Erschütterung des englischen Kabinetts beigetragen. Auf das kämpfende Osmanentum hat er nicht den geringsten Eindruck gemacht, auf die Muselmanen des britischen Weltreiches, vor. denen man sagen kann, daß sie Gewehr bei Fuß stehen, mußte er erbittenid wirken Wenn Englands Stellung im Orient etwas retten kann. so liegt das nur auf dem Wege, den auch der größere Teil des englischen Volkes wünscht und auf den Englands Arbeiter mit so großem Emst hinweisen. Der englische Außenminister Eurzon, auf den Lloyd George immer dann zurückgreift. wenn er seine Feldzeichen rückwärts steckt, ist ihn auf der Orientkonferenz, die dieser Tage in Paris ihr Ende fand, gegangen. Für Griechenlands Nationalgefühl mag es schwer sein, wenn das Land der alten Götter nun plötzlich von allen Göttern verlassen wird, für das griechische Volk ist es ein Segen. Nach dem Pariser Beschluß wird die neutürkische Regierung nicht nur über Angora und Anatolien , sondern auch über Konstantinopel und das europäische Hinlerland der Os- manenstadt, Ostthrazien bis zur Maritza mit Einschluß von Adrianopel verfügen können. Ueber die freie Durchfahrt durch die Dardanellen wird dann weiter yuf der Friedenskonferenz, deren Ort und Zeitpunkt noch anzusetzen ist, verhandelt werden müssen. Das ist ein Entgegenkommen, mit dein auch ein Kemal Pascha zufrieden sein kann, das sind Aussichten, auf Grund derer die junge Türkei , so sie den Frieden und nicht den Krieg will, aufbauen kann. Leider bedeuten die Pariser Beschlüsse nicht das Ende der- Wirren. Kemal Pascha, wahrscheinlich beeinflußt von einem gewissen Mißtrauen gegen derartige Konferenzbeschliisse, wünscht Ostthrazien in Besitz zu nehmen, ehe er sich auf Ber- Handlungen einlägt. England, von seinen Sonderwün- schen bezüglich der Dardanellen beeinflußt, kann sich nicht da- zu verstehen, die Dardanellenzone zu räumen. In der Tat läßt das Problem der Freiheit der Dardanellen noch langwierige Käinpfe am grünen Tisch voraussehen, da sich zwar alle Par- teien darüber einig sind, daß die Formel auf„Freiheit" der Dardanellen lauten soll, aber die Meinungen darüber, was unter dieser Freiheit zu verstehen sei und wer ihren Schutz übernehmen soll, auf das lebhafteste auseinandergehen. Und so rufen denn die Geaner, die sich in dieser Frage hauptsächlich gegenüberstehen, England und Kenial, ihre Hilfsvölker herbei. Stände hinter diesem versteckten Kampf nicht die Tragödie eines Krieges, der den ganzen Balkan von neuem zu ent- flammen droht, ständen hinter ibm nicht Komplikationen, die bis an die Tore Oesterreichs ihre Schatten werfen können, man könnte seine Freude an dem Satyrspiel der widerstreitenden Kräfte haben. England leistet sich die Ironie, neben Ingo- slawien(das übrigens bei einem bewaffneten Konflikt auf griechisches und ungarisches Gebiet als Kompensation Anspruch erheben zu wollen scheint) Japan als interessierte Macht aus der Konferenz zu präsentieren. Als Kemals Sekundant tritt reckt energisch Sowjetrußland auf, das so zum ersten- mal wieder die englisch - russische Rivalität in Kleinasien und in Persien offen zur Schau stellt, während Bulgarien mehr bei Seite steht. Vorläufig darf man hoffen, daß das englifch-türkifche Gegenspiel, mögen sich die Streitkräfte auch an den Darda- nellen auf engem Raum gegenüberstehen, am Konferenztisch ausgefochten wird. Allerdings darf man nicht vergessen, daß sich die Wirkungen des Streits bereits auf europäischem Boden bemerkbar machen. Die Revolution in Griechenland mag eine Rachwirkung sein, die hierbei nicht in erster Linie in Betracht kommt. Aber auch in Bulgarien züngeln die Flammen einer revolutionären Erhebung auf, die von natio- nalistischem Kriegswillen genährt werden. Der Osten brennt. Wenn eine friedliche Berständigung in dem einmal gegebenen Rahmen n->>t zu erzielen ist, können sich Weiterungen ergeben, die nicht abzusehen sind. Aufgehobene» Zeiwnzsverbot. Der Staatsgerichtshof hat das Verbot des„Tannaer Anzeigers", das auf drei Wochen lautete, aufgehoben.
