Die Deutschn ationalen und idre Nachläufer in �llen bürgerlichen Rathausfraktionen können geg'N die„M'ß- Wirtschaft" in der Gemeinde den Mund nicht voll genug neh- men. Niemand, der die Dinge kennt, mr.itut ihre Redensarten ernst, aber immer wieder lassen sich die Mittclp.irteien von ihnen ins Sästepptau nehmen. Die Ablehnung der Ge- werbesteuer hat das zur Genüge gezeigt. Sie ist in wirklich- keit eine Niederlage der Demokraten und des Z-ntrums. die morgen oder übermorgen doch für diese Steuer eintreten müssen. Es gibt für sie nur zwei Möglichkeiten: entweder sie beziehen die bequeme Position der Deutlchnationalen>>nd leh- nen mit dem üblichen demagogischen Tamtam jede Vewilli- gung von Mitteln für die Gemeinde ab, weil ihnen die Lei- tung der Gemeinde nicht paßt. Dann kommen sie schließlich auf das nicht sehr erhebende Niveau der Wirtschaftspartei, deren Sprecher den weitsichtigen Grundsasj vertrat„U n- seretwegen kann die ganze Stadt zugrunde g e'h e n l" Oder aber sie anerkennen die Notwendigkeit, die Deckung von Ausgaben für die Gemeinde auch dann zu be- villigen, wenn die Lasten zu einem Teil auch auf die Schul- ern des Bürgertums gelegt werden. � Auf die Dauer werden ie jedenfalls mit der Politik kein Glück haben, die Deckung nur dann zu bewilligen, wenn sie sofort auf die Schultern der Minderbemittelten und der Lohnempfänger gelegt wird. Tin Zurück zu den alten bequemen Zeiten der Vorkriegszeit, wo man in westlichen Vorortgemeinücn sich überlegte, wie man am besten die Steuern auf die Besitzenden niedrig halten 'önnte, gibt es nicht Mehr. Der Kämmerer Dr. K a r d i n g hat das im„8-Uhr-Abendblatt" so überzeugend nachgewiesen, daß sich dem auch die Vertreter der bürgerlichen Parteien nicht mehr werden entziehen können. Mit Demagogie mag man eine Zeitlang Augenblicks- erfolge erringen. Auf die Dauer kann man damit keine Po- litik treiben. Grotztöncnde Parolen von sparsamer Wirtschaft, von vorsichtiger Finanzpolitik, von der Nichtbewilligung von Ausgaben ohne Deckung usw., mögen eine Zeitlang auf schlecht unterrichtete chörer ihre Wirkung haben. Wenn man sie aber selber nicht befolgt, dann kommt der Moment, wo sie gegen einen selbst ausschlagen. Das sollten sich Demo- kraten und Zentrum im Berliner Rathaus einmal gründlich überlegen.___
§o?t mit öer Dolchstoßlegende! Die Schrift des Reichsministers Genossen K ö e r „Konnten wir im Jahre 1918 weiterkämpfen?� ist in einer zweiten stark erweiterten Auflage erschienen.(Verlag fiir Politik und Wirtschaft G. m. b. H.) Das schmale Heft ist um ein knappes Borwort und um ein reichliches Nachwort ergänzt worden. Das Vorwort trägt nochmals eine Anzahl hochinter- essanter statistischer Angaben über die Blockadewirkungen nach, aus deren Fülle wir aufs Geratewohl folgende Stelle heraus- greifen: Unqehemmt wirkte sich die Blockade in den Pflegeanstaltcn für immer sieche Epileptiker usw. aus. Hier zeigte es sich, daß die auf reine Rattonen beschränkte Nahrung die Menschen einfach in den Hungertod sinken ließ. Das Gewicht sank in einigen Anstalten auf unter 30 Kilogramm. Eine Anstalt in Sachsen berichtet, daß die Leute sich täglich über Hunger b: klagten, daß sie Gras, Laub, Ab- fälle aßen und um ihre Kost sist) prügelten. Aus Nordbayern liegt ein Bericht vor, daß in einer dortigen Anstalt die Patienten zur Stillung des Hungergefühls Gras, Biälter, rohe Gemüse und faules Obst verzehrten. Aehnliches Material, das beweist, wie sehr wir 1918 