27 116 Vollerwerbslose, darunter 12 252= 45,2 Proz. langfristige, gegenüber 23,9 Proz. im Reich und 29,10 Proz. in Preußen. Nach straffer Durchführung der Kontrollmaßnahmen und besserer Zusammenarbeit der Erwerbslosenfürsorge mit dem Arbeitsnachweis ist es gelungen, die Zahl der Erwerbs- losen schnell herunterzudrücken. Ende September d. I. waren nur noch 2341 Erwerbslose und davon 78= 3,3 Proz. langfristige, in Groß-Berlin vorhanden. Es ist ferner erinnerlich, wie schwierig sich die Ueber- führung der Berliner Erwerbslosen in die Bedarfsgebiete ge- staltet hat, insbesondere in die Landwirtschaft. Es erwies sich als unmöglich, aus dem Heer der sich in den Berliner Arbeits- nachweisen drängenden Arbeitslosen die wirklich für die Land- Wirtschaft geeigneten auszusondern. Nur ein nach Bezirken und fachlich gegliederter Arbeitsnachweis kann durch sorgsame individuelle Behandlung derartige Fehlvermittlungen ver- meiden. Ebenso sind wirksame Umschulungsmaßnahmen, wie bei- spielsweise die Umschulung von Bauhilfsarbeitern zu Bau- Handwerken,, d-ie sich in diesem Jahr als dringend notwendig erwiesen hat, nur durchzuführen, wenn die einheitlichen Nicht- linien vom Landesamt mit den Interessenten beraten und fest- gesetzt werden und die Erfassung der für die Umschulung ge- eigneten Arbeitnehmer und Betriebe vom Bezirksarbeitsnach- weis übernommen wird, der fein Gebiet genau kennt. Weder Massenvermittlungsstellen noch bedeutungslose Zwergeinrich- tungen, wie wir sie früher in Groß-Berlin zahlreich hatten, sind in der Lage, derartige Maßnahmen richtig auszuführen. Dasselbe gilt für jede Art Nachschulung und Arbeitsberatung. Auch Aufgaben der produktiven Erwerbslosenfürsorge lassen sich in Groß-Berlin nur lösen, wenn das Landesamt die Lei- tung in der Hand hat, die in anderen Landesämtern gemachten Erfahrungen auswertet und der Bezirksarbeitsnachwois die Auswahl unter den Erwerbslosen trifft. Der öffentliche Arbeitsnachweis hat im Gesetz keine Monopolstellung erhalten: er muß durch die Güte seiner Ein- richtungen, seine Leistungsfähigkeit und Ueberlegenheit über die anderen Formen der Arbeitsvermittlung erweisen. Es kann nur dankbar anerkannt werden, daß es der Deputation für Arbeit und Gewerbe gelungen ist, die Neuorganisation des Groß-Berliner Arbeitsnachweiswesens so weit zu fördern, daß jetzt bei Inkrafttreten des Arbeitsnachweisgesetzes schon die Vorbedingungen bestehen, um die dem Landesamt und dem öffentlichen Arbeitsnachweis im Gesetz zugewiesenen Aufgaben und die in absehbarer Zeit zu erwartende Arbeitslosenversiche- rung durchzuführen._
Die»eöeljmmgen'" Alörüer. Maurcnbrecher besingt sie. Die„Deutsche Zeitung" hatte vorgestern mittels gefalsch- ter Zitate behauptet, daß der„Vorwärts" das Attentat Friedrich Adlers verherrlicht hätte. Wir haben sofort nach- gewiesen, wie gröblich unser Text verstümmelt worden war. Aber heute erst wird der Zweck des ganzen Manövers klar: die„Deutsche Zeitung" bringt nämlich einen zweispaltigen Artikel Max Maurenbrechers zur Verherrlichung der Rathenau -Mörder. Der Angriff gegen uns sollte wollte nur die Deckung für diesen Artikel sein, in dem es u. a. heißt: Es ist im Grunde Edelsinn, nicht Gemeinheit, was sie(die Rathsnau-Mörder) zu Verbrechern gemacht Hot. Sie Halden w einer demokratisch entnervten Zeit aus ihre Offiziersehre und auf ihr Ehrenwort, auf Führertum und Gefolgschaft, auf Unterordnung in ihrem Kreis und unbedingten Gehorsam. Also nunmehr wisien wir, daß Rathenau aus Edelsinn ermordet worden ist. Maurenbrecher kann aber noch höher. Er schreibt: Sie(die Rathenou-Mörder) lebten in ihrer persönlichen Lebensführung nicht wie die Erzberger und Scheide- mann, die ihre politische Tätigkeit als Hungerleider be- gönnen und als oppositionllfe Parlamentarier und Oppositionsminister zu riesigem Vermögen kamen.
