Nr. 370 39. Jahrgang
Beilage des Vorwärts
Durch Groß- Berlin.
Das Wald- und Industriegebiet im Westen.
IX*).
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Dienstag, 8. August 1922
laboratorium, find nach einer schmerzlichen Uebergangszeit, die Deutschen Werte geworden, über die wir mehrfach berichteten. Nicht meniger als 71 000 Arbeiter wurden in diesen Betrieben im Frieden beschäftigt, die eine Fläche von 1852 Morgen( die doppelte Größe des Berliner Tiergartens) einnahmen. Eine Zeitlang schien es, als ob das sinnlose Vorgehen der Interalliierten Kommission die ganzen Werke zum Erliegen bringen sollte. Heute aber wird dort draußen Kriegsvermißtennachweis des Reidjes. Und obgleich der alte Volks- in den Deutschen Werken mit Tausenden von Arbeitern friedlich Der 8. Berliner Verwaltungsbezirk ift Spandau . In den alten spruch wissen will, daß mit dem Berliner Kind und dem Char- und fleißig die Herstellung von Eisenbahnwagen, Holzhäusern, AutoStadtkreis Spandau sind die Gemeinden: Staaten, Lief- lottenburger Pferd auch der Spandauer Bind nichts wert sein soll, maten, Erntemaschinen usw. betrieben. Im Norden dicht am Wald werder, Pichelsdorf, Gatom und Cladow und die muß die Luft in Spandau recht zuträglich sein, denn in der weit befindet sich ein bedeutendes Industriegelände für die private InGutsbezirke Bichelsdorf und Spandau Zitadelle ein- fchöne Neubau der Preußischen Landesturnanstalt, jezt Hochschule der sich nun endlich nach der Revolution auch frei und behindert die räumig angelegten Neustadt befindet sich seit einigen Jahren der dustrie. Die tommunale Unternehmungsluft der Spandauer , an bezogen worden. Während Spandau allein etwa 95 000 Einwohner für Leibesübungen genannt, auf der die preußischen Turnlehrer- Sozialisten beteiligen fonnten, ist zwar durch die Eingemeindung hatte, sind ihm durch die Zuteilung dieser Gemeinden nur etwa und-lehrerinnen ausgebildet werden. Auch ist das Berliner Lehrer- start beschnitten, aber glücklicherweise teineswegs unterdrückt worden. 10 000 Einwohner hinzugekommen. Nach dem Flächeninhalt steht seminar aus der Friedrichstraße nach hier verlegt worden. Nördlich Zurzeit geht man mit einem wahrhaft großzügigen volkstümlichen der Bezirk Spandau mit rund 9000 Hektar nach dem Bezirk Köpenick und östlich der Neustadt zieht sich das landschaftliche Juwel der Projekt um. Bekanntlich ist durch die Zuschlagung von Gatow und an zweiter Stelle. Wie Köpenick und Reinickendorf verfügt es über Stadt, die Spandauer Stadtforst, ein prachtvoller Laubwald mit Cladow zu Berlin auch das ganze große von Spandau bis Safcow großen Waldreichtum. Politisch brachte uns dieser Bezirk bei den teilweise alten Beständen, meilenweit hin, während er an der Havel reichende Westufer der Havel , gegenüber dem Grunewald, zu Großletzten Stadtverordnetenwahlen die größte Ueberraschung. Dort ge- eine durch hügelige Gestaltung außerordentlich reizvolle Landschaft Berlin gekommen. Dieses Gelände, den meisten Berlinern außer lang es nämlich den Antisemiten, sich die Stimmen von etwa den wandernden so gut wie unbekannt, birgt eine Menge landschaft5000 pensionierten, den ehemaligen Staatsbetrieben angehörigen licher Schönheiten, die aber durch die Privatspekulation, die die Staatsarbeitern einzufangen. Grundstücke bis an das Ufer erstrect, in größter Gefahr ist, auf ewig ruiniert zu werden. Der Bezirk Spandau ist nun an der Arbeit, dieses herrliche Gelände der Allgemeinheit zu erhalten, und man darf hoffen und erwarten, daß ihm hier von der Zentrale Berlin aus mit allen Mitteln geholfen wird. Auf dieser ganzen Strecke von Spandau bis Cladow wäre dann einschließlich des gegenüberliegenden Grunewalds das Wort zur Wirklichkeit geworden: Berlin an der Havel .
