Werben, vielleicht um sich noch weiter, wie schon im letzten Jahr, organisatorisch' zu konsolidieren, sicherlich auch stark unter dem Eindruck der Stimmung, aus der heraus Henderson einmal in einem Jntermew mit dem„Vorwärts" äußerte: „Wir haben jetzt gemug von den Koalitionen." Doch ist diese Ablehnung der Zusammenarbeit mit bürgerlichen Parteien keineswegs als Ausvrmk eines unbesonnenen Linksradikalis- mus anzesehen— ian Gegenteil erklärte sich die Labour Party in der Verwerfung eines Antrags gegen die Beteiligung ihrer AUtglieder am Kronrat sl'rivz' Council) durchaus als Verfassungspartei und Gegnerin eines gewaltsamen Um- jtUtALS. Ganz eindeutig stellte schließlich der Edinburgher Partei- tag d ie gemäßigte Stimmung der Labour Party fest gelegent- lich in'r Abstimmung über den Antrag, die Kommunisten nufzumhmen. Mit über zehnfacher Mehrheit, mit 3 068000 gegen mir 261 000 Stimmen wurde wie schon vom vorigen auch vam diesjährigen Parteitag die Ausnal me der Kommu- iiistischeu Partei abgelehnt Der Führer der Berg- arbeite?, Frank Hob g es, wie das Haupt der Independent Labour P'arty, die der Wiener Gemeinschaft angeschlossen ist, R a m s a i) M a c d o n u l d» treten besonders scharf gegen die Kommunion auf; Holges nannte sie treffend„Sklaven Moskaus ". Auch gegen Abtrünnige nach rechts, den noch immer von dvr Kriegspsychose besessenen Führer des Seeleute- Verbandes, H�auelock Wilson, sprach sich der Parteitag ans und �sulzelfte die besonnene Linie der Labourpolitik so gegen Rechts- wie L i n k s b o l fch e w i st en, die zu- dem mit ihren etwa 10.000 Gefrlgleuten Moskaus gegenüber den 4 Millionen der Lcchour Party, der größten Partei der Zweiten Internationale, eine recht klägliche Schar darstellen. Der Parteitag bewies, daß die Partei, ohne sich schwärmen- den Hosfnungetl übc-r die Neichweite ihrer eigenen politischen Arbeiten in diesem Augenblick hinzugeben, innerlich gefestigt dasteht. So kann sie im Bewußisein der eigenen Kräfte und Möglichkeiten abwarten, welche Nolle ihr im Spiel der großen Wellpolitik zufallen wirtd— in der klaren Erkenntnis, daß von ihrer politischen Fähigiteft viel für das Geschick des eigenen Landes wie der Well tcherhaupt abhängt, nicht zuletzt für ihre deutschen sozialistischen Freunde.
Die 5erchevfe!ö-Koal!t:on. Schärfstes Mißtrauen der Sozialdemokratie. Stahr ist in Lerchenfekd wieder auferstanden. Als Kohr ging und Lerchenfeld kam, wurÄen die Deutschnationalen, die sich in Bayern „MMelpartei" nennen, aus der Regierung ausgeschifft und Lerchenfeld selbst besetzte den vom deutschnativnalen Iustizminister Roth oerlassomm Amtsseffel. Nach der neuesten Krise haben die Demokraten - ihren Handelsmknister zurückgezogen. Um so eifriger strebten deshalb die Deutschnationalen nach einem Ministerposten. Sie sehen sich om Ziel ihrer Sehnsucht. Lerchenfeld hat einen Ihrer Anhänger, den Oberregierungsrot Guertner, zum Justizminister er- nannt. Und der Landtag hat, wie der Präsident