß festgestellt hatte, nennt man Bewußtseinsstörung. Man versteht darunter einen klinisch wohl charakterisierten Zu- stand, der durch zwei Hauptsymptome, durch die Unorientiert- heit und die Unempfindlichkeit, gekennzeichnet ist. Die ältere psychologische Schule versteht darunter die Störung des eige- nen Seelenvermögens, des sogenannten Selbstbewußtseins oder der Apperzeption, während die moderne Forschung eine Veränderung der assoziativen Tätigkeit annimmt, deutlicher gesagt, auf eine Veränderung des Materials schließt, mit dem unsere Jdeenassoziation arbeitet. Die Unorientiertheit der Bewußtseinsstörung betrifft so- wohl das Datum wie auch den Aufenthaltsort sowie die Per- sonen der Umgebung. Der Kranke ist eben desorientiert, glaubt stch an einem entfernten Ort zu befinden, und hall
dings mit drakonischer Strenge darauf, daß sein Bier rein bleibt, während es der Wurst, wie eine ganze Reihe Prozesse im Frieden bewiesen haben, nicht diese Sorgfalt angedeihen ließ. Südwein ist vielfach nichts weiter als ein Gebräu usa Datteln, Glyzerin, Weinsäure, Schnaps, Tanninessenz und Farbe. Nicht minder ge. fährlich ist die Verfälschung von Schnaps, der durch fuselöl-- haltige, mit Essigäther und ätherischen Oelen aromatisierte Essenzen und durch Zusätze von Pfeffer, Paprika und Paradieskörnern ver» schärft wird. Vor etlichen hundert Iahren ging man mit Fälschern sehr energisch um. Einer Bauernfrau, der man Butterfälschung nach- gewiesen hatte, wurde die Butter fest auf den Kopf gepreßt und sie mußte dann mit der Kompresse so lange in der Sonne stehen bleiben, bis di« Butter von der Sonne aufgezehrt war. Wenn faule Eier verkauft hatte, so war es der Straßenjugend erlaubt, ihn mit den faulen Eiern zu bewerfen. Wir aber leben in einem Rechtsstaate, der die Strafe des einzelnen ausschließt. Wir er- warten um so mehr von Polizei, Nahrungsmittel- kontrolle und Justiz, daß sie das ganze Volt vor Schaden bewahren, damit aus Deutschland ein Land werde, in der reine Milch und reiner Honig fließen. Denn je weniger Gesetz und Polizei instande sind, die Reinheit der Waren zu garan- tieren, desto größer wird die Unterernährung des Volles, desto ge- ringer seiner Widerstandsfähigkeit im Kampf ums Dasein, desto eher wird die ganze Nation zum körperlichen und geistigen Verfall und Untergang reif.
Gefahren öer weltftaötstraßen. Erst vor wenigen Tagen hat der Polizeipräsident die Geschwin» digkeiten festgesetzt, die Kraftwagen, Lastautomobile und Radler inne- zuhalten haben, wenn sie durch die Straßen Berlins fahren. Wie zahlreich die Unfälle sind, die durch das rücksichtslose Drauflosfahren mancher Chauffeure, besonders aber der von Privatautomo- bilen, herbeigeführt werden, ergibt sich aus den täglichen Fest- stellungen der Polizei. Bald wird die falsche Straßenseite benutzt, bald sausen die Wagen mit unverminderter Schnelligkeit über die Straßenkreuzungen oder an den Haltestellen der Straßenbahnen und Omnibusse vorbei, unbekümmert um das wartende aus- od«r einsteigende Publikum. Auch Geschäftswagen klemmen sich vielfach durch enge Fahrstraßen hindurch ohne Rücksicht auf alte, kranke oder triegsbeschädigte Personen und Kinder, die noch schnell ein öffcnt- liches Gefährt besteigen müssen. Oftmals trägt aber auch das Publikum s e l b st die Schuld an den Unfällen, und es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie ungeschickt viele Leute die Fahrstraße überschreiten. Manche Leute stehen mitten auf dem Fahrdamm und haben.sich so Wichtiges zu erzählen, daß sie um sich herum nichts sehen und hören. Andere wieder über- schreiten selbst die belebtesten Straßen im spitzen Winkel und cr- reichen den gegenüberliegenden Bürgersteig erst nach allerlei Zickzack- wegen. Die meisten Unfälle entstehen aber zweifellos dadurch, daß Passanten blindlings über den Straßendamm rasen, anstatt recht langsam und vorsichtig zu gehen. Sie laufen vielfach vor ein Auto oder eine„Elektrische", stürzen zu Boden und werden„gerädert". Gänzlich zu verwerfen ist es, wenn sich mehrere Personen an die Hand nehmen, wie zum Wettrennen antreten und dann unter dem Ruf„Jetzt" über die belebte Straße segeln und sich dabei hin. und herzerren. Weitere Gefahren der Straßen bilden die radsahrendcn Kinder, di« manchmal kaum di« Pedale erreichen können, die so- genannten„Roller", die Fußballer und Hockeyspieler und andere Straßensportler, die nicht nur sich selbst, sondern Passanten und Wagenlenker in gefahrvolle Situationen bringen. Den Kutschern und Autolenkern sei wiederholt zugerufen:„Fahrt rechts und mit mäßiger Geschwindigkeit!" D«n Fuß- g ä n g e r n:„Geht rechts auf den Bürgersteigen, wählt den kürzesten Weg über den Fahrdamm und über- sch reitet diesen langsam ohne Hasten und verliert auch in einer bedrohlichen Situation nicht gleich den Kops!
