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Inöuftrielle Nebenregierung. DieSoz. Korr." richtet an die Reichsregierung u. a. folgende Anfrage: Gegen die geplante Erhöhung der tlusfuhrabgaben laufen Industrie und Handel nicht nur in der Presse, sondern durch ihre Organisationen an allen maßgebenden Stellen Sturm. Dabei könnten Industrie und Handel wirklich begreifen, daß bei dem gegenwärtigen Devisenstand eine Erhöhung der Aussuhrabgaben einfach u n- v e r m e i d l I ch ist. In großen Teilen der Welt bestehen gegen die deutschen Waren Dumpingzölle. Wenn wir noch länger warten. werden sie erhöht und verallgemeinert. Dann flieht ein Teil der Aus- suhrgewinne statt in die Reichskasie in fremde Staatstassen. Wird die Regierung unter diesen Gesichtspunkten fest bleiben und an der sclileunigsten Erhöhung der Ausfuhrabgaben feschalten? Als die Gewerkschaften bei den letzten großen politischen Zwischenfällen die Reichsregierung in der Erhaltung der wirtschaftlichen Ruhe zrk unter- stutzen suchten,. indem sie den Arbeitern wenigstens die Gewißheit geben wollten, daß sie weiter in einer freien Republik arbeiten können, da schrie die ganze bürgerliche Presie über Nebenregierung der Gewerkschaften. Jetzt, wo die Regierung in Sachen der Ausfuhr­abgaben dringende Allgemeininteressen vertritt, revoltiert die Neben- regierung der Jndustrieorganisationen. Wird sich die Regierung die Ncbenrcgierung des Kapitals gefallen lasten? Wird sie sich gar etwa unter sie beugen? Die Frage ist in der Tat berechtigt. Die Industrie ver- schließt sich neuerdings den Staatsnotwendigteiten mit einer Harthörigkeit, die von kleinlichstem Interessenten- itandpunkt diktiert ist. Wir hoffen, daß die Reichsregierung ihr kein Gehör schenken wird, zumal die Industrie gegen private Steuern längst nicht die Energie aufbringt, mit der sie jetzt ihre flammende Protestaktion leitet. Wenn die Industrie Rot leidet, warum bewilligen dann die Berarbeiter den Roh- stoffproduzenten, insbesondere bei Eisen und Baustoffen jeden Preis? Hier hätten sie Gelegenheit, sich gegenUebergriffe" zu wahren. Sie tun es nicht. Dann mögen sie auch dem Reiche geben, was des Reiches ist. Slusfnhrabgabe und ReichSwirtfchaftsrat. Der Wirtschastspolitisch« Ausschuh des Lorläufigen Reichswirt- fchaftsrats wird in gemeinsamer Sitzung mit dem Aussuhrabgaben- ausschuß auf Wunsch der Reichsrcgierung am Donnerstag, den 17. August 1922 noch einmal übe? die Anpassung der Aus- f u h r a b g a b« n an die veränderte Devisenlage beraten. Der Aus- fuhrabgabenausschuß hat sich bekanntlich am S. August mit 3 gegen 2 Stimmen(Arbeitnehmer und freie Berufe gegen Arbeitgeber) grundsätzlich für eine Anpassung der Ausfuhrabgaben an den Da- lutastand ausgesprochen. höhere preise für Umlagegetreiüe? Das Umlagegesetz für Getreide ist kaum in Kraft ge- treten. Das hindert aber die Agrarier nicht, bereits jetzt eine Erhöhung der Preise für Umlagegetreide unter Hinweis darauf zu fordern, daß der Getreidepreis am freien Markt infolge der Balutaverschlechterung seit Juli fast auf das Doppelte gestiegen ist. Deutlicher konnten die Agrarier tiicht kundtun, daß sie aus der Valutaverschlechterung unmittel- Laren Nutzen ziehen wollen. Sie tun es ohnehin, da ibnen für : as Getreide aus neuer Ernte, abgesehen von einem Abschlag für die geringere Qualität, die Preise des freien Marktes zu- gute kommen. Nun hat bereits der Wegfall der Lebensmittel- Zuschüsse de? Reiches und die bisherige Erhöhung des Umlage- Preises zu einer runden Verdoppelung des Brot- Preises geführt. Die Preise für Auslandslebensmittel haben sogar eine beängstigende Verteuerung erfahren. Umso- mehr ist notwendig, daß der Brotpreis nach Möglichkeit fest- g e h a l t cn wird. Das Gesetz für die neue Umlage sieht vor, daß die Preise für Umlagegetreide den Gestehungskosten Rechnung tragen sollen und daß entsprechende Revisionen bei der Ablieferung des zweiten und dritten Drittels der Pslichtmenge vorzunehmen find. An diesen Revisionen sind Vertreter der l a n d w i r t-

