Nr. 542 39. Jahrgang
Beilage des Vorwärts
Was Bücher erdulden müssen.
Invaliden in den Bibliotheken.
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„ Bücher haben ihre Schicksale", und mitunter sind sie traurig.| Rückfrage die Antwort vom Berleger: Kann wegen der hohen HerWie traurig, das würde sich zeigen, wenn unsere Boltsbüchereien stellungskosten nicht neu aufgelegt werden. So wird die Cottasche einmal eine Ausstellung ihrer Invaliden" machten. Wie sehen sie Jubiläumsausgabe von Goethes Werfen nicht mehr gedruckt nur oft schon nach einem halben oder nach einem Jahr aus, sie, die einst eine Auswahl erscheint-, und zahlreiche der vielgelesenen Reisestattlich im schmucken Berlegerband oder in dauerhaftem Bibliotheks Halbleinen, foftet heute 200-300 21. Das bedeutet, daß die Buchbeschreibungen werden ganz vom Markt verschwinden. Ein Einband, band ihre Wanderung ins Publikum antraten? Ach, es geht ihnen binderkosten den Etat der Büchereien nahezu verschlingen. Und je oft herzlich schlecht, und sie werden zuweilen nicht sehr zart angefaßt. fchonungsloser die Bücher behandelt werden, desto mehr geht auf Besteht doch bei vielen unserer Leser die liebe Gewohnheit, den Umbinden, auf Reparaturen drauf. Man ist an den Stoßfeufzer der Büchern den Hals umzudrehen, d. h. sie aufzubrechen, um sie recht Lefer gewöhnt:„ Ach, was man haben will, ist niemals da." Ja, bequem lesen zu können. woran liegt das eigentlich? Nicht zum wenigsten daran, daß ein großer Teil der Bücher immer zum Ausbeffern oder zum Umbinden beim Buchbinder ist.
Erbarmungslose Lefetiger.
Im Regen, im Schnee werden sie spazieren geführt ohne Schützende Hülle. Was schadet's denn, wenn ein Buch naß wird! Man schützt feine Kleider, feine Hüte, man geht mit seinen Gläsern und Tassen vorsichtig um, aber Bücher behandelt man lieblos. Und doch find sie empfindlich, und doch haben gerade sie eine Seele. Nein, fie vertragen es nicht, in eine Martitafdhe zusammen mit Fett, mit Pflaumen oder Blaubeeren gepadt zu werden; sie lieben es nicht, mit fetten, mit schmuhigen Händen angefaßt zu werden, und„ Eselsohren" tun ihnen ganz gewiß weh. Ich weiß nicht, ob die Deutschen immer effen, wie es neulich ein Amerikaner behauptet hat, aber wenn fie lesen, effen fie anscheinend immer; die Bücher unferer Büchereien zeugten wenigstens davon. Spuren der verschiedensten Mahlzeiten, Fett-, Kaffee-, Marmeladefleden, Semmel-, Brofrefte, alles findet man darin. Wie überflüssig sind die mehr oder weniger geistreichen Randbemerkungen, mit denen viele Leser unsere Bücher zu ver zieren pflegen! Die meisten lesen ja ein Buch, um die Meinung des Autors tennen zu lernen und nicht die des Herrn X oder 3. Wenn ein eifriger Strindberg- Lefer den Autor an Frauenhaß übertrumpfen will, fo mag er doch seinem Ingrimm auf andere Weise Luft machen, als daß er ihn mit Kopierstift in ein Buch eingräbt, das ihm nicht gehört. Und fann man seine Uebereinstimmung mit Goethe gar nicht anders dokumentieren, als daß man Zeile für Zeile unterstreicht? Märtyrer des Wissens.
Die meisten Menschen sind nicht mehr in der Lage, sich Bücher zu laufen; die Bibliotheken fönnen aus Mangel an Mitteln ihren Aufgaben nicht in vollem Umfange gerecht werden. Es ist also dringendste Pflicht jedes Benüters einer öffentlichen Bücherei, die vorhandenen Bücherschäße nicht durch Rücksichtslosigkeit und Unachtfamfeit noch mehr zu gefährden, als sie es ohnehin schon sind.
Der Mann, der die Tür öffnet.
Donnerstag, 16. November 1922
bühnengemeinden Hunderttausende nach schweren Arbeitstagen seelisch aufrichten und erfrischen, auch das geht heute schon geschichtlich zurück auf die Schöpfung jener Freien Bühne, für die einst der Name Gerhart Hauptmann führend und seine Kunst die Lojung war. Wenn heute seit langem zum erstenmal wieder der so nehmen auch wir diesen hellen Schein als stärkenden Trost in Name eines deutschen Dichters weit über alle Welt hin aufleuchtet, der Zeit schweren deutschen Schicksals und als Vorboten einer fichteren deutschen Zukunft."