am Ende jeder Kraft waren, enthält die Schrift in Fülle. Aber doch geht ihr Wert über den einer Materialsammlung hinaus. Das Bedeutendste an der Broschüre ist die wuchtige und ver- nichtcnde Abrechnung, die Genosse Köster auf den 69 Seiten des Nachwortes mit dem General Kühl als dem Wortführer der Dolchstoßlegsndisten vornimmt. Wir können ohne lieber- treibung sagen: Mit ähnlicher Vollständigkeit des Wissens und des Materials, in so sachlicher Weise, mit einer so packenden und überzeugenden Darstellung ist die Dolchstoßlegende noch
Das große 6. Konzertumfchau von Kurt Singer . Bon vier Trägern des großen B ist unserer Musik Heil ge- kommen: von Doch, dem Universalgenie musikantischer Sprachen, und von den drei Sinfonikern Beethoven , Brahms , Bruckner. Wie die Welt sich in einer Zufallswoche solchen Geistern gegenüberstellt, wie sie in Monaten und Jahren Wandel an Urteil und Liebe durchmacht, das spricht ebenso für die Kultur eines Volkes, wie etwa(nach be- rühmten, Wort) der Verbrauch von Seife oder der ewige Neudruck Goethescher Werke. Bach: Man hat sich gewöhnt, eine Tokkata, die hermatische Phantasie, eine Jnvention an den Anfang der Programme zu setzen. zu? Einführung, um zu sagen: Sehet her, wir lieben die ernste Kunst. Den Bach der Messen spart man für Kar- und Weihnachts- wache, und das Land der unbekannten Werke eröffnet alle Jahre ein Bach-Fest(jetzt in Breslau ). Nur die Organisten lieben ihren Bach des Sonntags wie des Werktags, ihn, der dem Wunderinstrument Orgel wirklich erst alle Lippen, Kehlen und Seelen geöffnet hat. Und es freut immer, bedeutende Verwalter dieser Kunst anzuhören. Alexander P r e u ß darf zu ihnen zählen, ein Musiker durch und durch, der in der stimmungsvollen alten Marienkirche mit letzter Fertigkeit und innerster Anteilnahme für die Armen seines Bezirks mnsizirt. Sauer meistert das I)-Moll-Konzert Bach-Stradols mit engelhaftem Ton und großem kraftvollen Ausdruck. Sein Bestes, sein ganz Eigenes an Spieleleganz, Fingerkoketterie, Musik- Verliebtheit und virtuoser Größe gibt er im romantischen, im Kinder- land, bei Hummel, Mendels.sohn, Chopin . Da streuen ihm Männer und Frauen Blumen, drücken ihm die Hand, erzwingen Zugaben. Ob das bei Bach-Spielern schon vorgekommen ist? Daß Claudio Ar ran das wohltemperierte Klavier vor Lernenden und ganz ernsten Kennern spielt, muß schon aus erzieherischen Gründen er- wähnt und belobt sein. Beethoven : Es bleibt immer noch höchster Maßstab in der Beurteilung von Dirigiergualltäten, wie einer den Sinfonien Beethovens, die jedes Orchester abgespielt hat, mit seiner Person nahekommt, wie er sie, ohne Sucht nach Apartheit, neu aufbaut, durch Temperament und Mäßigung färbt. Michael Taube gehört zu den sicheren und ordentlichen, nicht zu den überragenden Kavell- meistern. Sehr diskret begleitet er das C-Dur-Konzert, das Mary Jansen im übrigen arg'mißhandelt, ja, nicht einmal technisch be- herrscyt. Der langsame Satz verlor durch Ueberdrehung des Tempos die melodisch« Bindung mit dem Orchester, und die anderen Teile wurden ihres Glanzes beraubt. Nein, Beethoven ist nickt Plevel! Waren hier aber wenigstens ausbildbare Grundlagen für ernstes Musizieren zu entdecken, so fehlten diese bei Ottie C h e w, der ame- rikanischen Geigerin, völlig. Klein und kratzig der Ton, ungelenk der Bogen, halbsicher nur das Zusammengehen mit dem wesentlich tüchtigeren Pianisten Thilo Becker. Eine grundlegende Ver- kennung Beethovens, ein« Ueberfchötzung eigener Begabung, ein Mangel an Begnadung. Zurück zu Rode und Aiotti! Brahms : Jede Woche dreimal das Violinkonzert, an das jetzt besonders gern schwärmerische Frauen geraten(Dubiska, Geyer), und einmal die 1. oder 4. Sinfonie. Seme Hochschätzung ist ebenso-