feststellte, diese Emenrnrng widerspruchslos zur. Kenntnis genommen. Womit sie rechtsgültig geworden ist. Der Widerspruch, der hier vermißt wurde, kam aber umnittel- bar darauf um so schärfer zum Ausdruck. Bor der Abstimmung über das Fmanzgefctz gab när.nlich der Abgeordnete Timm(Soz.) namens feiner Parteifreunde die Erklärung ab, daß sie gegen das Finanzgefetz stimmen: nach parlamentarischen Krundsätzon wolle die Partei dadurch ihr schärfstes'.Mißtrauen gegen die augenblickliche bayerische Staalsregiernng zum Ausdruck bringen, die in einer Zelt höchster politischer und wirtschaftlicher Not eine die Reichseinheit bedrohende, die Ziele Frankreichs fördernde, jeden kulturellen Fort- schritt verneinende Politik betreibe. Der Redner erhielt einen Ordnungsruf.� Der Abgeordnele Reu m'c n n(USP.) schloß sich der Erklärung des Slbgcordneten Timm vollinhaltlich an, weshalb er vom Präsidenten ebenfalls zur Ordnung gerufen wurde. l--X-----.,,.1 lifl____!______ L I N—-WWf Kiaöcr im park. Von Egon H. Straßburger. Die alte Jungfer denkt: Sind diese Kinder lieb und nettl Entzückend sind diese Kinder reit den bunten, seidenen Schleifen, mit dem frohen Lachen in den sonnigen Augen. So und nur so ist der Frühling denkbar! „Kleine, wie heißt du denn?" „Ich heiße Irma, aber meine Schwester heißt Ida." „Kleine, wie alt bist du?" „Sechs Jahre werde ich." „Willst du dich zu mir setzen? Wir wollen uns etwas erzählen." „O nein, das darf ich nicht; Mama hat mir'» verboten. Ich darf nur mit Kindern Freundschaft schließen, aber nicht mit so alten Damen." Die Kleine knickst unid enteilt. Die alte Djme sitzt verlosten wie eine zürnende Bulldogge da und wackelt bedächtig mit dem Alt- jungfernkopf: „Gott sei Dank, daß ich ledig und ohne Kinder geblieben bin." Ihr Pintscher hüpft zu ihr, wie tröstend, empor. Sie faßt ihn zärtlich an und drückt ihn leidenschaftlich an ihr Herz, das von einem«iskalien Blutstrom durchflosten wird. Die Bonne ohne Stellung. Hml Kinderl j Kinderl Weshalb gibt es eigentlich so sehr viele Kinderl Lachhast viele! Ueberslüssigel Und nun sitze ich trotz dieser llebewälkerung hier. Stellung mächte ich haben... aber wo? Die alte Herrschaft hat mich ent- lassen, well ich mehr Hang ZU einem Doktor hatte al» zur Irene. Unter uns gesagt, was geht mich Irene an? Der Doktor hätte mich heiraten können, ich wäre versorgt gewesen. Als Bonne kann man hundert Jahre alt werden und man ist noch nicht versorgt. Kinder! hm! Kinderl „Verzeihen Sie, liebes Fräulein, möchten Sie mir wohl sagen, wi« spät es ist?" 0 „Warum willst du e» wissen?" „Weil ich in die Schul« muß!" „Warum hast du deine Mutter nicht gefragt?" „Mutter ist verreist." ,„Und der Vater?" „Im Bureau." „Und die Schwester?" „Ich habe keine Schwester, keine Brüder." „Ich weiß es nicht. Seh' mein Kwdl" Die Exbonne ist zu träge dazu, auf ihrer Uhr nachzusehen. Sie meint, sie sei keine Auskunftei und sie freut sich, wieder einmal ihre Ueberlegenheit bekundet zu haben. Bonne außer Stellung!
