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Heilage öes vorwärts

SonttabenS. 12. August 1922

Die branüenburglMen Schweizen.

Serliner Schweiz . Es gehörte viel Mut dazu, die hinter Schmöckwitz am Seddin- see mit der Schiller-Warte gekrönten, weithin als Sandkuppe leuchten- den Gosenberge in Berliner Schweiz umzutaufen. Oder war es gastronomischer Unternehmungsgeist, schlagfertiger Spreewitz , des naturlicbenden Urberliners leicht entzündbare Phantasie? Immer- hin der Lug ins märkische Land von der massigen, kastellartigen Dichterwarte lohnt es, den Sand hinaufzukraxeln und dann noch ächzend 8S Treppenstufen zu treten. Was der stattliche Sandkegel außer dem bei klarem Wetter wundervolle» Fernblick an Reizen nickst bieten kann, das erfüllt um so besser seine wald- und wasser- reiche Umgebung. Das hübsche Seglerdörfchen Schmöckwitz ist ja das Einfallstor zu de ? von vier großen Gewässern, dem Seddin-, Zeuthener, Krossin« und Wernsdorfer See, umrandeten, vom Oder-Spree-Kanal durchschnittenen lang­gestreckten Halbinsel, die bis nach Gosen hinauf kaum ein Fleckchen ohne zum Teil sehr schönen Wald zeigt, in der vielbegangenen Scddinpromenade neben den bewaldeten Ausläufern der Gosenberge für die Berliner eine besondere Anziehungskraft ausübt und an der Spige mit dem in einer kleineren Ducht versteckten lieblichen R au ch- fangswerder abschließt. Prächtige Ausblicke von den mit zahl- reichen ausgezeichneten Freibade stellen versehene» Ufern der Halbinsel nach Ärampenburg, Eichwalde , Albrechtshos, Zeuthen mit seiner möchtigen Segelbootslotte, Hankels Ablage und Ziegenhals geben ein Rundgemälde von seltener Vielseitigkeit. In der Mitte des Seddinsees, gegenüber den Gosenbergen, liegt eine sagenumwobene, fast nur von Ruderern und Seglern besuchte kleine Insel. Der Name Seddinwall ist falsch. Die Insel heißt seit über einen: JahrhundertR o b i n s Eiland�. Seddinwall, heute längst verschwunden, war gegenüber aus der Halbinsel ein Steindamm, den ausgangs des 18. Jahrhunderts ein hier einsam hausender Fähr- mann, der.Fischer von Kaniswall". errichtet haben soll. Als Itzvll die Franzosen ins Land kamen, flüchtete der Fährmann mit Weib und Kind vom Wall nach der im Schilf verborgenen Insel, baute hier später ein Blockhaus und versorgt« die Köpenicker mit Fischen. Fontane hat die Geschichte des märkischen Robinson bis zu dessen Tod im Jahre 18S0 vorfolgt. Leider ist infolge der Fahrgeldver- teuerung auch der einstige Strom der Ausflügler nach der Berliner Schweiz stark eingeebbt. Die trauernden Sommerwirte stehen wieder vor dem Zustand, als der Dampferverkehr noch nicht bis hierher reichte und auch die vferbahn von Grünau bis Schmöckwitz noch nicht ihre ehernen Linien zog. Märkische Schweiz. lieberall grüne Waldrücken, tiefe Schluchten, rauschende Berg- quellen, blumige Matten, blauende Seeaugen... das gibt schon eher einen kleinen Abguß von Schweiz . Die richtiggehende Schweiz mit echten Sennhütten und echtem Alpenglühen bekommst du ja wohl doch nie zu sehen. Also scheue, um nicht immer dicht bei deinem Berlin kleben zu bleiben, nicht das Geld für eine Zweistundensahrt, setz' dich möglichst frühzeitig in den Zug nach Dahmsdorf- Müncheberg , sattle dort in die Kleinbahn noch der Bienen- und Honigstadt Buckow um, wodie Lunge auf Samt geht". Etwa nur den vierten Teil der Blumentalwaldungen umfaßt die Buckower und nördlich davon die romantischere Pritzhagener Forst, und doch hat hier Allmutter Natur aus ihrem Füllhorn die schönsten Blüten verloren. Im Gegensatz zu anderen märkischen Waldgebieten, die immer erst nach langen Strecken etwas Besonderes zeigen, fällt man hier bergauf und bergab förmlich aus einer Naturschönheit in die andere. Wieviele Berliner kennen diese Spielzeugschachtel Schweiz nur dem Namen nach? Sicher noch recht viele, die das Fahrgeld abschreckte, als es noch so billig war. Schon das Städtchen selbst am Buckowsee. stellenweise in Gebirgsformation übergehend, ist eine Augenweide. Wer will, mag an feinem Nordende dem den Bethmann Hollwegs gehörigen Schloßpark einen Besuch abstatten. Gleich dahinter öffnet der Stodthauptweg weiten Ausblick auf die

