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den Mieter große Vorteile bietet. Eine Kündigung war vom Hauswirt leicht ausgesprochen: da das Genehmigungsver- fahren beim Mieteinigungsamt keine oder bei bedeuten­deren Fällen nur geringe Kysten verursacht, lief der Haus- wirt auch für den Fall, daß die Genehmigung versagt wurde, keine besondere Gefahr. Zu einer Klage wird er sich schon an und für sich schwerer entschließen: mit Rücksicht auf die Kosten wird er es sich doppelt und dreifach überlegen, zumal er nur dann hoffen kann, obzusiegen, wenn einer der gc- nannten Gründe gegeben ist und was die Hauptsache ist wenn er das Vorliegen dieses Grundes durch Zeugen usw. ausreichend beweisen kann. Für die Klage ist das Amtsgericht zuständig, dies ist aber eins weitere bedeutsame Neuerung nicht schlechthin mit dem Amtsrichter, sondern außerdem mit mindestens je einem Vermieter und Mieter besetzt; die Bei- sitzer werden nach Vorschlägen der Vermieter- und Mieter- organisationen bestellt. Wie oft wird zurzeit über das gar zu schnelle und recht wenig eingehende Verfahren der Mieteini- gungsämter geklagt, bei denen zumal das Amt völlig frei und unanfechtbar entscheidet die Beteiligten oft nicht mit der erforderlichen Gründlichkeit gehört und wo Zeugen (namentlich auch diejenigen, die der Mieter zu seiner Eni- lastung anführt) nicht oder nur kurz, meist auch ohne Proto- kollierung ihrer Aussage, vernommen werden. Hierin wird durch die Regelung des Entwurfs sicherlich eine Besserung eintreten. Das Verfahren geht nunmehr nach den Regeln des ordentlichen Prozesses, ist aber durch Uebernahme wesentlicher Vorschriften aus den bewährten gewerbegerichtlichen Verfahren und durch andere Verfahrenserleichterungen in fortschrittlicher Weise ausgestaltet: namentlich sind Vor- fchriften für eine gütliche Erledigung des Mietstreits(ohne Prozeß) vorgesehen. Aber auch wenn der Mieter aus einem der genannten wichtigen Gründe zur Räumung verurteilt wird, so hat somit der ihm durch den Entwurf gebotene Mieterschutz noch nicht sein Ende erreicht. Sofern der Mieter selbst Ver- anlassung zu der Mietaufhebung nicht gegeben hatte, soll er nämlich zur Räumung erst verpflichtet sein, wenn ihm eine angemessene Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt wird. Aber auch in den Fällen, in denen das Mietoerhältnis wegen eines Verschuldens des Mieters aufgelöst ist, kann die Voll- ftreckung eines Räumungsurteils von der Sicherstellung eines ausreichenden Ersatzraumes abhängig gemacht werden. Das sind die wesentlichsten Gedanken des Entwurfs. Die Hausbesitzer haben ihm einen erbitterten Kampf an- gesagt und im Vorläufigen Reichswirtschaftsrat einen großen Teil der Arbeitgeber für sich gewonnen. Sämtliche Arbeitnehmeroertreter aber haben, gleichviel zu welcher poli- tischen Partei sie gehören, für den Entwurf gestimmt. Das zeigt, daß in diesen Kreisen, hinter denen doch ausschließlich Mieter stehen, die'Bedeutung, die der Entwurf für die Mieter hat, durchaus richtig erfaßt wird.(Der Entwurf ist übrigens im Reichswirtschaftsrat in zweiter Lesung mit 64 bis 60 Stim- men abgelehnt worden: die dritte Lesung wird hoffentlich dieses Zufallsergebnis zugunsten des Entwurfs wieder beseitigen.) Ueber den Entwurf wird im Herbst im Reichstage be- raten werden. Auch wir haben noch mancherlei Bedenken und Wünsche. Im großen und ganzen aber kann man sagen. daß er-einen nicht unwesentlichen Fortschritt gegenüber dem geltenden Recht darstellt, den namentlich die Mieter nicht ge- ring achten sollten.

