französischen Kohlenzechen d i e Kohle teuer ver- kauften und der Verbraucher sie billig bekam. Die Reparationskohle wurde die Basis eines Dumping, aus dem die ganze französische Industrie ihren Nutzen zog." Und die Folge? Die französischen Bergwerke in der Kriegszone konnten mit Hilfe der auf Rechnung Deutschlands vorgeschossenen 2� Milliarden Frank ihre Förderung beträchtlich st e i g e r n und zwar schon im Jahre 1921 auf 27 Proz. der Vorkriegsförderung. Die Gesamtförderung Frankreichs stieg im Jahre 1921 um drei auf 29 Millionen Tonnen. So fetzte ein Kohlenüberflufz ein, der zum Export zwang. Die Saarkohle, deren Förderung noch um eine Million Tonnen gesteigert werden konnte, stellte sich als über- flüssiger Ballast heraus. Sie war bedeutend teurer, als die Ruhrkohle, weil man den Saarbergarbeitern die Löhne in Franken auszahlte. Trotzdem hätte die Saarkohle noch Frankreich selbst Konkurrenz machen können, weil die Staats- bergwerte der Saar , die keine Dividenden zu zahlen hatten, billiger fördern konnten, als die privaten französischen Berg- merke. Also legte man auf die Saarkohle eine Steuer von 10 Proz., während französische Kohle nur einer Umsatzsteuer von 2 Proz. unterliegt, und erhöhte die Eiscnbahntarife. So konnte man verhindern, daß die Saar- koble im wesentlichen Umfange den französischen Markt be- drängte. Dafür mußte man sich nach anderen Absatzmärkten umbin mit dem Erfolg, daß Deutschland heut« wieder 20 Proz. der Saarkohl« kaust, während Frankreich , das vorgibt, sie nicht entbehren zu können, nur 35 Proz. der Förderung abnimmt. Ein« merkwürdig« Ironie der Tatsachen: Die kommerziellen Ströme bahnen sich ihren Wez trotz oller Verträge, und dies« Kohl«, die man un» gab, um die Förderung unserer zerstörten Bergwerke zu ersetzen, liefern mir selbst an die deutsch « Industrie — zu herabgesetzten Preisen— zurück! Durch ihren niedrigen Preis wurde die Ruhrkohle«ine schwere Konkurrenz für die Engländer, die jetzt in Spa forderten, Frankreich müsie die Reparationskohle mit dem englischen Preis bezahlen. Lriand, der zu Zugestand- nissen bereit war, wurde gestürzt. Die Engländer sahen sich gezwungen, ihrerseits die Preise für Lieferungen an Frank reich herabzusetzen, die Deutschen erhöhten ihre Kohlenpreise und so schied die Reparationskohl« in Frankreich als Ver- billigungskohle aus. Englische Kohle drang in er- höhtem Umfange in Frankreich ein. Die Arbeitslosigkeit in der französischen Kohlenindustrie griff um sich und zwang zu Stillegung« n von Bergwerken in dem angeblich so kohlenarmen Fvairtreich. Damit hätte das Kohlenproblem eigentlich erledigt fein sollen. Dos war aber längst nicht der ,Fall. Denn ein andere, Problem, über das man sich bei der Abtrennung Elsaß-Lathringens und bei der Besetzung des Saargebietes lächelnd hinweggesetzt hatte, trat jetzt in den Bordergrund. Frankreich hatte Kohle, aber keinen Koks, besonders nicht für die mit der Annexion erworbenen ehemals deutschen Hütten. Es hatte nicht verstanden,«ine große chemisch« In- dustrie zur Verwertung der Rebenprodukte der Kohlen- destillation zu organisieren. Infolgedessen ist inländischer Koks in Frankreich teurer als ausländischer. Jetzt machte also Frankreich in verstärttem Maße seine Fordmmgen nach deutschem Koks geltend und beraubt« die deutsche Eisenindustrie dieses dringend benötigten Rohstoffes. indem man den Anteil von Koks an den Reparationslieferun- gen aon 375 000 bis auf 820 000 Tonnen monatlich, dazu noch 100 000 Tonnen Kleinkoks, heraufschraubte. Und immer wieder fordern die französischen Hüttenbesttzer die Lieferung von Koks. Die verzweifelten Bemühungen der deutschen Regierung. dem Kohlendiktat zu entgehen, sind zu bekannt, als daß sie noch einer Darstellung bedürften. Immer noch spielt man in Frankreich mit einer gewaltsamen Lösung, sei es, indem man das Ruhrgebiet besetzen, oder auf die deutsche Industrie einen Druck ausüben will. Rur eine Gruppe versucht, durch direkte private Abmachungen mit der i deutschen Schwerindustrie den deutschen Koks mm