Wenn durch solche Ordnungsrufe dle Welt kuriert werden könnte, wäre die Lerchenjeld-Koalition sicher selbst längst zur Ord- nung gerufen worden. Vor der Reise nach Berlin . München , 4. August. (Eig. Drahtbericht.) Mit dem Eintritt der Bayerischen Mittelpartei in die Regierungskoalition und deren Vertrauensmann Reglerungsrat Gürtner in das Justizministerium sind in Bayern neue Wege der Politik eingeschlagen worden. Gllrt- ner ist bisher im politischen Leben noch nicht hervorgetreten. Er hat die übliche Veamtenlaufbahn hinter sich, ist Reserveoffizler gewesen und der richtige Repräsentant des alten Regimes. Durch seine Er. nennung ist das Regime Kahr wieder zu neuem Leben erweckt worden. Das neue System wirkt sich bereits in der Bestätigung der bayerischen Verordnung zum Schutz der Republik durch das oberste Laudesgericht aus. Der„Staatsanzeiger" erklärt, daß mit dieser Bestätigung die Verordnung von setzt ab für die baye- rischen Gerichte im rechtsrheinischen Bayern maßgebend sei. Die„Bayerische Volkspartei-Korrespondenz" schreibt zu dem Brief des Grafen Lerchenfeld an den Reichspräsidenten :„Es ist unmöglich für Bayern , seine Rowerordnung aufzuheben, keine Staats- regirnmg in Bayern könnte diese Deranwortling aus sich nehmen. die Mehrheit des bayerischen Volkes ist der Auffassung, daß jetzt oder nie der Kampf durchgefochten werden muß, ob das Deutsch « Reich Einheitsstaat werden soll oder nicht." Es ist unverständlich, wie Graf Lerchenfeld mit einer derartigen Regierung im Rücken sich mit der Reichsregierung einigen will. Schon werden In der Bayerischen Volkspartei Stimmen laut, die sagen, daß Lerchenfeld weg müsse. Preger reist nach München . München , 4. August. (MTB.) Der„Bayerischen Staats- Zeitung" zufolge, ist der bayerische Gesandte in Berlin von Preger zur Berichterstattung über den weiteren Gang der Verhandlungen mit Berlin hier eingetroffen. Der Rcichser- nährungsminister F e h r und der Reichswehrmmister G e ß l e r werden morgen hier eintreffen. Dapern unö öas ReichsgetreiAegefetz. München , 4. August. (MTB.) Im bayerischen Landtag gab heute ein Regierungsverireter die Erklärung ab, daß die Staats- regierung das Reichsgetreidegesetz für 192214923 in Bayern durchführen werde. Die bayerische Regierung hofft, daß die bayerische Bauernschaft der Umlagepflicht, wenn auch widerwillig, aber mit Rücksicht auf die sich verschärfende Notlag« weiter Volks- kreise doch erfüllen werde.
Die Steigerung üer llebenshaltungskoflen. Um ein volles Drittel im Juli. Die auf Grund der Erhebungen des Statistischen R e i ch s a m t s über die Aufwendungen für Ernäyrung, Heizung, Beleuchtung und Wohnung berechnete Rcichsindex- Ziffer für die L e b e n s h a l t n n g s? o st e n ist im Durchschnitt des Monats Juli auf 4 S 9 0 gestiegen, gegenüber 3778 im Monat Juni Die Steigerung ist diesmal außerordentlich groß. Sie beträgt 3 2 P r o z. gegen 9,2 Proz. vom Mai aus Juni. Die R e i ch s i n d e x z i s s e r für die Ernährungskosten allein stellt sich im Durchschnitt des Monats Juli auf 6836. Die Steigerung von ZZ,S Proz. gegenüber dem Vormonat ist demnach nicht viel höher als die der Gesamtausgaben. Zu der Erhöhung der Lebenshaltungskosten haben die der Valutaverschlechterung ständig folgenden sprunghaften Preissteigerungen sämtlicher In die Erhebung einbezogenen Lebens- bedürfnlsie(mit Ausnahme der Wohmmgsmiets) beigetragen, besonders auch die hohen Preise für Kartoffeln neuer Ernte. Der Fortschritt der Teuerung ist sowohl in den Groß- städten wie in den mittleren und kleineren Städten wenig ein- heitlich: in keiner Erhebungsgemeinde ist indessen die Teuerung gegenüber dem Vormonat um weniger als 20 Proz. gestiegen.