Konzert-Umsthau. Don KurtSinger. Prof. Georg Schneevoigt hatte sich im vorigen Jahr bei uns als Beethoven-Jnterpret eingeführt. Der Erfolg war gut, und eine rührige Agentur fetzt 6 Abon.iementskonzerte fest. Dagegen ist nichts zu sagen. Wohl ober dagegen, datz die Agentur sozusagen literarisch ihre Programme verteidigt. Da muß etwas faul sein. Warum fehlt in der Uebersicht über Nach-Beethovensche Musik der ganz große Bruckner? Was sollen unter solchem Gesichtswinkel die Ouvertüren zu Musikdramen? Schönberg, der Svjährig«, wird zu den jüngeren Komponisten gerechnet, und der Schmierer ver- sichert mit Ueberlegenheit, daß Wagner„bekanntermaßen wenig sinfonische Werke hinterließ". Wozu dies alberne Gerede, das aus- sieht wie ein Entschuldigungszettel? S ch n e e v o i g t hat sehr wert- volle alte und ein paar neue Werke auf seine Programme gesetzt und wahrscheinlich gar nicht in der Idee, Uebersichten zu schassen, sondern aus dem elementaren Wunsch heraus, das zu geben, was ihm am meisten Ruhm schafft, was ihm am besten liegt. An diesem handwerklich außerordentlich fähigen, mit einem minutiös arbeiten- den Gedächtnis beschenkten Musiker ist nichts von Umschweifen, nichts von phantastischem Durchglühen der Partituren, wenig selbst von geistigem Hochflug Er reißt mit, weil er ein gesunder Musikant ist, der sich als Zentralorgan der ihn umgebenden Spieler fühlt, einer der ihren, der jede Stimme und jede Bewegung nicht nur kennt, sondern liebend aufspürt. Effektvolle Uebergänge in der Eroica eüden im schwebenden Pianisfimo oder im militärischen Spektakel, ohne die nur von ganz Geistigen erreichte Mittelstufe zu finden, zu suchen Der bodenständige Mann ist kein Poet der Deklamation, sondern eher ein lebensfroher Philologe, der es sich(im Anfang der III.„Leonore") auch einmal leistet, Tempi ungewöhnlich ein- zuschlagen und Proportionen des Baues zu verschieben. Tut nichts. Der gesunde Sinn und das kräftvolle Ungebändigtsein Schneevoigts löst auch gesunde und kräftige Stimmungen in uns aus. Er ist uns «in hochwillkommener Gast. Dos gilt auch von Volkmar Andreae , dem besten der leben- den Schweizer Komponisten. Seine kleine Orchestersuite und manches Kommcnuusikwerk zeigen sein Derwachsensein mit deutscher Kunst. Wie denn auch sein ganzes Jugendleben, sein ganzes Lernen erfüllt ward aus deutschem Boden. Und unvergessen bleibt, daß der ein- flußreich« Mann als Erster Bachs Mathäus-Passion in Italien auf- führte. Em herrischer Zug ist ihm beim Dirigieren eigen, eine rücksichtslose Temperamentsentladung mit den Gebärden des eigen- willigen Knaben. Straff die Figur, auf scharfe Kontur gestellt der musikalische Blick. Alles gerät in Blendlicht, Sentimentalität und Grazie scheinen ihm zuwider, das Handgelenk biegt sich kaum, und der Arn, verrät in heftigem Zupacken starken Willen. Weder die langweilige Liebesszene noch der köstliche Spuk der Traumfee Mab (in B e r l i o z'„Romeo und Juli a") erhalten allen möglichen Glanz, alle erdenkbare Delikatesse. In der zweiten„Leonore" wird der siMhafte Zug de» Stabes Spmbol eines swachtvollen Aufbaues. und ri>hn-lich?r rhythmischer Strassheit, und auch das große Tamtam des Capuletfestes meistert eine wissende, eine bestimmt führende Hand. Der Beifall gilt dem guten Deussch-Schweizer, dem wer-