Die Weöekinöjcbe Simfon-Tragööie. Bon Max Hochbor f. Das biblische Buch, da» den vor grouen Jahren durch Weiber» tollhcit betrogenen Etrindbergschen Simson besingt, wird durch Wedekinds Spitzfindig Vit erNart. Worum sind all« Riesen be» Weltenmydho», Polyphem und As«, Oollath und selbst der Ribs- lungenheld Siegsried entsetzlich dlvoe Jungen? Warum sind alle Zwerge des Wellemmithos, der krüpplig« Bult«, und all« Berg- geister und Heinzeömnnlein ungeheuer verschlagen« Burschen? E» scheint, baß die mythischen Satiriker in den Jahrhunderten sich an der Unzulängkichteit der G»tt«»schöpfung rächten, indem sie dem Muskelmann Mut itjnt Menschen» erstand, den zu kurz geratenen Gnomen aber SchfangenNngheit ertdichfrten. In»besonder« dieser tölpische, verliebte Athlet rnro Richter in Israel . Weser nur durch Langhaarigkeit stegreiche Streiter für Jehovo Simson ist der vertrauensseligste, großmävtinste DärentSter und Weiberlnacht. Er ist eigentlich gar fern tragischer Held, weil er viel zu dumm und zu blind m die Netz? der buhlenden P Hivsterin DalSa hineinstolpert. In seiner gemütlichen, wekbergierigen. mit dem sengenden Blut und der eisernen Faust strotzenden Sinnlichkeit sit«r höchsten, ein Un- glücksrnbe, wie str der Strindberg unserer Tag« entlarvt. Er hastet nur heftig an der strotzenden Körperlichkeit. Er empfängt erst ein geistiges Gesicht durch Webekind. Denn dieser Sinchon, der seinen Haar- und Muskelschwund be- jammert, entdeckt plötzlich, daß auch ein Gehirn mit« sein« bint«» listig geschorenen Schäbekdecke wohnt. Er lernt die Trogödr« de» Menschen begreifen, dem alle» Genie in den Bizeps und in dt« schwankenden Waden rutschte und dessen Knöchel nun plätzlich»«- mürben. D« Athlet wird zum Gaukler und der Gaukler wirb zum pessimistischen PHÄosophm. Eimson-Schapenhauer kann sich nicht mehr in der Arena und»or den Wafbbestien und vor den Philistern oder auch vor den Kurtsianen aufMähen, und da er al» lahmer Hund entlarvt ist. breitet sich die Scham über ihn wie«in Aussatz. Er führt ein trübselige» Na»k«rabendafetn. Er dreht die Korn- mühl« sein« Henker und er verbeckt seine Zerfnirschung und Scham, Indem er sich vor Dallla, die sein« Schwäche erzauberte, als den Ur- menschen anpreist, al» da» doppelgeschlechtliche Menschenwunber, da» zugleich Mutter und Aeugender sein kann, da» die Welt au» sich gebiert und regiert, trotz d« jSmm«lich geketteten Glied«. Und wirklich Dalilo, diese ewige Eva, diese stet» neugeborene Lulu, liebt nur Simson und keinen anderen! Sie mordet Simson, weil sie ihn liebt. So will da« vollkommenst, Weib immer nur den voll- 'ommensten Mann töten, der zugleich d« aufrichtigste Mann sein muh. Dalila kann es aber nicht überwinden, daß Simson auch nur mit d« Erinnerung«in« anderen Schönheit nachwittert, Scham, bie so unendlich ist, daß sie sich in hundert Gestalten zeigt, bei dem Mann. Eifersucht, die so unendlich ist. bei dies« Dalila. Wede- kind» SImson-Tragöbie«utbe darum auch„Scham und Eifer» i u ch t" genannt. Da« Trauerspiel ist ein schwere» und dickflüssiges Sinngedicht. «s denkt dir«sten Gefühl« der Heid« Geschlecht« durch. Den Weib
den französischen Erzen zusammenzubrin- gen. Es scheint, daß diese Bestrebungen neuerdings Fort» schritte machen. Immerhin ist ihr Ausgang noch sehr ungewiß: man sollte eigentlich nicht daran zweifeln, daß der selbst in französischer Beleuchtung offenkundige Widersinn des Kohlendiktates zum Nutzen beider Völker endlich beseitigt wird und einer positiven Wiederaufbaupolitik Platz macht. Biel - leicht ist die Kohlenklausel des Privatgeschäftes der Herren Stinnes und Lubersac ein erster, zaghafter Anfang dazu.