Demokratisierung üer JusiiZ. Ter Gcsetzcnttvnrf zur Neuordnung fti Strafgerichte. Die Reform der Strafrechtspflege, die sich unter dem alten System in hilfosem Schneckentempo vorwärts bewegte, scheint jetzt in der Republik , dank der tatkräftigen Arbeit des Genossen Rad. b r u ch, rasch ihrer Verwirklichung entgegenzugehen. Wie die PPN. hören, wird der Entwurf des neuen Strafgesetz- b u ch e s noch innerhalb des laufenden Monats fertiggestellt werden,

Der Sabp-Spekulant. Von Egon H. Straßburger. Ein junger Herr von sechzehn Iahren wurde dieser Tage zu drei Iahren Gefängnis wegen schwerer Urkundenfälschung oerurteilt. Der junge Herr war?in brillanter Scheckfälscher. Er hatte eine be>. wiindernswsrte Routine, Ranken nachzumachen. Die Lässigkeit seines Prinzipals, der sein Scheckbuch zum allgemeinen Gebrauch auf dem Schreibtisch liegen ließ, verwandelte er zum persönlichen Vorteil. Lässigkeit des Prinzipals und Vertrauensseligkeit verdienen eigentlich auch Strafe, denn so etwas animiert zu Entgleisungen und ein unrafierbarer Lehrling wird dadurch auf schiefe Ebenen gebracht. Daß der unraflerbcre Lehrling Namen fälschte, ist eine Kunst und Angelegenheit für sich: gewiß wird das Iüngelchen ein großer Menschenkenner einst werden; wer Namen geschickt fälscht, wird aller- dings bestraft, aber ich kann ihm den Respekt und meine Hochachtung nicht versagen: der Betreffende hat die Begabung jedenfalls, sich nicht nur in die Schrift hineinzuleben, sondern auch in den Menschen, dessen Schriftzüge er wiedergibt. Doch zum Spezialfall. Der junge Herr spielt« auf dem Scheck den Prinzipal nicht der Ehre und der Kunst wegen, er hatte andere Beweggründe: er wollte mit dem sauer verdienten Gelde spekulieren. Run spekuliert im heili- gen Deutschen Reiche so mancher Laie, um besser in einer harten Zeit faulenzen zu können, aber unser junger Mann tat es vor dem törichten Scheck überhaupt nicht, und zwar aus dem einen Grunde, weil er nichts zu spekulieren hatte. Da er aber vom großen Speku- lieren und den Riesenkapitalien hörte, die eine Welt aus den Angeln heben, dachte mein kleiner Lehrling, besser ist es, man gewinnt einmal ein Sümmchen und spielt einen reichen Amerikaner. Ein Lehrling von 46 Iahren hat Ideale: er will in Holensee oder in Südende tanzen, er braucht Lackschuhe, seidene Socken, er will ein Mädchen küssen, das er zu heiraten verspricht: er will sich, wie sicher in diesem Falle, von der Portokasse zurückziehen..., er will Zigarren zu 1 0 M. rauchen und sich schließlich eine Fabrik bauen. Sie lachen, meine Herrschaften? Lachen Sie nicht: ich habe viele Lehrlinge in letzter Zeit kennen gelernt, die sich zu Hause ihren Bau aufzeichneten... Ein Lehrling hat noch Streben und Geschäftsgeist. Unser ins Wasser und ins Gefängnis gefallene Spekulant hätte sicher gewonnen an jener Börse, denn Gott gibt den Dummen ge- wohnlich doppelte Portionen und Glück im Spiel. Der Lehrling wofern er nie gefaßt worden wäre hätte sicher Karriere gemacht: mit 20 Jahren wäre er vielleicht Prinzipal geworden, mit 2S hätte er eine volutastarke Jungfrau an den Altar geführt, mit 30 Jahren wäre er Aufsichtsrat von großen Gesellschaften geworden, mit 40 Iahren vielleicht Trustkönig und mit 42 wäre er erst in die erste fruchtbare Pleite gegangen...

