nicht. D«rm der Mar? traut heute niemand mehr, trotz Devisennotoerordnuirg und trotz Sachverständigenkonserenzen. Durch die Entwertung der Mark wurde im Inland künst- lich der Spartrieb ertötet und eine übertriebene Nachfrage nach Ware, zu der fremde Einfuhren an Rohstoffen notwendig sind, gezüchtet. Deutschland , das am Rande der 5)ungerkatastrophe steht, verbrauchte im letzten Jahre mehr als ein Viertel der Welternte an Kakao, verarbeitete unglaubliche Mengen von Gerste(3,3 Millionen Zentner Malz in einem einzigen Viertel- fahr) zu Bier, führte Mais zur Spiritusgewinnung ein, nährte Taufende von Likörstubeninhabern. Mehrarbeit unter heuti- gen Umständen könnte nur den Erfolg haben, daß der unnütze Konsum noch mehr steigt, daß sich die Unternehmer noch mehr Autos und Rittergüter oder Auslandsguthaben zulegen, ohne die geringste Gewähr dafür zu bieten, daß die Verbraucher mit niedrigeren Preisen und erhöhter Kaufkraft auch etwas von dem Mehrertrag der Arbeit erhalten! Nie hat die Sozialdemokratie die Bedeutung der schlechten Handelsbilanz für die Währung unterschätzt. Darum ist auch ein wesentlicher Bestandteil ihres währungspolitischen Pro- gramms die seit langem verfochtene Forderung, daß unnütze Einfuhr unterbunden wird. Die bürgerlichen Ver- treter aber haben die Durchführung dieser Forderung — erst neuerdings wieder beim Tabak— hintertrieben. Aber an der Tatsache, daß die Währungsrefonn d i e Voraussetzung zur Gesundung der Wirtschaft ist, läßt sich nicht rütteln. Das gibt neuerdings auch die „Germania " zu, indem sie„grundsätzlich" die Stützung der Mark befürwortet, die grundlegenden praktischen Maßnahmen dazu aber ablehnt. Daß die Agrarier jeder Selbsthilfe des Volkes in der Währungsfrage abhold find, seitdem sie mit den Preisen für freies Getreide an dem hohen Stand des Dollars interessiert sind, brauchte die„Deutsche Tageszeitung" nicht erst mit dem Pathos niederträchtigen Spottes zu versichern. Die notwendige Äufklärungstätigkeit hierfür haben die Land- bündler längst— und mit verzweifelt gutem Erfolg— geleistet! Aber darum erst recht muß der Ma rkkurs gestützt werden. Eine Regierung, die verantwortungsbewußt genug ist, müßte aus dem Widerstand und aus den Ablenkungsver- stichen der interessierten Kreise entnehmen, wann sie auf dem richtigen Wege ist. Jedenfalls bleibt der Arbeiterschaft keine andere Macht, als über diese Widerstände hinwegzugehen oder aber diejenigen, die ihnen nachgeben, die Verantwortung für ihre unheilvolle Passivität selb st tragen zu lassen.
Die bayerische Krise. Regierung und Bayerische Volkspartet. Aliinchen, 26. Oktober. (Ciq. Drahtbericht.) Die Krise, die so- wohl innerhalb der bayerischen Regierung wie innerhalb der Bayerischen Dolkspartei besteht, spitzt sich immer weiter zu. In der Bayerischen Bolkspartei spielen gegenwärtig heftige Auseinandersetzungen. Es hat den Anschein, daß der rechtsradikal« Flügel im Begriff steht, die Führung der Partei vollständig an sich zu reihen. Bemerkenswert ist, daß der alte gemäßigte Abgeordnet« Speck aus der Parteileitung aus- scheiden will. Er soll ersetzt werden durch den jungen, streberischen, partikularistischen Abgeordneten Schefser. Der Fraktionsvor- sitzende, Geheimvat Held, hatte heute eine lange Aussprache mit dem Trafen Lerchenfeld. Graf Lerchenfeld hat die Vertrauens. frag« gestellt. Er hat den dringenden Wunsch geäußert, sein Der- hältnis zur Bayerischen Volkspartei refllos zu klären. Wenn er die lleberzeugung gewinnt, daß er nicht das volle Vertrauen der Bayerischen Volkspartei in ihrer Gesamtheit besitzt, will er die Konsequenzen ziehen. Am Freitag beginnt der Parteitag der Bayerischen Volkspartei . Bei dieser Gelegenheit wird Voraussicht- lich die Entscheidung fallen. In Passau kam es anläßlich einer Besichtigung der Reichs- wehrkaserne durch die Ententetommission zu großen Menschenansammlungen. Als die Ententekommisfion im Auw abfuhr, wurde der Zkraftwagen mit Steinen und Holzscheiten bombar- diert. Di« Fenster des Autos wurden zertrümmert.