Annahme der Gewerbesteuer.
langem Hängen und Würgen die Berliner Gewerbesteuer unter Dach Der städtische Gewerbesteuerausschuß hat gestern endlich nach und Fach gebracht. Sie wurde mit den Stimmen der Sozialdemo fraten, der Deutschen Bolkspartei und des Zentrums angenommen. Die Demokraten scheinen sich seitwärts in die Büsche schlagen zu wollen. In ziemlich langwieriger Beratung fam ein Kompromiß zustande. Die prozentualen Zuschläge sollen in folgender Staffelung erhöht werden: Klaffe 1 auf 3800 Proz.
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u 144 m. des staatlichen Steueranfages nur die bisherigen Bon diesen Beträgen sollen in der 3. Klasse bei der Stufe bis Beiträge erhoben werden. Bei allen anderen Steuerpflichtigen der Klaffen 2 und 3, die Inhaber von Einzelfirmen oder Handelsgesellschaften find, also ihr Gewerbe persönlich betreiben, follen 1000 m. der Steuer abgesetzt, in der Klasse 1 sollen einheitlich weitere 6000 m. abgefeht werden. Das Gesamtergebnis der Steuer wird schägungsweise etwa 30 bis 40 millionen Mart weniger Verbrechen. Ein eleganter junger Menich öffnet eine Tür Nur eine offene Tür trennt oder verbindet die Gefellschaft vom betragen, als im Voranschlag des Magistrats vorgesehen war. fonst Immerhin wird mit etwa 1,8 Milliarden Ergebnis aus dieser Ernichts und wird zum Verbrecher an der Heiligkeit des Besitzes. höhung der Gewerbesteuer gerechnet werden können. Es ist anzuDie Tür zum Verbrechen ist jederzeit offen, der berühmte Fehl- nehmen. daß das Schicksal der Gewerbesteuer, wenn sie heute zur tritt ist eigentlich ein Fehlgriff auf die Türklinke. Ein scherz- Abstimmung tommt, nur von wenigen Stimmen abhängen hafter Einfall vor allzu willigen Dhren geäußert wird, da zweifellos bei der Volkspartei eine ganze Reihe ihrer Mitverschlingt wieder einen Angeklagten. glieder sich an der Abstimmung nicht beteiligen werden. Bekanntlich verfiel die Steuer schon bei der ersten Magistratsvorlage der Ablehnung durch eine Zufallsmajorität.
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Diebstahls zu verteidigen hat, verkehrte viel im Bühnenklub, einem Der elegante junge Mann, der sich vor den Schöffen wegen bekannten Rendezvousplatz vornehmer Stadtpelze, deren Inbaber Manche Menschen rücken den Büchern noch weit energischer zu fie das tun, hängen besagte Pelze in der Garderobe, die in einem sich dort in wohligen Näumen am Kartenspiel ergögen. Während Scibe; fie reiken Seiten aus, Eden ab, entfernen Illustrationen. Korridor untergebracht ist. Der elegante und bisher unbescholtene Man denke sich Heffes„ Gertrud", feine„ Roßholde", man dente fich Reyferlings feine, 3arte Gestalten, man dente sich Schaeffers Josef junge Mann fand, daß die Garderobe leichtfertigerweise unbeschützt Montfort", den eleganten Ravalier und Abenteurer, so verschandelt. fei und äußerte ebenso leichtfertigerweise seine Verwunderung dar Ist das der Respekt, den wir Deutschen angeblich vor dem Buch über in einem Freundeskreis. Die Freunde von eleganten jungen haben? Verdienen es unsere Klassiker, verdienen es Keller, Raabe, Männern rflegen mitunter reçelmäßice Frequentanten jener offenen Storm nicht besser? Kann jemand, dem ein Buch wirklich etwas Tür zu sein, die vom gefeßlichen Besitz zur ungefeßlichen Besit bedeutet, so mit ihm umgehen? Bei Kleidern ist man darauf bedacht, nahme führt.„ Er möge doch' mal zu einer bestimmten, geeigneten daß sie Fasson behalten, bei Büchern nicht. Aber auch Bücher ver- Stunde die Tür zu schließen vergessen!" Er tat es. Er öffnete fieren ihre Fasson, wenn man alles mögliche hineinlegt, was nicht die Tür und lam- nach Moabit. hineingehört. Manche Büchereien haben wahre Reliquiensammlungen non all den Dingen, die als Lesezeichen in Büchern gefunden worden Fud: Streichhölzer, Zahnstocher, Haarnadeln, Brillenfutterale, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Stumm erduldet unser Buch das affes. Aber wenn es reden fönnte, würde es gewiß einige Glossen über diese Welt machen, in der soviel verboten und bestraft wird, in der ten Kind den Rafenplag einer öffentlichen Anlage betreten dark, ohne daß die Polizei hinterherläuft, in der aber das Mikhandem, von Büchern so ziemlich ungestraft bleibt. Berwundert würde es fragen, mo denn das Gemeinschaftsgefühl steckt, von dem soviel die Rede ist. Denn die Bücher der öffentlichen Bücherei gehören der Gemeinschaft, und die Gemeinschaft wird geschädigt, wenn die Bücher uiniert werden. In wie hohem Maße das namentlich bei den Jezigen Berhältnissen der Fall ist. mo die Mittel der Büchereien nicht annähernd im Verhältnis zu den Bücherpreisen gestiegen sind, darüber ein paar Morte.
