sch e n Beamtenbund, der eine vollkommen selbständige Spitzenorganisation darstellt, gründete. Für einen wirklich gewerkschaftlich denkenden Beamten, insbesondere der unteren und mittleren Besoldungsgruppen, kann es kein Ver- bleiben in dem alten reaktionär eingestellten Beamtenbunde inehr geben. Er muß— insofern er eine wirtschaftliche Interessenvertretung haben will— zum Allgemeinen Deutschen Beamtenbund übergehen. Man sieht schon, wo der Fuchs zum Loche hinaus will. wenn man dieser Neugründung eine parteipolitische Note an» zuhängen sucht. Der Deutsche Veimtenbund, der unter der jetzigen Leitung stets die Politik der wirtschaftsfriedlich einge- stellten Organisationen, also in erster Linie des Gewerkschafts- ringe», dem Herr Riedel angehört, getrieben hat, schreit über Verletzung der parteipolitisch neutralen Grundlagen anderer Organisationen, sobald diese wirklich parteipoli- lisch neutral sind, lediglich um die noch �außenstehenden Beamten mit demagogischem Geschrei schrecken zu können. tonnen. Der Artikel des Herrn Riedel bedeutet weiter nichts als eine Anbiederung des Gewerkschaftsringes an den Deutschen Beamtenbund, um beide überlebten Gebilde wieder lebensfähig zu machen. Die wirklich gewerkschaftlich denkende Be- omtenschaft wird darüber zur Tagesordnung übergehen und. soweit es noch nicht geschehen ist. dem Allgemeinen Deutschen Beamtenbund beitreten.
/lgrarische Rechenkünste. Die Unverfrorenheit, mit der die Agrarier ihre Preistreiberei am Lebensmittelmarkt zu rechtfertigen suchen, aber auch die Dummdreistigkeit, mit der sie sich in die tollsten Widersprüche verwickeln, ohne auch nur mit der Feder zu zucken, erregt allgemach berechtigtes Erstaunen. Rechnet da die„Deutsche Tageszeitung" die Unkosten der Berliner Milchversorgung auf 529 Millionen Mark jähr- lich heraus und begeht dabei bloß den kleinen Fehler, nicht nur den Zuschlag auf die Kartenmilch in Höh« von 45 Pf. je Liter, sondern auch den für freie Milch in Höhe von 3,85 M. je Liter als Berwaltüngskosten zu benennen. Dabei ist der Mehrertrag aus der freien Milch zur Verbilligung der«für Säuglinge, werdende Mütter usw. bestimmten Kartenmilch bestimmt, Bekanntlich stellen aber die Milchproduzenten, die ja nicht weit von den Agrariern wohnen, ihre Preisforderungen für Milch auf Grund der Butter preise. Was sagt nun die „Deutsche Tageszeitung" über diese? Hier ist es: „Wirkliche Butter ist für die größte Mehrheit der Staatsbürger nicht mehr erschwinglich." In einem Anfall der Gedächtnisschwäche, wie er bei Agrariern oft gerade dann eintritt, wenn man ihn braucht, verschweigt das Agrarierorgan, daß der„unerschwing- liche Butterpreis" in der herrlichen restlos freien Wirt- s ch a f t entstanden ist. Weil wir wiederholt darauf hinwiesen, daß die Agrarier Nutznießer des Valutaelends infolge der hochgäricfie- nen Getreidepreise seien, stellte kürzlich die„Deutsche Tageszeitung" folgende Rechnungen auf: Die Getreideumlage ist ein F e h l s ch l o g. Denn sie verteuert durch das billige Getreide das Brot. Es soll bekanntlich jetzt 31,69 M. kosten, während Brot aus freiem Getreide sich auf 42 M. stellen würde. Die A g r a r i e r bekommen gar nicht die hohen Getreidepreise, sondern nur der H a n d e l. Des- halb sind sie für die freie Wirtschaft eingetreten und wollen sie restlos durchführen. Soweit ist kein Kommentar nötig. Wesentlich aber für die Frage: Valuta und Agrarier erscheint uns jedoch das Folgende: Nicht nur sind die Agrarier durch die hohen, sogar während des jetzigen Valutaelends noch die Preise der C h i k a g o e r Börse überschreitenden Preise an der Zer-