Duftere Gegend. Don I o st. Wir sind also zum Kloster Engelsburg gepilgert. Nämlich: das Kloster steht auf der Spitze des Engelsberges, der einen feinen Wein hervorbringt. Aber der ehrwürdige Vruller bot uns nur Apfel- most. Bier und schnöde Limonade an. Ein altes Weiberl, mit dem ich listig ein Gespräch anknüpfte, als wir die 400 Stufen wieder hinunterstiegen, erklärte uns, daß„sie" schon seit 12 Wochen keinen Wein mehr hätten. Aber in der„Krone" unten gäbe es noch Bischofsberger. Der Bischofsberg ist der Nachbarberg de» Engelsberges und der Wein ist dort fast ebenso gut. Verdutzt und unsicher, obwohl wir ganz städtisch gekleidet waren, sagte die Kronenwirtin auf mein höfliches Ersuchen: sie werde„nachsehen". Ich hatte nämlich genau wie das erwähnte alte Weiberl,„ä Schöpple BischofsbSrjer" gesagt. Die Kronenwirtin beriet sich lange mit ihrem Mann. Wir be- kamen einen abschlägigen Bescheid. 1920er wäre noch da. Wir gingen vom„Grünen Baum" zum„Goldenen Lamm". von da zum„Weißen Roß". Vergebens. Endlich, dem Verzweifeln nahe, nachdem wir beim„Schwarzen Bären" an drei oerfchlosienen Türen gepocht hatten, fand ich hinten, neben dem Stall, noch«ine vierte Tür. Das war die richtige. Mit der natürlichsten Miene, als käme ich täglich durch diesen Schleichweg, entbot ich der Bärenwirtin meinen Gruß. Dom Wetter kamen wir auf die Feldarbeit, die Ernteaussichten usw. Dann kam der entscheidende Satz:„Gäwwe S« uns ä Schöpple Bischofsbärjer, awwer Aanunzwanziger." Ich hatte die Bärenwirtin offenbar überrumpelt. Außerdem war ihr Mann abwesend. Ebenso selbstverständlich schenkte sie uns zwei Schoppen ein: jedem einen. Und rechnete uns nur zwei Mark mehr als den not» leidenden Bauern.' „illa ja," sagt« mir nachher ein weiser Mann,„warum sollen die Bauern den Wein nicht selber trinken? Sie haben alles, was Sie brauchen: Neue Häuser, neue Möbel, neue Wäsche, jeder min- bestens sechs Paar Schuhe: was sollen Sie mit dem Papier machen?" Ich war aber doch hochbefriedigt, denn es war mir gelungen, ihnen ein Schöpple abzujagen. Herrschaften, war der süß und stark I Daß die nationale Landwirtschaft durch die niedrigen Preise zum Lieferstreik oeranlaßt wird, davon war ich nun felsenfest überzeugt. Hinauf mit den Preisen für Kartoffeln und Getreide! Dann wird für den Nährstand die Hälfte der Anbaufläche genügen, um olles zu haben» was er braucht und er kann zu seinem Wein noch Kognak trinken. * Es war schon Nacht, als wir über Regensburg nach Linz und weiter südlich fuhren, eine schwarze, stern- und mondtlor« Nacht. Der Zug fuhr mit österreichischer Gemütlichkeit. Ich lugt« hinaus nach den Ortschaften, um mich zu orientieren.