Wilhelm als Memoirenschreiber. Seit einigen Tagen wird die Welt mit Bruchstücken aus den„Erinnerungen" des jetzigen Schloßherrn von D o o r n unterhalten, die demnächst als Buch erscheinen sollen, der Valuta halber schon vorher an das Ausland verhökert worden sind. Was bisher aus dem mit allen Mitteln der Sen- sationsmache angekündigten Buche des verflossenen Himmels- instrunWites veröffentlicht wurde, ist allerdings nichts weiter als ein erhabenes Gemisch von Rührseligkeit und Langerweile. Der Mann, der einstmals die Welt durch seine schnarrenden Reden in Aufregung zu versetzen vermochte, zeigt sich als Schriftsteller auf der Hohe eines Kleinbürgers. Nicht nur als Schriftsteller. Auch soweit politische Urteile unterfließen, bewegen sie sich durchaus auf dem Niveau eines „Lokal-Anzeiger"-Lesers. Wilhelm fühlt das Bedürfnis, noch nachträglich seinen Konflikt mit Bismarck vor der Welt zu rechtfersigen. Breit und umständlich erzählt er, wie er vor„Dankbarkeit und Verehrung für den großen Kanzler" überfloß, daß er der„Generation der Bismarck-Berehrer" angehört habe und glücklich gewesen ist, unter Bismarck als Prinz im Auswärtigen Amt , wie er sagt,„arbeiten" zu können. Wie damals allerdings auswärtige Politik im Auswärtigen Amt gemacht wurde, darüber entfährt dem Schloßherrn von Doorn folgendes amüsante Geständnis: Im Auswärtigen Amt ... befanden sich nur aus- führende Organe eine» Willens, die, über die großen Zu- fammenhänge der ihnen zur Bearbeitung überwiesenen Fragen nicht orientiert, keine selbständige Mitarbeit leisten tonnten. Der Fürst lag«t« wie«in mächtiger Granitfindling auf der Wiese: wälzt man ihn fort, so findet man hemptsächllch Gewürm und ob- gestsrbene Wurzeln darunt«.... Als Wilhelm Kaiser wurde, wollte er natürlich weder zum Gewürm noch zu den abgestorbenen Wurzeln gehören. Er hat den„Granitfindling" alsbald entfernt, um seine eigenen „überragenden" Ideen von hoher Politik zur Geltung bringen zu können. Es wirkt geradezu erschütternd, mit welcher Raioi- tat der einst so anspruchsvolle Mann die Lobsprüche regi- striert, die ihm von ander« Seite ausgesprochen wurden. Im Jahre 1890 nahm er an den russischen Manövern in Rarwa teil, wie er sagt, um den„Befehl seines Großvaters auszu- führen, der ihm die Pflege der Beziehungen zu Rußland ans Herz gelgt hatte. Dabei ließ sich der Zar Alexander III. von seinem jungen deutschen Kollegen genau Bericht erstatten über den Konflikt mit Bismarck . Nach- dem er ihn ausgehorcht, drückte er ihm biedermännisch die Hand und versicherte ihm: „Der Fürst war trotz all sein« Größe schllehlich doch nicht, andere, als Dein Veamt« od« Beauftragter. In dem Augenblick, wo« sich weigerte, nach Deinen Befehlen zu handeln, mußte er entlassen werden.... Ich habe Vertrauen zu Dir. Du kannst Dich auf mich verlassen." Man kann sich denken, wie solcher Lobspruch aus dem Munde des Selbstherrschers aller Reußen dem eitlen Selbst- Herrscher aller Preußen wohltat. Bis in die letzten Jahre seiner unheilvollen Regierungstätigkeit hat er ja die Liebe- dienere! gegen den Zarismus fortgesetzt, mit welcher Wirkung ist bekannt. In seinen Erinnerungen sucht er allerdings nicht seine Politik des Herausforderns und der Arroganz, sondern den Berliner Kongreß von 187S für den Weltkrieg verantwort- lich zu machen insosern, als damals Bismarck durch diesen Kongreß den Zaren an der Ausnützung des russischen Sieges über die Türkei gehindert und dadurch den Keim für die R e- vancheidee in Rußland gelegt habe.