ver Unfug öer wistensthast. Von Hans Bauer. Das bayerische Obellandesgericht hat die Gültigkeit der baye» rischen Negierungsverordnung, die das Rcichsgcsetz zum Schuft der Republik außer Kraft setzt, bestätigt. Es feien Unruhen zu erwarten, wenn das Reichsgesetz in Bayern angewendet werde und nach Para- graph soundsoviel der Bestimmung vom Soundsovielten habe Bayern ein Recht dazu. Fein säuberlich wird das bewiesen. Mit gebildeten Worten und einwandfreien Säften. Und ist dennoch Unsinn, ist ge- deichselte Wortakrobatik, wie jeder Republikaner weiß, auch wenn er von Jurisprudenz keinen Schimmer hat. Aber es läßt sich das eben machen. Es läßt sich alles beweisen. Mit Wissenschaft. Mit jener Wissenschaft, die sich als die Kunst definiert, eine Unwahrheit sozusagen, daß sie für eine Wahrheit gehalten werden kann. Unter solchen Umständen dürfen sich die Vertreter der Wissen- schaft nicht darüber wundern, wenn ihr Kredit im Schwinden be- griffen ist. Gerade seit dem Kriege-Haben wir häufig genug gesehen, daß Wissenschaft nicht das Exakte, Zuverlässige, Unbedingte gegenüber einem nebelhaften Gefühlvollen ist, sondern im Gegenteil häufig ge- nug das Eingebildete, Vorgestellte eine bessere Instanz war. Medizin zum Beispiel I Bitte, gehen Sie heute, auch wenn Sie sich leidlich wohl fühlen, zu dem ehemaligen Stabsarzt Ihre« Ba- lü'.llmtS. Verlassen Sie sich darauf: er findet bestimmt irgend etwas na otjrwi auszusetzen. Ihr lßerz oder Ihre Lunge sei nicht in Ord- nung sagt er. Und er rät und verschreibt und bittet Sie höflich. wiederzukommen. Sie seien krank. Damals indessen: Damals, als es Ihnen hundemies zumute war, damals im Felde hat er Sie keineswegs gebeten, die Revierstube noch einmal zu besuchen. Damals fand er Sie sehr mobil und wedelte Sie kurzerhand in den Schützengraben zurück. Sie seien durchaus gesund. Damals bewies er auch, daß Rüben und Graupen eine sehr kräftige Kost seien. Heute legt er keinen Wert mehr auf diesen Beweis. Oder die Theologie' Es ward„belegt" mit taufenden, zehn- taufenden Stellen' aus der Schrift, daß Gott , der tausend-, zehn- tausendmal als Gott der Liebe voraestellt worden war, eben auch ein Gott des Kampfes, des- Hasses sein könne. Es ging. Es sieh sich machen. Worte gab es sa gemig in der deutschen Sprache. Diese Worte mußten nur richtig aneinandergeschmiegt werden. Oder die Nationalökonomie! Wie haben sie damals festezpeg lachgeurteilt, daß Deutschland ohne größeren Kolonialbesitz ircht leben könne und ohne Kriegsentschädigung gar verhungern müsse.... Es klappte immer. Die Sätze gingen auf. Das Satzgefüge funktionierte. Es wurden Tatsachen angeführt. Es wurde aus ihnen gefolgert. Alles stimmte. Alles unterschied ssch der Form noch durchaus vom Etammtischgefafel. Alles hatte eine massive Kon» struktion. Alle, war Wissenschaft. Wissenschaft— wie das Urteil des banerifchen Obertandesgerichts. Ja doch: Wissenschaft muß und soll sein. Wer möchte nicht der Letzte lein, der dem Arzt widerspräche, wenn der ihm dos'Wesen der Krankheit, an der er daniederliegt, mit Hilf« von 17 lateinischen Namen klarzumachen»ersucht.-r« 4
rüttung der Mark interessiert, sie haben diese sogar öffentlich meist verschwiegenen Programmpunkt chres berüch- tigten„Hilfswerks" erhoben. Auf der Tagung der Preußischen Hauptlandwirtschafts- kaminer, die in diesem Frühjahr stattfand, hielt der Landwirt- schaftsminister des Stegerwald-Kabinetts, Warmboldt, ein Referat über dieses Hilfswerk. Er wies u. a. darauf hin, daß die Landwirtschaft die Entwertung des Geldes sich für die Produktionssteigerung zunutze ziehen müsse. Für das gute Geld, das man als Anleihe aufnehme, könne man landwirtschaftliche Maschinen kaufen, Meliorationen durchführen u. dgl.