Genuß polt als wnchl-ch und affektiert. Doch diese Anschauungen biclten nicht lange vor, und gar bald hatte die Z'-garette nicht weniger Liebhaber gefunden als die Zigo-rre. Die allgemein« Verbreitung, die sie z. B. im Orient und in Spanien besitzt, hat sie freilich bei uns nicht erreicht. Auch Feinde haben sich ihr entgegengestellt, und deren Emmen - düngen, die pewöhnlich die Unsitte betrasm, den Zigarettenrauch während des Rauchen- einzuatmen oder zu verschlucken, waren auch berechtigt, ebenso wie die Tatsache nicht zu leugnen ist, daß gerade die Zigarette nicht selten zu unmäßigem Tabakgenuß anreizt. Zur Förderung des Chorgesanges des- deutschen Volksliedes will das preußische Ministerium für Wisienschaft, Kunst und Volks- Mldung jetzt«ine neue Form staatlicher Anerkennung verleihen. Es bat drei künstlerisch? Gedenkblätter schaffen lassen, die an Männer-, Frauen- und gemischte Gesangvereine aus Antrag und nur au» An- laß des 59-,<5- und lOOjährigen Jubiläums oerliehen werden sollen Vvraussctzuna ist, daß der Verein sieb in jahrelanger ernster und erfolgreicher Arbeit überwiegend der Pflege des Chorgelonges und des deutschen Volksliedes gewidmet hat. Für die Befürwortung ialchcr Anträge sollen B-lcheinigunaen der großen Sängerorgani- iationen, und zwar des Deutschen Sängerbundes und des Deutschen Arbeitcr-Sängerbundes, dienen. Zur Schnlbiichcrfrage. Die Preissteigerung der Schulbücher, die eine ernste Gefahr für den Unterricht zu werden droht, hat das preußische Kultusministerium zu einem Erlaß veranlaßt. Nur durch uberlegte Sparsamkeit kann, so wird da betont, der Fortbcstand der Bildungsarbcit gesichert werden. Neuerdings Hot sich der Brauch herausgebildet, daß bei Versetzungen und beim Abgang von der Schul« die älteren den jüngeren Schülern ihre Bücher verkaufen. Damit Mißstände dabei verhütet werden, sollen die Lehrer hierbei die Schüler beraten und mit ihnen zusammen Höchstvreise festsetzen. .s'ilfsbüchcreien, aus denen unbemittelt« Schüler Bücher entleihen können, Einkauf von Heften u. a. im großen, Benutzung In den Familien vorhandener älterer Ausgaben fremdsprachlicher Schrift- steller, auch wenn dies« nicht genau den Borschristen entsprechen all das empfiehlt das Ministerium zu fördern. Tie Ztaatstheater eröffnen die neue Spielzeit am 2t>. August. Es z-ir Aulliibiung kommen: im Opernhaus am Ä>.(auher ?N'o!incmciiI).Die staubeiflötc". am Zl..Madame Sutterflv', am S2. .Palcilrina'. am 23.(autzer Abonnement).Carmew', am 2t..Versiegelt' und.Fojcvhs.Legcnde'. am 2S..Der stiege,>de Hollönder-, am 26.»Cooi fan tntte", am 27..Alba', am 28..�igaioS Hoffizeit-,; im Twau- s v i t i b a II s: am 20..Napoleon', am 21..Beer Gynt', am 22..Napo­leon'. am 23.»Lumpazi VagabunduS', am 24..Napoleon', am 2S.»Die Lonrnaiisten'. am 26..Beer Mvnt', am 27..Napoleon', am 28.»Torquato Talso'. Der V or v e r k a» l für die nenanntcn Vorstellungen bezimit am 17. ommillagS an den üblichen BertausSltellen. In de» Kammerspielen wird statt«Die ewig lächelnde Frau' von Dienstag an.Der Raub der S-binerinnen' gegeben. Im Wallner-Dheater gelangt Freitog das Drama.Medium' des Wiener Kriminalpsychologen Dr. Teopold Thoma zur Erstaufführung. In dielcm Werk. daS vor den Gefahren der Hypnose warnen will, wird da« Problem Verbrechen und Hypnose zum erstenmal in ernstem Drama oui die Bühne gebracht. Der Autor wird einen austlärenden, durch Acht- biider illustrierten Vortrag voranSschicken.