der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Strafgerichte ist bereits dem Reichsrat zugegan- gen. Dieser Entwurf bringt eine völlige Umgestaltung der bis- herigen Organe der Strafjustiz, er zieht die Laien in weit stärkerem Maße heran, beseiligt die nur aus Berufsrichtern zusammengesetzten Strafkammern und demokratisiert gleichzeitig die Auswahl der Laienrichter. Der augenblickliche Rechtszustand ist folgender: Die leichten Sachen kommen an die Schöffengerichte, die mittelschweren an die Slrafkammcrn, die ganz schweren an die Schwurgerichte. Die Schöffengerichte bestehen aus einem Bsrufsrichter als Vorsitzenden und zwei Laienrichtern als Beisitzern. Gegen ihr« Urteile ist in jedem Falle Berufung an die Strafkammer möglich, die nur aus Berufsrichtern besteht. Diese entscheidet also in höherer Instanz auch über die Schöffengerichtssachen, während in den Fällen, wo die Strafkammer als erste Instanz entscheidet, Berufung nicht zulässig ist. Die ganze Fülle der leichten und mittelschweren Strafsachen unterliegt also der tatsächlichen Entscheidung der Straf- kammern. Ausgenommen find nur die Schwurgerichtssachen. Ucberdies wurden Schöffen und Geschworene bisher nach einem oerzwickten System ausgesiebt, das bis zur Revolution die Ar- beiter vom Laienrichteramt völlig, feit der Revolution min- bestens vom Geschworenenamt daneben in weiten Bezirken auch noch vom Schöffenamt ausschloß.(Ueber Einzelheiten ver- gleiche die SchriftWarum versagt die Justiz", Verlag für Sozial- Wissenschaft.) Das neue Gesetz behält die Schwurgerichte für schwere Straf- fachen bei und zieht sonst als Gerichte erster Instanz das kleine und das große Schöffenaericht vor. Das kleine Schöffengericht besteht wie bisher aus einem Herufsrichter und zwei Laier.beisitzern, das große Schöffengericht aus zwei Berufsrichtern und drei Laien- bWhern. Der Aufgabenkreis dieser beiden Gerichtsarten enffpricht ungefähr dem bisherigen Schöffengericht einerseits, der Straf- kammern andererseits. Gegen die Urteile sowohl der kleinen wie des großen Schöffengerichts soll Berufung zulässig sein, so daß ab­gesehen von Schwurgerichtssachen die Berufung gegen alle Urteile erster Instanz durchgeführt ist. Die Berufung geht stets an die Strafkammer. Diese besteht aber nicht mehr wie bis- her aus fünf Berufsrichterm sondern ebenso wie das große Schöffen- gerichk aus zwei beamteten Richtern und drei Laien. Gleichzeitig wird die Auswahl der Schöffen und Ge- fchworenen neu gestaltet. Der Amtsrichter und der Staats- Verwaltungsbeamte scheiden als Stimmführer aus dem Ausschuß aus, der die Schöffen und Geschworenen wählt. Der Amtsrichter bleibt im Ausschuß, aber nur um den Vorsitz zu führen und die Entscheidungen des Ausschuffes vorzubereiten und auszuführen. Die Mitglieder des Ausschusses zur Auswahl der Schöffen z�nd Ge­schworenen sollen wie bisher von Selbstverwaltungs- körperfchaften gewählt werden. Die Wahl des Ausschusses soll ebenso, wie ps der Wahlkörper selbst ist, durch Verhältniswahl herbeigeführt werden. Auf diese Weise wird der Ausschuß ein ge- naues Abbild der Bevölkerung des Amtsgcrichtsbezirks. Der Aus- schuß soll aber lediglich nach der Eignung zu unparteiischer Rechts- findung die Schöffen und Geschworenen wählen. Deshalb muß der Ausschuß die Schöffen und Geschworenen e i n st i m m i g wählen. Ist eine solche Einstimmigkeit nicht zu erreichen, so kann jedes Aus- fchußmitglied soviel Personen vorschlagen, als noch an der erforder- lichen Zahl von Haupt- und Hilfsschöffen fehlen, und es entscheidet unter den Vorgeschlagenen dann das Los. Genau in derselben Weise wie die Schöffen sollen in Zukunft die Geschworenen gewählt wenden. Die bisherige Mitwirkung des Landgerichts bei der Auswahl der Geschworenen fällt fort. Die Tätigkeit des Amts- richters und des Landegerichtspräsidenten beschränkt sich in Zukunft darauf, aus der Iahresliste der Schöffen die Reihenfolge, in der die einzelnen an den Sitzungen teilnehmen, und aus der Jahresliste der Geschworenen die Spruchliste für die einzelne Tagung des Schwurgerichts auszulosen. Der vermehrte Bedarf an Laien- richtern wird infolge der Heranziehung der Frauen zum Schöffen- und Geschworenenamt gedeckt werden können. Der Gesetzentwurf zur Neuordnung der Strafgerichte paßt ferner das Gerichtsoerfaffungsgefetz und die Strafprozeßordnung dem neuen Verfaffungsrecht an. In engem Zusammenhang mit dem Entwurf steht der Entwurf eines Jugendgerichts- g e f e tz e s, das dem Reichsrat in den allernächsten Tagen zugehen

Ich bin zwar kein Prophet vor dem Herrn, aber ein Lehrling von 16 Jahren, der so arbeitet, daß er andere, kräftig ausgewachsene Namenszüge nachzuahmen versteht, wie in diesem Falle, woselbst man ihm 1 6 8 7 0 0 M. aushändigt, ist in meinen Augen ein hoff. vungsvoller, begabter, herrlicher Vertreter jener deutschen Jugend, die auf Kosten anderer groß werden will.