niemals widerlegt worden. Wie kümmerlich nehmen sich neben der großzügigen Darstellung des Kriegsendes, die Köster ent- wirft, die kleinlichen Mittelchen der Kühl und Genossen aus, die herausgepickten Sätzchen, die entstellten Zitätchen, wüh- rend Köster mit erbarmungsloser Schärfe die e n t s ch e i d e n- denTatsachen an ihren Platz stellt. Wenn man das von Köster zusammengetragene Tatsachenmaterial mit den Argu- menten der Dolchsiaßlegendisten vergleicht, so entsteht unwill- türlich folgendes Bild: Ein Hirsch ist von einer chundemeute zerrissen worden, während ihn gleichzeitig eine Mücke stach. In dem Sinne der Dolchstoßlegendisten wäre es nun, zu be- haupten, daß ohne den Mückenstich der Hirsch den Hunden niemals erlegen wäre. Genosse Köster will nicht anklagen. Er führt die Nieder- läge objektiv zurück auf die feindliche Ueberlegenheit an Men- schen und Material und auf die Wirkungen der vierjährigen Blockade. Aber ungewollt entsteht doch eine große Anklage gegen die Ludendorff und Genossen, die während des Krieges alle psychologischen Faktoren mißachtet haben und denen heute die Dolchstoßlegende nur dazu dient, um den Nimbus der Unfehlbarkeit zu wahren. Es ist schon so: die militärisch geschlagene OHL. Ludendorsfs will nicht zugestehen, daß sie sich hat besiegen lassen. Deshalb wird der Soldat, des- halb wird die Heimat beschimpft, sie hätten nicht genug her- gegeben. Kösters Schrift zerstört die erschwindelte Gloriole des geschlagenen Feldherrn gründlich, unwiderleglich. Das Buch ist mehr als eine Propagandaschrist.. Es wird ein wichtiger Beitrag zur Kriegsgeschichte. Wir möchten wünschen, daß die Köstersche Schrift— gerade auch wegen der leidenschaftslosen, sachlichen Form ihrer Darstellung— an allen deutschen Schulen verbreitet, jedem deutschen Schulkind in die Hände gegeben werde.
Der Morüprimaner. Die erstaunliche Tatsache, daß der Generalssohn und Primaner Stubenrauch noch immer ungehindert das Realgymnasium in Steglitz besuchen darf, findet eine intime Beleuchtung durch Mitteilungen, die uns von wohlinformierter Seite gemacht werden. Der vorgesetzte Schulrat des Direktors der Steglitzer Anstalt ist der Provinzialschulrat Michaelis, der Bruder des einstigen kaiserlichen Reichs- kanzlers! Und daß dieser Herr gegen Heinz Stubenrauch nichts unternehmen würde, war ja von selbst klar. Unsere Leser kennen den Schulrat Michaelis aus der berühmten Affäre der Potsdamer Kaiserbilder, die ja zum Teil noch immer an Ort und Stelle sind, weil der Herr Minister es für unnötig erklärt, sie überstreichen zu lassen. Der Schulrat Michaelis weiß aber auck daß gerade in dsrZeitnachdemMordeRathenausder Minister Boelitz dem Regierungsrat Lands, der von der Rechts- presse wegen der Verfolgung der Kadetten in Lichterfelde so stark angegriffen worden das Referat über die Disziplinarsachen genommen hat. Direktoren und Schulräte mußten aus diesem Bersonalwechsel schließen, daß der Herr Minister Boelitz gerade in der Zeit, in der es sich darum handelt, in der höheren Schule auszuräumen, einen wirklich republikanisch gesinnten Vertreter seines Ministeriums aus alldiesen Verhandlungen ausschloß. Und deswegen wird weder dem Heinz Stuben- rauch noch seinen Gesinnungsgenossen auf der„Penne" etwas geschehen. Weil Herr Boelitz dem deutschmonarchisttschen An- stürm kraswoll auswich._