Erzberger ist von der Lande gemeuchelt morden, Ge- nosie Scheidemann wäre auf ein Haar ihr Opfer ge- worden. Ist es schon ein Gipfel der Niedertracht, das Mordgesindel auf Kosten seiner Opfer herauszustreichen, so wird die Sache noch schlimmer durch die elende Ver- l e u m d u n g s s u ch t. Es ist überflüssig, Genossen Scheide- mann an dieser Stelle gegen hundertmal widerlegten Klatsch zu verteidigen. Aber feststellen wollen wir, daß es in schreiendem Gegensatz zu den Prozeßergebnissen steht, wenn Max Maurenbrecher an drei Stellen seines Artikels die„Rein- h e i t der Lebensführung" der von ihm geliebten Mordgesell- schaft betont, wenn er z. B. schreibt: „Katilmarifche Existenzen" sind sie(b!« Nathsnau-Mörber) nicht, in keinem Sinne des Wortes... Katilina und seine Leute waren eine sittlich verwüstete Gesellschaft heruntergekommener Schlemmer, allesamt bis über die Ohren verschuldet, die mit der proletarischen Revolution nichts cn-dcres wollten, als sich ihren Gläubigern auf eine anständige Weise zu entziehen. Deren Gegenöilder sitzen heute zu Dutzenden unter S o z i a l i st e n und K o m m u n i st e n. Zu ihnen gehören diese national en Jünglinge mcht! Was hat der Prozeß ergeben? Die Ermordung Rothe- naus wurde in Dielen und Likörstuben, bei Sekt- und Wein- gelogen verabredet. Kern ließ bei seinem Eintreffen in Ber- lin sofort Wein anfahren, und aus die verwunderte Frage eines der jüngeren Mordkomplicen, woher denn das Geld käme, hatte er nur die bezeichnende Antwort:„Dafür langt's immer no ch." Für Tillessen und Genossen war die Verschwörertätigkeit ein einträgliches Geschäft: die Horden- Zlttentäter ließen sich 30 000 M. in bar auszahlen, ehe sie zur Tat schritten und brachten das Geld auf der Stelle mit Weibern durch. So sehen die von Maurenbrecher gepriesenen„natio- nalen Jünglinge" aus, zu deren höherem Ruhme ohne jeden Beweis die sozialistische Jugend verunglimpft wird! Die Techow und Genossen waren in der Tat„katilinarische Exi- stenzen". Die Glorifizierung dieser Gesellschaft kennzeichnet das moralische Niveau ihrer deutschnationalen Anhänger und Verehrer._
�Rano". Man schreibt uns: Ein sich des besten Leumunds erfreuender Berliner bewarb sich, da er beschäftigungslos war, um eine Stelle im R a n o(Reichsarbeitsnachweis für ehemalige Offiziere, Heeres- ongehörige und Polizei). Diese Einrichtung, die ja aus reiner Menschenfreundlichkeit und Nächstenliebe, ohne nach Konfession und politischer Gesinnung zu fragen, allen ehemaligen Ossi- zieren und Heeresangehörigen Stellungen verschaffen soll, hat in letzter Zeit in recht fürsorglicher Weise für die Beamten der Polizei, insbesondere der Schutzpolizei , dieses Amt übernommen. Einem um Arbeit Nachsuchenden wurde heute folgende Auskunft: „Es tut uns sehr leid, daß wir uns für Sie nicht ver- «enden und eine Stelle nicht beschaffen können, da die Ermittlungen ergeben hoben, daß Sie der Sozialdemokratischen Partei, also schlecht gesinnten Leuten angehören." Der Betreffende sah, daß der mit ihm Sprechende, ein früherer Major, ein ziemlich umfangreiches Aktenstück vor sich hatte, aus dem er sinne Weisheit über den Bittsteller nahm. Ein Zeichen, daß die Herren doch gut informiert sein müssen über die politische Stellung. nähme des einzelnen, aber auch ein Zeichen dafür, daß einmal alle Sozialdemokraten, allo auch unser« sozialdemokratischen Reichs- und Landesminister, schlecht gesinnte Leute sein müssen, und zweitens, daß von einer unparteiischen, nur aus sozialem Wohl- wollen stammenden Arbeitsvermittlung des berühmten Rano wohl keine Rede mehr sein kann. Ganz besonders aber sollen sich die» einmal die Beamten der Schutzpolizei merken. Es soll nämlich schon passiert sein, daß(un- freiwillig oder freiwillig) entlasten« Beamte, die