Die größte Musik-Volksbibliothek. Die größte öffentliche Musik- bibliothek der Welt nennt R. Stephen Williams die Henry- Watson- Bibliothek in Manchester . Nun gibt es gewiß deutsche Musikbibliotheken, die über umfangreichere Bestände ver- fiigen mögen, aber das Bezeichnende dieser Schöpfung ist ihre allge- meine Zugänglichkeit, so daß sie eine richtige Voltsbibliothek ist. Die Bücherei wurde 1839 von Dr. Henry Watson gegründet und kam nach seinem Tode 1311 in die Verwaltung der Stadt Manchester . Die Sammlung umfaßt gegenwärtig 38 823 Bände. Jeder nur er- denkliche Zweig der Musik ist vertreten: man kann unter 800 Opern auswählen, und von beliebten Werken sind 6 und mehr Exemplare da. Die Klaviermusik ist mit 2500 Bänden und 4000 einzelnen Noten- heften vertreten. Die Sammlung der Musikliteratur umfaßt 2000 Bände. Die Bibliothek besitzt 2000 Orchesterpartituren, die viel von Studenten und Musikvereinen benutzt werden; sie hat allein von Bachs Matthäus-Paffion 132 Exemplare. 400 seltene Werke und Manuskripte sind vorhanden. Die Ausleihzeit beträgt 14 Tage.Alle Arten und Klaffen von Männern und Frauen sind täglich auf der Bibliothek zu sehen. Wenn man in den Leseraum blickt, so kann man hier einen Straßenbahnschoffner sehen, der sich mit demRhein- gold" beschäftigt, neben einem Hausdiener in seiner Arbeitskleidung, der ein Violinkonzert studiert. Seltsame Anliegen werden geäußert, und bald fragt ein junges Mädchen nach der neuesten Oper von Madame Butterfly , oder ein junger Mann wünschtDrei Tänze aus dem Deutschen " von Heinrich VIII. Die Henry-Watson-Biblio- thek ist die einzige musikalische Volksbibliothek(das stimmt nicht, Deutschland hat ebensolche. Red.), und es ist vom Standpunkt der musikalischen Erziehung aus sehr zu bedauern, daß nicht andere Städte dem Beispiel von Manchester folgen. Unter allen Künsten wendet sich Musik an die weitesten Kreise, und in der Oper findet man oft auf der Galerie die einzigenvollkommenen Wagnerianer". Denn Musik spricht in Millionen Zungen: jeder Hörer kann sich dem Geheimnis der Töne erschließen, und ich habe verschiedene Männer gekannt, die sich mit Hilfe dieser Bibliothek ein vortreff- liches Musikoerständnis aneigneten." Die Gesundheil der Schulneulinge. Die großm Ferien sind zu Ende und die Kinder müssen nach der so notwendigen Erholung wieder demErnst des Lebens" nähertreten. So schwer gefährdet unsere Jugend und besonders die Schuljugend während des Krieges war und so ungünstig die wirtschaftlichen Verhältnisse auch heute liegen, so ist der allgemeine Gesundheitszustand der Schulkinder dank mannigfacher Hilfsmahregeln gegenwärtig doch nicht schlecht. Dos zeigen auch die Untersuchungen an denTchulneulingen 1922", die der Kölner Stadtarzt Dr. Vonnessen vorgenommen hat Er hat von den Kindern, die 1922 in sechs Kölner Schulen eintraten, 422 unter- sucht, 216 Knaben und 206 Mädchen. Es ergab sich die körperliche