Bücher- und Einbandpreise.
Meines Bändchen der Inselbücherei früher 0.50 m., iegt 160 m., ein Ein Reflambändchen foftete früher 0,20 m., jetzt 60 m., ein Band aus der Bibliothek der Romane des Infelverlags früher 3 m., jekt 900 m. Aber was noch schlimmer ist, viele Bücher werden überhaupt nicht mehr aufgelegt, und in nicht wenigen Fällen kommt auf
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Die Welt ohne Sünde.
Der Roman einer Minute von Vidi Baum. Anselm ließ sich neben ihm im feuchten furzen Grafe nieder, es ducte sich freundlich in seine Handflächen. Nun hast du fie scheu gemacht; jetzt ist sie still," sagte Egidius vorwurisvoll.
Wen denn?"
" Die Grille. Ich höre ihr lange zu; fie ist sonst zutraulich zu mir; ich liege jeden Abend ein bißchen da, sieh, hier ist das Grillenloch. Man schläft so gut, wenn man am Abend einer Grille zuhört."
" Ja," sagte Anselm, aber er dachte an etwas anderes. Gleich darauf hörte er das Grillenlied. Es ging wie die Stille selbst, so gleich und gleich.
Bier Belze wurden gestohlen. Die eigentlichen Täter wurden nicht ermittelt; der die Tür öffnete, mußte alles zugeben. Wegen Mittäterschaft berurteilt beschlossen und verkündet..."
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Besonders bezeichnend ist es aber, daß die Demofraten, die mit Vorliebe sich als so verantwortungsfreudige Bolitiker fonnten. Man wird sich das merken müssen, wenn von dieser Seite gebärden, sich nicht zur Annahme der Gewerbesteuer entschlichen gaben ohne Deckung" usw. kommen sollten. Grundsätze sind sehr wieder die üblichen Tiraden über finanzielle Miswirtschaft,„ Ausfchön, namentlich dann, wenn man sie anderen predigt und selbst nicht hält.
Umfang angenommen, Die Erhöhung der Gewerbesteuer infolge der Geldentwertung hat in den preußischen Großstädten allgemein viel größeren den westdeutschen Städten sind die ursprünglich als für Berlin vorgesehen ist. J17 ten Beträge zum Oftober allgemein verdoppelt worden. veranlag Einzelne Städte sind bereits zum Zweieinhalbfachen der an fänglichen Beranlagung angelangt, und dies, obwohl bekanntlich gerade die Gewerbesteuer in den anderen Städten schon nach den Haushaltsentwürfen meift wesentlich höher beschlossen war als in Berlin . Auch bei den Wertstarifen fann Berlin , was im gestrigen Abendblatt ausführlich dargelegt wurde, den Bergleich mit den anderen preußischen und deutschen Großstädten vertragen.
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Helft unseren Schwerhörigen!