— mit schlechtem Geld wären die Anleihen zurückzuzahlen. Wir haben an sich nichts gegen diese Politik. Wurden doch an ihr viele Schieber reich, warum soll die Landwirtschast nicht damit eine dem ganzen Volte nützliche Produktionssteigerung treiben; solange einmal die Geldentwertung nicht auszuhalten ist. Aber es kommt noch besser: Mit wissenschaftlicher Gründlichkeit führte Warmboldt aus, daß einmal auch der Punkt der Gefahr eintrete, nämlich wenn die Mark stabilisiert würde. Dann— man höre und staune— solle der Staat durch weitere Notenausgabe und Käufe fremder Devisen das Geld weiter verschlechtern, dann müsse man auch die Kredithilfe organisieren. Es folgte eine kleine Reihe vernünftigerer Mittel zur Sanierung der dann verfahrenen Landwirtschaft. Der Vortrag, der so die Verelendung des Volkes zu Nutz und Frommen der Agrarier als Selbstverständlichkeit hinstellte, wurde von den im Land- wirtschajtsministerium versammelten Kappisten und sonstigen Agrariern mit Beifall aufgenommen. Er beweist, daß die Landwirte nicht nur, ach, so bedauern?- werte Opfer des Valuta elende sind, das sie leider Gottes nun mal auch mit Valuta preisen überschüttet. Er beweist, daß sie sogar diese Politik bewußt machen, die die E n t- e i g n u n g der kleinen, oft genug deutschnotionalen Reut - ner bedeutet, die die Kaufkraft des Volkes unterhöhlt, die beim Anhalten der Preisschraube zu Teuerungskrawallen führen muß— wie oft hat die Organisation 0 schon darauf gewartet.... Daß die Agrarier Nutznießer des Valutaelends find, muß aber festgehalten werden. Uebrigens wirft der Beifall, mit der Warmboldt? Referat aufgenommen wurde, auch Streiflichter auf die sonstige Wirtschaftspolitik der Deutfchnationalcn. Man begreift, warum der landwirtschaftliche Kreditbedarf so sehr zugenommen hat. Es ist nicht nur die Hoffnung auf die Produktionssteigerung, sondern auch die Spekulation auf das .schlechte Geld, mit dem man dereinst die billig bescbafften Sach- werte, nicht nur Maschinen und Kunstdünger, sondern auch Klaviere, kostbare Ausstattungen usw. zurückzahlen will. Und man begreift auch, weshalb H e l f f e r i ch neuerdings wieder mit Feuereifer die Beschleunigung der von ihm auf dys ar- beitende und das von der Arbeit Ersparnis lebende Volk losgelassenen Notenpresse verlangt.
»Reale pfänüer�. Bayern imitiert Poiuear6. München , 8. August. (Eigener Drahtbericht.) Die Abreise der bayerischen Delegation nach Berlin ist heute abend erfolgt. Die bayerische„Ordnungs"presse gibt den Delegierten noch Ver Haltung smaßna hm en mit auf den Weg. So schreibt die Bayerische Bolkspartei-Korrespondenz unter dem vielsagenden Titel:„Der unverrückbare bayerische Standpunkt":„Die bayerische Notoerordnung kann erst ausgehoben werden, wenn die Be- denken Bayerns gegen die republikanischen Schutzgesetze des Reiches beseitigt sind. Das bayerische Volk, das geschlossen wie noch nie hinter der Politik seiner Regierung steht, verlangt von den Unter- Händlern, daß sie sichtbare und reale Pfänder mit nach kHause bringen. Mit einem Wechsel auf die Zukunft ist es in Bayern nicht getan. Jetzt handelt es sich nicht um Reichstreue und um die Einheit des Reiches, sondern darum, ob die Fanatiker des Einheitsstaates so viel Einsicht besitzen, der staatspolitischen
Nur eben: wenn ich mich krank fühle m>d der Arzt findet nichts an mir, dann bin ich der Wissende, obwohl er der gelehrte Fach- mann ist. Auch die Rechtspflege hat ja wohl ihr« Probleme, bei deren Er- örterung der Laie schweigen soll. Aber wenn nach dem Kapp- Prozeß in Berlin ein republikanisches Blatt jubelte, endlich sei es heraus, daß das Kapp-Unternehmen ein hochverräterisches gewesen sei: das Reichsgericht habe es gesagt, so ist dies eine ebensolche Ueberschötzung des Wertes eines Reichsgerichtsnrteils, wie es eine Ueberschätzung des bayerischen Oberlandesgcrichts wäre, wenn es verlangte, daß auch nur der dümmste Ackerknecht seine Entscheidung als irgend etwas Bindendes ansehen soll.