„Suhtioß" und Volksbühne. Bon Dr. S. Nestriepk«, Generalsekretär der Volksbühne. Unter dem Namen„Bühnoß" hat die Genossenschaft deutscher jiihnenangehonger eine neue Vermittlungsstelle für die Versorgung von Gewerkschaften und Betriebsräten mit Theaterkarten zu er- mäßigten Preisen eingerichtet, für deren Benutzung sie nun eine rege Propaganda entfaltet. Es ist sicherlich erwünschter, daß die Genossenschaft unter Ausschaltung von Gewinnabsichten die Kartenvermittlung betreibt, als wenn private Agenturen mit den Gewerkschaften Geschäfte zu machen suchen. Aber die Propaganda, die von der Organisation der Schauspieler für die Benutzung der neuen Einrichtung betrieben wird, hat doch auch ihr Bedenkliches. Sie kann die Arbeiter davon ablenken, alles Augenmerk auf das zu richten, was für sie auf diesem Gebiet die wichtigste Aufgab« sein muß: die Erhaltung und den Ausbau der Volksbühne. Die Volksbühne führt heute einen schweren Kamps. Die un- geheure Verteuerung der Theaterbetriebskosten— die Gagen der Darsteller wurden beispielsweise vom September zum Oktober glatt verdreifacht— zwingt sie zu erheblichen Beitragssteig., rungen. Alles kommt gerade jetzt darauf an, daß ihr die alten Mitglieder die Treue wahren, und daß für vielleicht abspringende Mitglieder neue ge- wonnen werden können. Diese Bemühungen tonnten gefährdet iverden, wenn irgendwelche Stellen sagen: Wir geben Euch billige Vorstellungen, ohne daß Ihr Euch, wie es die Volksbühne von ihren Mitgliedern verlangt, auf einen geregelten Vorstellungsbesuch ein- zulasien braucht. In Wirklichkeit bedeuten ja alle„Ermäßigungen". die ander« Theater gewähren und„ewähren können, in der Regel noch nicht, daß jemand diese Theater vorteilhafter zu besuchen»er. mag, als er es durch die Vermittlung des Vereins Volksbühne kann; man denke daran, daß diese Theater durchweg sehr hohe Gebührestfür Kleiderablage und Zettel verlangen, die bei den Volksbühnen- Vorstellungen nicht in Betracht kommen. Aber wenn eine von g«. werkschaftiicher Seite eingerichtete Kartenvertriebsstelle für„billige" Vorstellungen Propaganda macht, kann das doch leicht irreführen und den Wert der Volksbühne in den Augen Unkundiger schmälern. Unter diesen Umständen erscheint es zum mindesten nötig, noch einmal mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, weshalb für die in der modernen Arbeiter- und Angestelltenbewegung Stehenden die Erhaltung und rtörderung der Volksbühne im Mittel- punkt ihrer Aufmerksamkeit stehen muß, weshalb die Existenz der Volksbühne so sehr viel mehr bedeutet als irgendeine andere Einrichtung zur Verbilligung des Theaterbesuchs. Di« Volksbühne— es handelt sich hier immer um den Verein. nicht um ein Theater— will mehr sein als ein Institut zum Vertrieb billiger Theaterkarten. Sie will durch ihre Wirksamkeit grund- sätzlich aufräumen mit dem Geschäftsthzater und cm fein« Stell« das im beste« Sinn« des Wortes sozialisierte Theater setzen. All« Theater von heute, mit Ausnahme jener, die für ein« organisierte Besucherschaft Vorstellungen geben, tragen den Charakter von Geschäftsunternehmungen, auch die Stadt- und Staatstheater, auch diejenigen, die längst keine Gewinne mehr er- ziel«, Sie trage« diese« Charakter deshalb, well sie ihre Vor»
§echenbach und„öie Journaille". Die Berliner Rechtspreste, der bekanntlich angesichts des Münchener Justizmords gar nicht wohl zumute ist, erfährt aus München her kräftige Ermunterungen. Die deutschvölkische„Deutsche Zeitung" bringt einen Artikel aus der Feder ihres ständigen Münchener Mitarbeiters unter der Ueberschrift„Die I o u r n a i l l e". Diese Mischung aus Journalist und Kanaille ist eine Erfindung des Wiener jüdischen Journalisten Karl Kraus — selbst ihren Witz müssen die Antisemiten beim Juden borgen!