LMöe Richter. Was sich Teutschuationale leisten dürfen. Vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte wurde gcstcrn die Privat- klage des Professors Nicolai, der sich zurzeit als Dozent in Argentmien befindet, gegen den Schriftsteller Thomas verhandelt, in der dem letzteren Beleidigungen>md Verleumdung des bekannten Pazifisten in einem Artikel des„Deutschen Zeitungsdienftes" zur Last gelegt werden. Gelegentlich des Prozesses Lebius war Thomas
schnell vollendet gewesen wie die Unterschätzung im Augenblick. Es lieben ihn die Kammermusiker und, immer wieder, die Sänger. In der Sinfonie verdrängt ihn Bruckner . Diesem Komplizierte- sten unter den Primitiven ist schwer beizukommen. Man muß sich von seinem Rhythmus, seiner melodischen Bielfälligkeit, seiner Wiener Singefreude einfangen und treiben lassen, man darb nur dem schweren Pcndelschlag semer Thematik nachgehen, ohne ausgleichen, aufhalten, anfeuern zu wollen. Und muß doch lenken mit tastender Seele, spürsamer Phantasie, die von Bruckner stammt. Loewe kann das, Nikifch konnte es bei der 7. Sinfonie. War es die Erinnerung an ihn, der diesmal bei Furtwünglers Divition keine große Stimmung zuwege brachte? Die seligen Welsen wurden saumselig, im Himmelssturm flog Erdenstaub, nach und nach erst stand das ganze Wort und der rechte Rhythmus. Unnütz zu sagen, wieviel Schönheit nebenbei offenbar wurde. Nur: Furtwängler hatte schon bessere Bruckner-Tage. B u s o n i und die Moderne: Ob Busoni je zu den großen B's gerechnet werden wird— wer will es verraten! Es scheint mir, als sei die persönliche, faszinierende Kraft dieses Geistigen notwendig, um für sein Werk gläubige Ohren, beteiligte Herzen zu finden. Zwar, seine Technik, sein Können ist erstaunlich, und D e m e- t r i e s c u, sein begabter Jünger, weiß des Meisters Werk zu gliedern, aufzubauen und zu klären. Die letzte Delikatesse, Nervigkeit des Tons, fehlt, und jene Ueberlegenheit der Person, die auch Mittelgut zur Köstlichkeit wandelt. Näher noch steht uns, am nächsten ron allen„überlebten" Modernen, Strauß. Seinem genialen Don-Iuan- Wurf bleibt W a g h a l t e r mit einem großen, neuen Orchester nicht Straffheit und Energie, wohl aber Feinheit und Adel des Klangs schuldig. Wenn diese Herren in der Skala wirklich alle in Cafes als Spieler ihrem Erwerb nachgehen, dann hat der energische Wag- Halter schon viel erreicht. Aber ich traue den falsch einsetzenden Harfenisten schon ihren Hauptberuf zu, niemals jedoll> dem wunder- voll elegischen Klang dieser Oboe, den weichen Tönen dieser Hörner. Der Führer aller modernsten Modernen ist Schönberg, und S ch e r ch e n ist sein Prophet. Er riskiert mit dem„Picrrot lunaire" einen Skandal, der vielleicht auf die unentwegt Begeiste- rungsvollen, wahrscheinlicher auf die nationalistisch Infizierten zurück- zuführen ist. Das Werk wächst bei erneuter Prüfung kaum von einer Ohrseigenmustk zum Streichel-Geiang. Aber es wird bei aller romantischen Dekadenz, bei aller Skurillität und Laune des Hanno- Nischen Rüstzeugs, bei aller grimassiierenden Klanghäßlichkeit doch zu einem Stück geistiger, künstlerischer Potenz, zu einem an Humoren, Lüsten, Keckheiten, Willensspannungen überreichen poetischen Wurf. Eine Harlekinade wohl, aber genial und neu inspiriert. Respekt, meine Herren Schreier!