Wilhelm macht sich... Der frühere österreichische Kronprinz Rudolf , der im Jahre 1889 freiwillig aus dem Leben schied, hat Briefe an einen Freund geschrieben, die jetzt veröffentlicht werden. Sie ent- halten begreiflicherweise manches, was nebensächlich ist, aber uitbegreiflicherweise ganz unprinzliche Offenherzigkeiten über alle möglichen politischen Dinge. Besonders interessant ist das Urteil dieses Habsburgers über seinen„Freund" Wilhelm II. , über den er am 24. August 1888 mit prophetischem Blicke urteilt: Wilhelm II. macht sich. Cr dürfte bald eine große Konfusion im alten Europa anrichten. Er ist ganz der Mann dazu... energisch und eigensinnig... sich selbst für das größte Genie haltend. Was will man mehr? Er dürfte im Laufe weniger Jahre das hohen- zollerifche Deutschland auf den Standpunkt bringen, den es verdient. Rudolf von Habsburg hat ja nicht mehr erlebt, was er hier voraussagte. Aber wir haben es zu eigenem Graus leider genugsam erfahren müssen. Der Briefschreiber war nach dem Erstgeburtsrecht der dynastischen Epoche berufen, einmal als Kaiser von Oesterreich- Ungarn handelnd in die Geschicke der Nationen einzugreifen. Die Langlebigkeit des alten Franz Josef hinderte ihn und noch manchen anderen daran. Aber was man von ihm, den Wil - Helm als einen Bewunderer seiner Person und für einen „Freund" ansah, hätte erwarten können, geht aus einem Brief vom November 1882 hervor, in dem der Kronprinz Frankreich als die Quelle aller liberalen Ideen und Institutionen auf dem Kontinent preist und dann fortfährt: Was ist Deutschland dagegen? Nichts als eins enorm erweiterte preußische Soldateska, ein purer Militärstaat, was es früher war, nur noch vergrößert. Was hat das Jahr 1870 Deutsch - land genützt? Zu den kleinen Königen und Fürsten haben sie noch einen Kaiser dazubekommen. Eine viel größere Armee müssen sie zahlen, und ein von Soldaten, Polizei und strammem Beamtentum erhaltener und gedrückter Reichs- und Einheitsgedanke schwebt auf den Flügeln eines anbefohlenen und anerzogenen Patriotismus an den Spitzen der Bajonette. Der Mann sah die Zustände im Deutschland seiner Zeit ganz klar. Ueberflüssig zu sagen, daß er dem Werben des Fürsten Bismarck um die österreichische Waffenhilfe gegen Rußland nur mit äußerster Besorgnis gegenüberstand.
Grosiwahltag in Deutsib-Gberschlesien. Eine Verordnung des Reichspräsidenten vom 23. Sep- tember bestimmt, daß die Wahlen zum Reichstag in Ober- schlesien am 19. November stattfinden. Mit der Reichstags- wähl werden nach Anordnung des preußischen Staats- Ministeriums die Wahlen zum Preußischen Landtag und zum Provinziallandtag Oberschlesiens verbunden.
Die Getrei�epreisfrage. Das Reichsministerium beschäftigte sich am gestrigen Mitt- woch mit der Frage einer Erhöhung der Preise für das erste Drittel des U m l a g e g e t r e i d e s. Es fand eine eingehende Aussprache statt. Die Beschlußfassung wurde bis Anfang .nächster Woche vertagt. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion tritt am Man- tag, vormittags 10 Uhr, gemeinsam mit der bisherigen USP.» Fraktion zur Beratung der Getreideumlage und der Bestre- Hungen, weitgehende Preisänderungen für das Umlagegetrside vorzunehmen, zusammen. Zwangsarbeit für üie Wucherer! Leulhen. 27. September. (DA.) Die vberschlesische Preisprüfungsstelle hat folgendes Telegramm an die Reichsregierung ge- richtet:„Die vberschlesische Preisprüfungsstelle Beuthen ersucht die Reichsregierung um Ergreifung energischer Maßnahmen gegen die Wucherer. Die bisherigen gesetzlichen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die Verbrecher zu bekämpfen bzw. auszurotten.