Berlins Glückwunsch an Gerhart Hauptmann . Oberbürgermeister Böß und den Stadtverordnetenvorsteher Dr. Auch die Berliner städtischen Behörden, vertreten durch den Caspari, richteten an den 60jährigen Dichter folgenden warm empfundenen Glückwunsch:" Mit tiefem Dank grüßt heute das vier Jahren zu dem Zweck aegründet, durch volitische und wirtDie Schwerhörigengruppe ist in unserem Bezirksverband vor deutsche Volk den schlesischen Dichter, dessen Werk nun über ein schaftliche Vorträge jene bedauernewerten Leidensgenossen vor Menschenalter deutsches Wesen und deutsche Heimat immer neu völliger Indolenz zu bewahren. Nach der Etatisiit beträgt die An spiegelt: den Dichter der Deutschen . Ihm, der auf der Freien zahl der Schwerhörigen ein Prozent der Bevölkerung, wovon heute Bühne in Berlin seinen Weg begann und in meisterlichen Dramen erit der fleinfte Teil durch unsere Gruppe erfaßt ist. Dies könnte und Komödien auch Antlitz und Gestalten der Weltstadt, sowie Men- anders sein, wenn den Schwerhörigen ein brauchbarer Vielhörer der heute in unserer Stadt, feiner zweiten Heimat, feinen 60. Ge- Der jetzt zur Verfügung stehende Apparat älterer Konstruktion mit schen und Landschaft um Berlin hellen Auges dichterisch erschaute, zur Verfügung stände. Seit Jahren hat die Gruppe sich bei der Stadtverwaltung darum bemüht, ohne damit Erfolg, aut haben. burtstag begeht, senden die städtischen Behörden herzliche Glück nur 24 Anschlüssen genügt feineswege. wünsche und frohe Grüße. Daß die heute nicht nur in Berlin , außerdem mehr, als die Echwerhörigen bezahlen können. Seine Benutzung foſtet sondern in vielen Städten des Deutschen Reiches blühenden Bolts- Schwerhörigen wenden sich deshalb an die Parteigenossen und an Die
blühenden Schafgarben gestützt hatte und lauschte. Anfelm| wenn du deine dreckigen Kohlenhände zumachst, dann spürst verschränkte die Arme unter dem Kopf, da spürte er die Erde du die Luft zwischen den Fingern; so ist das. Und was macht an seinem Pulsschlag atmen. Er lag mit offenen Augen dem Christina?" fragte er plöglich unvermittelt. Himmel hingegeben und atmete im Taft der Erde und des ist Frieden, Egidius." Grillenliedes. Später schloß er die Augen und flüsterte: Jetzt
Wohnung der tieinen eifrigen Sängerin und schwieg. Egidius faltete die großen Hände wie ein Dach über der Es weinen noch viele, dachte er. Der Feldweg trug noch den loderen Staub des furchtbaren Geschehens, das einmal einen Ort zerrissen hatte, mit all feinen Häusern, Menschen, Zäunen, verwüsteten Laubengärten, zertrümmerten Schnapsläden. Durch den Wegstaub wanderten lange Schritte einher; ein sich ein wenig aus dem Gras. Gleich darauf fiel ein dünner Lieb flog vorauf. Horch! Lorenz!" sagte Anselm und hob Mondschatten in die halbe Dämmerung am Rain.
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,, Abgedient!" rief Lorenz schon von weitem und schwenkte " Wie war es damals?" fragte Anselm leise und ver- ein festliches Ding in der Hand, ein Stödchen mit Blumen und graben. Wie fonntest du es tun, damals, daß du über den Bändern, einen dünnen, luftigen Wanderftab. Abgedient und Fluß gefommen bist? Egidius?" Egidius hob sein Gesicht vorbei! Ein Vierteljahr Kohlengraben! Jetzt fönnen wir aus der Wiese, es rann ein menig Mondlicht daran hin, er unseren Weiberchen einheizen zum Winter und dem fleinen lächelte, aber antwortete nicht. Da sah Anselmus, daß er Krabbelzeug graues Haar hatte. Er hob die Hand, als wolle er es streicheln, werden. so schlimm wie im Vorjahr soll es nicht aber er sentte sie wieder. Wie alt bist du?" fragte er. " Rommst du nom Bergwerf?" fragte Anfelmus und stand Bruder, wie alt wir sind, das haben mir alle vergessen," auf, schaute froh in das frohe Gesicht und griff nach der harten fagte Egidius; und etwas später die Grille schöpfte Atem- Hand. Wie geht es dort?" fagte er noch: Auch Linde ist grau geworden." Was macht Linde?"
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Alles. Du trifft fie in jedem Haus. Einen Monat lang machte sie freiwilligen Dienst bei den Geschlechtsfranten in der Barade. Vorige Woche betam Christine ein Kind, da half fie. Jeht wollen die im Frauenhaus weben lernen, dort steckt fie nun."
Betam Chriftine wieder ein Kind?" fragte Anselmus und begann leise zu lachen.
" Ja," fagte Egidius und wurde auch vergnügt. Chriftine ift prächtig. Sie hört nicht auf, jedes Jahr ihr Kind zu friegen. In acht Tagen läuft sie wie er herum und hilft den anderen gebären. Ihre neun find im Mutterhaus und machen unbändigen Lärm. Zwei fönnen schon bei den Gänsen helfen." Weiß sie denn diesmal den Bater?"
