Nr. 4ZS ♦ AH. Fahrgang
Seilage öes Vorwärts
5reitag. 15. September?H22
von der Stadtverordnetenversammlung wurden gestern die in den Ferien von dem ständigen Haushaltausschuß be- schlossenen und auch sogleich in Kraft gesetzten Lohnerhöhungen und Tarif st eigerungen nachträglich genehmigt. Ueber die jetzt vom Magistrat in einer Dringlichkeitsvorlage beantragte neue Erhöhung des Straßenbahntarifs kam es zu einer Debatte, in der die beiden sozialdemokratischen Fraktionen durch ihre Redner die sinnlose Politik der Kommunisten bekämpften. Betont wurde auch, daß die Erhöhung des Straßenbahntarifes als Ausgleich die Einführung eines Staffeltarifs erfordert. Bürgermeister Ritter hob hervor, daß die Eiscnbahnverwal- t u n g den vielgerühmten billigen Stadtbahntarif wettmacht durch ihre hohen Frachttarife, die den Berlinern die Lebens- mittelzufuhrverteuern. Uebcr die Erhöhung des Straßen- bahntarifes wird zunächst noch der chaushaltausschuß beraten. Aus- fchußberatung wurde auch beschlossen für die Vorlage betreffend die Aenderung der Wirtschaftsform der Berliner Güter. Einmütigkeit aller Fraktionen zeigte sich bei einem Dringlichkeitsantrag, der zu einer schleunigen Hilfsaktion der Stadt, Staat und Reich für den in seinem Weiterbestand bedrohten Zoologischen Garten auf- rief. Den Anlaß zu diesem von allen Fraktionen gemeinsam ein- gebrachten Antrag hatte die im„Vorwärts" gebrachte Nachricht ge- geben, daß die Schließung des Zoo für die Wintermonate nicht ab- zuwenden sei. • 5n der um 5% Uhr begonnenen ordentlichen Sitzung erhob die Versammlung zunächst nach dem Referat von P f a n n k u ch(Soz.) ohne Erörterung die einstimmig zustande gekommene Ausschuhvor- läge zum Beschluß, wonach 1. der Magistrat ersucht wird, allen Ar- beitern und Arbeiterinnen der städtischen Blindenanstalt eine nach dem monatlichen Einkommen abgestufte Kleiderbeihilfe zu gewähren: ein« solche soll auch den Kindern und Jugendlichen zuteil werden: 2. folgende Unterstützungshöchstsötze für Armenrentenempfänger festgesetzt werden sollen: lau- sende Unterstützungen an einzelne Personen bis zu 8<X> M., an kinderlose Ehepaars bis zu 1200 M., an Familien mit einem un- erwachsenen Kind bis zu 148t> M., für jedes weitere Kind mehr 230 M., Pflegegeld für ein Kind bis zu 4V0 M., Zusatz- Unterstützungen über die laufenden hinaus innerhalb drei Monaten einmal bis zu 300 M., einmalige Unterstützungen an andere Personen bis zu 400 M. Darauf beschäftigte sich die Vcr- fammlung wiederum mit der Frage der Verpachtung städtischer Güter und mit dem Problem der Ueberführung der städtischen Güteroerwaltung in eine andere Rechts- und Wirt- f ch a f t s f o r m. Diele Verhandlung wurde durcl, eine kleine interne Feier unterbrochen. Vorsteber Dr. Caspar! brachte der Kollegin Frau F a h r e n w a l d zur Vollendung ihres 70. Lebensjahres unter allseitigem Beifall die Glückwünsche der Versammlung dar und knüpfte den Wunsch daran, daß die verehrte Kollegin noch recht viele Jahre in gleicher geistiger und körperlicher Frische ihren Arbeiten im Dienste der Allgemeinheit nachkonimen möge. Die Gc- feierte, deren Platz mit einem schönen Blumenstrauß geschmückt war, dankte mit bewegten Worten und erneuerte das Gelöbnis, auch weiter ibre ganze Kraft einzusetzen, um dem Ziele, daß jeder Mensch zu essen und zu arbeiten hat, näherzukommen.