Deutsche « Ihealer:„Das Glas Wasser" von Scrib«. Der Schrei nach dem Glas Wasser wird zum Kriegsgeschrei, das die englische Königin Anna und die Herzogin Marlborough, ihre Oberhofmeisterin, anstimmen. Beide gewännen gern den jungen Kapitän für ihr Schlafgemach. Es ist diese alte, prächtig gezimmerte S e r i b e sche Komödie, ein Stück, in dem lustig unter dem Himmel- bett gesündigt werden soll. Es ist trotzdem ein entzückend gefedertes Lufffplel feinster Hand des Erfinders, ein wenig Hintertreppen- gehirn, wenn der Geschichtschreiber seine Meinung ausspricht. Doch bei allem witzig, aus einer nahrhaften Theaterbrust geschöpft, an der bis heute ganze Geschlechter von Dramatikern ihre naschhaften Mäulchen gelabt haben.— 3Ter britische Hof, der gegen den vierten Ludwig Krieg führt. Die Historie als Hintergrund. Es ist zwar nur der Alkoven, der enthüllt wird. Doch er ist in jeder Szene famos aus- staffiert, und dann dieser Bolingbroke, dieser Opposilionsmann, beinahe ein Liberaler, der gegen den Krieg redet und ihn entlarvt als Eigensucht und Betrug des habgierigen Feldherrn. Bolingbroke ist ein Marquis Posa ins Journalistische übersetzt. Welche Bomben- rolle allezeit für die großen Birtuofen: für Sonnenthal, Barnny, und all die Provinzmimen, die bei ihren Benefizen auf Lorbeer und Salamiwürste spekulierten. Die Würde von einstmals ist heul« bei Herrn Janssen, dem letzten Bolingbroke, etwas ins Alltag- liche gerutscht. Man möchte sagen, vom Perückenstil allzu heftig in den Kaborettstil hineingetrieben. Sonst verhütete Herr Bernhard Reich, der mst Einfällen gesegnete Regisseur, solche Unfälle. Ihn unterstützte besonders auch die Marlborough des Fräuleins Straub, bei ihr bemerkte man die Disziplin, die schauspielerische Arbeit bis ins Aeußerste. Herr Brausewetter, Fräulein M e w e s, Fräulein Et er l er waren gefügige Trabanten, fest an der Strippe laufend, aus dem eigenen Temperament und Talent allerhand Er- sreuliches beisteuernd. M. H. Jakob Moleschokk. Hundert Jahre sind heute vergangen, seit der berühmte Physiologe Jakob Moleschott in Herzogenbusch das Licht der Welt Erblickt hat. Holländer von Geburt, bekundete er zeitig eine Vorliebe für Deutschland , studiert« in Heidelberg Medizin und Naturwissenschaften und beschäftigte sich auch eingehend mit der Iung-Hegelschen Philosophie, der sich damals viele revolutionäre Geister wie Batunin, Rüge, Marx und Lassalle zuwandten. Noch al» Student erwarb er sich einen Preis durch Lösung»ner von seiner heimatlichen Universität Haarlem ausgeschriebenen Aufgabe, ließ sich Hann in Utrecht als Arzt nieder und war auf wissenschaftlichem Ge-
Wirklichkeit m Deutschlani ein Opfer zu bringen." Wie unter diesen Umständen mit den Leuten, die ein derartige, Mandat in Berlin zu vertreten haben, verhandelt werden soll, ist nicht oüszu- denken. Die„Süddeutsche Demokratische Korrespondenz" spricht mit Recht von einer Provokation des Reichs durch die Koa- litionsumbildung und schreibt:„Es ist wahrhaftig eine seltsame Be- i kundung des bayerischen Berständigungewillens, wenn man d i e ! Partei in die Regierung hineinnimmt, die bisher den Gedanken seiner Verständigung entschieden bekämpft hat. ; SBir sind nicht am Ende, sondern am Anfang des Konfliktes." Auch im Bauernbund rührt sich allmählich der Widerstand gegen die kritiklose Gefolgschaft der Landtagsfrattion im Schlepptau de? Deutschnationalen. So schreibt das Pfälzer Organ des Dayerischnr Bauernbundes.