— gemeint sind aber damit die Opfer des bayerischen Justizmordes. Beweist schon diese Beschimpfung von Leuten, die nach dem Urteil auch rechtsstehender Blätter unschuldig verurteilt sind, daß man zurzeit zwischen Berlin und München selbst unter Deutschnationalen zwei verschiedene Sprachen spricht, so tritt dieser Gedanken- und Gefühlsunterschied in der folgenden Aeußerung des Mllncheners noch deutlicher in Erscheinung: Die Sozialdemokratie hat mit dem Verlause dieses Prozesses böse Tage erlebt, denn ihr Fechenbach, der ja zu den Größen der roten Intelligenz zählte, ist so gründlich erledigt wor- den als nur denkbar. Daher auch das krampfhafte Bemühen der „München «: Post" und des„Vorwärts", den Eindruck der Ver- Handlung möglichst abzuschwächen und zu verwischen, indem vor allem auch die Unparteilichkeit des Voltsgerichts und seiner Richter in Zweifel gezogen wurde. Der Vorsitzende sah sich wiederholt veranlaßt, scharf gegen diese Treibereien Stellung zu nehmen, er konnte dies um so mehr mit reinem Gewissen tun, als er taffächlich mit geradezu vorbildlicher Objettivi- t ä t die Verhandlung leitete. Daß durch diesen Prozeß eine wahre Eiterbeule von Preßkorruption und Landesverräteret aufgestochen wurde, haben sich die Angeklagten selbst zuzuschreiben. Außerhalb Münchens gibt es heute kaum noch einen Journalisten, der solche Sätze zu schreiben wagt. In München aber gibt es deren mehrere. So ist auch auf die»Kreuz- Zeitung " ihr Münchener Korrespondent losgelassen worden, um zu beweisen, daß Fechenbach ein Landesverräter und die bayerische Justiz die Gerechtigkeit selber ist. Dringend bittet er für seine Schutzbefohlene um besseres Verständnis: Daß auch zahlreiche bürgerliche Blätter an dem Ur- teil grundsätzliche Aussetzungen machen zu müsien glauben, zeigt, wie wenig sich diese sogenannten„Bürgerlichen " darüber klar sind, worum es der Vereinigten Sozialdemokratie bei ihrem A n- stürm gegen die bayerische Iust-z eigentlich geht. Der Münchener Korrespondent der„Kreuz-Zeiwng" gibt zu, daß in dem Berfahren„Schönheitsfehler vorgekommen find und daß das Strafmaß dem Außenstehenden hoch er- cheinen kann"— jedoch es gehe„um das Prinzip" der baye- rischen Ordnungszell«. Aber alle Bitten und Beschwörungen des Münchener Korrespondenten fallen bei der Redaktion der„Kreuz-Zei- tung" auf steinigen Boden. Gänzlich ungerührt bemerkt sie: Ueber die Bewertung des Urteils im Hochverratsprozeß Fechenbach halten wir selbst noch zurück. Da die Ver- Handlungen meist hinter verschlossenen Türen geführt werden mußten, läßt sich kein einwandfreie» Bild über Verlauf und Ausgang des Prozesses gewinnen. Daraus ist zu ersehen, daß man sich sogar in der Rcdak- tion der.Kreuz-Zeitung " über die Münchener „Journaille" seine eigenen Gedanken macht. fechenbach und die Presse. Die Berliner Preffekorfferenz, der Vertreter sämtlicher Berliner Blätter und größeren Provinzredaktionen ohne Un» terschied der Partei angehören, hat am Donnerstag mit 36 gegen Ist Stimmen folgende Ent-chließung angenommen: Ohne materiell zu dem Fechenbach-Prozeß Stellung zu nehmen, fühlt sich die Pressekonferenz durch die Urteilsbegründung in diesem Prozeß bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und in der journalistischen Existenz ihrer Mitglieder aufs schwerste bedroht. Ein Gerichtsoer- fahren, bei dem die Ablehnung vun Sachverständigen für Pressefragen mit der Begründung erfolgen kann, daß das Gericht selbst sachverständig genug sei, bietet nicht die Rechtssicherheit, unter der ollein journalistische Tätigkeit möglich