— Der Verpachtung der vier städtischen Güter Osdorf , Sputendorf, Mühlenbeck und Birkholz hat die Mehrheit des Ausschusses zugestimmt. Die Magistratsvorlage wegen Aenderung der Form der Güteroerwaltung nimmt eine„Berliner S t a d t- G ü t e r- G. m. b. H* in Aus- ficht, die eine absolut freie Stellung der Güterverwaltung ermöglicht, um jederzeit den Erfordernissen einer mit allen neuzeitlichen Mitteln arbeitenden Wirtschaftsführung unverzüglich zu genügen. Die oll- gemeine Verpachtung erscheint nach der Begründung dem Ma- gistrat unerwünscht, da er in erster Linie darauf bedacht sein mußte, die Verwaltung selbst in der Hand zu behalten. Die Aussprache bewegte sich in der Hauptsache um dieses allgemeine Wirtschaftsproblsm. Gegen die Verpachtung der ge-
nannten vier Güter erklärten sich auch diesmal Dörr namens der Kommunisten. Deitmer namens der U. Soz., während unsere Genossen, für die B r o l a t das Wort führte, der Verpachtung der vier Güter aus den besonderen dafür in Betrocht kommenden Gründen zustimmten. Gegen die vom Magistrat in Vorschlag ge- brachte G. m b. H. für die Bewirtschaftung des übrigen umfang- reichen städtischen Güterbestandes wandten sich die bürgerlichen Redner, Peter(Dnat.) und mit besonderer Schärfe Dr. Micha- e l i s von den Demokraten und Pastor Kröpelin (D. Vp.)— Müller-Franken(W.-P.) erklärte diese G. m. b. H. für die denkbar unglücklichste Form, die betriebstechnisch hätte gewählt werden können. Schließlich wurde von der Mehrheit die V e r- Pachtung der vier Güter und Ausschußberatung für die Magistratsvorlage beschlossen. Bei den Vorlagen betr. die Deckung der Mehrausgaben der Werksoerwaltungen feit l. Juli 1322, die Regelung der Bezüge der nichtständigen Angestellten, die Erhöhung der Löhne der städtischen Arbeiter und Gutsarbeiter für Juli und August 1922, die Neufest- sctzung der Kur- und Verpflegungskosten in den städtischen Anstalten und der Gebührensätze für Krankentransporte, sowie betr. die teil- weise Deckung des Fehlbetrages 1922 wurden auch die Dring- lichteitsvorlagen des Magistrats wegen Erhöhung des Straßenbahntarifs auf 12 M. und des Wasferpreises auf 13 M. mitberaien, da der am Dienstag von Dr. Weyl erhobene Widerspruch zurückgenommen war und der gestrige Widerspruch der Kommunisten keine Mehrheit fand. In der ausgedehnten Be- sprcchung dieses Materials war man sich darüber einig, daß die Vorlagen größtenteils um so mehr zur Verabschiedung reif seien, als die tatsächliche Entwicklung sie inzwischen wiederum längst überbolt habe. Gegen Dörr, der abermals prinzipiell die unentgeltliche Be- Nutzung der Straßenbahn durch die Bevölkerung, die unentgeltliche Lieferung von Gas, Wasier usw. an die Interessenten forderte und auch hier wieder gegen die Einigungsbestrebungen der SPD. und USPD . heftig polemisierte, hob Dr. W e n l scharf hervor, daß es praktisch darauf ankomme, für die Arbeiterschaft herauszuholen, was herauszuholen ist, während es den Kommunisten darauf anzukommen scheine, die Sclbstzersleischung der Arbeiterparteien traditionell zu gestalten. Zu den Dringlichkeitsvorlagen bemerkte Dr. Weyl, daß ein höherer Iahrpreis für die Straßenbahn — und zwar 10, nicht 12 M.