den Nachweis bringen, daß sie erstens einer Rechtspartei, am liebsten der Deutschnationalen Dolkspartri, angehören, und zweitens, daß sie nicht Mitglieder des verhaßten Schräder- Verbandes sind,' ohne weiteres eine Stelle bekommen, ja, daß man sich an die Berbandsleitung des Reichsverbandes sogar schon gewandt hat, um darauf aufmerksam zu machen, daß Stellen für tüchtige, ge- Aber es kam nichts. Nur schwarz in schwarz. Und immer so fort, stundenlang. Eine Rachtwüste. Da fiel es mir ein: Als ich vor drei Iahren zum ersten Male durch die zerstörten Gebiete Nordfrankreichs fuhr und morgen» beim Fenster Ausschau hielt, um zu sehen wo wir waren, sah ich zunächst nichts. Nichts als eine rostgrau«, endlose, tote Fläche. Nur Unkraut, mannshohes welkendes Unkraut. Stundenlang fuhren wir fo, bis die ersten sichtbaren, vom Unkraut noch nicht überwucherten Mauer- stümpf« austauchten. Hier hatte der Krieg Triumphe gefeiert. Und nun wieder so ein« Wüst«. Kein Licht schimmerte, das uns die tröstliche Gewißheit menschlicher Ansiedlung gegeben hätte. Das einst so fröhliche Oesterreich sitzt im Finstern. Auch das ist der Krieg. Immer noch._ Schillertheater:„Rosenmontag", von Otto Erich Harkleben. Hartlebens früher so oft gespiettes Offiziersdrama wirkt heute bereits wie ein Historischees Dokument, das von versunkenen Welten Kunde gibt. Ohne daß der Autor irgendwie ein Tendenzstück wider den preußischen Militarismus beabsichtigt hätte, spiegelt das Werk doch das Wesen des öden Kastenhochmuts die seelische Derkrüppclunq und Verkümmerung, die in besten Tendenzen liegt, frappant ein» dringlich wider. Die schmutzig-verleuderischen Schiebungen, mit denen die beiden Randows, die Bettern des jungen Offiziers, dessen Karriere durch die Liebe zu einem wackeren, aber nach dem Ehren- kodex nicht standesgemäßen Mädchens gefährdet scheint, ihn laszu- reißen suchen, die Brutalitär oes älteren Kameraden, der ihnen Beihilfe leistet, leuchten in die abgründige Berkehrung menschlichen Empfindens tief hinein, stimmen in den Grundzügen überragend mit den Erinnerungen zusammen, die ehemalige Kadettenschüler wie Werner von Schulendorf, neuerdings veröffentlicht haben. Das ist ber Hintergrund des Ganzen, der durch die bunte, hier und da auch heitere Mannigfalttqkeit der Szenen überall hindurchschout. E» mutete wie Selbstverspottung an. daß ein Teil des Publikums der Red«, in welcher ein hinzugereister bürgerlicher Kommcrzienrat das militärisch« Regime im Kreis der Offiziere feiert, klatschend applaudiert.— Unter den Figuren des Offizierkorvs traten die beiden Gegenpole, der roh-gewistenlose Streber und Schürzenjäger des Herrn Willi Eberhardt und Hans Rudorfs auf- rechtNuger Freund in der Darstellung durch P a« s ch k e mit scharf umrissener Charakteristik hervor. Den weichmütigen Helden, der, als die Verleumdung durcbichaut. zu der verlastenrn Gcliebien zurückkehrt, um dann ohnmächtig die Schlingen, in die«r sich verstrikt hat, zu zerreißen— noch durchtanzter Rosenmontagsnocht mit ihr zu sterben, gab Albert Johannes, ein noch ganz jugendlicher Schauspieler, mit wechselndem Gelingen. Gertrud S e l l e war eine sympathisch schlichte Traute. Menzels Offiziers- burfche rief viele Heiterkeit hervor. dt. Holländische Konzerte in Devtschland. Anläßlich der sich auf Hamburg und Berlin erstreckenden Deutschland . Reise de« Amsterdamer Coneertgebouw-Orchesters, das unter seinem Dirigenten Willem Mengelberg in Hamburg mehrere Konzerte veranstaltet, fand Dienstag nachmittag im Ham-
stnnungstreu- Polizcibcamte frei sind.' Es wäre vielleicht überhaupt einmal ganz gut, wenn man sich von zuständiger Seite ein wenig mit der Institution und mit den Bvreauräumcn des Rano beschäftigte, vielleicht— käme allerlei Interessantes dabei heraus.