Eine harrende Mutter. Drei Uhr! Um 7�2 Uhr wollte Agache hier sein. Ob ihr etwas zugestoßen ist. Sie liest in der Zeitung. Da fällt ihr Blick auf eine Stelle, die sie erschauern macht: „Ein sechs Jahre altes Kind von einem Unhold verschleppt.. Ihre Augen blieben auf dieser Stelle wie gebannt stehen. Das Räderwerk ihres Gehirn» rast: die Schläfen vibrieren, der Körper zittert, sie wechselt die Farben: weiß— rot— weiß— rotl" Ob es ihr Kind istl?— Kaum wagt sie zu denken; sie sitzt da wie eine Wachsfigur.— Plötzlich kehrt der Verstand wieder, sie hält eine Zeitung von vorgestern in der Hand... sie ist ja töricht. Agathe ging um v Uhr von Hause weg und um 2 Uhr wae Schulschluß. Aber wenn dieser Unhold weiter wüten möchte, wenn er... Agathe! Agathe!... Sie schaut auf die Uhr: es ist%4 in 5 Minuten! Sie faltet in ihrer stillen Einfalt inbrünstig die Hände: „Lieber Gott, mach, daß Agathe gleich zu mir kommt, ich sterbe sonst... Der Unhold— lieber Gott !" Der liebe Gott hörte nicht; Agathe kam nicht. Bon Minute zu Minuto wnrde sie erregter. Sie war um Zbl Uhr eine halbe Leiche; ste war nahe daran, sich in den Teich zu werfen, wo sehr vergnügt die Enten ihren Frühling genossen. .Bater im Himmel, o warum habe ich ein Kind?" Ihr Blick starrte in die feinen Wölkchen, die sich mit dem Vogelflug ver- mischten.... Und sie rief um 4 Uhr:„Agathe! Agathe!" Alles staunte und dachte, diese Frau ist nervenkrank. Da kam sehr vergnügt Agathe um die Wegbiegung und statt jeder Empörung und Entrüstung lächelten ihre Augen dankbar und zufrieden dem Kind entgegen. So sind einmal unsere Mütter...
Der Luftkrieg— der Krieg der Zukunft. Fvkter, der bekannte bolländlsche Flugzeugkonstrukteur, der das Feld seiner Tätigkeit letzt nach Amerika verlegt, ha|te bei der Durchreise in London einx Unterredung mit dem Vertreter eines dortigen Blattes. Er gab seiner Meinung dabin Ausdruck, daß der Zukunftstrieg so gut wie ganz durch die Lustwaffe enischieden werden würde.„Das Land, das über die stänste Luftflotte verfügt," erklärte er,„wird die Osfensive eröffnen und dadurch gleich von vornherein im Vorteil sein. Luftangriffe auf Städte werden dar» führen, daß diese von den Bewohnern geräumt werden. Man wirb den Angriff mit Gag- und Rauchbomben eröffnen, denen Explosiv- und Feuerbomben folgen werden. Die wichtigen Punkte, die Eisenbahnen, Munition»- lager, Regicrungsgebäude werden das Hauptziel der Angriffe und Infolgedessen den Mittelpunkt der Verteidigung bilden. Das einzige Mittel, die Luftflotte zu bekämpfen, besieht In der Schaffung einer starken Verteidigungsflotte. Es Ist die Pflicht jeder Ration, sich zum Berteldigungszweck in der Luft so stark wie möglich zu machen. Der Krieg kann nicht durch Friedenskonferenzen aus der Welt geschafft ck
Dr. Virth ist nicht erwünscht! In der„Schwäbischen Arbeiterzeitung", dem Organ des Wärt- tembergischen Landesverbandes der tatholifchen Arbeiter- und Ar- beiterinnenverein«, schreibt auf verschiedene Anfragen Arbeiter- f e k r e t ä r, Reichstogsabgcordneter Andre, u. a.: „So lange die Bayerische Boikspartei im Verein mit der bayerischen Regierung systematisch den Konslikt mit dem Reiche sucht und den Trennungsstrich zwijchen dem Reichszentrum und der Be-ye- rischen Volßspartci immer noch mehr zu verbreitern und zu ver- tiefen sich bemüht, und so lange die wahren und letzten Absichten über das eigentlich« Ziel der derzeitigen bayerischen Politik nicht klar zu erkennen sind, tun wir meines Erachtens gut daran, von unseren Leuten kein« zu großen Opjer wegen des Besuches des diesjährigen Katholikentages zu verlangen. Co ist mir perfön- lich bekannt, daß man in München nicht gerade wünscht, daß de? Reichskanzler Dr. Mirlh am Katholikentag teilnimmt. Wer h'ntec der Politik Wirths steht, wird gut daran tun, die Konsequenzen zu ziehen und ebenfalls wegzubleiben. So ist es eben jetzt. Deutsch- nationale Phraseure und andere„gute" Katholiken vertreten nach bayerischer Auffassung gegenwärtig die Interessen der deutschen Katholiken, nicht aber das Reichstagszentrum und Dr. Mirth!... Mit den bayerischen Methoden wird der große Gedanke der Ab- Haltung deutscher Katholikentage sicher nicht gefördert, sondern sehr gefährdet! Das aber wäre für den deutschen Kau/olizismos schlimm.... Das Geld wird im Arbeiterhaushalt in diesem Herbst für nötigere Sachen gebraucht werden."