stellungen als Waren für den freien Mackt produzieren und mit dem ganzen Risiko eines Geschäftsbetriebes rechnen müssen. Der Geschäftscharakter des Theaters bewirkt die Abstufung der Plätze, die den Besitzenden ein Privileg auf die guten Plätze gibt; er bedeutet eine Verteuerung des Besuchs, weil die produzierten Waren, nämlich die Vorstellungen, in der Regel nicht restlos abgesetzt werden: d. h. es bleiben erfahrungsgemäß in jeder Vorstellung so und so viele Plätze unverkauft, und die Unkosten können nicht auf soviele Besucher umgelegt werden, wie das Theater Plätze faßt, sondern vielleicht nur auf zwei Drittel dieser Zahl. Um das Risiko halbleerer Häuser zu vermindern, wird der Leiter eines Geschäfts- theaters schließlich stets versucht, wenn nicht gezwungen sein, bei der Gestaltung seines Spielplans dem„Geschmack" jener Leute Rech- nung zu tragen, die für Kunst wenig oder gar kein Interesse haben, aber um so mehr für billige Sensationen, entblößt« Brüste und „fabelhaste" Toiletten; denn leider Gottes ist«s so, daß diese Leute heute noch die Mehrzahl ausmachen: und insbesondere die„zah- lungsfähigsten" Kreise, die edlen Kriegs- und Revolutionsgewinnler, zeigen diesen GeschiMrck. Die Organisation der tunstliebenden Kreis« der Bevölkerung zu einer Volksbühnengemeind« ist der einzige Weg, den Geschäfts- charakter des Theaters zu überwinden. Hier wird an den An- fang gestellt der organisierte Bedarf. Die Theater, die für eine Bolksbühnenorgonisation spielen, produzieren ihre Vor- stellungen nicht mehr für den freien Markt, sie brauchen mit keinem Risiko halbleerer Häuser mehr zu rechnen, sie haben es nicht nötig, durch„Kassenreißer", die auf die niedrigsten Instinkt« spekulier«,, Publikum anzulocken. Das Publikum ist da, ehe Theater gespielt wird: es erscheint als Auftraggeber des Theaters: und da es sich um eine Kunst gemeinde handelt, als Auftraggeber für die Pfleg« eines künstlerischen Spielplans. Die Organisation mit ihrer Verpflichtung der Mitglieder zum Besuch des Theaters an bestimm- ten Tagen ermöglicht es zugleich, in jeder Volksbühnenvorstellung das Haus bis auf den letzten Platz zu besetzen und so die Vor- stellungsunkosten auf ltze denkbar größte Zahl von Theaterbesuchern zu verteilen, d. h. den Theaterbesuch aufs äußerste zu oerbilligen. Endlich braucht die Volksbühne nicht die Plätze nach ihrem Werte feilzubieten: sie ist in der Loge, einen Einheitsbeitrag von ihren Mitgliedern einzuziehen und die Plätze dann unier ihnen wechseln zu lassen, so daß die guten Plätze aufhören, eine Vorrecht der Ve- mitteilen zu sein... � Nicht zu übersehen ist auch, daß die Volksbühne ihren Mitglie- dcrn, die ja Träger aller Veranstaltungen sind, auch ein Mit- be stimmungsrecht über alle Darbietungen einräumt und da- durch eine neue, enge Verbindung zwischen ihnen und dem Theater anbahnt: daß sie das Haus mit einem Publikum füllt, das von einem einheitlichen Kulturwillen beseelt ist, und daß sie damit die Vorbedingungen für eine viel einheitlichere Stlm- mung im Theater, eine viel größere Andacht schafft. Rur durch die Organisation der Theaterbesucher kann das Theater semes Geschäftscharakters entkleidet und auf«ine gesicherte materiell« Grundlage gestellt werden(allerdings unter Verzicht auf alle Luxuskulturl): nur so ist es künstlerisch zu heben und zum Aus- druck eines neuen Gemeinschaftsgefühls zu machen: nur dadurch wird de« Masse« de» Volle» Einfluß auf da» Theater gegeben und
kst. Das Bedenklichste in der Urteilsbegründung aber ist der Satz. daß„Deräfsentlichungen über geheime Waffenlager and bewaffnete Organisationen immer dann als Landesverrat anzusehen seien, wenn ausdrücklich gesagt oder auch nur durch Stillschweigen der An- schein erweckt wird, daß eine Regierung diese Dinge begünstige". Würde diese Rechisauffassung allgemnn gültig, so liefe jeder 3our- nalist Gefahr, wegen der Berichterstattung über reichsgesehlich ver- Halene Znstiiutionen nnd wegen der Krilik an Regierungsmaßnahmen als Landeso irräter verurleilt zu werden. Da eine Berufungsinstanz vor dem Bolksgericht nicht gegeben ist erwartet die Pressekonferenz vom Reichsjustizminister eine schleunige Klärung der Rechtslage und Maßnahmen zur Eiche- rirng der von neuem bedrohten Pressefreiheit. Den Unterschied zwischen der Presse tmd der Journaille kann man an der Art erkennen, wie die Mden zum Fechen- bach-Prozeß Stellung nehmen.