Erhöhung der Hochschulgebühren. Wie die übrigen deutschen Hochschullander, so hat auch Preußen die Kolleggelder und sonstigen Gebühren an den Universitäten und Technischen Hochschulen auf etwa das Dreifache erhöht. Die Unterrichtsgelder, die einen wefent- lichen Teil der Hochschulgcbühren darstellen, sind, wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, damit auf das Sechsfache der Borkriegsfätze gestiegen. Die Gebühren der ausländischen Studierenden sind auf eine der Markentwertung ent- sprechende Höhe gebracht worden. Gleichzeitig mit der Ge-
als Mitherausgeber der Korrespondenz„Deutscher Zeitirngsdirnst" auf einen Arttkel des„Tag", überschrieben„Vaterlandsver, räter", aufmerksam geworden und hatte unter dem Eindrucke dieser Ausführungen über den Prozeß Lebius seinerseits einen von Ent- rüstung diktierten Artikel in die Korrespondenz gegeben. Darin hatte er behauptet, daß die Pazifisten v. Gerlach, Nicolai und Ge- ncssen von der Entente»mit mehreren Millionen Franken unter st ützt worden seien und daß sie stanzöstschen und englischen Lssizieren Material gegen die deutschen Behörden in der Entwaffnungsfrage geliefert hätten. Er hatte unter Bezugnahme auf diese Behauptungen die bettcsfendcn Pazifisten alsHalunken bezeichnet. Das Gericht erkannte für diese Beschimpfungen auf eine Geld, strafe von 1290 Mark oder 12 Tag« Haft. » Eine Beleidigungsklage gegen den Pfarrer Gauger in Elber- fcld, der Mitglied der verlasfungsgcbcnden Kirchenversammlung und Führer der Gemeinschaftsgruppe der evangelischen Kirche ist, kam gestern in der Berufungsinstanz in Moabit zur Verhandlung. Pfarrer Gauger hatte seinerzest vor den Reichstagswah Ich in dem von ihm herausgegebenen evangelischen Wo6)enblatt„Licht und Leben" einen Artikel in Form eines Briefes veröffentlicht, in dem er scharfe Kritik an den Sozialdemokraten geübt hatte, von denen er behauptete, daß ihre Führer in bedenklichen Beziehungen zu allerhand Geschäften stünden. Durch eine Stelle dieses Artikels, in der Gänger die bekannte Broschüre„Der Rattenkönig, Revo- lutionsschieber und ihre Helfer" erwähnt und z. T. zittert, fühlte sich der Kaufmann Georg Sklarz beleidigt. Er erstattete Anzeige und das gegen Pfarrer Gauger in der Dorinstauz an- gestrengte Verfahren endete mit seiner Verurteilung zu SOQll M. Geldstrafe. Hiergegen hatte sein Verteidiger Berufung eingelegt, die er damit begründete, daß der Artikel w a h l p r o p a g a n- d i st i s ch e n Interessen gedient habe, die Person des Nebenklägers S'larz weder genannt, noch gemeint worden sei, da die Angriffe sich gegen sozialdemolratisch« Führer gerichtet hätten. Auf diese Ausführungen stützte sich der Verteidiger auch in der gestrigen Ver- Handlung und bar, zum mindesten dem Angeklagten Wahrung berechtigter Interessen zu unterstellen. Das Gericht folgte wund-rbarerweis? diesen Gründen und kam zu einer Aufhebung des ersten Urteils sowie zu einem Frei- s p r u ch des Angeklagten. _ Der Lieferungstermm für Umlagegetre�öe. Gegenüber einigen Angriffen, in denen bemängelt wurde, daß die Kommunalverbände mitunter die Frist für die Abliefe- rung des er sten Drittels der Getrsideumlagc vor verlegten, teilt der Amtliche preußische Pressedienst aus einem Rund» erlaß des Staatskommissars für Volksernährung nachstehende Stelle mit: „Es ist mir berichtet worden, daß in einzelnen Landesteilen die Erzeuger beschlossen haben, mit der Ablieferung des Getreides bis zum äußersten Termin zu warten. Wie aus dem Rundschreiben des Landeszetteidcomtes vom 23. August 1k>22 her- vorgeht, ist jedoch die Reichsgetreidestelle im Interesse der allge- meinen Vrotversorgung daraus angewiesen, s o schnell wie möglich in den Besitz des ersten Drittels der Umlage zu gelangen. Es wird daher in dies«» Fällen dem Kcmmunalverbande obliegen, den Zeitpunkt für die Ablieferungspflicht der Erzeuger so frühzeicig zu wählen, daß er seinerseits mit der Abführung des Getreides an die Reichsgetreidestelle bis zum 31. Oktober 1S2Z nicht in Rückstand kommt. Eine frühzeitige Ablieferung liegt auch im Interesse der Erzeuger selbst, da sie hierdurch auf schnellstem Weg« in d*n Besitz des Kaufpreises gelangen und bei etwaiger Uebcrlicferung des ersten Drittels ein geldlicher Nochteil unter allen Umständen ausgeschlossen ist, dagegen die Ablieferung in letzter Stunde die Gefahr einer Verspätung in sich birgt, die unter den gegebenen Um- ständen keinesfalls als entschuldbar angesehen werden kann." Die Beschleunigung der Ablieferung erfolgte also durchaus zu Recht und im Interesse der ablieferungspflichtigen Landwirte, die sonst in Gefahr kommen, sich strafbar zu machen. Bekanntlich ist die Menge des in diesem Jahre bisher abgelieferten Umlage- getteides erheblich geringer als das bis zum gleichen Zeitpunkt im Borjahr gelieferte Quantum, so daß eine möglichst baldige Liefe- rung der Restbestände im Interesse der Bolksernährung dringend geboten erscheint.