— diesmal dem Magistrat nur zugestanden werde, wenn er für eine Staffelung, für einen Zonentarif Vorsorge treffe, und daß eben- sowenig eine Gaspreiserhöhung Aussicht habe, wenn nicht die wieder- holte Forderung der Versammlung auf Rücksichtnahme auf die Minderbemittelten bei der Gaspreisnortniening endlich beachtet werde. Im Punkt der Erhöhung der Krankenhaus- und Krankentransportpebühren verlangte Dr. Weyl im Gegensatz zum Magistrat die Beseitigung der Gebühr für die Entbindungen Einheimischer, der Steuer für Neugeborene und eine besondere Vorlage betr. die Höchstsätze von Krankentransportkostcn für Aus- länder. Mit diesen Aenderungen wurden die vorerwähnten älteren Vorlagen genehmigt, nachdem auch Dr. L o h m a n n kSoz.) gerade im Interesse der arbeitenden Bevölkerung von Groß-Berlin.fierrn Dörr scharf entgegengetreten war. Die Dringlichkeitsvorlagen gingen mit den dazu gestellten Abänderungsantrügen an den Haushalts- ausfchuß, dem auch die Vorlage wegen Deckung des Fehlbetrages 1922 überwiesen wurde. Zum Schluß gelangte noch nach Erledigung einer Reihe kleine- rer Vorlagen ein Antrag aller Parteien zur Annahme, der die Offenhaltung des Zoologischen Gariens auch während des Winters bezweckt und den Magistrat auffordert, sofort Schritte zu tun, um durch Reich, Staat und Gemeinde die Fortführung des gemeinnützigen Instituts zu ermöglichen.— Ein weiterer Antrag aller Fraktionen, der Protest erhebt gegen die an- oeblich beim Magistrai bestehende Absicht, im Winter wegen der Kohlennot auf sechs Wochen einen allgemeinen Schulschluß durch- zuführen, fand ebenfalls, und zwar dieser ohne jede Erörterung, ein- mlltige Annahme. Nach �10 Uhr trat damit der Schluß der Lsfent- lichen Sitzung ein.
Staöt in Not! Einschränkung der Berliner städtischen Ausgaben. Die katastrophal sich steigernd« Geldentwertung hat den Berliner Stadtsäckel in einer Weise erschöpft, die das schlimmste für die Ge- samtheit befürchten läßt. Die Not, die drohend an die Türen klopft, Hot den Magistrat genötigt, sich erneut mit Maßnahmen zur Ein- schränkung der städtischen Ausgaben, wie sie durch das Zurückbleiben der Einnahmen hinter den Ausgaben infolge der Geldentwertung notwendig werden, zu beschäftigen. Der Magistrat beschloß: die Einstellung aller hoch, und Tiefbau ien in der ganzen Verwaltung, bei weichen die Arbeiten noch nicht er- heblich begonnen haben, ohne Rücksicht daraus,, ob das Material schon beschaff! Ist oder nicht: «Ine scchswöchentliche Unterbrechung des Schulunterrichts im Winter zur Ersparung der in dieser Zeit nötigen heizungemengen, dafür werden die herbslferien wegfallen; die Zusammenlegung gering besuchter Oberkiossen in den städtischen Schulen. Dagegen sollen die Arbeiten am Krankenhaus Moabit fortgesetzt werden.