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Nr.462+ 39.Jahrgang Ausgabe A nr. 227

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-295

und 2506-2507

Sonnabend, den 30. September 1922

Beschlüsse der Gewerkschaften.

Der Ausschuß des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts­ bundes   faßte in seiner Sigung vom 29. September folgende Entschließungen:

1. Zur wirtschaftlichen Lage.

Der Ausschuß des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes  

billigt bie vom Bundesvorstand in Gemeinschaft mit den anderen Spigenorganisationen unternommenen Schritte zur Bekämpfung der Teuerung und des Buchers. Er weist erneut die Regierung und die Barlamente des Reiches und der Länder auf bie pöllige Un­haltbarkeit der Lage hin, in welche die Masse der Bevölkerung

durch die ungeheuren Preissteigerungen auf allen Gebieten ge fommen ist. Er erwartet von den Regierungen und den politischen Parteien, daß sie mit Ernst und Eile alle erforderlichen Maß als Mahner und Dränger unausgesetzt für die Durchführung Ausschuß insbesondere an seine Entschließung vom August 1921,

nahmen treffen und beauftragt den Bundesvorstand, auch weiterhin

der gewerkschaftlichen Vorschläge zu wirken. Hierbei erinnert der die eine

Alenderung der Wirtschaftspolifit in der Richtung zur Gemeinwirtschaft

forderte. Es ist eine Wirtschaftsorganisation herbeizuführen, die der tapitalistischen Ausbeutung durch Privatmonopole ein Ende macht und den wahren 3wed einer organisierten Wirtschaft, die Dedung des Bedarfs der Gesamtbevölkerung, zur Erfüllung bringt.

Der Ausschuß verkennt jedoch nicht, daß die Hauptursache der wirtschaftlichen Notlage des deutschen   Bolles in dem außenpolitischen Drud liegt. In Uebereinstimmung mit dem Beschluß des engli schen Gewerkschaftstongresses, der mit Freude und Genugtuung boden deutschen Gewerkschaften at wird, fordert deshub ber Ausfußs Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, daß im Intereffe des Wiederaufbaues von Europa   bie

Gewaltpolit gegen Deutschland  

en fich aufgegeben und der Weg zu einem wahren Frieden und zur Berföhnung der Böller eingeschlagen werden möge.

ligenhaften Darstellung

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., GW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag, Sanvregpedition u. Inseraten. Abteilung: Dönhoff 2506-2507

Die Landtagswahl in Sachsen  .

Bon Richard Lipinski  .

Die Auflösung des sächsischen Landtags durch Kommuni­sollen die Arbeiter die Folgerung ziehen, daß an Stelle der Gewert. ften und bürgerliche Parteien und die Notwendigkeit der Neu­schaftsleitungen jetzt die Betriebsräte die Wahrnehmung der Arbeiter- wahl hat im Hinblick auf den Ausgang der Landtagswahlen in interessen in die Hand nehmen müssen. Braunschweig   und die Gemeinde- und Bezirkswahlen in Thü= Demgegenüber stellt der Ausschuß des ADGB  . fest, daß der von ringen Auslassungen über den Ausgang der Landtagswahl in der Kommunistischen Partei geforderte Reichsbetriebsräte- Kongres Sachsen   hervorgerufen, die nur auf mangelnde Kenntnis der lediglich tommunistischen Parteizweden dienen soll. sächsischen Verhältnisse zurückzuführen sind. Es erscheint des= Die Gewerkschaften müssen es aus Selbstachtung und im allgemeinen halb angebracht, die Verhältnisse der letzten Wahl kurz ins Ge­Arbeiterinteresse ablehnen, einer Parole der Kommunistischen dächtnis zurückzurufen. Die Volkskammer, die unmittel­Partei zu folgen. bar nach der Wahl zur Nationalversammlung gewählt wurde, Der Ausschuß verweist auf die Beschlüsse des ersten Reichs- fekte fich aus 57 fozialistischen Abgeordneten und 39 bürger­betriebsrätefongresses und des Leipziger Gewerkschaftskongresses, lichen Abgeordneten zusammen. Dagegen brachte die Land­die das Tätigkeitsgebiet der Betriebsräte und ihr Verhältnis zu tagswahl vom 14. November 1920 einschließlich der kommuni­den Gewerkschaften flarstellen. Wie die Gewerkschaftsleitungen stischen Mandate 49 sozialistische und 47 bürgerliche Abgeord­ftischen Mandate 49 sozialistische und 47 bürgerliche Abgeord­sich ihrer Pflicht und ihrer Berantwortung voll bewußt fird, so nete. Die Landtagswahl wies also eine wesentliche Ber= erwartet der Bundesausschuß auch von den Betriebsräten, hiebung der Mehrheitsverhältnisse auf, eine daß sie die angestrengten Bemühungen der Gewerkschaften im Schwächung der sozialistischen   und eine Stärkung der bürger­Rahmen ihres Aufgabengebiets unterstützen. Wie alle seitlichen Parteien. Die nachstehende Tabelle ergibt die Vergleichs­herigen Versuche der Kommunistischen Partei, den Gewerkschaften differn zwischen den Wahlen zur Boltstammer, zum Reichstag ihren Willen aufzuzmingen, so muß auch der jetzige, mit so vielen und Landtag. unlauteren Mitteln unternommene an dem gefunden Sinn und dem entschlossenen Widerstand der deutschen   Arbeiterschaft zum Scheitern gebracht werden.