s ch a f t l i ch e n Verbände beteiligt. Es erscheint daher unverständlich, daß man, bevor die Zeit überhaupt gekommen ist, schon wieder auf dem Wege des üblichen Protest- rummels eine Preiserhöhung fordert, während doch eine Kam- Mission, an der die Agrarier selbst beteiligt sind, bei gegebener Zeit nach sachlichem Maßstab die Preise festsetzen kann. Es scheint, daß für das Verhalten der Agrarier wie so oft auch diesmal politische Gründe maßgebend sind. Wir erwarten von der Regierung, daß sie sich von dem Protestrummel der Agrarier keinesfalls beirren läßt und eine Erhöhung des Um- lagegetreidcs erst dann vornimmt, wenn es sachlich not- wendig ist._

Dolchstoß-Rückzug. DieTägliche Rundschau" sucht nach ihrem Reinfall mit dem feinen Herrn Breithaupt immer noch krampfhast die Dolchstoßlegende aufrechtzuerhalten. Aber es werden je länger, je mehr klägliche Rückzugsgefechte, die schon in regellose Flucht ausarten. Jetzt hat sie sich einen Landwehroffizier verschrieben, der im Frieden 13 Jahre aktiv als Unteroffizier gedient hat, also als Erzeugnis des echt preußischen Militarismus angesehen werden kann. Und was bekundet dieser Mann gleich zu Be- ginn seiner Ausführungen? Auch er habe stets die Meinung vertreten, daß nach dem Eintritt Amerikas in den Weltkrieg für Deutschland der Krieg nichtmehrzu gewinnen war. Die armen Leser der Täglichen Rundschau" werden über diesen neuen Schwur- zeugen der Dolchstoßlegende nicht weniger staunen als über Herrn Breithaupt.» Und worin bestehen die positiven Bekundungen dieses Herrn? Er schildert, daß im Jahre 1918 die Demoralisation bei den Fronttruppen schon sehr groß gewesen sei. Der junge Ersatz sei widerspenstig gewesen, die Frauen hätten Jammer- briefe aus der Heimat geschrieben, Munitionskolonnen, die Weinlager antrafen, hätten lieber sich betrunken, als Munition vorzufahren usw. usw. Als ob das je ein Mensch bestritten hätte! Im Gegenteil, gerade von den Gegnern der Dolchstoß- legende ist immer darauf hingewiesen worden, wie mit der immer längeren Dauer des Krieges und dem Anwachsen der Entbehrungen die Demoralisation um sich greifen mußte! Für das wirkliche Beweisthema, daß diese Demoralisation nicht auf natürlichen Ursachen beruhte, sondern künst- l i ch in die Truppen hineingetragen worden sei, bringt der Verfasser derTäglichen Rundschau" auch nicht den Schatten eines Beweises. Dogegen bemerkt er selber am Schluß seiner Ausführungen, daß wir bei Abschluß des Waffenstillstandeshalb verhungert" waren. Der Herr soll sich einmal von einem erfahrenen Psychologen etwas über die seelischen Auswirkungen des Hungers erzählen lassen, dann wird er nicht mehr nach phantastischen Gründen für die von ihm geschilderte Demoralisation suchen. Ausführlich geht der ehemalige Offizier derTäglichen Rundschau" auf die zahlreichen D e s e r t a t i o n e n ein, die natürlich mit der allgemeinen Demoralisation infolge der lan- gen Kriegsdauer und der Entbehrungen im engsten Zusam- menhang stehen. Aber hier kippt plötzlich seine Beweissührung in ein seltsames Gegenextrem um. Er schreibt nämlich: Die?