gischen Musikanten, dem Freund von Ordnung und Strenge in der Zeichnung. Von den gut Bekannten in des Ruhmes Höhe zu den Un- bekannten im Tiefland. Schlechte Ernte. Von Drczewieski war allerdings nur noch ein hitziger Nachklang Chopinscher Musik zu erhaschen. Sein Griff ist gut, und er hat die Laune des Vir- tuosen. Bei Kläre K ö h n l e i n ist es öd und leer. Der„Deussche Kulturbund", der für das Konzert verantwortlich zeichnet, scheint klein im Verhältnis zu dem großen Namen und gar zu dem großen Zweck, den er erstrebt. Kultur ist gerade, was der Spielerin fehlt, und sie setzt leider dafür auch keine noch so fehlerhafte Persönlichkeit ein. Konservatoriumsgröße zweiten Ranges, in der Schattenhaftig- keit des Tons und der Unkorrektheit des Trillers noch ein« An- fängerin, sonst technisch(in Brahms op. 5) versiert und von be- scheidenen Manieren. Auch das ist viel wert. Wäre Herr Edgar Cleve nur ein klein wenig belastet mit dem Geist der Bescheiden- heit, er würde uns entweder als Dichter, oder als Komponist oder als Begleiter erspart geblieben sein. Es ist nur deshalb schwer, keine Satire zu schreiben, weil Künstler vom Format der Binder- nagel und A r m st e r s sich für diese holde Goldschnittlyrit her- aeben. In einem, in zwei sangbaren Liedern läßt man sich diese stereotype Gebrochenheit der Akkorde, diese harmonische Gleichför- migkeit, dieses träge Vorwürtsschieben der Begleitung, diese Schuster- fleckenakrobattk gefallen. Dann packt uns die Empörung. Aus Cleves Dichtungen nur zwei Doppelverse:„In Ewigkeit die Engel schreiten zur Seite den, die in Liebe gelm': und:„Geliebte, in deinen Armen sanft und fein, träum' ich selig ins Elysium hinein!" Es muß auch solche— Poeten geben. Und nur die eine Hoffnung bleibt, daß bei den beifallsfreudigen Hörern, wie es in einem der vertonten Gedichte heißt,„trotz Kranz und Kerzenschein alles wird vergessen..._
Das Wettrennen um Wilhelms ZNemoiren. Die ersten Derhand- lungen über die Erwerbung des Verlagsrechts an den Denkwürdig- leiten Wilhelms II. vollzogen sich unter dem undurchdringlichen Schleier eines Geheimnisses. Der amerikanische Verleger, der schließlich als Siege? aus dem Wettbewerb hervorging, erhielt ein- fach eines Tages die Aufforderung, nach Europa zu kommen, um hier„ein Geschäft von überragender Wichtigkeit abzuschließen. Vergebens fragte der Verleger zurück, um was es sich denn handle, und als er darauf die Mitteilung erhielt, um die Herausgabe„eines Werkes von welthistorischem Interesse", erkundigte er sich nicht minder vergeblich nach dem Namen des Verfassers. Man begnügte sich nochmals, an ihn die Aufforderung zu richten, sich sofort einzu- schiffen und den Betrag von 1 Million Dollar auf die Reise mitzunehmen. B r a i n a r d, der Leiter des journalistischen Syndikots Mac j Elure und des Dcrlagshauscs Harpers, lächelte zwar skeptisch über die geschäftswidrige Form des Angebots, machte sich aber nichts- destoweniger sofort auf die Reis« und suchte in Leipzig den. Ber- leger Köhler auf, der im Namen des Verfassers des betreffenden Werkes mit der Vergebung des Urbebcrrechts betraut war. Brai- nard erklärte sich bereit, auf der Stelle ein Viertel der fabelhaften Summ«, die man telegraphisch gefordert hatte, zu erlegen: Köhler aber wollt« sich die Hände freihalten und fand sich nur bereit, Brai-
Wir bitten, daß man die Kettenhändlcr, Prcirtrciber, Worenzurück- halter und Wucherer mit hohen Geldstrafen belegt, daß das Ver- mögen dieser Leute sowie deren Waren beschlagnahmt und ihnen das Gewerbe entzogen wird, ferner in schweren Fällen außer den erwähnten Geldstrafen eine ein- bis fünfjährige Zwangs- arbeit im Bergbau bei täglich 7�stündiger Arbeitszeit und Stellung unter Polizeiaufsicht anzuordnen. Auch bitten wir um Aburteilung dieser Verbrecher in kürzester Zeit. Sollte wider Erwarten gegen diese Gesellschaft nichts geschehen, so l>e- halten wir uns vor, unsere Tätigkeit in der Prcisprüfunasstelle e i n � zustellen."