ganze Länge des Scher mutzclsees(nicht zu verwechseln mit dem Scharmützelsee bei Fürstenwalde). Nach einem kurzen Seiten- sprung auf die Bollersdorfer Höhe führt eine mit großem Geschick angelegte vielgewundene Kunststraße am Poetensteig und Sophienfließ vorbei in schneller Abwechslung nach Berg und Tal, so daß keine der auf der Spezialkcrrte verzeichneten Sehenswürdigkeiten verfehlt wird. Wir bewundern Buchenhaine, Granitblöcke, Quell- stürze, Waldschluchten beinahe wie im Harz und stoßen am Schluß des großen Waldftraßenbogens um die beiden Tornowseen herum bei der Gllntherquelle auf ein im echtesten Etil erbautes Schweizerhaus zum wohlverdienten Rasten. Ein entzückendes Fleck- che» Erde, wie geschaffen zum Widerruf des dummen Spottes aus dte märkische Sandwüste, liegt hinter uns. Noch hallt die Begeiste- rung nach: viel schöner kann doch... ach, wir Berliner sind ja so bescheiden... die richtige Schweiz auch nicht sein! Ruppkner Schweiz . Gerade dort mußte Fontane geboren sein. Die Iugendeindrücke gaben Richtung für ein ganzes harmonisches Leben, fesselten sein Herz an die Natur. Aus dem Born der Ruppiner Schweiz scholl schon vor länger als einem halben Jahrhundert fein Weckruf:

Wie wird das Sonntagswetter?

W' sii I

AI»»u Beginn dieser'Woche hoher Luftdruck von Nordwest nach Mitteleuropa vordrang, klärte sich das Wetter rasch auf und die Temperaturen begannen allgemein ru steigen, so dass an vielen Orten, besonders in West- und Mitteldeutschland 33 Grad Celsius erreicht oder überschritten wurden. Als aber ans niedrigen Breiten des Atlantischen Or.eans ein Tiefdruckgebiet nach Südengland und Nordfrankreich gelangte, nahm die Bewölkung zunächst westlich der Elbe, dann auch im Osten wieder zu und es gingen zahlreiche Gewitterregen nieder, die sich bei weiterem Vordringen des Tiefs nach der mittleren Ostsee und beim Vorüberpang verschiedener flacher Teiltiefe im ganzen Reich öfters wiederholten und an einigen Stellen sehr ergiebig waren. In der Mitte der Woche er­hoben sich frische westliche Winde, die zunächst in der südwest­lichen Hälfte Deutschlands stärkere Abkühlung herbeiführten, am Donnerstag dehnte sich dann die Abkühlung auch auf den Nord­osten ans. so dass nachts die Temperaturen vielfach unter 10 Grad Celsius sanken. Der Himmel klarte sich zwar zeitweise etwas auf. doch blieb das Wetter unbeständig und kühl, mit öfters wieder­holten Regenschauern. Jrtüt tat«lau nordttatllchc Tief nach Finnland weiter gewandert und von Weist cn folgt Ihm hoher Iinftdrnck nach. illn neue», bei Is­ land erschienenen Tief dürfte»nnüchnt unser Wetter noch nicht beeinflussen, da es wohl einer mehr nörd­lich von uns gelegenen Zngbahn folgen wird. Die Bewölkung wird daher voraussichtlich am Sonn­abend mehr und mehr abnehmen, und am Sonntag können wir mit grösstenteils heiterem, etwas warmem Wetter bei schw achen, meist südwestlichen Winden rechnen.