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" Ach nein; fie friegt ihre Rinder wie ein Apfelbaum Mepfel. Sie blüht einmal im Jahr und trägt einmal im Jahr. Horch, fei stille: nun singt die Grille wieder..."
Anselm drehte fich langsam, bis er auf dem Rücken im feuchten Gras lag neben Egidius, der die Ellbogen in die
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Sie hat ihr Kind gefriegt."
Hat sie ihr Kind gefriegt?" fagte Lorenz und lachte tief in fich hinein. Die ist tüchtig. Und weiß sie denn diesmal den Bater?"
Anfelmus schüttelte lächelnd den Kopf.
" Dann will ich es dir sagen," schrie Lorenz und trommelte sich mit beiden schwarzen Kohlenfäuften auf dre Schenkel. Dann will ich es dir sagen: ich bin es. Diesmal bin ich der Bater, und es foll nur ein anderer fommen! Ich bin es!" Wie kommt denn das, Lorenz?. Und freust du dich
so sehr?"
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" Wie das kommt das ist eine lange Geschichte. Das ist noch eine Geschichte aus der alten Zeit, meißt du, man spricht von so was nicht gerne. Nun siehst du, bir sage ich, wie es kommt. Das ist lange her, und damals gab es doch so ein großes graues Haus am Fluß, und da hatte das Komitee mich hingeschickt, da hockte ich tagelang im Keller mit einem von den gewiffen Rontatten- es ging um die Brücke, weißt du, menn da die Armee fam, sollte gesprengt werden. Aber es war noch nichts von Armee zu sehen, da gab's einen Schlag und dann war lange nichts. Wie ich wieder zu mir fam, da hatte ich ein Loch im Kopf und allerhand Schönheitsfehler, und das Haus war eingestürzt und der Keller zugeschüttet, und mein Kontattchen taugte nichts und die Brücke war auch schon fort, das erfuhr ich später. Und in dem zugefchütteten Keller brannte ein kleines Lichtchen, fo ein blauer Börrieszünder, und neben dem Lichtchen saß Christina und hatte einen Lappen in der Hand und wusch mich ab wie ein fleines Kind, und lachte dabei, obwohl es nicht zum Lachen war an diesem Tag. Nachher schrie etwas wie eine fleine Sage im Wintel, und da holte fie einen Säugling her, der war in Christinas Hemd eingewickelt, und einen, der war nur in altes Druckpapier genadt, und dann nahm sie alle beide zugleich, jedes on eine Bruft, und da tranLorenz der Siedlung zu. Anfelmus mintte Egidius einen Gruß zu und ging neben fen fe und dann schliefen sie ein. Siehst du, so fah ich Christina juchate er dazwischen, und wenn er schwieg, dann sang er ein trinken, während mir anderen starben vor Hunger." Kannst Lorenz erzählte und manchmal zuerst, wie sie dasaß mit den beiden Jungen und lies affe beide wenig mit geschloffenem Mund, und dann wieder riß er den du denn noch Stillen in diefer Beit und gleich zmei?" fragte Mund auf und atmete groß. ich, weil ich mich wunderte. Da fagte fie: Bier, wenn es fein Nein, das lernst du in feiner Schule. Nichts ist Luft. Aber her,.d mir würben ja zu viele megfterben, wenn ich ihnen Weißt du, was Luft ift, Bruder? muß," und lachte dazu. Ich bin ja Hebamme," fagte fie nach tomme du mal aus so einem Kohlenloch hervor: auf einmal nicht zu trinken geben fönnte; die Mütter haben es ja verweißt du, was Luft ist. Du riechst sie, du schmeckt sie, du hörst lernt nor Hunger. Aber ich habe noch was zuzusehen. fie, es fauft so an den Ohren vorbei, und die werden heiß, und ( Fortsetzung folgt.)
" Berdammt geht es dort, Ramerad," sagte Lorenz; er hatte eine helle Stimme, die nicht zum Leisereden zu gebrauchen war. Es ist Regenwürmerarbeit; aber nun: fie muß getan werden. Gestern sind fünftausend Neue angerückt, Freiwillige. macht mans freiwillig, siehst du, dann tut der Buckel nicht so weh und du friegst teinen Lungendampf. Früher hätte mich einer zwingen follen, neun Stunden da unten zu fragen. Aber jetzt: man bat fein Bierteljahr hinter sich, da hat man sein gutes Gewissen. Nun tommt man heim- heimkommen ist schön, Bruder. Und ist hier Neues[ ns?"
„ Luft!" sagte er.