— Uebcr die Einstellung des Baues des Krematoriums in der Di«stelm«yerstraße wurde die Beschlußfassung ausgesetzt. Endlich beschloß der Magistrat, einen Aufruf an alle städtischen Dienststellen, Beamten, Angestellten und Arbeiter, auf allen Gebieten größte Sparsamkeit zu halten,.um wenigstens die notdürftige Auf- rechierhaltung der städtischen Haushaltswirt. f ch a f t zu ermöglichen. * Wie eine Berliner Korrespondenz erfährt, hat dieser Beschluß einstweilen nur prinzipielle Bedeutung. Eine besondere Kommission wird in den nächsten Tagen dann die näheren Einzelheiten über die Stillegung der Bauten festlegen. Der Bau der Nord-Südbahn wird durch diesen Beschluß keinesfalls berührt. Im wesentlichen dürft« es sich um Vergrößerung?- bauten von Bezirkeämtern und sonstigen städtischen Verwaltungs- gebäuden handeln. Das Nattengist in öer Lrotfuppe. Mordversuch einer Fünfzehnjährigen. Ein erschütterndes Bild von dem Weg eines Proletarierkindcs erhielt man gestern in einer Verhandlung, die vor der Ferienstras- kammer des Landgerichts III gegen die erst IS Jahre alte Klara Lehmann wegen versuchten Mordes in zwei Fällen und wegen Dieb- stahls stattfand. Nach den Ermittlungen der Berliner Zentrole für Jugendfür- sorge ist die L. das Opfer unglücklicher Wohn- und Fomilienverhölt- nisse. Ihre Eltern hausten in einer Laube in der Jungfernheide, wo das Kind mit den anderen Geschwistern vollkommen u n b e- a u f s i ch t i g t und sich selbst überlassen aufwuchs. Wiederholt kam es vor, daß das Mädchen, weil es vor Schmutz und llnge- ziefer starrte, aus der Schule heimgeschickt wurde, um sich zu säubern, oder daß es übernächtigt während des Unter- richte? einschlief, da es eine Ballettschule besuchte und die halbe Nacht tanzen mußte. Alle möglichen Stellungen, die die Lehmann nach ihrer Schulzeit annahm, wechselte sie schon nach Togen, da sie nirgends genug Geld verdiente. Schließ- lich beschäftigte sich die Jugendfürsorge mit diesem völlig haltlosen und verwahrlosten Geschöpf und brachte es zu einem Avotheter B. in Werneuchen als Dienstmädchen. Dort wurde die L. von der Köchin scharf herangenommen. Ein kleiner Diebstahl gegen ihren Brotherrn— sie hatte 290 M. entwendet— hatte auch nicht gerade dazu beigetragen, das Mädchen besonders liebevoll zu behandeln, und aus diesen Gründen tauchte in ihr der ungeheuerliche Gedanke auf, sich zu rächen und die Apotheker- familie nebst der Köchin zu vergiften. Mit Ratten- gift vergiftete sie die Abendsuppe, und nur dem Umstände, daß der Apotheker sofort beim ersten Löffel der Brotsuppe merkte, daß hier etwas nicht in Ordnung sei, verdankte er, feine Angehörigen und die Köchin das Leben. Gegen die L. war eine Verhandlung in dieser Sache schon der Vertagung anheimgefallen, da sie aus Zlntraq ihres Verteidigers Rechtsanwalt Grünwold zunächst von dem Sanitätsrat Dr. Leppmann auf ihren Geisteszustand beobachtet werden sollte. Sanitätsrat Dr. Leppmann bekundete in der gestrigen Verhandlung, daß die Angeklagte ein bedauernswertes erblich be- lastete? Geschöpf sei, das kindisch und willens-
Sachawachiak der Eskimo.
Von Ejnar Mikkelfen.