«.Gberletttnant v. Sreüow". Tie Geschichte einer Spionage-Kompagnie. In der„Weltbühne" erzählt Lothar E. Schücking«ine sehr intsr- essante Geschichte über den magischen Einfluß eines märkischen Adelsmannes während des Weltkrieges: Im Herbst ISIS war Wilna erobert worden. Im Frühjahr 1 S 1 K standen, wenn der Zug au» Berlin in Wilna ankam, dort regelmäßig deussche Landwehrleute auf dem Bahnsteig und riefen in den angekommenen Militärzug hinein:„Alles, was aus dem Laza- rett kommt, zur Sammelk-ompagnie von Bredow!" Dos ließen die geheilten lozarettkranken Krieger sich nicht zweimal sagen. Bei einer Sammelkompagnie in Wilna sein, hieß: Aussicht auf frisches Schweinefleisch haben. Teestuben mit Weiberbedienung, kurz, alle Herrlichkeiten der Etappe. Jeden Abend wurde deshalb ein kleines Häuflein Infanteristen— für Artilleristen galt es nicht— zur Sam- melkompazme von Bredow transportiert, die in einer Vorstadt in der Nähe einiger Landsturmkompagnien in Massen quartieren lag. Ein besonderer Kompagniezahlmeistcr löhnte sie mit Geld, das er. so- viel ich weiß, bci einer Banlstelle abhob. Der Oberleutnant Fritz v. Bredow oder der Herr, der sich so nannte, vermehrte viel im Offizierkasino, vor allem mit den ihm befreundeten Landsturmoffizieren, die ihm auch ihre Musik liehen, w-enn er morgens tadellos beritten an der Spitze seiner Kompagnie zu einer Feiddienstllbung in der Umgegend von Wilna auszurücken pflegte. Am Wachtdienst beteiligte sich die Kompagnie nicht, obwohl sie schließlich über hundert Mann stark war. Wer sie nahm merkwürdigerweise keine Unterofsiziere. Nochmittaas war Unterricht, den Fritz v. Bredow selber erteilte. Dann mußten die braven Musketiere auf der Schiefertafel die Stel- lung ihrer Kompagnie ausmalen, ihre Stabsquartiere, ihre Artillerie- ftellunqen, ihre Depots und Zufuhrweg«, ihre Referoestellungen, kurz: Alles, was ein Mann im Graben wußte und wissen konnte. Run war Wilnv Hauptetappenort für die Armeegruppe Cor- lowitz. und wenn ich nicht irre, auch für die Armeegruppe Hintier, also eine ganze Anzahl von Divisionen und die über hundert Mann der Etappensammelkompagnie mußten besser als Hindenburg Be- scheid über ein« Front oon Hunderten von Kilomatern. Länger als zwei Monat« zog der Oberleutnant Fritz v. Bredow mtt diesen Mann- schaften hinter der Musik des Landsturms durch die Straßen der litauischen Hanpsstodt: da arretierte die Feldpolizei plötzlich einige Leute der geheimnisvollen Sammelkompagnie, die fett langem rmgen Fahnenflucht von der Gerichtsbarkeit ihres Trupventeils verfolgt wurden. Dam vernehmenden Kriegsgerichtsrat der Etappe in Wilna erklärten die Festgenommenen, daß sie bei der Samm-elkompagnie von Bredow ordnungsgemäß Dienst täten, und nun erit stellte die Kommandantur zu chrem Erschrecken fest, daß eine Samnielkomoaqrtie M-r nicht existiere. Der Versuch, den Oberleutnant Fritz v. Bredow zu verhaften, mißtona. und die staunenden Militärbehörden Wilna » muhten fessstellen, daß die Russen am Sitze der 10. deutschen Armee, am Sitze einer Etappen-Inspektion. im Hauptquartier eines Sohnes des deutschen Kaisers eine Formation aufgestellt hatten, die aus dousschen Truppen bestand und allein der russischen Spionage diente. Einige unglückliche Landsturm-Offiziere sollen schwer bestraft worden sein, weil sie mit dem geheimnisvollen Oberleutnant v. Bredow verkehrt und ihm fahrlässigerweis« seine Spionage erleichtert hatten. Im übrigen schwieg man die Sache möglich si tot, die doch so ungeheuer bezeichnend war dafür, was mit einem Welsnamen, auch wenn er falsch war, in dieser Armee braver deusscher Männer angerichtet werden tonnt«.