bührenerhöhung wird die bisher an den meisten preußischen Uni- versitäten bestehende H o n o r a r st u n d u n g in den von der Oeffentlichkett, namentlich von der Studentenschaft gewünschten Gebührenerlaß umgewandelt. Nach dem neuen Gebühren. erlaßsystem wird ein wesentlicher Teil der begabten minderbemittelten Studenten ganz oder teilweise von den Hochschulgebühren befreit werden können. Todesopfer der Prohlbiiian. Infolge Genusses von Methyl- alkohol fanden in den Bereinigten Staaten im ersten Halbjahr 1322 130 Personen den Tod; 22 Personen erblindeten nach dem Genuß dieses schlimmen Ersatzmittels. Besonders viele Todesfälle erfolgten in den ersten zwölf Tagen des Jahres, als nicht weniger als 103 Personen, die mit Methylalkohol Silvester und Neujahrstag qe> feiert hatten, starben. Ihr besonderes Licht erhalten dies« Zahlen durch Vergleiche mit den Berichten aus Jahren vor Einführung dcs lkoholverbotes in den Bereinigten Staaten: so kamen z. B. im taate New Park vor dem Jahre 1919 alljährlich nur 3— 4 Methylalkoholvergiftungen vor, in den drei Jahren seit Beginn der Prohibition aber über 80 solcher Fälle mit tödlichem Ausgang. Luxusssugdienst nach Amerika . Die Einrichtung einer ständigen Fluglinie über den Atlantischen Ozean wird während der nächsten zwei Jahre geplant. Zur Durchführung dieser gegenwärtig noch schwierigen Aufgabe hat sich eine amerikanische Gesellschaft gebildet, die über große Geldmittel verfügt. Wie englische Blätter berichten, werden die.Lustdampfer"", die zur Verwendung kommen, große Schiffe sein, die 100 Passagiere mitführen und mit einer Höchst- gcschwindigkeit von etwa 160 Kilometer in der Stunde fahren. Die Luftschiffe, deren Bau geplant ist, sollen 900 Fuß Länge und 114 Fuß im Durchmesser haben und mit Maschinen von 3900 L8 ausgestattet sein. Die hocheleganten Kabinen sind so angeordnet, daß man weder durch Lärm noch Rauch oder andere Unbequemlichkeiten gestört wird. Salons und Rauchzimmer dienen den Lultpassagieren als Aufenthalt am Tage, und die Luftfahrt bei Nacht wird durch luxuriöse Schlafein- richtungen zum Vergnügön. Man hofft, daß die Reise von New sgork nach London und zurück in zwei Tagen zurückgelegt werden kann. Neues von Offcnback. Lebensvolle Erinnerungen an den be- rühmten Schöpfer der modernen Operette veröffentlicht der fron - zösische Musikkritiker Louis Schneider in der„Revue de France". „Der Hauptcharakterzug Offenbachs," so schreibt er,„war seine leidenschaftliche Zärtlichkeit für seine Frau und seine Familie. Es besteht em verblüffender Gegensatz zwischen der Leichtfertiqkcit seiner Musik und der über alle Zweifel erhabenen Solidität seines Familienlebens. Seine Kunst war von seinem Charakter sehr ver- schieden. In einem Kreise aufgewachsen, in dem die gewissenhaft« Treue bis zur Spießbürgerlichteit ging, bewahrte er diese Prinzipien während seiner ganzen künstlerischen Laufbahn. Seine ausgelassene Muse war keineswegs, wie Pedanten behauptet haben, die ihnen bei jeder Offenbarung seines Genies beleidigten und verfolgten, der Ausdruck eines moralischen Mangels; nein, der Mensch Offenbach war rein, ohne Flecken. Er war der Ausdruck und das angebetete Götzenbild einer Zeit, die in das Vergnügen vernarrt war, das er ihr bot. Und es ist etwas durchaus Tragisches in dem Dasein Offen- bachs: das ist der unaushörliche, fast krankhafte Wunsch, sich über das Kunstgebiet emporzuheben, in dem er zum berühmten Meister