Zur Erleichterung de» Ausfiugsverkehr» nach Treptow wird vom 1. August ab voraussichtlich bis ,um Ablauf des Sommers die Linie 89 lNeukölln, Wildenbruchplatz— Charlottenburg, Stuttgarler Platz) an Werk- und Sonntagen von mittags an bis Treptow , Platz am Spreetunnel, außersahrplanmäßig durchgeführt werden. Der erste Wagen dieser Linie trifft dann werktags um 2�, Sonntags um l45 Uhr auf dem Platz am Spreetunnel ein.
Freunde für Feinde. Wieder klar geworden, fehlt ihm jede Erinnerung, er weiß nicht, was einige Stunden oder wenige Minuten vorher mit ihm vorgegangen ist. Es ist bezeichnend und in allen Fällen nachgewiesen, daß der Kranke alle oder fast alle Erlebnisse mährend der Bewußtseinsstörung ver- gessen hat. Bald tritt die Bewußtseinsstörung als kontinuier- liches oder gelegentliches Symptom im Verlauf verschiedener Psychosen auf, bald als zeitlich scharf abgegrenzter Dämmer- zustand in bestimmten Anfällen. Es gibt Bewußtseins- ftörungen im Verlauf akuter und chronischer Psychosen. Wir haben es jedoch in unserem Fall mit den anfallsweisen Dämmerzuständen zu tun, die sich vor allem durch ihr plötz- liches Auftauchen und Verschwinden auszeichnen. Die nach- folgende Amnesie für die Erlebnisse während des Anfalles ist hier weit charakteristischer als die Unorientiertheit. Solche an- fallsweise Bewußtseinsstörungen kommen bei folgenden Krank- Helten vor: bei Epilepsie und bei Hysterie. An beiden Uebeln hat jedoch Reuß, den ich seit fünfzehn Iahren kenne, und der ebensolange in meiner Behandlung steht, niemals vorher gelitten. Es gibt endlich noch eine dritte Art, die sogenannten toxischen Dämmerzustände, die man gern als Delirien zu be- zeichnen pflegt. Die wichtigsten Substanzen, die Dämmer- zustände zu erzeugen vermögen, find Alkohol, Abfynthöl, Aether, Chloroform, Opium, von denen bei erblich belasteten oder infolge überstandener Gehirnkrankheiten neuropatbisch disponierten Individuen oft schon relativ kleine Quantitäten des Giftes genügen, um delirante Zustände herbeizuführen. Von diesen Möglichkeiten traf ebenfalls keine einzige zu. Endlich stehen die Dämmerzustände nocb in Beziehungen zum natürlichen oder künstlichen Schlaf. So gehören eigentlich Schlaftrunkenheit und Schlafwandeln ebenfalls hierher. Während des Dämmerzustandes sind die Augen meist ge- Lfsnet; seine Vorboten sind abnorme Reizbarkeit, dumpfer Druck auf den Kopf, Mattigkeit in den Gliedern. Ueberemp- sindlichkeit gegen Licht und noch anderes mehr. Nachdem Albert Reuß seine Beichte vollendet und auch jenes während der Probe erlittenen Unfalles Erwähnung ge- tan hatte, besaß ich endlich Klarheit darüber, daß jene schein- bor unbedeutende Kopfverletzung in der Aetiologie dieser seit- samen Erkrankung die Rolle der Gelegenheitsursache gespielt hatte,________(Fortsetzung folgt.)