Die Kartoffelverforgung.

wird die Kartoffelernte in diesem Jahre etwa 34 Millionen Nach vorsichtigen Schäßungen des Reichsernährungsministeriums Zonnen, d. h. 8 Millionen Zonnen mehr als im Borjahre, betragen. Es würden also für den Kopf der Bevöl ferung mindestens 2 3entner mehr zur Verfügung stehen als im vergangenen Jahre. Schon aus diefer vorläufigen Statiftit iſt er­sichtlich, daß zu Besorgnissen feine Beranlassung vor­liegt, zumal von amtlicher Seite alle Borsichtsmaßregeln für einen zufriedenstellenden Abtransport getroffen find.

Zur Bermeidung von Störungen wird der Bevölkerung emp­

2. Gegen die kommunistischen   Gewerkschaftszerstörer. fohlen, sich beim Auflauf sachverständiger Organisationen, insbe sondere der fachverständigen Genossenschaften, zu bedienen und solche Die Veröffentlichungen der Kommunistischen Partei Auffäufer, die sich nicht im Besitz der Auftaufserlaubnis befinden, in Beitungen, Buschriften und Plakaten überbieten sich in den lehten oder die, trotzdem sie zum Handel zugelassen sind, die Preise in Wochen in Verdächtigungen und Beschimpfungen der Gewerkschafts  - ungemessener Weise steigern, den zuständigen Behörden zwecks Be­leitungen, die alles frühere Maß überschreiten. Jede Auf strafung bzw. Entziehung der Auftaufserlaubnis schleunigst nam. flärung und Richtigstellung von Irrtümern bleibt vergeblich, haft zu machen. und die unsinnigsten Borwürfe werden täglich aufs neue wiederholt mit einer Unwahrhaftigkeit und Bosheit, die teine Grenzen fennt und tiefsten Abscheu erregen muß. Der wirtschaftliche Ausschuß des Reichswirtschaftsrats hat am Diese Methode der kommunistischen   Agitation soll bezweden, 28. September bas Gutachten des Unterausschusses für Landwirt. bas Bertrauen der unter dem schweren Drud der wirtschaftlichen schaft und Ernährung über ben Entwurf einer Berordnung über Notlage leidenden Arbeiterschaft zu den Gewertschafts- den Berkehr mit Zuder im Betriebsjahr 1922/23 mit der Wenderung leitungen zu erschüttern. Deshalb wird letteren tagtäglich nicht bestätigt, daß die auf ben Kopf der Bevölkerung monatlich zu mur die Fähigkeit, sondern überhaupt ber Bille abgestritten, die liefernde Menge von einem Rilo Verbrauchszucker zunächst auf

berechtigten Intereffen der Arbeiterschaft zu wahren. Aus dieser

Die Spannung im Orient.

-

Für stärkere Zuckerlieferungen.

1 Rilogramm erhöht werden soll.

Sowjetrussische Geschäfte.

Boltstammer Reichstag 2. 2. 1919 6.4. 1920 2 866 810 2985 059 2 404 792 80,80%

Wahlberechtigte abgegebene gültige Stimmen 2145 695 Wahlbeteiligung 75,1%

Landtag  14.11.1920

2967 974

2072 339 70,12%

Die abgegebenen Stimmen verteilen sich wie folgt: Boltskammer Reichstag 891 804 581778 350 069 609 462

Sozialdemokratische Partei Unabhängige Soz. Partei. Neufommunisten Stommunisten

.