wird, und der vom Reichstag bereits beschlossene Gesetzentwurf über die Entschädigung der Schöffen, Geschworenen und Vertrauenspersonen. Der Entwurf erfüllt zwar nicht alle Forderungen, die von der Sozialdemokratie zur Demokratisierung der Rechtspflege gestellt werden, aber seine Durchführung würde gegenüber dem heutigen Zustand einen beträchtlichen Fortschritt bedeuten und das auf den Nullpunkt gesunkene Vertrauen der Bevölkerung zu dem heutigen Rechtspslegeorgan wieder um einiges heben. Jeden- falls würden sich die massenhaften Fälle tendenziöser Fehlurtelle, die wir heute beklagen, unter dem neuen Zustand sehr verringern. Der Reichsamnestieausschuft. In den Amnestieausschuß des Reiches, der in letzter Instanz über die Anwendung des Reichsamnestiegesetzes entscheidet, sind, wie die PPN. hören, die folgenden Personen berufen worden: Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes , Graßmann (Stellvertreter Abgeordneter Kuttner): Reichstagsabgeordneter Heile(Stellvertreter Reichstagsabgeordneter Professor Dr. Schücking): Rcichstagsabgeordneter Dr. Fleischer(Siellver- treter v. R o b e n e r); Reichstagsabgeordneter Dr. Moses(Stell- Vertreter Laydtagsabgeordneter C h r i st a n g e): Rcichstagsabge- ordnete F r chu M e n d e(Stellvertreter Abgeordneter W u n- d e r l i ch). Um auch den im Ausschuß nicht vertretenen Richtungen Ge» legenheit zur Aeußerung zu geben, bestimmt die vom Reichsjustiz- Ministerium entworfene Geschäftsordnung des Ausschusses, daß Per- sonen, die die Interessen der Beschuldigten oder Verurteilten wahr- nehmen, gehört werden können.

Die verhanölungen mit Hapern. Die Besprechungen der bayerischen Minister Dr. S ch w e y e r und Gärtner mit dem Reichskanzler, an denen auch der Reichsjustizminister Dr. R a d b r u ch teil- nimmt, haben um 1/2II Uhr begonnen und dauern noch an. Im Vordergrunde der Diskussion scheint immer noch die Frage des S t a a t s g e r i ch t s h 0 f e s zu stehen. In Re­gierungskreisen hat man aber die beste Hoffnung, daß man zu einer Verständigung gelangen wird. Rechtsparteilicher Rummel. München , 13. August. (Eigener Drahtbericht.) Die Presse der Mittelpartei und der Bayerischen Volkspartei eröffnet heute einxn Entlastungsfeldzug zugunsten des Justizministers Gürtler. Sie ver- sucht die Last der Verantwortung für dasBerliner Protokoll" dem Grafen Lerchenfeld zuzuschieben. Alles was in Berlin erreicht worden fei, sei der Fähigkeit und der Sachkenntnis Gürtlers zu oerdanken. Dieses Manöver ist so durchsichtig, daß� es eines weiteren Kommentars nicht bedarf. Das Bestreben Gürtlers, der nach seiner Rückkehr aus Berlin kein Hehl aus seiner Zufriedenheit über das Erreichte gemacht hat, sich jetzt reinzuwaschen und den verdächtigten Lerchenfeld rücktrittsreif zu machen, liegt ja auf der von den beiden Parteien befchrittenen Bahn der Rückberufung eines reinrassigen Partikularisten und Monarchisten an die Spitze der bayerischen Regierung. _

Die Münchener Ehrharüt-Dank. DerSoz. Parlamentsdienst" meldet: Dos in München be� schlagnahmtc Material über die Ehrhardt-Bank ist inzwischen in Berlin eingetroffen und gesichtet worden. Die Prüfung ergab ledig- lich eine Bestätigung der Sammlung von Geldern zu Wirtschaft» lichen Zwecken. Darin kann allerdings kein Verstoß gegen be- stehende Gesetze erblickt werden, aber der Verdacht, daß die Re- seroen zur Unterstützung von Geheimorganisationen verwendet werden» ist auch nach Sichtung des Materials noch fehr stark. Darum wird die Berliner Polizei das gesamte Material wahrschein» lich dem Oberreichsanwalt überweisen.