«die Wirkung der zahlreichen Desertationen Red.) hat unsere Oberste Heeresleitung zu spät erkannt. Sie lsi da­her jener Taktik eine brave Helferin gewesen, indem sie seit Kriegs- beginn die Kriegsartitel in ihrer ganzen Schärfe nicht an- gewandt hat. Run ist es also die Oberste Heeresleitung, die den Dolchstoß mitgeführt hat! Wir gäben etwas darum, wenn wir die Gesichter derRundschau"-Leser bei der Lektüre dieses Artikels hätten beobachten können! Lebenüige Tote. Ein« Anzahl der auf Grund des Schutzgesetzes aufgelösten Ber- bände scheint sich um das Verbot sehr wenig zu kümmern. So ver- leiht deraufgelöste" Verband nationalgesinnter Sol- d a t e n seineChrendenkmünze des Westtrieges" munter fort. Zum mindesten lesen wir sinGeneralanzeiger für Stettin" vom 6. August (Nr. 182) noch ein« Notiz über die soeben erfolgte Verleihung der Ehrendenkmünze an einen Fuhrherrn W. P. War die Verleihung einer Kriegsauszeichnung durch eine private Vereinigung schon vor- dem ein Unfug, so wird sie nach Auflösung dieser Vereinigung geradezu ein Skandal. Aus den Berichten unseres Münchener Korrespondenten misten unsere Leser, daß die in Hamburg auf sechs Monate verboteneHam- burger Warte" jetzt in München unter dem NamenFridericus" erscheint. Wie dasD. T." hierzu noch mittelst, hat der Heraus- geber des Blattes, Herr F. C. H o l tz, die Adressen seiner Hamburger Abonnenten mitgenommen und sendet ihnen denFridericus" von München aus zu. Nach Z 21 des Schutzgesetzes erstreckt sich das Verbot einer Zeitschrist auch auf jede angeblich neue Druckschrift, die sich sachlich als die alte darstellt. Herr 5)oltz macht sich also strafbar, und die bayerische Regierung kann einmal wieder zeigen, ob und inwieweit Reichsgesetze auch in Bayern gelten. « In einem Aufsatz des Freiherrn von Freytag-Loring- Hoven in derPommerschen Tagespost" wird behauptet, die Schlesische Tagespost" fei verboten worden, weil sie bedauert habe, daß der preußische Kultusminister Boelitz in einem Aufruf an die Jugend gegen die Verhetzung nur von rechts Stellung genommen habe, und weil sie dann nach drei oder vier weiteren Sätzen ohne jede Beziehung auf den Minister gesagt habe,daß es ein Zeichen von Roheit und Dummheit sei, den Rathenau -Mord der deutsch - nationalen Partei an die Rockschöße zu hängen. Sie wurde auf vier Wochen verboten, weil sie damit Herrn Boelitz Roheit und Dummheit vorgeworfen habe". Der Verfasser gibt eine völlig falsche Darstellung. Die«Schlestsche Tagespost" hat. wie seinerzeit amtlich durch die Presse verbreitet wurde, gegen den preußi- schen Kultusminister Dr. Boelitz. wie der Zusammenhang klar er- weist, den Vorwurf sittlicher Roheit, Verkommenheit und wohlberechneter Verleumdung erhoben. In der- selben Nummer warf das deutschnotionale Blatt, dem Reichskanzler Dr. Wirth vor, daß er mst gewissen Maßnahmen gezögert Hab«, bis er vom Landesfeind an seine Pflicht erinnert werden mußte, was, wie es in der Begründung heißt, die denkbar schwerste öffentliche Beschimpfung eines deutschen Staatsmannes ist. Für das Verbot war also nicht der eine, noch dazu von Professor Freiherrn von Freytag-Loringhoven falsch wiedergegebene Grund maßgebend, sondern zwei Gründe. Es sei übrigens bemerkt, daß das Verbot vom Minister des Innern für berechtigt erklär:, jedoch abgekürzt wurde, und daß die Beschwerde eines anderen Blattes, das vom Oberpräsidium in Breslau wegen desselben Bor- wurfs gegen den Reichskanzler für 12 Tage verboten war, vom Staatsgerichts�oj kostenpflichtig verworfen worden ijt.