Für die neuen Groß- Berliner Mitbürger aus Cladow und Gatom aber müssen wir hier ein Wort einlegen. Die Freudigkeit, zu Berlin zu gehören, fann bei ihnen nicht zunehmen, wenn sie, um nach diesem Berlin zu gelangen, 30 M. Autobusfahrgeld hin und zurück erlegen müssen. Da ihrer noch nicht gar so viele sind, so läßt es fich villeicht ermöglichen, daß an n oder zwei Tagen in der Woche ermäßigte Fahrten eingerichtet werden.
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In der Tat, es lohnt sich, nach Spandau zu fahren, für den Kommunalpolitiker, den Wirtschaftspolitiker, den Naturfreund und den Freund alter Geschichte. Jeder wird hier zu seinem Recht fommen. Ein einmaliger Rutsch" aber genügt nicht. Dieses bisher durchaus selbständige Gemeinwesen birgt so viel des Eigenen und Bemerkenswerten, daß man getrost ein paar Tage darauf verwenden fann, sich die Stadt, ihre Einrichtungen und ihre Umgebung an= zusehen.
Aus dem Leben eines Mörders. Das Geständnis Wilhelm Blumes.
Auf dreierlei Wegen fann man nach Spandau kommen: Bom Lehrter Bahnhof, über die Stadtbahn und mit der Straßenbahn. Das letztere soll man bleiben lassen. Spandau hat zwei Bahnhöfe. Der eine, der alte, sieht grau und vermurfft aus und liegt inmitten der alten Kanonen- und Gewehrfabriken, von denen heute kein Mensch mehr etwas wissen mag. Früher standen die Heeresfabriken im Mittelpunkt des Spandauer Lebens, wie im Mittelpunkt auch früher das zweierlei Tuch stand, das jetzt nollends aus Spandau verschwunden ist, während es z. B. in Potsdam trotz alledem noch viel stärker in die Erscheinung tritt. Fährt man aber ein paar Minuten weiter, bis Spanbou- West, dann hat man einen überraschenden Anblid. Die Fahrt über die Havelbrüde vermittelt em lebhaftes, reges Hafenbild, und ein wenig weiter tritt das große und schöne, erst wenige Jahre vor dem Krieg fertig gewordene neue Spandauer Rathaus ins Blickbild, das soviel von der ehemaligen Selbständigkeit dieser uralten Siedlung und späteren berühmten preußischen Festungs-, Militär- und Heereswerkstättenstadt erzählt. Lohnend ist auch ein Aufstieg auf den Turm, der einen überraschenden Fernblick gewährt. Der ganze Grunewald, die Havel auf- und abwärts, das Spreetal bei Westend das Havel - bildet und das Entzücken eines jeden Natur und Heimatfreundes land, eine von Theodor Fontanes Lieblingsstätten. Von dem Rathervorruft. Im Jahre 1912 war um die Erhaltung dieses teilweise haus ist es nicht weit in das Herz der Altstadt, in der die Nikolai- bedrohten Stadtwaldes ein heftiger Streit entbrannt, der die gefirche noch das einzig bemerkenswerte Baudenkmal ist. Fontane famte Berliner Deffentlichkeit interessierte. Die Verschandelung hat ihr in feinen Wanderungen ein freundliches Denkmal gesetzt. wurde glücklich abgewehrt. Westlich von diesem riesigen Waldgebiet Ebenso leicht und bequem fommt man aber auch von dem alten im Havelland liegt Staaten, das durch seine architektonisch städteBahnhof zur Vitstadt. Auf der Brücke über die Havel hat man baulich reizvoll angelegte Gartenstadt sehenswert ist. Zwischen Wald einen in der Mart sehr seltenen Anblid, nämlich das Zusammen- und Neustadt aber liegen wieder einige Stätten der Gesundheit, Der Mörder der beiden Berliner Geldbriefträger, Wilhelm firömen zweier bedeutender Flüffe, der Spree und der Havel . Leider nämlich in Hakenfelde das neue schöne Spandauer Stadion und Blume, der jahrelang nicht ermittelt werden, fonnte, bis fürzlich haben es die Spandauer versäumt, diele wichtige geologische Stelle, das nach den modernsten hygienischen Grundsägen ausgestattete in Dresden seine Berhaftung erfolgte, hat jetzt seine Verbrechen. wie etwa in Koblenz am Zusammenfluß von Mosel und Rhein , städtische Hallenbad. Am Rande der Forst ist eine Waldsiedlung den Kriminalkommissaren Gennart und Tegtmeyer und dem