Tschechoslowakische„Ccvllen". Sechs oppositionelle Mitglieder der Exekutive der tschechoslowakischen kommunistischen Partei, die sich gegen Dr. Schmeral und die Parteileitung in einem Flug- blatte gewendet hatten, wurden wegen Verletzung der Parteidiszi- plin ausgeschlossen.
nard ein Vorkaufsrecht einzuräumen, mit der Bedingung, daß der Verkauf erst perfekt werde, wenn in drei Wochen von der Kon- kurrenz nicht eine höhere Summe geboten würde. Bei dieser Kon- kurrenz handelte es sich um das Derlagshaus Hearst, dessen Ver- tteter sich mit einem wohlgespickten Portefeuille ebenfalls bereits auf der Reis« nach Europa befand. Diesen Herrn hatte aber dio Seereise so mitgenommen, daß er beschloß, sich in Paris erst ein- mal für ein paar Stunden von den Strapazen der Resse zu er- holen. Er unterließ es auch am nächsten Tage, die versäumte Zeit dadurch nachzuholen, daß er sich etwa eines Flugzeuges bediente, um schnellmöglichst an die Stätte zu gelangen, die das Wunderwerk hohenzollernscher Geistesarbeit barg. Als er eintraf, war die ge- setzte Frist gerade abgelaufen: Broinard blieb Sieger im Wettrennen und Wilhelm quält seitdem die bange Frage: ob jener nicht am Ende noch ein paar Millionen mehr geboten hätte. Eine russische Dolksuniversilät soss— wie aus Moskau gemeldet wird— in Berlin gegründet werden. Berlin sei„das größte russische Zentrum der Welt außerhalb Rußlands ", die deutschen Uni- versitäten aber entsprächen nicht den Interessen und Wünschen der in Berlin wohnenden Russen. Die russische Kultur brauche eine be- sondere Pflanzstätte, die das Feuer des russischen Volksgenies schüre, damit die russischen Einwohner Verlins den Zusammenhang mit der großen Mutter nicht verlieren. Reinhardts Pariser Gaslreise. Genier, der Direktor des Pa- rifer Odeon-Theaters teilte einem Vertreter der Europapresse folgen- des über stine Unterredung mit Max Reinhardt mit:„Mein Zweck ist, dem Pariser Publikum auf unserer Bühne einiges von dem vorzuführen, was moderne Theaterkunst heute im Auslände leistet. Ueberall bewegt sich das geistige Leben der Modemen auf gleichen Bahnen gleichen Zielen zu. Es überragt all« nationalistischen Be- grenzungsversuche. Wir Künstler haben ebenso wie die Wissenschaft- ler die Pflicht, dem Publikum das klar zu machen, und dadurch' unseren Teil zum Friedenswert beizutragen. Daher habe ich Herrn Reinhardt eingeladen, und Kaube ihm die Versicherung geben ZU können, daß man im Odeon ihm ebensoviel Interesse und Sympathie entgegenbringen wird, wie man dies Professor Einstein im College de Franc« zuteil werden ließ. Ich habe Professor Reinhardt die Wahl gelassen zwischen Schillers„W a l l e n st e i n" und„Jeder- mann", beides charakteristisch deutsche Stücke. Es ist aber. darüber noch nicht entschieden worden. Eine gleichartige Einladung wie an Herrn Reinhardt habe ich übrigens an Herm Stanislawski in Mos- kau geschickt." Reinhardt wird übrigens im Odeon eine bedeutende Hissskrast vorfinden: W a l t e r F ü r st, den früheren Dekorateur der W i e n e r Volksbühne, der die dekorative Ausstattung des Odeon leitet und dessen Kunst stark durch Reinhardt beeinflußt worden ist. vensschlands Ackerbaulläche. Welche Bedeutung der deutsche Staat, den man doch seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu den Industriestaaten rechnen muß, immer noch als landwirtschaftlich produzierendes Land hat, geht daraus hervor, daß fast die Hälfte des deutschen Bodens Ackerbaufläckn; ist, nämlich 48,1 Pro;. I.i einzelnen Teilen des Landes ist die Prozentziffer noch höher: z. V. l-e» trögt sie in An lall 59,6 Proz.. in Mecklcnburq-Schwccin 51,5 Vro;, i».Sachsen 56,3 Proz� in Preußen 50,4 Proz. Andere Länder