Geölanüsieölung in Noröweftüeutfthlanü. Auf unseren ArtikelOedlandsiedlung in Nordwestdeutsch- land" wird uns vom Landwirtschaftsministerium geschrieben: Die Angaben über die Stellungnahme des Preußischen Landwin- schaftsministeriums zu der Enteignung von Oedländcreien des Hos« besitzers Tebbe-Südmerzen sind nicht zutreffend. Der Tebbesche Be- sitz gehört zu einem Oedlandgebist, dessen Enteignung für Siedlungs- zwecke vom Kreise Bersenbrück betrieben wird. Di« Enteignung ist in erster Instanz für zulässig erklärt. Hierüber haben sich die sämtlichen 68 beteiligten Eigentümer, zu denen auch Tebbe gehört, beschwert. Die Beschwerden werden äugen- blicklich nachgeprüft. Eine Entjcheidung des Lairdwirtschafts- Ministeriums konnte bei dieser Sachlage bisher überhaupt nicht er- gehen, und ebensowenig konnte dem Westfälischen Bauernverein ge- genüber das Vorgehen des Landrates beanstandet werden. Auf eine entsprechende Anfrage ist der Vereinigung der Deutschen Bauern- oereine nur mitgeteilt worden, daß das Verfahren auf die Beschwerde der beteiligten Eigentümer zurzeit der Nachprüfung unterliege. Daß hierdurch der Abschluß des Verfahrens verzögert wird, ist in den gesetzlichen Vorschriften begründet, die dem Eigentümer des Oedlandes das Recht zur Stellung eines Antrages auf Gewöh- nmg einer Frist zur Selbsikultivierung einer seinen wirtfchasilichen Verhältnissen entsprechenden Fläche geben. Derartige Anträge werden von den betroffenen Eigentümern regelmäßig ge- stellt: sie haben stets umfangreiche und daher zeit- raubende und kostspielige Ermittlungen zur Folge. ohne die aber eine sachliche Bearbeitung der nun einmal gesetzlich zulässigen Anträge der Eigentümer ausgeschlossen wäre. Don einer bureaukratischen Handhabung der gesetzlichen Vorschriften oder gar von einer Verschleppung des Versahrens durch die Siedlungsbehördcn kann hiernach keine Rede sein. Letztere sehen es vielmehr, wie auch der.Heucrmann" in Nr. 30 vom März 1922 zutreffend feststellt, als eine ihrer vornehmsten Aufgaben an, die Besiedlung des Ocdlandes trotz aller Widerstände und.Hemmungen mit allen Mitteln zu för- der». Damit wird also bestätigt, daß die Eigentümer von ihrem Beschwerderecht regelmäßig Gebrauch machen und daß dadurch das Enteignungsvcrfahren erhebliche Hemmungen erfährt. Das war es, was der Vorsitzende des nordweitdeutschen Heuer- unterverbandes W. Helling hauptsächlich feststellen wollte und was ihn zu der Forderunos einer Reform des Reichs- siedlungsgesetzes veranlaßte. Wenn ihm bei dieser Gelegenheit sachliche Irrtümer unterlausen sind, so ist das an und für sich bedauerlich._

Lorü Northcliffe. Man nannte früher die Presse die siebende Großmacht. Wohl in keinem Menschen hat sich dieses Wort so bewahrheitet wie in dem gestern gestorbenen englischen Prcfsefürsten. Er konnte mit Recht von sich sagen, daß in seinem Reiche die Sonne nicht untergeht, denn er beherrschte den ganzen Erdball. Alfred Harmsworth , Gründer desDaily Mail", eines Volksblattes" übelster Sorte, das eine Auflage von über zwei Millionen hat, verstand es wie keiner, alle technischen Fortschritte und alle gemalttätigen Auswüchse des kapitalisti - scheu Systems auf die Presse zu übertragen. Er hat auch zu- erst in der Presse dievertikale Konzentration" zur Durch- führung gebracht. Wälder, Sägewerke, Papierfabriken, Per- lagsanslalien, Ausstellungen,, Reklameunternehmungen, Ver­sicherungsanstalten usw., olles umfaßte sein organisatorisches Genie Er hat das Reportersystem auf eine unerreichte Höhe gebracht. Und so stieg auch er von Stufe zu Stufe in der gesell- schaftlichen Rangordnung, wurde Sir, Lord , Earl, Viscount. Er wurde schließlich Besitzer derTimes", dieser alten, enzy- klopädischen Zeitung von wohlverdientem Weltruf. Er blieb aber im Grunde Alfred Harmsworth , ein Par- venü, der die errungene Macht in der grobschlächtigsten Art handhabte. In seinem Machtdünkel wollte er sich sogar Lloyd George unterwerfen. Aber hier sollte er seinen Meister finden. Es ist fast überflüssig, hinzuzufügen, daß Rorthclifse olle üblen Instinkte der Massen aufpeitschte, ein Kriegshetzer der schlimmsten Sorte war. Seine Pariser Kollegen werden ihn ehrlich betrauern. Sonst wohl niemand in der Welt, die er zu beherrschen suchte, ohne sie mit Geist zu erfüllen.