Dresbaulich auszugestalten. Die Stelle ist hier nüchtern und reizlos. entstanden mit Kleinhäusern für etwa 250 Familien. Originell ist dener Oberfommissar Geipel unumwunden eingestanden und die Ein dritter Anziehungspunkt ist von alters her die Zitadelle, das der wirtschaftliche Aufbau der Siedlung, der durch eine G. m. b. S. schauerlichen Vorgänge genau dargestellt. alte Kernwert der Festung mit dem berühmten Juliusfurm, deren erfolgt, deren Anteile aber sämtlich in Händen der Stadt sind. Die Besichtigung auch heute noch wie früher selten gestattet ist. Man Stadt hat den Einfluß, aber die Verwaltung ist von aller Bureau- besuchte in Braunschweig und Oldenburg das Gymnasium und verließ Blume, der Sohn eines ziemlich vermögenden Tabakhändlers, fratie befreit. Dicht daneben liegt die Siedlung der genossenschaft - die lekte Anstalt als Zwanzigjähriger mit dem Abiturientenlichen Eigenheim- Gesellschaft, die von der Stadt durch Hergabe von 3 eugnis. Er ging dann nach Berlin , um sich hier eine Existenz Land unterstützt worden ist. An der Havel aber, in dem genannten zu gründen, brachte es aber nicht zu einer gesicherten Stellung, weil Stadtwald, gibt es en schönen Sonntagen längs des Ufers ein er sich zu viel mit Erfindungen beschäftigte und vor allem seinem fröhliches, übermütiges und äußerst gesundes freies Freibadeleben. Drange folgte, Theaterstide au schreiben. nicht übersehen werden darf in dieser Gegend das riesige, 300 Morgen Eltern erote er 25.000 große Gelände des früher in firchlich- liberalen, jeht in orthodoxen hatte, ging er nach to non, un es bort al 1000 mer aufgebraucht Händen befindlichen, von Wichern 1858 gegründeten Evangelischen in London fam er zu feinem rechten Berufe. Auch dert befaßte er Johannesstiftes, das aus einem Pädagogium für höhere Schüler, sich mit mehr mit Erfindungen als mit geregelter Arbeit. Dann fam er einer Erziehungsanstalt für Volksschüler und einer landwirtschaft auf den Gedanken, Wettips herauszugeben. Damit verdiente er so lichen, gärtnerischen und Handwerker- Ausbildungsschule besteht. viel Geld, daß er flott leben fonnte. Trozdem verließ er England Sehenswert ist auch der große städtische Friedhof, der durch den und kehrte nach einem Zwischenaufenthalt in Paris nach Berlin zujezigen Städtebaudirektor von Groß- Berlin Elfart, der aus Span- rüd. dau gekommen ist, teilweise im Parkcharakter ausgebaut worden ist. fein ganzes Auftreten verschafften ihm leicht Bertrauen, besonders in Seine angenehme Erscheinung, jein verbindliches Wesen und In der Mitte des Friedhofs befindet sich ein Ehrenfriedhof. Der Damenfreisen. Ein Jahr lang war Blume bei der 3EG. beschäftigt. städtische Schlachthof ist außer dem Berliner der bisher einzige Auch während dieser Zeit benutzte er jede freie Etunde, um an kommunale Schlachthof von Groß- Berlin. Theaterstücken zu arbeifen. Im ganzen schrieb er deren zwanzig. Liebeleien mit meiblichen Angestellten hatten zur Folge, daß er von der 3EG. entlassen wurde. Als er jetzt mittellos wurde und in Not geriet, fam er auf den Gedanken, einen Geldbriefträger zu berauben. Durch seine Beobachtungen tam er auf den Geld= briefträger Weber, der seinen Bestellgang regelmäßig in der daß ihr das Pulver erfindet, ihr Scheißterle! Als ich so alt war wie ihr, ging ich ins Bett, wenn ich mit der Arbeit fertig war und Sonntags ins Puppentheater. Das fam fünf Pfennige auf der Galerie und die Seele hatte Ruhe. Ihr aber wollt ohne Unterhosen nach Amerifa, bloß weil ihr denkt, dort finden sie sich ohne euch nicht weiter. Natürlich hat der Käsewanft die Hauptschuld, und das verspreche ich dem in die Hand: menn meinem Jungen etwas zugestoßen ist, mache ich den Leimfrigen falt. Ich war zu gut und zu dumm, ich hätte dem Hans eins blasen müssen, als er den Kaufmannsfimmel anfuhr."
weiß nicht recht warum!