Märker, wacht auf! Ihr sitzt mitten im Paradies und wißt es nicht!" Leise weht von den nicht zu fernen Grenzpfählen schon meck- lenburgische Stimmung herüber. Land und Leute zeigen nicht mehr so ganz den Tvpus der Mark. Alles ist behäbiger, behaglicher, ge- mütlicher. Auch die Wälder und Seen haben ein anderes Gesicht, weil sie wohlig es fühlen: wir wachsen auf üppiger, reicher Erde! Dieser prangende Reichtum der Natur ist es, de? recht viele Aus- flügler zu einer Eintagsfahrt nach der Ruppiner Schweiz locken soll. So schön die Neustadt am Ruppiner See ist, soll man sich doch hier nicht lange aufhalten, sondern gleich nach A l t- N u p p i n wan- dern und von da zur Rundfahrt über Malchow , Teetzen, Zer- m ü tz e l- und Tornow-See den Dampfer benutzen. Ob man unterwegs irgendwo landet oder die ganze Rücktour zu Fuß erledigt, hängt von Geschmack, Zeit, Rüstigkeit und Geldbeutel ab. Nirgends ist eine größere Feldlücke. Hochwald und Seen, silberklare Bäche, lauschige Waldweiher, idyllische Wassermühlen sind eng verwachsen ein Ganzes wie aus einem Guß. Und wenn wir auf dem Rückwege zum Bahnhof in der Neustadt am Denkmal Fontanes vorüber- kommen, hebt sich die Hand zum Gruß: Dank dir, du Sänger der Mark!"___ Um die Mietezuschläge. Der städtische Ausschuß für das Wohnungswesen trat im Berliner Rathaus unter dem Vorsitz des Stadtrats W u tz k y zusammen, um für Berlin die Ausführungsbestimmunqen zum Reichsmietengesetz festzusetzen. An den Verhandlungen nahmen die als Sachverständigen geladenen Vertreter der Vermieter und Mieter sowie die Vorsitzenden der Groß-Berliner Wohnungsämter teil. Nachdem bereits am 31. Juli eine Sitzung ergebnislos ver- laufen war, verfiel auch diese Beratung nach über vierstündiger Dauer der Vertagung, weil die Vorschläge der Parteien weit auseinander gingen. So schlugen z. B. in einem Falle die Vertreter der Mieter einen Zuschlag von 30 Proz., die Vermieter dagegen von 300 Proz. vor. Der Wohnungsausschuß wird daher erst am Sonn- abendnachmittag zu einer Beschlußfassung zusammen- treten. Die Verhandlungen gestalteten sich auch gestern sehr lebhast und führten stellenweise zu erregten Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der Mieter und der Vermieter.

Beschwerde gegen Kahnes Haftentlassung. Wie der amtliche preußische Pressedienst von zuständiger Stelle erfährt, wird von der Staatsanwaltschaft gegen die Haft- entlasiung des Herrn von Kähne beim Strafsenat des Kammer- gerichts Beschwerde eingelegt werden. Das Schießen auf Staötbahnzüge. Schwierige Aufklärung in den meisten Fällen. Um dieser Unsitte energisch entgegenzutreten, ist dieses Gebiet einem besonderen Dezernat beim Polizeipräsidium ange- gliedert worden, dessen Leiter der Kriminalkommissar Dr. R i e- mann ist. Vor dem Kriege kannte die Kriminalistik solche Ver- gehen nicht, sondern erst in der Nachkriegszeit traten sie in Er- scheinung. Gerade in allerletzter Zeit mehrten sich die Fälle außer- ordentlich. Seit etwa einem halben Jahre sind ungefähr 6 0 Fälle von Beschießung und Dewerfung der Züge vor- gekommen. Es ist dank der erfolgreichen Tätigkeit des Dr. Riemann gelungen, hiervon bereits 2Z Fälle aufzuklären. Als Täter kommen junge Burschen und hauptsächlich Schulkinder(in einem Falle, den wir letzthin meldeten, waren es Schüler eines Wilmersdorfer Gymnasiums) in Frage, die sich der Folgen dieses Unfugs nicht bewußt sind. Es liegt ihnen daran, festzustellen, wie sie bei ihren Vernehmungen angeben,ob sieden Zug treffen würden". Ob es sich in einzelnen Fällen um vorsätzliche Attentate auf Züge handelt, war bisher nicht nachzuweisen. In einem Falle handelt es sich um einen Schuß, den ein Wächter auf vermutliche Einbrecher abgab, und der als Fehlziel in die Scheiben eines Zuges drang. Die diesbezügliche Aufklärung durch die Kriminalpolizei ge- staltet sich äußerst schwierig, da man nie den Täter kennt. Dies er- klärt sich aus der Tatsache, daß die Reisenden nicht daran denken, sich nach einemAttentat" nach dem Täter umzusehen, schon au? Furcht, es könnten mehrere Schüsse fallen. So gelingt es den Schützen, fast in jedem Falle zu entkommen, ohne auch

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Der Sprung in die Welk. Ein Jungarbeilerroman von Artur Zickier.