ist da» Wesen, da» nie in sein« Herrschsucht, in seiner Begierde und v«gesienh«it«müdet, den Mann als alleiniges Eigentum zu be- fitzen. Die Gesiebte ist eifersüchtig auf da» Heldentum des Mannes, «eil es ihre Lust an d« Liebkosung schmälert. Di« Mutt« ist«ifer- süchtig, wenn ihr Säugling zu laufen anfängt, denn schon muß sie fürchten, da« sieblich saugende Spielzeug werd« durch einstige Flucht die Freude ihre» ti«ischen Wohlseins vermindern. Der Mann er- rötet immer mied« und er windet sich in Leideskrämpfen, weil dieses wundervolle, in sein« Sehnsucht nach weichem Leben ihm feind- kiche und hinderlich« Wesen seinem metaphysischen Drang tagtäglich, allnächtlich Dämme entgegensetzt und Fangstricke legt. Wenn d« Philist«fiirst Og von Basan Dalila zur Königin«hebt, sie dann ob« hinrichtet, so tut er eigentlich nur, was Simsons leidenschast- sich« Wille gewesen ist. Er röcht die beleidigte Scham de» Mannes an d« schamlos ausschweifenden Eifersucht des Weibes. Da» ist der Kern d« Wedeklndschen Simfon-Tragödte. R i ch a r d R e v y, der Regisseur desDeutschenTheater». »«sucht da« abstrakte Spiel durch eine tropisch wuchernde Sinn- fälligteit«inzufärben. Di« Bühne wirb exotisch überladen. Das Gold strotzt an dem gesunden Simson. Dalila entkleidet sich bis zum äußersten. Da« Blutgelage des Philisterkönig», üb« da» Simsons letzte Kraft die Palastquadern stürzt, wird Orgie d« Bewegungen und d« gedudelten und gekreischten Musik. Das Auge«quickt sich an d« Gsiedcrkühnheit d« Dalila, die Agnes Straub spielt. Heinrich George , der Simson, ist eine sprühende, metallisch« Muskulatur, dl« mit erdbebender Kraft zerbirst. Ferdinand H a r d t, d« dem Philisterfürsten Og den Leib gibt, wandelt sich zum »ratlsipsten Werwolf. Allen Künstlern gesingt da» Aeußerliche, das UnimnNsche. Ab« dl« Dichtung ist in dunkle Gedanken eingetaucht. Nenn dies« Reichtum kund werden loll, diese gewundene Spitz- findigkeit, diese auß«l>rdentlich gedrechselte Wedetind-Moral, dieses Geksinge d« Sentenzen, die da» Ienseit» sehr nahe berühren, dann straucheln sie in Unsich«heit. Di« fallchen Akzente in ihrer Rethorik sind mehr al» zahlreich. Man«schrickt üb« diese Achtlosigkeit vor dem Wert, seinem Sinn und seinem Rhythmus. Rur das Bunte leuchtet« auf, doch alle» andere, alles Logische, alles Scharfzüngig«. au» einem heißeren Gemüt zu Holende, blieb aus. Es bleibt im «edachwi, nicht» al» d« fabelhafte opsifche Reiz, und es wird be. klagt, daß dem tt«isch«n erkenntntsvollen Kern d« SImsons-Tragödie nicht nachgeholfen wurde._ Die Russen im Lessing-Theat«. v« Eeinen russischen Truppe. die neulich im Apollo-Thcater spielt«, folgt nun dg« Gastspiel d-s Gesamtensemble» des MoskauerKünstlertheaters unt« Leitung des berühmten Stanislawski, . Da» ange- kündigte Programm deckt sich ungefähr mit den Aufführungen, mit denen die Gesellschaft vor etwa zwei Jahrzehnten bei ihrem«sten Berliner Gastspiel debütierte, und deren wunkvrbar feine Abgetönt- hett in unv«geßlich« Erinnerung geblieben ist. Wieber wird man Tschechowsch« Werke und Gorki«„Nackstastil" zu sehen bekommen. Nur daß, wi« schon das Publikum der Eröffnungsvorstellung zeigte. die Russen jetzt»or Landsleuten zu spielen haben w«d«n, We jeder kleinen Wendung de» Dialoges folgen können. Imm«hin sit zu bedawern, daß noa dem früheren Brauche, bei fremdsprachlichen