Erinnerungen weist das alte Spandau noch mancher Art auf, so die Tatsache, daß der republikanische Agitator Sinkel aus dem Jahre 1848 hier in dem Zuchthaus, einem früheren Grafenschloß, gefangen gehalten wurde, bis es ihm 1850 gelang, nach England zu fliehen. Es wirft wie eine ausgleichende Gerechtigkeit, wenn Balf erfährt, bag auf dem Gelände des ehemaligen Zuchthauses sich jetzt das Gebäude der Druckerei des sozialdemokratischen( SPD ) Bolfsblattes erhebt, das in Wittenberge und Stendal als Kopfblatt erscheint und dessen Verbreitungsgebiet sich bis weit in die Provinz, bis nach Neuruppin , Westhavelland, Oberbarnim und selbst die Udermart erstrect.
Eine erledigte Militärstadt.
Militär und Militärwerkstätten find restlos verschwunden. In die Artilleriefaserne ist das Finanzamt eingezogen, in der Garde faserne liegt die Schupo. Wichtige Funktionen aber versehen die ehemalige Pionier und die Trainfaserne. In der ersteren be= findet sich die Polizeischule für Leibesübungen, in der letzteren der
*) Bgl. auch Nr. 133, 145, 157, 169, 208, 230, 266 und 322, des ,, Borwärts".
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Der Sprung in die Welt.
Ein Jungarbeiterroman von Artur Zidler.
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In der Herberge saß eine luftige Rumpanei um den großen Rundtisch. Hans stellte das Rad in eine Ecke und setzte sich zu den Kunden; da aber fiel ihm plöglich ein, daß er kein Geld mehr besaß. Er sprach mit dem Ausschenker und bot ihm die Stahluhr zum Kauf an, die ihm der Vater zur Konfirmation geschenkt hatte. Der Ausschenker gab ihm sechs Kronen dafür und zog davon zwei für Abendessen und Nachtlager ab. Eine halbe Krone wurde noch vertrunken, und furz vor Mitternacht fiel Hans totmüde ins Bett. Er träumte phantastische Dinge. Eine weite Landstraße lag vor ihm in greller Sonnenglut, er trat die Pedale, was die Waden hergaben; denn hinter ihm setzte der fette Hasselstrunt in der Uniform eines Zollmächters auf einem schwarzen Pferde her. Da riß die Kette des Rades und Hans stürzte in den Graben. Hasselstrunk lachte, daß die Goldplomben in seinem Maule blitzten, Hans vermeinte, den Räfe zu riechen, schrie auf und jah im fahlen Morgenlicht die schnarchenden Kunden. Wieder schlief er ein und saß neben Rudi in einer braunen Bodenwelle. Der Tag war grau und Rudi lag mit stillem weißen Gesicht. Er hatte ein brandiges Loch in der Stirn und war tot. Auf einmal hockte Hans auf der Reeling eines Schiffes, die See bewegte sich unruhig, die Sonne warf zerstreutes Licht zwischen die Masten. Aus der Kajütenluke fam ein Mädchen langsam hervor; sie war schön und ihr Haar flatterte im Winde. Sie blickte mit todtraurigen Augen auf Hans, der sich nicht vom Fleck rühren fonnte. Ueber ihr, auf der Kapitänbrüde, stand Hasselstrunk, fein verschwommenes und brutales Gesicht fah in die Ferne... Der Ausschenter polterte laut an der Tür, der Traum zerStob. Eine prächtige Morgensonne stand im fahlen Raum und verklärte die verblichenen Farben eines Muttergottesbildes an der Wand. Ein junger mandernder Arbeiter, den Hans am Abend zuvor nicht bemerkt hatte, sang ein polnisches Lied, das einen frohen Rhythmus hatte und immer endete: Tralala holala holla holla tralala! Eine halbe Stunde später war Hans wieder auf freier Straße. Die Berghänge hatten sich wieder zurückgelehnt und ließen ferne Sicht. Der Strom glänzte wie Berlmutter. Hans ließ sich die Morgenluft durch die Lungen wehen und war
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Die neue Industrie.
Aus den sechs ehemals sich so nennenden föniglichen Werf ftätten, nämlich der Geschüßgießerei, der Artilleriewerkstatt, der Gewehr der Munitions, der Pulverfabrik und dem Feuerwerks:
glücklich. Im Blau überschlugen fich jubelnde Lerchen. Ein Kettenschlepper arbeitete sich, drei Billen im Schlepptau, stromaufwärts, auf den Breitkähnen wimpelten der Schifferin Sonntagshemden.