Dieser unerwartete Ausgang der Geschichte machte die Mädchen aufsässig, sie verlangten ihre Küsse zurück, was ihnen die beiden Freunde denn auch nicht abschlugen. So scherzten sie noch ein Weilchen und brachen dann auf. Draußen flammten in klarer Nacht die Sterne. Sie brachten die Mäd- chen zu ihren Haustüren, und als sie dann allein waren, meinte Rudi:Ich kann noch nicht schlafen, mir ist so sonder- lich zumute, wollen wir noch ein Stück durch die Nacht streifen?" Es ist mir recht, Rudi, um zwei muß ich wieder in der Molkerei sein, dann lege ich mich gar nicht erst hin." Sie gingen aus der im matten Sternlicht schimmernden cheeestratze dahin. Die Kasernen waren dunkel, weithin ver- nchmbar scholl der harte Tritt der Wachtposten. Hans philosophierte:Ich bin unzufrieden mit mir. Die beiden Mädchen sind liebenswerte Geschöpf«, aber sie machen mich unruhig, und diese Unruhe schlägt über sie hinaus es ist ganz nett, sich zu küsien und dumme Geschichten zu erzählen; mitten im Scherzen packte mich eine Sehnsucht, ich wünschte, draußen hätte ein Pferd gestanden, und ich hätte reiten dürfen durch Nächte und Tage, einer großen Aufgabe entgegen, die tollen Mut verlangt und äußerste Anstrengungen, die voller Gefahren ist und außergewöhnlichen Gewinn verspricht. Auf den Carnegie pfeife ich jetzt, sein Ausstieg war nur in einer anderen Zeit und in einem anderen Lande möglich. Mich läßt der traurige Gedanke nicht los, daß ich in eine falsche Zeit hineingeboren bin, in der das Los der armen Menschen hoff- nungslos ist, die dazu verurteilt sind, ihr Leben lanGMiter der Fuchtel von Unteroffizieren, Krämern und vorge�tzten Le- amten zu bleiben. Mein heftiger Drang ist, aus mir etwas von Bedeutung zu macheu und dabei Kopf und Kragen zu riskieren, aber ich habe nicht das Sitzfleisch zum Streber. Was soll man nur tun? Wir sind erst sechzehn Jahre alt, ich möchte nichts an Zeit und Kraft vergeuden, alles auf ein Ziel ein- stellen und weiß nicht auf welches! Wenn man auf ein fal- fches zugeht, kommt man auf Grundeis, und wenn ich noch ein paarmal so auffliege wie mit meinen Kaufmannsidealen, fürchte ich, verzweifelt zu werden, und ein solches Ende hoher Absichten ist lächerlich. Wenn ich mir unsere Allen betrachte,