Sozial. Etimmen zusammen 1241 871

Deutschnationale Volkspartei  . Deutsche   Boltspartei. Demokratische Partei  Sentrumspartei Laufiger Volkspartei Wirtschaftliche Bereinigung. Deutschtozialuitifche Partei.. Bürgerliche Stimmen zus.

Landtag 587 526 286 984

60 111 117 859 1051 980

105 222

1 296 462

Bollstammer Reichstag  

Landtag

306 718 84 615 490 666 21 823

412 832 448 272 218 885 19 562 6 018

484 293

385 810

159 801

22 781

17 724

3 266

903 822 1 108 320 1020 359

Gegenüber der Reichstagswahl wurde die Landtagswahl durch eine sehr wesentliche Berringerung der Wahl­beteiligung gefennzeichnet. Während bei der Reichstags-. wahl 580 267 Wähler von ihrem Wahlrecht feinen Gebrauch machten, stieg die Zahl der Nichtwähler bei der Landtagswahl auf 895 635. Es haben also über 315 000 Wähler bei der Land­tagswahl weniger gewählt als wie bei der Reichstagswahl, und dies waren ausschließlich Arbeiterwähler.. Die zweite aufällige Erscheinung war, daß die Unabhängige Sozialistische Partei einen Berlust von über 325 000 Stim­men zu verzeichnen hatte, daß dagegen aber die Kommunisten und Neukommunisten nur einen Gewinn von 72 000 Wählern zu buchen hatten. Es liegt deshalb der Schluß durchaus nahe, daß das Mehr an Nichtwählern sich aus ehemaligen Wählern Konftantinopel, 29. September.  ( Reuter.) Kemal Pascha Ein fonderbarer Austausch- Vorschlag Sinowjews. der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei zusammensetzt. ertfärt in feiner Antwort auf General Harringtons Telegramm vom Die Rote Fahne  " veröffentlicht ein Schreiben Sinowles Welche Umstände haben den Stimmenverlust verschuldet? Mittwoch, daß seine Truppen nicht weiter vorrüden würden. Er wünsche teine Zwischenfälle und werde die erste Gelegenheit be an die Sentrale der RPD., in dem diese allen Grnstes aufgefordert Es darf erinnert werden, daß auf dem Parteitag der Unab­nugen, um mit General Harrington zufamenenzutreffen. Die Lage wird, der Sozialdemokratischen Partei vorzuschlagen, ben zum Tode hängigen Sozialdemokratischen Partei Ende Oktober 1920 in in Ihanat it unverändert. Die Mehrzahl der türkischen   Kavallerie Perurteilten Sozialrevolutionär Timofiejew gegen Mar Hölz Halle die Partei auf Befehl von Moskaugesprengt ift zugezogen und durch Infanterie erfeht worden. Bisher haben auszutauschen. Wie man sieht, ist die Sowjetregierung außerordent wurde, und daß 3 Wochen nach dieser Sprengung die Land­3ufammenbe nicht stattgefunden. lich gefchäftstüchtig: ben ausländischen Kapitalisten bietet man tagswahlen stattfanden. Die Unabhängige Sozialdemokratische Die Türfen haben die neutrale Zone am Südufer der Wälder und Gruben an, in der Hoffnung, später die offizielle An- Partei ging also mit gesprengter Front in den Wahlkampf, woraus sich der Stimmenrückgang erklären dürfte. Ein anderer Darbanellen fast ganz besetzt, nur in Tschanat fiken Eng- erbennung und Strebite zu erhalten, den ausländischen Sozialisten bemerkbarer Umstand ist, daß der Verlust der linabhängigen Länder, geradezu von den Türfen eingefastelt. Auf Gallipoli werden Menschenteben zum Kauf angetragen. Der politische Ber- weder von der alten Sozialdemokratischen Partei, noch von den stehen englische Schwergeschütze aus Malta  . Die Franzosen urteilte Timofiejew soll gegen den gemeinen Verbrecher Hölz Kommunisten oder Neukommunisten aufgefangen worden ist. und vielleicht auch die Italiener sollen von Konstantinopel   ausgetauscht werden, gegen denselben Hölz, von dem die" Rote Im Gegenteil, dort wo die Kommunistische Partei   selbständig