Länder und Gemeinden benötigten für diese Zeit für u n- verzinsliche Baukostenzuschüsse eine Summe von mindestens 12 Milliarden Mark; um diesen Betrag zu ver- zinsen und zu tilgen, wären jährlich 960 Millionen Mark er- forderlich, während die vorgeschriebene Abgabe nur 480 Mil- lionen Mark bringen konnte. In den Ländern und Gemeinden setzte deshalb auch gleich der Kampf um eine höhere Ab- gäbe ein. Im März 1922 hat der Reichstag eine Erhöhung des Abgabesatzes von 10 auf S0 Proz. des Mieterträgnisses genehmigt. Bon diesem Abgabeertrögnis sollte der erforder» liche Teil für Berzinsung und Tilgung der Schulden, und der andere Teil direkt für Baukostenzuschüsse verwendet werden. Mittlerweile waren aber die Baukosten so gestiegen, daß auch dieser Betrag nicht ausreichte. Einzelne Länder und Gemein- den sind auch weit über diese Sätze hinausgegangen. Wie weit das Gesetz den Verhältnissen hintennachhinkr, geht daraus hervor, daß in verschiedenen Ländern die Sätze bis auf 800 Proz. der Friedensmiete, also aus das 6fache des reichs- gesetzlichen Betrages erhöht wurden. In einer großen Zahl von Städten wurden sogar diese Sätze noch überschritten und reichen trotzdem nicht aus, um die Bauten weiterzuführen. Bei der Einführung von höheren Sätzen, als sie vom Reich vorgeschrieben sind, stößt man natürlich in den Landes- und Gemeindeparlamenten auf große Schwierigkeiten. Es ist des- halb dringend notwendig, daß die Reichsgesetzgebung für die erforderliche Höhe der Abgabesätze sorgt. Unter den jetzigen Verhältnissen werden die Städte gezwungen, die größten Opfer zu bringen, um weiter bauen zu können, während den Landgemeinden die Abgabe nicht höher festgesetzt wird als gesetzlich notwendig ist: der Bevölkerungsüberschuß wird nach den Städten abgeschoben. Der Abgabesatz muß deshalb möglichst einheitlich und so hoch bemessen sein, daß die eingehenden Summen ausreichen, um wenigstens den dringend st enWohnungs- bedarf decken zu können. Bis jetzt konnten wir nicht einmal soviel bauen, als dem normalen Zugang an Wohnung- suchenden entspricht. Wenn wir den Abgabesatz dem gesunkenen Geldwert an- anpassen, darf uns die Höhe der Summe nicht schrecken; denn eine genaue Untersuchung wird uns zeigen, daß heute alle schaffenden Stände, gemessen an ihrem Einkommen, weniger für ihre Wohnung aufwenden als im Frieden. Auch dann, wenn wir der Grundmiete all« die erforderlichen Beträge für Eebäudeunterhaltung. Steuern und Betriebskosten zusHagen und eine Wohnabgabe erheben, die ausreicht, um etwa 1S0 000 Wohnungen im Jahr zu bauen, zahlen wir noch nicht ein Viertel von dem, was wir bei freier Wirtschaft zahlen würden. Wohin aber die freie W i r t s ch a s t in einem Land mit sinkendem Geldwert fübrt, zeigt uns die Entwicklung der Preise auf allen anderen Wirtschaftsgebieten. Auch ein Bei- spiel aus Oesterreich ist lehrreich: Aus Wien kam kürzlich die Nachricht, daß sich die dortigen Hausbesitzer geeinigt haben, die Mieten auf dos 1 9 0 0 f a ch e vom Friedenssatz festzusetzen. Wenn wir auf dem Wohnungsmarkte die Freihest zulass-n, dann werden wir die Oesterreichsr bald überholen.