Ein Kapitel des Buches ist auch den sozialen Be- strebungen gewidmet. Man ist erstaunt, mit welcher Spießbürgerweisheit der einstige„Landesherr" über soziale Probleme spricht. Etwa so: Der Landesherr muß ab« stets das Gesamtwohl im Auge haben, und deshalb bin ich meinen Weg unbeirrt weitergegangen. Diejenigen Arbeiter andererseits, die blindlings den sozialistischen Führern folgten, haben mir keinen Dank für den ihnen ge- schaffenen Schutz und für meine Arbeit gezollt. Uns trennt d« Wahlspruch der Hohenzollttn:„Suum euigue", d. h.„Jedem dos Seine", aber nicht, wie die Sozialdemokraten wollen: „Allen dasselbe!" Was muß der Mann für eine Borstellung von den Be- strebungen der Sozialdemokratie gehabt haben, die er Zeit seines Lebens bekämpfte und beschimpfte, ohne auch nur den Versuch zu machen, in die Gedankengänge dieser großen gesell- schaftlichen Bewegung einzudringen! Von sich selbst überzeugt wie je, spricht er auch in seinen Erinnerungen immer nur von seiner sozialen Gesetzgebung. Er hatte sicher keine Ahnung davon, daß schon vier Jahre vor seinem Amtsantritt der„Granitfindling" vor dem Reichs- tage erklärt hatte, daß auch das bißchen sozialer Fortschritt. das bis dahin erzielt war, nicht zu verzeichnen gewesen wäre,„wenn wir nicht die Sozialdemokratie hätten und eine große Menge, die sich vor ihr fürchtete". Daß also, um es in anderen Worten zu widerholen, die Tatsache der Existenz der Sozialdemokrattschen Partei erst Anregung und Förderung für die soziale Gesetz- gebung des Staates gegeben hatte. Wilhelm, der schon von Natur an starker Selbstüber- schätzung litt, dem dazu das„Gewürm" dauernd Loblieder auf feine Intelligenz und seine„Herrschertugenden" sang, Wilhelm bildet sich ein. daß e r den Arbeitern Schutz geschaffen habe. Er gleicht darin jener Fliege, die dem schlafenden Menschen auf der Rase saß und sich einredete, sie sei die Beherrscherin der Welt..._ Die Sekte Leöebours. Das Fähnlein Unentwegt«, das sich In Gera um Georg Lede- b o u r geschart hat. teilt in einem Flugblatt mit, daß e» sich zu ein« „Partei " konstituiert hat. um die USPD. auffechtzu«halten. Die langatmige Begründung diese« einstimmig(!) gefaßten Beschlusses int«essi«t um so weniger, als sie nichts enthält, das nicht schon durch die letzten Artikel und Reden Ledebours bekannt geworden ist. Geradezu komisch wirkt aber die Versicherung, daß diese Ledebour- Partei„ganz naturgemäß" spät« da» Kernstück d« allumsasien- den Einigung bilden w«de: Bereinigte Sozialisten und Kommunisten würden sich mit ihr.,u d« großen proletarischen Einhett-partel zusammenschweißen". Es läßt sich nicht leugnen, daß die neue Sekte mit einem schöne» Optimismus ins Leben tritt. Die neu«„Partei " hat sich bereit» pro>i visorisch konstituiert, und zwar mit Ledebour und Th. Lieb- k n e ch t als Vorsitzenden. Der Aufruf ist fern« unterlchrieben von neun zumeist unbekannten Größen, darunt« d« ehemalig« National- Versammlungsabgeordnete für Berlin Gustav L a u k a n t und der Düsseldorfer Gerhard O b u ch, M. d. L. Daß diese beiden.Führ«'� bei Ledebour bleiben, wird wohl in d« D«einigt«n SPD . einen allgemeinen Seufzer d« Erleicht«ung hervorrufen. Ledebour kündigt schließlich für Anfang Oktob« da- Erscheinen ein« Wochenzeitung an. die sich.Klassenkampf" nennt und zu d«en Ehefredakteur« sich ernannt hat. Wir wünschen dem alten Ledebour jedenfalls ein längere, Leben und ein besi«es Gedeihen, als sie seinem Blättchen in dies« Zeit d« schwersten Presienot voraussichtlich beschieden fein werden. Wie wir hören, sind die Stadw«ordneten Dr. Kölitz, Justin Braun und Frau L u n g w i tz aus d« bisherigen USP.-Fraktion ausgeschieden, offenbar um bei Ledebour zu bleiben. Niemand weint ihnen in der BSPD. eine Träne nach.