Zentrum unü Haperisthe Volkspartei. Aus der letzten Sitzung des Reichsausschustes der Zentrums- partei teilt die„Germania " mit, daß dort der Abg. Hofmann- Ludwigshafcn einen Bortrag über das Verhältnis des Zentrums zur Bayerischen Bolkspartei gehalten habe. Der Reichsausschuß sei der einheitlichen Meinung,„daß eine Wiedervereinigung im Interesse der Erhaltung und Festigung der christlichen Kultur- guter und der Kräftigung des Reichseinheitsgedan- k e n s in der jetzigen trostlosen Lage unseres deutschen Volkes a n- zustreben sei." Diese Wiedervereinigung würde unter den gegenwärtigen Um- ständen ohne einen katastrophalen Rechtsrutsch des Zentrums nicht zu bewerkstelligen sein. Das Zentrum hat seinem reaktionären rechten Flügel die Domäne Bayern kampflos überlasten, die Ideen der Demokratie und der Rcichseinheit hoben infolgedessen im früheren bayerischen Zentrum, das heute Bayerische Voltspartei heißt, allen Boden verloren. Außerhalb Bayerns aber ist die sortschritt» lichere Richtung im Zentrum zu stark, als daß die Wiedervereim- gung ohne den Verlust wertvoller Elemente vollzogen werden könnte.
Nahrungsnot unü Alkohol. Der Arbeiter-Absttnentenbund hat an den Reichs- kanzler folgende offene Anfrage gerichtet: „Herr Reichskanzler! Nach Zeitungsmeldungen haben Sie vor Vertretern der ausländischen Presse die Sicherung der Brot- Versorgung des Volkes als die wichtigste Aufgabe der Regierung bezeichnet. Sie erklärten:„E r st V r o t für das Volk, dann Wiederherstellung... Aus Gründen reiner Menschlichkeit müssen wir unserem Volke das Brot sicherstellen, um zu ver- hindern, daß es. in Elend und Werzweiflung versinkt." Ist Ihnen bekannt, daß trotz der stets wachsenden Schwierigkeiten, aus dem Ausland genügend Getreide für die Brotversorgung zu erhalten, dauernd im Inland gewaltige Mengen Ger st e zur Her- stellung eines überflüssigen, ja schädlichen Genußmittels verwendet werden? Wisien Sie davon, daß im Rechnungsjahre 1921 nach den Erhebungen des statistischen Reichsamtes in Deutschland 13 Millionen Zentner Gerste zn Bier vergoren worden sind? Was gedenken Sie zur Beseitigung dieser unverantwortlichen Vergeudung wertvollen Brotgetreides zu tun? Die darbenden Massen erwarten eine schnelle Antwort." Die Anfrage der abstinenten Genossen ist durchaus berechtigt. Auch der Alkoholkonsument muß einsehen, daß erst die Brotversor- gung des Volkes gesichert sein muß, ehe Getriebe in Bier verwandelt werden darf. Die neue Verordnung der Regierung betr. die Ein- schränkung der Bierherstellung ist gänzlich unzureichend, da dadurch nur eine ganz geringe Verminderung des Gersteverbrouchs er- reicht wird. In München soll übrigens zum heurigen Oktoberfest — trotz dieser Verordnung— wieder 13prozenliges Starkbier hergestellt werden. In der„Ordnungszclle" scheint man nicht nur die Ueber- tretung von Gesetzen zum Schutz der Republik , sondern auch die Uebertretung von Gesetzen zum Schutz der Bolksernährung als bayerisches Reservatrecht anzusehen. Oktoberbier ist natür'icb eine„Stammescigenart". die gegen Eingriffe des Reichs verteidigt werden muß! Klara Zetkin oder Ledebour? Die Ledebour -Gruppe hat nun gleichfalls ihren Kandidaten zur R c i ch s p r ä s id e n t e n w a h I aufgestellt. Er heißt natürlich Ledebour. Also, der Kampf kann beginnen! Rücktritt Dr. Hummel». Aus Karlsruhe wird gemeldet: Staats- Präsident Dr. Hummel hat jüngst dem badischen Kabinett von seiner Absicht Mitteilung gemacht, mit Ablauf seines Staatspräsidiums sein Amt als Unterrichtsminister niederzulegen. Er ist zu diesem Entschluß gekommen, weil er ein Angebot nicht zurückzuweisen zu dürfen glaubt, das ihn wieder auf das Gebiet seiner eigentlichen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interesien zurückführen. Dr. Hummel wird nach Rücktritt von seinen Aemtern unter Beibehaltung seines Landtagsmandats in die chemische Großindustrie übertreten.