so möchte ich sie beinahe beneiden, ich weiß nicht, ob sie sich mit denselben Wünschen und Gedanken herumgequält haben. Jedenfalls haben sie es aufgegeben, verlangen nicht mehr, als sie haben, und sind ruhig dabei. Da kann ich nicht mit, ich halte es nur aus, weil ich hoffe, es wird einmal anders, es kommen ungeheure Wendungen meines Schicksals als Folge meiner Kraft, meines Willens, meiner Ideale. Jetzt trage ich Milch aus, das ist eine ehrlich» und anständige Sache, ich kann mir bloß nicht vorstellen, daß ich in zwei oder gar in zehn Iahren immer noch mit der Zampa über die Marienbrücke zockle. Wie soll ich zu dem wilden und freien Dasein gelangen, von dem ich träume? Manchmal glaube ich, das kann man nur, wenn man auf die Ehrlichkeit pfeift, die uns Lehrer und Pfarrer ein- gepaukt haben, und sich auf Mauserei verlegt, aus Einbrüche und Schwindeleien; das geht auch nicht, weil einen bald die Meute fängt, und Tütenkleben ist noch häßlicher als Hassel- ftrunks Faßkontrolle. Bin ich dann zerknirscht, so empfinde ich das gräßliche Gefühl, ich sei ein Mensch, der zu nichts taugt und sich selbst betrügt, der sich etwas einredet, um der Wirt- lichkeit und seinen Pflichten zu entrinnen." Rudi pfiff durch die Zähne.Mir schwebt allerhand Prak- tische? vor. Ich glaube, für jeden von uns findet sich etwas Patentes, wir müssen nur immer herumhorchen und dauernd auf dem Sprunge fein. Was der Carnegie damals gemacht hat, waren ganz neue Sachen, unsere Kaufmannslernerei aber war etwas, was Hunderttausende anfangen, die sich außerdem besser dazu eignen. Da ist natürlich kein Blumentopf dabei zu gewinnen. Wir müssen ausgefallene Ideen aufgreifen, die eine Zukunft haben. Bor acht Iahren wohnte bei uns im Hause der Werkzeugschlosser Reichert, dessen Junge damals so alt war, wie wir jetzt. Er lernte ebenfalls Schlosser; wenn er abends nach Haufe kam, baute er sich aus Wursthölzern und Pergamentpapier kleine Flugzeugmodelle, mit denen er am Sonntag auf die Wiese zog, um sie auszuprobieren. Vor vier Iahren fand er einen reichen Mann, der ihm Geld vorschoß, und Reichert baute ein Flugzeug nach eigener Idee. Draußen in der Heide hatte er seinen Flugzeugschuppen, und ich war oft draußen, um die Flugversuche mit anzusehen. Die Leute haben sich halb schief gelacht, wenn Reichert wie ein Floh mit seiner Maschine über den Sand hopste und hinten nicht hoch kam. Einmal brachte er es auf acht Meter, dann blieb er in den Bäumen hängen. Er ließ sich aber nicht beirren, und vor einigen Wochen habe ich gelesen, daß er von Berlin nach Paris geflogen ist und den Rekord geschlagen hat. Das hat mir Mut gemacht, und ich habe mir gesogt: wenn in uns etwas steckt,

wird auch unsere Stunde kommen, wenn nicht, werden wir uns bescheiden müssen. Solange wir nicht wissen, wo wir überhaupt hinauswollen, können wir auch nichts Bestimmtes anfangen, sondern nur herumsuchen. Haben wir die feste Ueberzeugung, daß wir zu etwas vorbestimmt sind, so müssen wir ausprobieren, zu was, heute wissen wir noch nicht einmal, ob wir zum Rennfahrer oder zum Dichter, zum Schauspieler oder zum Politiker berufen sind. Das Schlimmste ist, daß wir die Welt zu wenig kennen, und da wir an nichts gebunden sind, wäre ich dafür, daß wir auf die Wanderschaft gehen und zusehen, wo wir uns mit Tod und Teufel herumschlagen können." Hans lachte in sich hinein.Natürlich," rief er fröhlich, natürlich! Wir gehen auf die Walze! Wir sehen uns Deutsch- land an und was drum und dran hängt. Ueber den Winter bleiben wir noch in der Stadt und sparen uns Geld zusammen, und wenn die ersten blauen Tage des Frühlings kommen, hauen wir ab! So und nun wollen wir kehrt machen, ich bring' dich noch zu deiner Tür und geh' dann zu meiner Zamva." Singend schritten sie die Straße zurück. Als sie an der niedrigen Friedhofsmauer vorbeikamen, zeigte Rudi über die vom Mond beschienenen Gröber hin.Die sind alle einmal hier herumgelaufen, genau wie wir. Was gäbe ich darum, zu wissen, wann und wo man mich verscharrt. Wenn ich ein Ziel habe, das fest ist, so das, auf der Höhe des Lebens zu sterben und nicht mit einem fetten Bauch oder hängendem Kiefer..." Es wird die höchste Zeit, daß du ins Bett kommst," lachte Hans. Dater Onfreder hatte ein ausgesprochenes Mißtrauen gegen die beiden Freunde. Er war wohl jetzt zufrieden mit Hans, aber er fürchtete, eines Tages könnten Rudi und Hans eine neu? Idee haben, die allerband Aufregungen mit sich brächte. Es wurde darum versucht, ihn freundlicher zu stim- men, und Rudi besorgte drei Billetts für die Galerie der Oper, das dritte war für Vater Onfreder. Der erkundigte sich zuerst nach dem Preis.Achtzig Pfennige?" meinte er kritisch,dafür kann man ja einen ganzen Tag leben. Ihr treibt's nobel." Er ging aber doch mit. Das Textbuch zu lesen, lehnte er ab.Wenn ich es ge- lesen habe, brauche ich es nicht mehr zu sehen." Hans erklärte, die Hauptsache sei doch die Musik.Ach so, ein Konzert ich dachte, es wird Theater gespielt." (Fortjetzung folgt.)