Nr. 17.
Erscheint täglich außer Montags. Breis pränumerando: Vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30mt. proQuartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. DesterreichUngarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3Mt. pr. Monat. Eingetr. in der Post- Beitungs- Preisliste für 1895 unter Nr. 7128.
Vorwärts
12. Jahrg.
Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.
Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
-
Sonntag, den 20. Januar 1895.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
-
Herren Ordnungsparteiler, die den Panamasumpf| Einrichtungen" pindtert und böttchert es aus allen Ecken und andere pesthauchende Sümpfe gar gern zugedeckt hätten. des ordnungsparteilichen Preß- Morastes. Allein diese Korruption ist die Korruption der tapita Aber wissen die patriotischen Knownothings( Nichts
"
-
-
hätten unseren Ordnungsparteilern zu feiner ungelegeneren li stischen Gesellschaft- sie hat mit Nationalität wiffer) denn nicht, was doch jeder Quartaner, der sein GeZeit kommen können. Es war ein Blitz aus heiterem nichts zu thun und steckt in dem wirthschaftlichen System schichtshandbuch mit einigem Verstand gelesen hat, weiß: daß Himmel", wie die patriotische Reaktionspresse aller der Ausbeutung und der anarchistischen Ichsucht, das in alle politischen Einrichtungen und Formen in Deutschland Echattirungen seufzend hervorstöhnt. Und der Blig" hat das allen kapitalistisch entwickelten Ländern, in Deutschland französischen Mustern nachgemacht sind? lichtscheue Reaktionstreiben nicht nur grell beleuchtet, ebensogut wie in Frankreich , Italien , Amerika u. s. f., Wissen sie nicht, daß alle unsere Verfassungen, was für die Dunkelmänner an sich schon etwas sehr Un den Staat und die Gesellschaft beherrscht und seine giftigen bis herunter zur Reichsverfassung aus dem Franangenehmes ist er hat auch eingeschlagen; und der Miasmen aushaucht. Daß in Frankreich das öffentliche zösischen abgeschrieben sind allerdings sehr schlecht? stolze Bau französischer Umsturzpolitit, in dessen Schatten Gewissen sich gegen die Korruption dieser Ausbeuter Wissen sie nicht, daß sogar das dürftige Inventar politidie chriftlich- germanischen Cafimire" ihr nationales" wirthschaft empört hat, tann Frankreich doch nur zur scher Ideen", über das sie selber, die deutschen Herrn Sklaven und Narrenparadies sich zu gründen gedachten, Ehre gereichen, denn es zeigt, daß dort der„ moralische Ordnungsparteiler, verfügen, aus dem Französischen entlehnt ist von dem Wetterstrahl des allfiegenden Sozialismus zer- Nerv" noch nicht ertödtet ist. Keiner der französischen und auf deutsch blos verballhornt ist? Wissen sie nicht, schmettert. Daß dieser Strahl auch sie getroffen hat; daß Panamisten war schuldiger als Crispi. Wohlan, die daß sogar ihr neuestes Lieblingswert, die Umst urz die Reaktionspolitik ebenso gut eine internationale ist, wie französischen Panamisten sind gebrandmarkt, von Amt und Vorlage, ein stümperhaftes Plagiat aus dem die Aktionspolitik der Sozialdemokratie; und daß der Sturz Würden gejagt. Und Crispi, der italienische Bis Französischen ist? Cafimir Perier's, der klassischsten Verkörperung des inter- marck"? Unser Verbündeter"? Quält nicht die gesammte Sie sollen in die Schule gehen, die unwissenden Pfuscher, nationalen Rapitalismus, eine internationale Niederlage deutschnationale Presse, die den Franzosen Korruption vor und etwas lernen! Am Gang der Dinge ändern sie ja doch des Kapitalismus und ganz hervorragend eine Niederlage des wirft, feit einem Jahre sich im