abziehen. Trotz der schwülen Situation erklären englische Fahne" feinerzeit unter dem frischen Eindruck feiner Gewalttaten auftrat und von den Neukommunisten unterstützt wurde, wie wie türkische Diplomaten, man fei von friedlichen Absichten öffentlich abgerüdt war!. beseelt und hoffe, daß es nicht zum Zusammenstoß fomme. im Wahlkreis Chemniß- 3widau, war ein Rückgang ihrer Bir hätten natürlich nichts dagegen, wenn Hölz und feines Wählerftimmen zwischen Reichstag   und Landtag zu verzeich Das Kabinett hat dem General Harrington in Stambul   gleichen von Sowjetružla.id übernommen würden, allerdings unter nen. Es zeigt sich also, daß die Werbekraft der Kommunisten nahegelegt, mit Mustafa Kemal   persönlich zu reden. der Bedingung, daß sie endgültig dort blieben. Die Tfcheka braucht gerade in dem Wahlkreise, wo sie die stärkste Organisation Die Flüchtlingsscharen werden nach Bulgarien   ein- ficherlich noch viele tüchtige Kräfte und die gibt es in den deutschen   hatten, verjagt hatte. Die Neufommunisten erlangten in den gelassen. Zuchthäusern für ihre ehrenwerten Zwede in Hülle und Fülle, beiden anderen Wahlkreisen Leipzig   und Dresden   nur etwas Der französische   Abgeordnete Franklin Bouillon ist ebenso wie es in den russischen Gefängnissen zahllose politische Ber  - über 60 000 Stimmen, obgleich sie den früheren Führer der bereits in Smyrna und in Fühlung mit der Regierung. In urteilte gibt, über deren Haupt das Damoklesschwert der Hinrichtung Unabhängigen, Abgeordneten Geyer sen., als Spizenkandidat Athen   regiert zunächst ein Offizierkomitee; das provisorische schwebt, ähnlich wie im Falle Limofiejew. Aber derartige Trans- auf ihre Liste gesetzt hatten. Revolutionsfomitee fündigt baldige llebernahme der Regie- aftionen fönnen nur zwischen den Regierungen beider Länder Konstantin ist nicht verhaftet; sein Sohn hat vor durchgeführt werden. Bielleicht wendet sich der diplomatische Ber­den Ministern, die offenbar weiter amtieren, als Georg II." treter ter RSFSR. in Berlin  , Herr Krestinsti, nachdem seine ben Königseid geleiftet, und die Stadt war illuminiert. Die Rollegen Tschitscherin   und Krafft dies während ihres ausgedehnten politischen Verhaftungen sind wieder aufgehoben. General Aufenthalts in Deutschland   perfäumt haben, an den Reichsminister Niber foll Oberbefehlshaber werden. Die neue Regierung des Auswärtigen Dr. Birth und unterbreitet der deutschen   Regie vill Thrazien verteidigen. rung offiziell den Vorschlag Sinomjews zugunsten seines Genoffen Mar Hölz.

Konstantin, Frau und Töchter find Donnerstag abend aufgefordert worden, Griechenland   so schnell wie möglich zu verlaffen. Er foll schon vorher Abgesandte nach der Schweis geschickt haben, um sein Bermögen zu retten,

Oder sollte er sich etwa eines derartigen Eingreifens für den ehrlichen Rämpfer der proletarischen Revolution, den Genossen Mar Hölz", wie es in dem Schreiben Einomjews heißt, schämen? 2

Bei einer Neu mah I würde jeht natürlich dieser Wähler­betrug unmöglich sein. Würde bei der Landtagswahl dieselbe Wahlbeteiligung wie bei der Reichstagswahl erreicht worden sein, dann würden, da die Teilungsziffer fich dadurch wesentlich veränderte, die sozialistischen   Mandate im Landtag mit den Rominunisten 52 betragen haben, während auf den bürgerlichen Blod nur 44 Mandate entfallen wären. Die Kommunisten hätten statt 9 nur 4 Mandate erhalten.

Die komunende Landtagswahl findet aber unter ganz anderen Borausjegungen wie 1920 statt. Die sozia­fiftische Regierung Sachfens hat den Beweis erbracht, daß fie