Kampf um öie ReglerungsprastKenten. Nach der preußischen Acrfasfung hat die Ernennung von Regierungspräsidenten „im Einvernehmen" mit den Pro- vinzialausschüssen zu erfolgen. Diese Bestimmung, die eine gewisse Mitwirkung der Provinzen an der Staatsverwaltung garantieren sollte, wird jetzt von einzelnen Provinzialausschüssen dazu benutzt, um die vom Staatsministerium beschlossene Neubesetzung einer Reihe von Regierungspräsidien zu hintertreiben. So hat der Provinzialausschuh von Münster (Westfalen ) sein Einvernehmen mit der Ernennung des Landrats Dr. Nombach aus Düren verweigert, bis Klarheit über die Parteistellung(I) Dr. Rom- bachs geschaffen sei. Besonders lebhaft aber geht der Kampf um das Regierungspräsidium von Koblenz . Dort war ein Sozial- demokrat in Aussicht genommen, der bisher in anderer staatlicher Stellung im Rheinland tätig war. Gegen ihn wird jetzt die Zentrumsvolksseele zum Kochen gebracht, weil er angeblich Aeuße- rimgen gemacht haben soll, die die religiösen Gefühle der katholischen Bevölkerung verletzten. Manche katholischen Blätter im Rheinland stellen die Dinge so dar. als ob der in Aussicht genommene Cenosie B a u k n e ch t wie ein Gotteslästerer in katholischen Versammlungen herumspaziere. Das sind selbstverständlich Uebertrelbungen, die lediglich einem bestimmten Zwecke dienen. Man will augenscheinlich für die Zentrum sgegenden nur Zentrumsbeamte haben. Dabei vergessen diese katholischen Herrschaften nur allzuleicht, wie es früher mit ihnen stand. Im wilhelminischen Zeitalter war es Mode, dvß alle leitenden Stellen im Rheinland mit protestantischen Nichtrheinländern besetzt wurden. Die Regierungspräsidenten in den Bischofsstädten waren sogar mit besonderen Instruktionen versehen, wie sie sich als Stellen zur Ueberwachung der Bischöfe zu betrachten hätten. Es gab Landratsämter in katholischen Cegenden, wo über die Kreis- und Kreisausschußfekretäre herab bis zum Gendarmen und KreiH- boten kein Katholik zu finden war. Und wenn schließlich ein zweiter, katholischer Krctssekrctär angestellt werden mußte, kamen alle sekretären Akten(Personalakten) in den Verschluß des enona*. lischen Herrn. Als wirklich einmal ein katholischer Oberpräsident ernannt wurde(v. Schorlemcr-Licser), da mußte er sich erst durch Zentrums- feindschaft die wirkliche Anerkennung verschaffen. Daß das jetzt anders geworden ist, daran hat nicht zuletzt die Sozialdemokratie Verdienst. Um so weniger ist es verständlich, wenn die Zentrums- Herrschaften in den katholischen Gegenden die Sozialdemokratie von der Besetzung der leitenden Posten ausschalten wollen. Das Mini- sterium hat das Recht, die Regierungspräsidenten auch ohne Ein- Verständnis der Provinzialausschüsse kommissarisch zu besetzen. Es wird hoffentlich davon Gebrauch machen.