Anklage gegen Traub. Das auf Grund des Gesetzes zum Schutze der Republik gegen den bekannten deutschnationalen Pfarrer Traub eingeleitete Wer- fahren wegen Beleidigung des Reichspräsidenten und der Reichsminister ist in der Voruntersuchung zum Abschluß gelangt. Der Oberreichsanwalt beantragt Eröffnung des Haupt- Verfahrens vor dem süddeutschen Senat. Ein Helfer der Rathenau -Mörder. Der Staatsgerichtshof hat jüngst, wie gemeldet, gegen zwei Personen wegen Begünstigung der Rathenau -Mörder Fischer und Kern verhandelt. Aus Lenzen a. d. Elbe wird uns dazu ge- meldet, daß es dort allgemeine Verwunderung erregt, warum nur dies« beiden Personen unter Anklage gestellt worden sind. Kern und Fischer sind bekanntlich auf ihrer Flucht durch Lenzen gekommen und wären dort auf ein Haar verhaftet worden. Daß sie aus Lenzen entkommen konnten, verdankten sie nach allgemeiner Ansicht der Bc- völkerung der Beihilfe des pensionierten Postsetretärs Busch in Lenzen. Busch hat Fischer und Kern in seiner Wohnung be- wirlct, er hat weiter versucht, bei dem Hauptmann a. D. Schulz Geld für die Flüchtlinge zu leihen, er war ihnen bei der Be- schaffung neuer Kleidungsstücke behilflich und gab schließlich den beiden Mördern, als ihnen die Polizei bereits auf den Fersen war, den Wink, zu verschwinden. Während nämlich Fischer und Kern noch im Hotel„Zur Sonne" saßen, war Busch in seiner Wohnung verhaftet worden. Auf dem Transport nach dem Polizeigefängnis kam er an dem Hotel„Zur Sonne" in dem Moment vorbei, als die Mörder Fischer und Kern dort zu Mittag aßen. Kaum war Busch oorbeigeführt worden, als Fischer und Kern sofort das Hotel unauffällig verließen, was ihnen gelang, weil außer ihnen nicht einmal der Wirt im Zimmer war. Sie entkamen dann über die Elbe . Der Polizist Belz, der hinter Busch ging, erinnert sich nun. daß Busch im Vorbeigehen Fischer und Kern durch eine eutsprechende Kopsbewegung einen Wink gegeben habe. Belz ist diese Bewegung aufgefallen, er konnte sie sich aber nicht sofort erklären, weil ihm der Aufenthalt der beiden Mörder im Hotel.Zur Sonne" damals noch unbekannt war. Es steht dagegen fest, daß Busch den Auf- enthalt der beiden Mörder im Hotel„Zur Sonne" konnte. Alle diese Tatsachen find sofort durch den Bürgermeister Scheel festgestellt worden. Busch wurde daraufhin als Gefangener nach Berlin transportiert. Ferner wurde der Bürgermeister zur Bericht- erstattung nach dem Berliner Polizeipräsidium berufen: er gab dort die mitgeteilten Tatsachen zu Protokoll. Zur allgemeinen Verwunderung wurde Busch aber schon nach einigen Tagen nach Lenzen aus der Haft entlassen. Bon einem Verfahren gegen ihn hat man nichts mehr gehört. Sollte wirklich der Mann, der die beiden Haupttätcr beherbergt hat, außer Verfolgung gesetzt worden sein? Eine Aufklärung dieser Angelegenheit ist dringend notwendig. « Wegen Beleidigung des Staatsgerichtshofs zum Schutze der Republik hat Oberpräsident Hörsing den„Eisfelder An- zcigcr"(„Worbiser Tageblatt",.Worbiser Zeitung und Kreis- b l a t t") auf die Dauer von drei Wochen, und zwar vom 25. Oktober bis 1. November, verboten.