„Es klingt wie ein Hohn. Im Moment, da alles nach Schutz der Republik schreit, wird das Justizministerium Mon- archisten ausgeliefert, der Bayerischen Mittelpartei, zum Schutze der gegenwärtigen Staastsorm. Dies ist zum Lachen. Wir konstatieren, daß dieser Schritt der Bauernbundfraktion ohne jede Fühlung- nahm« mit der Fraktion erfolgt ist." Selbswerständlich ziehen nun die illegalen separatistischen und monarchistischen Organisationen, wie z. B.„Der Bund Oberland ", die Konsequenzen aus der verfahrenen politischen Lage. In Schlier- see fand kürzlich eine förmliche Mobilisation der mon» a r ch i st i s ch e n Putschisten statt. Es wurden Gerüchte aus- i gesprengt, die oberbayerischen Bergarbeiter würden Schlierjee und I Miesbach überfallen, ferner von der Ortsgruppe Schliersee des ! Bundes Oberland würden in den Hotels Wachen eingerichtet, Zu- ! gangswsge nach den Dörfern der oberbayerischen Bergarbeiter mit > Posten besetzt und in den Nachtstunden Patrouillen eingerichtet. In den Kreisen der Nechtsbolschewisten war man offenbar In � den kritischen Tagen bereit, dem Reich unter Umständen auch mit ! Gewalt Widerstand zu bieten, wenn die bayerisch« Regierung sich auf den Boden der Reichsgesetze gestellt hätte. Das beweist neuer- . lich wieder die Nachricht über die Mobilmachung des Bundes Ober- land in den verschiedenen Grenzorten des oberbayerischen Hoch- landes.
Waffenfunöe in Neiße . Nach einer Havns-Meldung sollen von der Interalliierten Kon- trollkommission in der Festung Neiße 1000 Tonnen Kriegsmaterial gefunden worden sein. Die sofort getroffenen Feststellungen haben ergeben, daß in der Tat in den Kasematten der längst ge- schleiften Festung Neiße in einigen von der militärischen Verwaltung nicht mehr benutzten Räumen Kriegsmaterial in größe- r c n Mengen vorgefunden worden ist. Entdeckt wurden u. a. S43 Gewehre und Karabiner, sechs leichte und acht schwere Ma- schinengcwehre, außerdem große Mengen von Puloer und Munition. Geschütze oder Minenwerfer sind nicht vorgefunden worden. Es ist anzunehmen, daß der größte Teil dieser Bestände von dem sogenannten wilden Selbstschutz in Oberschlesien während der früheren Unruhen dort versteckt worden ist. Der Um- stand, daß außer dem Material auch Schrott vorgefunden worden ist, legt die Vermutung nah«, daß ferner au» gewinnsüchtigen Z w« cke n Material dort versteckt worden ist, um es bei Gelegenheit dort zu verwerten. Die Angab« der Havas-Meldung, wonach deutsche Militärbehörden versucht hätten, die Nachforschungen zu erschweren, trifft nicht zu. Reiße ist keine Festung mehr; es befindet sich dort auch keine Kom- mandantur. Die Kontrollkommission hat sich bei ihren Nachsorschun» gen überhaupt nicht der Unterstützung militärischer Stellen, sondern der Polizei bedient. Die Untersuchung de» Borfalls ist i m Gange. Bon irgendwelcher militärischen Bedeutung ist der Fund mit Rücksicht auf die geringe Zahl der oorgesundenen Waffen nicht.