Die Schiffe gehen auf f?ang mit Nuwut als Station. Sie kreuzen vor dem Packeis, an jeder Mastspitze einen Auslug, von dem scharfäugige Männer den Blick unaufhörlich über das Meer gleiten lassen, und wehe dem Wal , der in ihren Gesichts- kreis kommt. Er bläst!— das ist das Signal zum Beginn der Jagd: der Kapitän an den Most, die Boote werden auf Re- lingshöhe hinabgelassen, die Maschine stoppt, und nur mit den Segeln wird auf den nichtsahnenden Wal zu manövriert. Ein Kommando fällt von der Mastspitze:„abfieren"— sechs Boote tauchen gleichzeitig ins Wasser, schießen von der Schute los, den Harpunierer am Steven, den Bootsmann am Heck, acht Mann an den Rudern. Ein wenig seebefahrener Mann hat Angst, springt, aber zu spät, fällt zwischen Schut« und Boot. Eine Sekunde, und man hätte ihn aufgefischt— aber nein— der Wal ist un- ersetzlich, der Seemann nicht— oder man kann ihn jedenfalls entbehren, und das Boot schießt fort. Fluchen seine Käme- raden darnber, wird nicht geantwortet, und bekommen sie Ant- wort, ist sie klar und deutlich, nicht mißzuverfteben:„Rudert weiter, Kerls, und haltet's Maul: es gibt genug Seeleute." Ist der Wal gefangen, wird er an die Kiifte bugsiert, wo stets mehrere Schiffe liegen, deren Besatzung eifrig damit be- schästigt ist, dem mächtigen Tier den Kopf abzuschneiden, ihn an Bord zu werfen und die Barten auszulösen. Dann wird der Körper abgezogen, der Speck jn Stücke gebockt und in große Tanks oder Tonnen gestopft, während man den Zentner- schweren Körper treiben läßt: das Schiff macht klar, die Boote werden geheißt, der Anker aufgezogen, und mit wehender Flagge und'untcr dem Gellen der Domvkpfcife sticht die Schute wieder in See, auf Jagd nach dem kostbaren Wal. Aber der Sommer vergeht— er ist kurz in Ruwuk. Die Sonne steht niedrig am Himmel, wärmt nicht mehr, vermag nicht mehr die großen Schneehaufen, die auf dem Lande liegen, zu schmelzen. Noch kommen die Schiffe nach der Küste mit Walfischen im Schlepptau, aber vereist. Außen am Schiff ist Eis, und das Deck ist unter Eis und Blut begraben; dle Takelage hängt voller Reif, und jedesmal, wenn die Besatzung ein Tau an-
rührt, fallen große Eiszapfen krachend auf Deck. Die Segel find steif gefroren und die Stimmung unter den Leuten ist sehr schlecht: immer frieren sie, sind unterernährt und werden Tag und Nacht geschunden. Aufrührerische Stimmen werden laut— aber im Achter wimmelt das Schiff von Vorgesetzten— eine Handspake an den Kopf, das hebt die Laune— ein Schuß, wenn nichts anderes hilft— und am Abend sitzen Kapitän und Steuer- mann über den Kajütentisch gebeugt und malen ins Journal: Matrose John Brown starb heute nach dreitägiger, heftiger Lungenentzündung! Eines Tages fetzt sich das Eis am Lande fest, es wird im Ernst jetzt Herbst. Schiff auf Schiff hat den Fangvlatz ver- lassen und ist südwärts gegangen, nach milderen Himmels- strichen: aber der Rest der Flotte Hot immer noch einen guten Fang und bleibt bei Ruwuk, bis der Aufenthalt unmöglich wird,. �. Ein Schiff wird vom Eis zerquetscht, und die Besatzung auf die anderen Schuten verteilt: ober als die Eskimos eines Morgens aufwachen, sehen sie den Walsischfänger„Bowhead " weit auf Land gesetzt mit zerschmetterter Steucrbordseit?. Poster, der Kapitän, ist noch betrunken, so betrunken, daß er immer noch auf der Brücke steht und navigiert: er brüllt Be- fehle in den schneidenden Wind über das totgeweibte Schiff hin, die Leute arbeiten, er glaubt, sie führen seine Befehle aus, aber sie retten nur ihr Leben und lassen den Kapitän stehe», Er hat es verdient. Dreimal hat ihn der Steuermann gewarnt, das Eis setze sich an Land fest, beim vierten Male versuchte er den Verrückten zur Vcrnunfr zu rütteln.