Fum Sozialiftenkongreß in Prag . Die Wiener Internationale stellt eine Unwahrheit richtig. Bereits im gestrigen Abendblatt meldeten wir Ausführliche» über die eben in Prag erfolgte Tagung der Exekutiv « der Zweiten Internationale. Die WienerArbeiterzeitung" schreibt, wie uns telephoniert wird, in ihrer heutigen Ausgabe dazu: Die Exekutive der Zweiten Internationale hat die für Anfang Oktober in Hamburg in Aussicht genommene allgemeine Konferenz auf einen späteren Zeitpunkt verlegt, um vor allem die Arbeit der Kommission abzuwarten, die in Amsterdam eingesetzt wurde und vorige Woche ihre erste Beratung in Brüssel hatte. Die Anregung, sowohl die Konferenz der Zweiten Internationale in 5)amburg als auch die Konferenz der Internationalen Arbeitsgemeinschaft sozia­listischer Parteien in Karlsbad auf einen späteren Termin zu vertagen, um das Ergebnis der in Amsterdam in Angriff genom- menen Arbeiten abzuwarten, wurde schon gelegentlich der Amster» damer Tagung besprochen. Irgendwelche Verhandlungen über die Bedingungen über die Vereinigung der Zweiten mit der Wiener Internationale(JASP.) haben jedoch niemals statt- gefunden. Diese an sich bekannte Tatsache zu konstatieren, halten wir deshalb für nötig, da aus nichtgenannter Quelle in Prag eine Meidung verbreitet wird, in der von einer Erörterung der Bedingungen über die Vereinigung der beiden Inter - nationalen bei der Tagung der Exekutive der Zweiten Internatio- nale die Rede ist." Es ist schwer festzustellen, au» welchen Motiven jene Falsch- Meldung entstand. Da unsere Leser über den wahren Stand aller Einheitsbestrebungen unterrichtet sind, war wohl beabsichtigt, in den Reihen der Unabhängigen Verärgerung zu schaffen. Das läßt auf die Quelle schließen.

Kölner Prolest gegen die Maskauer Justiz. Die Vertreter der sozialdemokratisch gesinnten Bevölkerung Köln » haben am Sonntag in einer außerordentlichen Konserenz de» Kreisverdande» Köln der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands einstimmig eine Protest- resolution angenommen, in der dos Urteil, das in Moskau gegen eine große Anzahl Mitglieder der Sozialrevolutionären Partei Ruß- lands gefällt worden ist, als ein unerhörter Wortbruch gegenüber der internationalen Ardeiterschaft bezeichnet wurde. Es sei" um so mehr«in Schlag gegen den Sozialismus und di« Menschlichkeit, als es zu einer Zeit gefällt wurde, in der in Deutschland ein« groß« Zahl Sozialisten und Kommunisten, die wegen politischer Vergehen verurteilt worden war, amnestiert wurden. ver 4. Kongreß der Kommunistisch«, Internationale. Der 4. Kongreß der Kommunistischen Internationale soll am 7. November dies« Jahre» m Petersburg zusammentreten.