Die Erhöhung der Beamlengehölter. Die Erhöhung betrögt nicht wie heute früh infolge eines Druckfehlers berichtet» 30 Proz., fondern 38 Proz.___ Gesamtentwicklimg bei 46 Proz. als gut, bei 36 Proz. als mittel- mäßig, bei 17 Proz. als schlecht. Im Vorjahr« waren die entsprechen- den Zahlen bei den Schuln«ulingen weniger günstig, inder- gut nur 31 Proz., mittelmäßig 50 Proz. und schlecht 19 Proz. beurteilt wer- den mußten. Im Jahr vorher waren die Resultate noch schlimmer gewesen, da nur 10,5 Proz. gut und 23,5 Proz. mittelmäßig, 60 Proz. dagegen schlecht entwickelt waren. Aehnliche günstige Ersahrungen haben in diesem Jahre auch die anderen Kölner Schulärzte gemacht. D-r Umschwung ist aus die Besserung der allg«neinen Ernährungs- läge zurückzuführen, sodann aber auch daraus, daß die Mütter jetzt häufiger und länger ihre Kinder selbst stillen. Im allgemeinen stellt Vonnessen fest, daß die jüngeren Schuikinder sich stets in einem ver- hältnismäßig besseren Gesundheitszustand befinden als die älteren. Als Grund dafür vermutet er, daß die Schulneulinge, die während des Krieges die jüngsten im Hause waren, in dieser entbehrungsreichen Zeit- für ihren kleineren Nahrungsbedarf mehr bekamen als ihre älteren Geschwister, die gleichzeitig die Anstrengung des Schulbesuchs und vielkach auch häusliche oder gewerbliche Arbeit zu tragen hatten. Di« Besserung im Gesundheitszustand der Schulneuling« steht im Einklang mit der Statistik der Sterbefälle in den deuffchen Groß. städten, die einen merklichen Zurückganq der Gesamtsterbeziffer unter die bisher erreichte niedrigst« Sterbeziffer 1913 erkennen läßt. ErstauffShrungeu der Woche. Mittw. Voltsbühne: Siegfried. Urania -NortrSge. Sonnt.: Thüringen . Mont.: von der Zagspitz e zum Wadmann. Tienet.. Ton».:«in lt et n s i I m. Mittw., Sonnab.: Vom Fels zum Meer. Freit.: Im Schwarzwald . <?iii internationaler Kongreß der Raturkrennde, der sozialistischen Wayderbewegung. findet am 20. und 2t. Augu'I in JnnSbrllck statt. Der Kongreh wird beschickt von vielen Landen,. Sein Zweck ist, da» internationale Band der Arbeilerberglportbewegung noch sester zu knüpfen. Cruest Lavisse . Mitglied der sranzösisch-n«lademie und bekannter Historiker, ist in Pari» im Alter von 80 Jahren gestorben. Er hat speziell über Deutschland und Preuhen eine Reibe von Arbeiten versaht und zu. lammen mit anderen umfassende Gesamtdarstellungen der sranzöstschen und allgemeinen Geschichte gegeben. Zn Ehren Gerhart Hauptmann » eröffnen die Robert-Bühnen die beiden Schlotzparktheater mit zwei Werken des Dichter». Im Meinen Hau« Wielen Lucie Höflich und Eduard von Wmterstcin die führenden Rollen imFubrmann Henschel'. Im Grossen Hau« gelangt.Der arme Heinrich- mit Lia Rosen und Jacob Feldhammcr in den Hauptrollen zur Aufführung. Theaterchronik. Im L n st s p i e l h a u s e findet am 1. September die Erstausführung der Komööie:Die Schul« der Kokotten- statt. DieHenne im Korb-, das neue Luillpiel von Brun» Frank, wird die erste Novität der neuen Spielzeit im Komödienhau» in Berlin sein. Tos künftige T«l»burger Festspielhaus soll von Han» Pölzlg entworfen werden. To» internationale Tchachturnier ist Freitag in London ,n Ende gegangen. Capablanca behäll die Weltmeisterschalt. Die neue äghptifche Flagge. Die S-lbständigkeit«erllärung von Aegypten hat dem Lande neben anderem auch da» Recht einer eigenen Flagge gebracht. Wie in.Werft, Reederei, Hasen- mitgeteilt wird, ist die neue ägyptische Handelsflagge grün mit einem zunehmenden Mond und drei weissen Sternen in der oberen linken Ecke.