Schweiß ihres Angesichts nichts. Mit chinesischem Gebrüll wirft man Festungss deutschen Perierthums, des bürgerlich- großindustriellen ab, den pechschwarzen Banca Romana Mohr Crispi weiß mauern nicht um, und wenn auch Lüge, Heuchelei und Unwie des junkerlich- agrarischen, bedeutet, das sehen die zu waschen? Pfui der Heuchelei! wissenheit unleugbar Großmächte sind, so können sie doch Pindter und Böttcher der deutschen Moloch- und Mammon- Und Deutschland hat unsere Pharisäerpresse teine andere Wirkung auf die Sozialdemokratie ausüben, gesellschaft wohl ein, wenn sie auch kaum im stande sein vergessen, daß wir in Deutschland vor 21 Jahren eine als daß diese bei ihrem Vormarsche pfeift", was dem dürften, die ganze Tragweite des Ereignisses zu begreifen.tönigliche Untersuchungs- Kommission" musikalischen Herrn Bronsart ein besonderes Vergnügen Und nach der bekannten Taktik sind sie jetzt aufs eifrigste hatten, die genau die nämlichen Spitzbübereien zu tage sein wird. bemüht, das deutsche Publikum über die Vorgänge in Frank förderte, wie die franzöfifchen Panamaprozesse, und auch in Unsere französischen Genossen sind entschlossen, den großen reich zu täuschen und sie als für Deutschland ganz belanglos dem nämlichen Umfang? Der einzige Unterschied war, daß Sieg auszunutzen. Sie betrachten den Sturz Cafimirs natürder Standal hinzustellen. Bei dieser Gelegenheit offenbaren sie in in Deutschland vertuscht wurde, lich nur als eine Etappe; und Herr Faure *) hinter dem die glänzendster Weise die drei Eigenschaften, durch die sie sich und die meisten Schuldigen der verdienten Strafe ent konservativen Elemente der französischen Republik stehen, hauptsächlich auszeichnen: Berlogenheit, Heuchelei und Un- gingen. Und die 1300 Millionen Frants, welche die wird, suche er noch so sorgsam die Fehler seines Vorwiffenheit. großen Eisenbahn- Gesellschaften dem französischen Volt aus gängers zu vermeiden, sich in Lagen gedrängt sehen, wo die der Tasche nehmen wollen, und über die Herr Casimir| Sozialdemokratie ihn mit Erfolg angreifen kann. Berier gestolpert ist sind sie etwa unmoralischer" als - Der rettende Mann", den unsere Reaktionäre für die fünf bis sechstausend Millionen Mart, die von unseren Frankreich erflehen, der Retter", der die Freiheit erwürgt Agrariern und Schlotbaronen dem deutschen Volk seit 1878 und zum drittenmale die blutige Raiserpoffe aufführt, in Gestalt von Korns und sonstigen Schutzöllen, von wird nicht erscheinen; und sollte ein Verrückter fici Liebesgaben, Zuckerprämien u. 1. w. vermittelst der Gesetz zur Rolle berufen glauben, so wird man ihn im Narrengebung aus der Tasche gepumpt worden find? haus unterbringen. Die Zeiten sind vorüber. Die Republik faun in Frankreich nicht mehr angetastet werden. Die Arbeiter sind der Fels, auf dem sie unerschütterlich ruht. Und vermochten die französischen Arbeiter schon 1871 bie Attentate des Kapitalismus auf die Republit zu vereiteln, um wie viel mehr jetzt, wo die Arbeiterbewegung um das zehnfache stärker ist. Wir vertrauen unseren französischen Genossen. Die Geschicklichkeit, die Ausdauer und der Muth, den sie bisher in dem Kampfe gegen den Kapitalismus be= wiesen haben, sind uns sichere Bürgschaft für ihren end. giltigen Triumph.
Gelogen wird mit eiserner Stirn, es gehe in Frank reich alles drunter und drüber, alles fei topf- und rathlos, es herrsche die tollfte Anarchie- während thatfächlich die Krise fich mit einer Ruhe und Ordnung vollzogen hat, die zu der Kopf- und Rathlosigkeit unserer deutschen Ordnungsparteien in beschämendem Gegensatz steht.