Abgelehnter Regierungspräsidentenpostea. Der zum Regierungs- Präsidenten in Stettin in Aussicht genommene Obcrregierungsrat Moriz in Magdeburg , ein Bolksparteilcr, hat die Annahm« des ihm angetragenen Amtes aus Gesundheitsrücksichten abgelehnt. Zu der Ablehnung dürft« beiaetragen haben, daß es bei den Der- hältnisscn in Pommern auch für einen Volksparieiler nicbt leicht ist, mit den ganz rechts gerichteten Selbstvcrwaltungskörperschosten zu- sammenzuwirkcn.
biete auch literarisch hervorragend täiig. Sein Heim verlegte er bald wieder nach Deutschland , indem er sich 1847 an der Universität Heidelberg als Privaldozent habilitierte und ein physiologisches Labo- ratorium begründete. Zahlreiche hochbcdeutende Schriften entsprossen seiner Feder, besonders über Rahrungsmittelfraaen, welche ihn zu weiteren physiologischen Bettachtungen führten. Damals brachen sich Entwicklungs- und Abstammungslehren Bahn und wurden namentlich durch Darwins epochemachende Leistungen gefördert. Zu den For- � schern, die sich auf diesem Gebiete die größten Verdienste erwarben, gehört Moleschott. In zahlreichen, ebenso klar wie gründlich gehal- tenen Werken vertrat er den materialistischen Standpunkt, wonach das Menschenleben im Stoffwechsel ausgeht und auch die seelischen Funkttonen aus diesem beruhen, verwarf die metaphysischen Speku- lationen und arbeitete der neuen Richtung in die Hände. Diese aber wurde in den Tagen der wiedcrerstarkten politischen und kirchlichen Reaktion scharf verfolgt und ihre Bertteter als Athessten gerichtet. So erhielt denn auch Moleschott 1854 von obenher eine strenge Ber- Warnung und sah sich veranlaßt, seiner Lehrtätigkeit zu entsagen, leitete aber sein Laboratorium weiter und gab eine wissenschaftliche Zeitschrift heraus. Auch wußte das Ausland feine Verdienste zu würdigen. Schon 1856 berief ihn die Universität Zürich zum Pro- fessor der Physiologie. Hier wirkte er fünf Jahre, folgte dann einem ehrenvollen Rufe nach Turin -und verlegte nun sein Schaffen nach Italien , wurde auch von dessen Regierung zum Senator ernannt und wirkte zuletzt als Arzt und Professor in Rom . Reben vielen rein naturwissenschaftlichen Schriften verfaßte er auch biographische, so. über Darwin nach dessen Tode, brachte auch eigene Lebenserinne- rungen mit der Ueberschrift„Für meine Freunde" zu Papier . Nach- dem er am 20. Mai 1893 in der Ewigen Stadl seine Tage beschlossen hatte, wurden sie veröffentlicht und zeugten von dem redlichen und gründlichen Streben des Mannes, dem Wissenschaft und Aufklärung viel verdanken. W. Sch. Der Salorlenindex. Die Indexziffern, die von amtlichen Siellen errechnet werden, spielen gegenwärtig eine große Roll«, denn man will eine möglichst genaue Borstellung von dem Fortschreiten der Teuerung bekommen, um danach Lohn- und Gehaltsansprüche sowie auch die Berechtigung mancher Prcisforderungen nachzuprüfen. Die Indexziffern aber, die über das Existenzminimum u»d die Kosten der Lebenshaltung bekannt werden, leiden an Un- sicherheit, indem man zum Teil mit willkürlichen Annahmen arbeite�. Eine möglichst sichere und einfache Grundlage für einen Index sucht nun der Direktor des Statiftiichen Amtes in Frankfurt a. M., Dr. August Busch, zu gewinnen, indem er von der Ernährung»- e i n h c i t ausgeht. Wie er in der„Umschau" mitteilt, hat er eine Kalorie nindexzisfer berechnet, die den Betrag festlegt, der für den Ankauf von 1000 Kalorien aufzuwenden ist. In seine Be- rechnung des Preises für 1009 Kalorien Nahrungsmittel sind 26 Lebensmittel einbezogen, und zwar nckk demjenigen Gewicht, daß 1000 ausnutzbaren Kalorien des betreffenden Lebensmittels entspricht. So ergibt sich eine interessante Aufstellung, die übrigens mit den Teuerungszahlen des Statistischen Reichsamis fast vollkommen übereinstimmt. Für 1000 Kalorien wurden für Frankfurt folgende Preise errechnet: Im Januar 1913: 34 Ps., 1914: 41 Pf., 1915: 48 Pf.. 1916: 61 Ps„ 1917: 110 Pf., 1918: 113 Pf., 1919: 132 Pf„ 1020: 297 Ps, 1921: 537 Pj, 1922: 918 Pj. Für dm JuL der be-,