Die Jlot der presse. Infolge der Yapierverteuerung sieht sich jetzt auch der„Fränkische Kurier'(Nürnberg ) ab t. Oktober ge- zwungen, zum einmaligen Erscheinen Überzugehen._
Darstellungen dem Theaterzettel einen kurzen Abriß d« Handlung beizufügen Abstand genommen wurde, so saß man bei Alerej Tolstoj»„Zar Fedor Iaannow itsch"", einem Schauspiel aus russischer Vergangenheit, vor einem Buch mit sieden Siegeln steht, aus bloßes Schauen und versuch« unbestimmten Ratens angewlesen. was die Personen eigentlich im Schilde führen. Di« Dinge fonnten so und auch ganz anders sich v«halt«n. In den Kostümen und der lllrrsmalung der Hintergründe zeigten sich Tendenzen, möglichste historische Treu« und Prochtentfaltung zu vereinen. Meiningertum, wie man«« früher nannte. Fast laut« Massenszenen. Priest« und Bojaren in kostbarsten Gewändern, Hukdiguingen, bei denen alle» sich vor dem Zaren glatt zu Boden wirst, in Gemach«» von glänzend m«l«isch«n Arabeskenschmuck der Wände. Ein« Heb«. fülle von Gestalten und Impressionen. Indes, was hinter Wesem bunten Schein an Tragik liegen mochte, blieb den Sprachunkundigen verborgen, so vorzüglich H«r Moskwin, der Darsteller de» Zaren, gewisse Züge: weiche Anschmiegsamkeit, zaghaft« Schwanken und zwischendurch will) auffahrenden Jähzorn zum Ausdruck brachte. ät. G«lle»läsi «ung»prozeß. Anfang dies« Jahre» erschienen in deutschvölkischen und klerikalen Zeitungen Zuschriften, die ein Ein» greifen der Staatsanwaltschaft gegen«in Im Ernst-Rowohlt-Berlag, D«lin,«schienenes kleines Buch von Carl Einstein :„Die schlimm« Botschaft" forderten. Diese Brief«, die von einer Zentralstelle ausgingen, Hab?» ihr« Wirkung getan. Gegen Einstein und seinen verleg« wurde bei d« vierter. Straftamm« des Land- g«ichts II ein« Anklage wegen Gotteslästerung erhoben. Es ist die» feit dem Bestehen d« Republik d« erste Gotteslästerungs- prozeß, d« au» ein« literarischen Publikation entstanden ist. Zu der v«handlung, die am 10. Oktober stattfindet, haben Staatsanwalt- schoft und v«teidisunq Zeugen und Sachv«ständige geladen. Die verteidiaung führen Iustizrat Dr. Rosenberger und Rechts- onwalt Wolfgang Heine . Die Szenenfolpe Einsteins, die zu der genannten Denunziation und spätmjin zur Anklage geführt hat, ist nicht für die Bühne bestimmt gewesen. Da» Werk zeigt in zwmv.ig satirische» Szene», wie die heutige Gesellschaft auf die P«son und die Lehre Jesu reagieren würde, wenn sie mit ihr in unmittelbare Berührung käme. Die Angeklagten stehen auf dem Standpunkt, daß es sich nur um eine Satire großstädtischer Sitten handle. Steinkohle au, Spihb«gea. Im Kalser-WilhelmOnftitui für Kohlensorschung hat mrn Untersuchungen über Kohl« aus Spitz- b«ge» angestellt. D« Wert dies« Kohlen schwankt, ist ab« im all- gemeinen ein höh«. Die Karbonkohlen ergaben einen au»ge zeich- neten Koks. Di« im Norden d« Insel befindliche» Flöze liesern Eonnelkohle» mst reiehem Gebast an flüchtig«» Bestonddeilen. Sl« ergebe» Heim Verschwelen 20 Proz. Rohöl. Im Westen und Süden herrscht ein« Easflenun kohle vor, die der englischen Kohl« an Wert nahesteht._ Philharmonie. Am?5. Oktober sinbet ein« Ausführlmq de» Aerbi'chen Requiems unter Leilunq von c?eneralmustkdlreftor Paul Schelnpslug mit dem Philbarmonilchen Orchester und Echeinpflugschen Tbor statt. Solisten: Sliisald» E«tv»tini, Pauline Dobert, Rodert Hütt und Alexander Kitznig,