Und diese Heuchelei! Gestein schon sprachen wir von der pharisäischen Prahlerei,„ bei uns" in Deutschland sei Und hat es etwa jemals in dem„ korrupten" Frank die Regierungsmaschinerie weit besser, arbeite weit ruhiger, reich einen schmachvolleren, ein höheres Maß sittlicher und seien derartige Krisen undenkbar. Wir verglichen den Berkommenheit bekundenden Prozeß gegeben, als den der deutschen Kanzlerwechsel mit dem französischen Präsidenten- Bochumer Schienenflicker und Steuerhinterzieher? Und wechsel, und wiesen nach, daß im umgekehrt im deutschen wurden die Baare und Konsorten von unserer franzosenReich die Regierungsmaschinerie bei weitem die schlechtere fressenden und tugendtriefenden Ordnungspresse nicht in den ist. Nicht anders verhält es sich mit der anderen pharisäischen Himmel erhoben? Prahlerei, die französische Präsidentenkrise sei die Folge einer Korruption, wie sie nur in Frankreich zu finden, Unübertrefflich, wie diese Heuchelei erscheint, sie wird nicht aber in dem lilienreinen Deutschland . Unverschämter noch übertroffen von der Unwissenheit dieser patrioward nie der Wahrheit ins Antlig geschlagen. Daß in tischen" Gesellschaft. Frankreich ein Augiasstall von Korruption ist, haben wir" Frankreich steht politisch weit hinter Deutschland , es niemals geleugnet geleugnet haben es blos unsere hat teine fest ausgebildeten politischen Formen und
-
Feuilleton.
Im Exil.
( Nachdruck verboten.]
Noch einmal: Pfui der Heuchelei!
Der Finanzmann wollte durch eine Geste seine voll- Mann bin, ich werde Sie dafür belohnen. Oder aber, Sie tommene Gleichgiltigkeit zum Ausdruck bringen, unterließ gefallen sich darin, den Don Quixote zu spielen und dann es jedoch. Doch glaubte er mit erkünftelter Gemüthlichkeit wissen Sie, daß ich für einen verlorenen Redakteur zehn antworten zu müssen: andere wieder finde
Bah, man maskirt den Rückzug. Man giebt seine Stellungen Schritt für Schritt auf. Für einen Taktifer des Jour
Roman von Georges Renard. Autorisirte Uebersetzung nalismus ist das nur eine Kleinigkeit.
von Marie Runert.
René war auf das Aeußerste erregt. Mechanisch, wie wenn er nicht recht verstanden hätte, stammelte er:
Was sagen Sie? Wir greifen nicht mehr an? Nein, sage ich Ihnen. Ich bedaure, Ihnen meine Motive nicht auseinandersetzen zu können. Sie beziehen sich auf Ceheimnisse, die mir nicht allein gehören. Aber Sie werden mir aufs Wort glauben, daß es sehr ernste, zwingende Gründe sind.
Mit einem Blick umfaßte René die verhängnißvollen Folgen dieses Rückzuges mitten im Ansturm.
René verharrte in düfterem Schweigen. Nicht wahr, die Sache ist abgemacht? Da der junge Mann noch immer nicht antwortete, fuhr Herr Bernheim schmeichelnd fort:
Hören Sie! Seien Sie vernünftig! Ich sage Ihnen, daß ich Sie infolge äußerst schwerwiegender Gründe Ihren Feldzug nicht fortsetzen laffen kann. Ich weiß, daß dies un angenehm für Sie ist. Aber ich will Sie dafür schadlos halten. Ich erhöhe Ihr Gehalt auf acht tausend Frants per Jahr. Genügt das? Nun, ich werde bis auf zehn tausend Franks gehen.