burger Rathaus ein Empfang statt. Bürgermeister Dr. Diestel hieß die holländischen Gäste herzlich willkommen und hob unter Hinweis auf die unlösbar verbundenen Schicksale Hollands und Deutsch- lands hervor, daß für Europa keine besser« Zeit kommen würde, be» vor nicht seine Völker erkannt hätten, daß sie durch eine Schicksals. gcmeinschast zu einer Einheit verbunden seien. Dr. Diestel sprach schließlich den Wunsch aus, daß die hohe Kunst Mengelbergs in diesen festlichen Togen unseren Mut zur Arbeit für eine neue glück. liche Zeit stärken möge. In seiner Erwiderung fand der Präsident der Concertgebouw-Gcsellschoft, Jonkheer R o e l l, herzliche Worte des Dankes für den prachtvollen Empfang und überbrachte die besten Wünsche des niederländischen Ministers des Aeußern und des Kultusministers für ein gutes Gelingen des Mdsikfestes. Er gab der Hoffnung Ausdruck, daß es die jahrhundertealten Bande zwischen Hamburg und Holland noch mehr stärken möge. Ende dieser Woche wird da» Amsterdamer Orchester in der Philharmonie konzertieren. Zeitungswisienschafi. Die wachsende Bedeutung, die die Zei- tung im sozialen Leben der Menschheit gewinnt, findet ihren Au». druck in der stärkeren wisienschaftlichen Beschäftigung mit der Presse. Es ist in den letzten Jahren ein« neue Wissenschaft entstanden, die Zeitungswissenschaft. Gelegentlich einer Besprechung eines Werkes des Nationalökonomen Ferdinand Tönnies weist Conrad Schmidt in den„Sozialistischen Monatsheften" auf diese Ersckeinung hh. Unser« Universitäten und anderen Hochschulen beschäftigen sich immer mehr mit dem Z-itungswesen: es werden besonder« Lehr- aufträge über dieses Gebiet erteilt, Seminare errichtet und Ucbun» gen abgehalten. So hat nuerdings das Institut für Literatur, und Theaterwissenschaft an der Universität Kiel ein« Abteilung für Zeitung-wisienschaft eingerichtet, die weiter ausgebaut und ein« umfosiend« Vorbildung für all« Zweige des Journalismus gewähren soll. Uebungen üb-r Geschichte des Zeitungswesens werden ver. cnstoltet und in einer Arbeitsgemeinschaft eine Kritik der münd- liehen und schriftlichen Ueberliefeningen übernommen. In der philasophischen Fakultät der Universität F r e i b u r g wurde dem früheren elsäsiischen Oberlehrer Wilhelm Kapo ein Lektorat iür Zeitungswesen und Publizistik übertragen. An der Universität Leipzig , wo es bereits seit längerer Zeit ein Institut für Zettungswisienschaft gibt, hat sich sogar ein besonderer Prioatdozent für Zeitungskunde habilitiert, nämlich der stellvertretende Direktor des Leipziger Statistischen Amtes, Walter Schöne . Seine Habilila- tionsschrift behandelt« den Einfluß der periodischen Presse auf di« Entstehung und Entwicklung der staatswissenschaftlichen Literatur, besonders der Statistik. _ Rflr Ernst»aller.' Die wir hören, hat der Dei-lsche vazistlli'ch« Tttidentenbund mr leinen Tlusrus zuguMlen de» Dichter» Sriill Toder, den auch wir veröfientlickten, bereits viel« tausend Untcrichrilte!, ans allen Teitc» Teutichl mds, aus allen Volksichichieu rmd aus allen reoublilanüchen Parteien sowie der Deutschen Pollsparlei erballen. Zu den Unter,- chneim gehören u. a. die Projesloren Einllein.«chürking. p Schulze-�ävernitz. terner Hermann Hesse . Heinrich und Thomas Mann . Gras Harry Keßler . ReichslagSpräsideut Löbe u. r>. a. Auch au» dem LuSlande liegen zahl-