werden, sondern nur dadurch, daß man die Luftwaffe so unwider- stehlich und stark wie möglich macht, und deshalb ist es nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet: Tie Entwicklung des Flugzeuges ist der Beginn des Endes der Kriegsmöglichkciten." Fotker macht natürlich für sein Geschäft— den-Luftkrieg— Reklame: aber was er dabei über starke Rüstungen als Verhinderer der Kriege sagt, ist ein durch den letzten Krieg völlig widerlegter Unstnn. Dell und das Telephon. Der eben verstorbene Professor Graham Bell , der da- Telephon in die Praxis eingeführt hat, erzählt:„Als mich im Jabre 1877 oder 1878 die Direktoren der damals eben or- ganisierten National-Knmpagnie befragten, was ich von de» Zukunft des Telephons halte, erzielte ich einen stürmischen Heiterteit-erfo'a. als ich ihnen in einem schriftlich ausgearbeiteten Expos- ein Bild des zentralen Vermittlungssystems entwarf, wie es heute besteht. Ich erschien den Herren als ein unverbesserlicher Illusionist, und mein Expose hat häufig genug als schlagkräftiger Beweis für den Groß- machtsdünkel eines Crfindes herhalten müssen." Am 11. August 1876 unterhielt sich Graham Bell von Brandford aus zum ersten Male durch den Draht mit Mount Pleasant über eine Entfernung von S Kilometern. Im Oktober des gleichen Jahres sprach man schon von Boston nach Cambridge , im Februar 1577 von Ehikago nach Milwaukee und vier Wochen später über die -137 Kilometer lange Strecke von Chtkago bis Detroit . Damit hatte Graham Bell praktisch das vollendet, woran vor ihm jahrzehntelang neben Philipp Reis die verschiedensten Forscher gearbeitet hotten. Im übrigen hatte Bell insofern großes Glück, als er in einem Millionenprozeß, in dem andere Erfinder ihm die Priorität streitig machten, vor dem höchsten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein obsiegendes Erkenntnis erstritt. Namentlich in Amerika entwickelte sich das Telephon riesenhaft schnell. Am 26. Januar 1878 wurde schon das erste städtische Fernsprechnetz in New Häven dem Verkehr übergeben, und schon drei Jahre später gab es in den ganzen Ver- einigten Staaten kaum mehr eine Kleinstadt, die nicht schon ihr Telephonnetz hatte. In. Deutschland war es neben Stephan in erster Linie der verstorbene Emil Rathenou, der die ungeheure Bedeutung dieses Verkehrsmittels erkannte und Stephans anfängliche Abnei- gung gegen die Einrichtung eines Fernsprechnetzes in Berlin zu besiegen wußte. Schuld an diclcr Abnciauna des damaligen Ee- neralvostmeisiers war freilich die Teilnahmslosigkeit der Berliner Geschäftswelt, von der anfangs kaum«in paar Dutzend Anschluß- onmeldungen zu bekommen waren. Am 18. Januar 1881 wurde als erstes in Deutschland das Berliner Fernsprechnetz dem Verkehr übergeben. Fische und Ensen. Ein Herr Kleefeld in Hamburg , der als t- fahrener Angler bezeichnet wird, macht In einer Zeitschrift„Mit- teilungen aus der Vogelwelt" Mitteilung von einem Erlebnis, das anscheinend vielfach falsch gedeutet werden kann. Kleefeld schoß über einen Teich, der keine Verbindung mit anderen Gewässern hatte, eine Wildente. Später legte er im Dorfe die Ente in ein Wasser- gefäß. Dabei seien aus dem Gefieder de- toten Bogels 274 Stück stopfnadeldicke Tlcraaale von 4 Zentimeter Länge, gewissermaßen Anlbrut, hervorgekrochen. Er erinnerte sich dabei, daß er ebenso in Amerika auf dem Lorcnzostrom einmal ein ähnliches Erlebnis mit einer dort erlegten Polarente hatte. Van anderer Seite wird an- läßlich dieser Fälle angeregt, weitere Untersuchungen anzustellen,