Run wußte Hans auch, wo er hinwollte. In der kleinen Stadt, die er in einer Stunde erreichen mußte, wohnte ein Ontel von ihm, ein Fabriftöpfer, der ihm am liebsten war von der ganzen Verwandtschaft. Was würde der zu dem plöglich auftauchenden Besuch sagen? Hans schlug Gedanken darüber in den frischen Wind. Schon sah er die ragende Burgruine, zu deren Füßen das Städtchen lag. Bald traf sich die tSraße mit den Eisenbahngleisen, und die ersten Häufer famen heran.
Die alten Onfreders liefen planlos in der Stadt herum. Beider Gesichter waren grau und verfümmert, weil sie in den Nächten nicht schliefen. Sie fanden feine Ruhe zu Hause, er hatte sich von der Arbeit freigemacht, um seinen Sohn zu suchen. Die Frau feuchte in Atemnot neben ihm her, denn er schritt haftig und verbissen aus. Ihr Gesicht war aufgelöst vom Weinen und von dem Bewußtsein der Schuld, die ihr der Mann immer wieder vorhielt. Während sie ohne Fassung neben dem Manne hertrieb, fiel er von ruhigen Stimmungen in heftige, von solchen der Hoffnung in solche der Verzweiflung. Einmal meinte er, Hans gut zu fennen, als daß der sich ein Leid antun könnte, dann wieder hielt er ihn bestimmt für tot. Die Polizei und die Zeitungen hatten sich der Sache angenommen, nun liefen die beiden von einem Bureau ins andere und lauerten den Briefträgern auf, immer in der Hoffnung, endlich aus der quälenden Ungewißheit über den Berbleib ihres Kindes herauszukommen.
Abends kam Rudi, der sie tröstete. Er sagte:„ Hans ist sehr unglücklich gewesen, und ich glaube, daß er einen gewaltigen Sprung getan hat, aber bestimmt nicht in den Tod. Bielleicht ist er nach Amerifa zu Carnegie, für den er schwärmt. Daß er fein Geld hat, macht ihm nichts aus, er ist fräftig und schlägt sich schon durch etwa als Kohlentrimmer."
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" Der Teufel foll cure Rosinen holen," schrie Onfreder, ihr feid groß im Plänemachen und haltet die Alten für Hornochfen. Ich will meinem Herrgott danken, menn Hans wieder da ist, aber in den Hintern trete ich ihn doch. An allem sind die Bücher schuld, die ihr in euch hineinfreßt, bis ihr den Klaps weg habt, ihr Vogelmänner. Als ob die Welt darauf warte
er bis auf
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Bon seinen
Frau Onfreder saß dabei und weinte. Barum tut mir der Junge das an? Was soll man auf der Welt, wenn einem die Kinder keine Freude machen? Jezt muß ich immer denten, wir find nicht immer gut zu Hans gewesen, sonst hätte er uns nicht verlassen können. Er wurde immer stiller und wir haben ihn nicht verstanden..."
Hansens fleine Schwestern fauerten lautlos und gedrückt auf dem Bänkchen am Ofen.
Auf dem bröckelnden Söller der Burg faß Hans nun schon eine Stunde und rührte sich nicht. Kleine Insekten summten, unter ihm fürzte der grüne Abhang zum Strom hinunter. Weiße Wolkenberge standen im Himmel. Fernhin wellte das Land.
Nah unter ihm lachte ein Mädchen, Hans drehte sich um. habe ich dich gestört?" fragte das Mädchen.
,, Guten Tag, Fiedel," gab Hans benommen zurück. Et wußte nur ihren Vornamen und tannte sie vom Abend zuvor, er war mit feinem Better in den Volksgarten gegangen, wo fich junges Arbeitervolt traf, um zu plaudern und Zider zu trinfen. Sie setzte sich neben ihn. Kennst du den Burgfriedhof?" fragte sie. Hans schüttelte den Kopf.
Durch ein förtlein tamen sie zu den alten Grabstätten. Der Friedhof war flein, überwuchert von Gerant, wilden Blumen und Gras, nur mühsam entzifferte man verwitterte Buchstaben auf zerbrochenen Steinen. Und märchenhaft still war es. Die beiden setzten sich auf einen Hügel und sagten lange nichts. Die warme Luft und die Stille machten schläfrig. Das Mädchen legte fich lang und schloß die Augen.„ Erzähle mir etwas, Hans Onfreder.
Blätter hat gewollt?" Was soll ich dir erzählen? Bom Bäumlein, das andere
( Fortsetzung folgt.)