zwischen ihnen und der Kunst jene eng« Verbindung hergestellt, ohne die beide Teile nicht gedeihen können. Es kommt nicht nur aus ein« Verbilligung de» Theaterbesuchs an: eine Erneuerung des Theaters ist not. Di« Volks- bühne zeigt den Weg dazu. Deshalb sollten Gewerffchasten, Betriebsräte, Bildungsaus- schüsse usw. vorsichtig sein, wenn sie ihre Kraft für die Besorgung billiger Vorstellungen einsetzen. Das Wichtigste ist, d i e D o l k s- bühnenorganisation z u stärken und zu fördern. Es ist richtig, daß nicht immer in die Volksbühne alle aufge» nommen werden können, die sich melden, weil es zeitweilig an der Möglichkeit fehlt, noch mehr Mitglieder unterzubringen. Aber zeigt eine große Masse von Voranmeldungen, daß das Interesse für den. Verein in weite neue Kreise gedrungen ist, so gibt des dem Verein die Möglichkeit, neue Vorstellungen zu pachten, eventuell avch neue eigene Theater in Betrieb zu nehmen. In dieser 5)ins!cht ist die Ausdehnung des Vereins in keiner Weife bc- schränkt. Deshalb ist es verkehrt, das Interesse von der Volks- bühne damit abzulenken, daß man sagt: sie kann keine Mitglieder mehr annehmen. In beschränktem Umfange erfolgt die Aufnahme neuer Mitglieder stets, und ist die Zahl der Anmeldungen so groß, daß viele zunächst zurückstehen müssen, so können die Abgewiesenen mit Wahrscheinlichkeit wenigstens zum Beginn der neuen Spielzeit Aufnahme finden. Di« Berliner Arbeiterschaft kann stolz darauf sein, daß sie aus eigener Kraft heraus die Volksbühne schuf. Aber es gilt nun auch, das Werk wcitorzutragen und fortzuführen. Das ist die wichtigste Aufgabe aus kulturellem Gebiet!
Ein vom Pech Derfolqker. Das„Amtsblatt für den Stadtkreis Frankfurt a. M." veröffentlichte cm 20. Ottober eine„Amtliche Lifte der gemäß§ 53, Ziffer 12 der Gewerbeordnung vom Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen im Umherziehen und vom Verkauf an Jugendliche unter 16 Jahren ausgeschlossenen S ch u n d l i t e. ratur." Reben der„Dirnenkönigin von Tahiti ", dem„Liebeslebcn einer Kellnerin",„Hannibal Blunk, der Schrecken der Verbrecher- weit" usw. enthält diese Liste unter Nr. 10 verzeichnet:„Deutsche Taten", begründet von Pros. Dr. K a r l Brunner. Dieser Karl Vrunner, der hier als Gründer polizeiwidriger Schundliteratur auf einer amtlicken Kiste erscheint. Ist kein anderer als der Sachverständige für Schundliteratur am Berliker Polizeipräsidium, der durch den„Reigen". Prozeß zu europäischer Berühmtheit gelangte Sittllchkeits-Brunner. Wir sprechen unserm alten, andauernd vom Pech verfolgten Ge» schäft-sreunde unser herzlichstes Beileid aus und geben zugleich der festen lleberzeugung Ausdruck, daß Ihm auch aus diesem Schicksals- schlage keinerlei amtliche Unar nehmlichteiten erwachlen werden. Der Mann ist unersetzlich. Wenn wir ihn nicht besäßen, müßte er erfunden werden, von einem blutigen Satiriker. Emil Orlit lvrlcht am 2. November, abends 8 Ubr, für den Freundes- kreis der Bibliothel des KunllgcmcrbcmuleumS Im Hörsaal. Vrinz-'AibreSt- Straße 7», über:.Reise eines MalerSinJapan". mit gilbt- biidern und eine? Ausstellung japanischer Kunstiverle. Köile nach vor- heriger?s-:-eldm-g a der Bibliothek de» KunitgewerbemuseumS will- tornmoi.