Es ist unmöglich, rief er. Es ist zu spät, um mun er war mit seiner Geduld zu Ende. zu schweigen. Das Publikum erwartet die versprochenen Beweise.
Es mag warten.
Unsere Kollegen werden Aufklärung verlangen. Lassen Sie sie Aufklärung verlangen. Wie brauchen. fie nicht zu beachten.
Der Unparteiische" wird seinen guten Namen einbüßen. Herr Bernheim lächelte ein wenig, wie wenn er sagen wollte: Der Unparteiische" hat schon anderes erlebt. Doch begnügte er sich mit der Antwort:
Beunruhigen Sie sich deswegen nicht. Das ist meine
Sache.
Das ist also ein regelrechter Handel, sagte René bitter; Das bleiche Gesicht des Finanzmannes färbte sich gelb dies war nämlich seine Art, zu erröthen und seine Nase fing an heftig zu zittern. Dann erwiderte er plötzlich streng und gebieterisch:
--O
Sie scheinen eine brutale Ausdrucksweise zu lieben. Wohlan! Sei es! Um so besser. Ich bezahle Sie sonst dafür, daß Sie schreiben. Heute bezahle ich Sie dafür, daß Sie schweigen. Sie gewinnen dabei mein Lieber. Was wollen Sie mehr? erscheint.
die
René verließ das Rabinet des Direktors wie ein Wahnsinniger. Ein Sturm der gewaltsamsten Gefühle tobte in ihm. Armuth! Knechtschaft! Der Willkür eines Bernheim überliefert, gezwungen zu sein, zwischen seinem Er Gewissen und seinem Brote zu wählen! eilte nach Hause, um die Frage, die ihm plöglich so grausam, so brutal vorgelegt wurde, von allen Seiten zu betrachten. Er fand Lucien dort, der seine Mutter besuchte. Ihm erzählte er in einem Athem das Unglück, das ihm begegnet war. guerst erhob sich ein Sturm der Empörung. Das war unwürdig, gemein! Man trieb doch nicht die Leute vorwärts, um sie plöglich anzuhalten, wenn sie sich kompromittirt hatten. Man sette ihnen nicht das Messer an die Kehle, um sie zum Schweigen zu bringen, nachdem man ihnen aufgegeben hatte, die Wahrheit laut zu verkünden. Der alte Schurke! Er mußte nette Beweggründe haben, daß er sie nicht sagte! Jedenfalls war er gekauft worden, oder man hatte aus seiner eigenen Vergangenheit irgend einen Spizbubenstreich ausgegraben und ihn mit Mazas ( dem Gefängniß) bedroht, wenn er sein Geschütz nicht zum Schweigen brachte.
René ließ ihn ausreden und fragte dann: Was rathet Ihr mir nun? Was soll ich thun? Es entstand ein verlegenes Schweigen.
Lucien zögerte, für den Augenblick aus der Fassung gebracht. Dieser unvorhergesehene Fall brachte seine ana Ich will, daß mein Artikel thus ist die Nein, so nicht. Mein Entschluß ist gefaßt und erzogene Vorsicht mit seiner angeborenen Rechtschaffenheit in Konflikt. Er fühlte das nicht wieder gut zu machende Zeitung gehört mir. Denken Sie doch daran, daß es sich um meine Ehre Unrecht, das René sich selbst anthun würde, wenn er in dem Moment schwieg, wo es galt, seine Behauptungen zu Aber die meinige auch, rief René. Ich habe ange- handelt. D, feine hochtrabenden Worte, wenn ich bitten darf. beweisen. Andererseits wagte er aber auch nicht, ihm zu griffen, Anklagen erhoben. Was soll man denn von mir benten, wenn ich mich im entscheidenden Moment Ich gebe Ihnen zwei Stunden Bedenkzeit. Entweder bringen einem Bruch zu rathen, weil er dann von neuem einen zurückziehe? Sie mir das kleine Opfer und, so wahr ich ein ehrlicher Sprung in das Dunkle unternehmen mußte. Frau Messant