„Was sagst du, Steuermann, das Eis kommt? Laß es nur kommen— was geht das mich an, i.b war sa zuerst hier!" Und dann schloß er sich mit seinem Whiskyfaß ein, während die Schute auf Land lief und Vermögen verloren gingen. Nun ist es Zeit, fortzukommen, wenn Gut und Schiff ge- borgen werden sollen.„Bowheads" Besatzung wird auf die übrigen, jetzt weit übermannten Schiffe verteilt, und dann sstcht die Flotte südwärts, verschwindet im Schneegestöber. Zurück in dem öden Ruwuk bleiben die Eskimos, der Winter hat angefangen, und man ist nur schlecht gerüstet— das Leben mit den Walfischiängern hat seine Spuren hinter- lassen— die letzten Spiritusdünste sind noch nicht verschwun- den, aber Schlimmeres hat sich ereignet, weit, weit Schlimme- res. Das Zusammenleben mit den Walfischfängern hat
Krankheiten für Männer und Frauen gebracht, Krankheiten. welche die Eingeborenen wohl von früheren Besuchen her kannten, aber gegen die sie kein Heilmittel besitzen. Die Schiffe waren fort, der Herbst fing an, aber man war nicht mehr allein wie vorher— drei weiße Männer hatten sich an dem Wohnplatz niedergelassen. Zwei von ihnen waren Seeleute, die von der Flotte ausgerückt waren, sich an Land versteckt hatten, aber nun zum Vorschein kanien, sicher, daß die Strafe sie nicht mehr erreichen konnte. Sic hießen Jim Hacklett und Joe.—„Schwarzer Joe" hatten ihn seine Kameraden an Bord der Flotte genannt—„Schwarzer Joe" nannten ihn die Eskimos nun. Der dritte Mann war von einer Art, die die Eskimos früher nicht gekannt hatten. Weiß war er und sprach die Sprache der Weißen, aber dann hörte auch die Aehnlichkeit auf. Die anderen, die beiden von den Walfischsängerschiffen, fluchten und schwuren, tranken und schlugen sich— aber er war still, ging friedlich umher und sprach mit den Eskimos. Er setzte sich zu den Frauen und spielte mit den Kindern, er trank nicht, im Gegenteil, man hatte ihn oft unverständliche Worte zu angetrunkenen Walfischsänger-Seeleutcn sprechen hören, und er hatte sie gehindert, den Eskimos Branntwein zu geben. Er brachte keine Krankbeiten, kam aber oft in die Zelte der Kranken: er gab ihnen Medizin und versuchte, die Verfehlungen seiner Landsleute wieder gutzumachen, und überall an der Küste sprachen die Eingeborenen von dem stillen Weißen. Ihre Zungen konnten seinen schweren Namen kaum bewälttgen.— Missionär nannten sie ihn, sie glaubten, er hieße so, und erst lange danach lernten sie seinen richtigen Namen— Hostings, Ervard mit Vornamen, N'iwuks erster Missionär. Und Ruhe kehrte auf dem Wobnplatze ein, während die Sonne immer tiefer sank. Die Eskimos— bis auf die Kran- kcn— hatten fast die Ausschweifungev des Sommers ver- gessen und glaubten, daß alles wieder in denselben Gong kommen würde, wie in früheren Iahren: aber sie irrten sich, die Zivilisation hatte ihren Einzug in Nuwuk gehalten, ihre Pioniere hatten sich dort niedergelassen, eine neue Zeit sollte anbrechen. Aus„Bowheads" Wrack hatten Jim Hacklett und der schwarze Joe sich ein Haus gebaut, und fern von ihnen wohnte Mr. Hostings in Sachawachiaks Iglu. lFortfetzung folgt.)