Deutlcb-Gberstblesien wählt. Am Sonntag finden in Oberschlesien die Wahlen zum Reichs- tag und Landtag statt. Wenn am Montag die Resultate bekannt werden, wird ein großes Geschrei über die angebliche Niederlage der Sozialdemokratie sich erheben— das kamt man schon heute vorhersagen. Denn die Sozialdemokratie hatte in Oberschlesien bis- her sechs Reichstags- und acht Landtagsabgeordnete, und wenn die jetzigen Wahlen günstig ausfallen, wlrd sie danach zwei bis drei Reichstags- und drei bis vier Landtagsabgeordnet« haben— einfach deswegen, weil durch den Genfer Schiedsspruch Deutsch-Oberschlesien etwa die Hälfte seiner Wählerzahl verloren hat. Die an Polen überwiesenen Gebiete umfassen gerade die industriellen Teile des Landes. Dazu kommt, daß in vberschlesien feit den Revolutionswahlen von Januar/Februar 1919 nicht gewählt worden ist und daß leider dort, wie ini ganzen übrigen Deutschland , seither unter dem Druck der jetzt erst überwundenen Spaltung und anderer
„Die Zeit wirö kommen". (Erstaufführung im Zentraltheater.) Das Drama Romain Rolland s, ein Jahr nach dem Burerrtrieg geschrieben, endet mit dem trostreichen Bibelwort, die Zeit wird kommen, in der die Schwerter zu Sicheln und Pflug- scharen werden. Zwölf Jahre darauf begann der Weltkrieg, entsetz- licher, grausiger, ausschweifender als der lokalisierte' britische Unter- drückungsfeldzug gegen die Buren, der den französischen Pazifisten zu seiner Anklage gegen den Krieg getrieben hat. Jene tröstliche Loraussage war also falsch, doch man hört gern die Flöte de» Frie- den? und die Prophezeiung von dem Eisen, das nur der Erde, nichr den Menschen Wunden reißen soll, wenn man vier Jahre furchtbaren Krieg hinter sich hat und die Folgen vier Jahre später noch in wachsendem Druck, in wirtschaftlicher � und moralischer Fäule spürt. Man hört aizch gern die Worte, daß die Welt nicht schlecht sei. daß nur wir sie dazu machen: doch im Innern erhebt sich der Einwand: Was ist die Welt ohne uns? Etwas Lebloses. Gleichgülliges. Alles ist schön oder häßlich, gut oder schlecht nur durch unsere Augen, durch unser« Sinne: und die werden allzu häufig durch Haß oder Leiden- schaft oder Liebe getrübt. Der Mensch ist gut? Er soll gut sein. er soll gut werden, und daran mitzuarbeiten ist die schöne Auf- gäbe aller Edelsinnigen. Rolland predigt, daß der Mensch da» Brudermorden verabscheuen soll, auch wenn es sich um vaterlön- dische Interessen handell. ähnlich wie der Russe Werestschagin durch feine Kricgsgemäld« den Abscheu vor dem Menschenschlachten wecken wollte im Gegensatz zu denen, die den Krieg als Stahlbad und Wecker männlicher Tugenden preisen. Das Rollandsche Schausvi-l ist ein Tendenzdrama, keine Dichtung, doch mit dichterischen Einzel- heiten. Ein Schlüsseldrama fast, bei dem mehr das Suchen nach Beziehungen zu wirklichen Persönlichkeiten das Interesse wachhält als die inneren Vorzüge. Kein Wort gegen«in Tendenzdrama, aus das hochmütig nur der herabblicken kann, dun kein brennend Herz eigen ist. Wir wissen, daß Tendenz und Kunst sich nicht aus- zuschließen brauchen, sich oereinigen können: und erst in diesen Tagen konnten wir in Shakespeares„Richard II. "«in politisches Drama von künstlerisch hohem und schlankem Wuchs bewundern. Bei Rolland gehen die beiden nebeneinander, nicht ineinander. Der englische Generalissimus Lord Elifford(bei dem man wohl an Lord Roberts denken muß) hat die Hauptstadt der afrikanischen Republik Christburg (Johannesburg ) eingenommen. Sie ist voll von Weibern , Kindern und Greisen, die den Siegern das Brot weg- essen sollen. Clifford nimmt Quartier im Hause des gefallenen Burensührers de Mit(Dewett). Er wie die anderen stoßen auf schweigenden und dann sehr beredten Haß der Frauen. Es erweist sich, daß der britische Feldmarscholl edel und menschlich ist, die Witwe de Wits speit ihm trotzdem ihren Haß in einer Weise ins Gesicht. daß die Sympathie sich dem Sieger zuneiot. Der Romane Rolland verleugnet sich nicht: Es wird geredetl Wir sehen nicht, wie dieser Haß geworden ist und gewachsen, und die Reden und Gegenreden stimmen häufig nicht zueinander. Dem britischen General gehören überhaupt die Sympathien, und nur in dieser Figur ist dem Dichter, der sonst Sprechpersonen auftreten läßt, eine fein« Charakterstudie gelungen. Allerdings nicht lückenlos. Man versteht es z. B. nicht,
ungünstiger Verhältnisse die Anhängerschaft der Sozialdemokratie sich vermindert hat. Durch die Regierungskrise sind unser« Reichs- tagsabgeordneten gezwungen, in Berlin zu bleiben und die für Ober- schlesien zugesagten Versammlungen aufzugeben. Die bürger» lichen Parteien hingegen haben den oberschiesischen Wahlkampf mit einem ganz außergewöhnlichen Aufwand an Kräften und Geld- Mitteln betrieben. Die Führung haben dabei die Deutschnationalen, deren beurlaubter Radauflügel, die Deutschsozialen, mit ihrem Knüppel-Kunze an der Spitze, w ganz Oberschlesien eine ebenso lärmende wie gewalttätige Propaganda führen. Ihr terra» ristisches Treiben hat dazu geführt, daß die jüdischen Bürger sich fast nirgends mehr in die Oeffentlichkeit und das politische Leben wagen. Rcichsregierung und preußische Regierung werden auf Grund der Erfahrungen dieses Wahlkampfes eingreifen und für die Zukunft die W a h l f r e i h e i t sicherstellen müsien. Endlich ist in Oberschlesien , wo die ällere Erfahrung in der Parteiorganisation fehlt, auch die Wiedervereinigung der beiden sozialdemokratischen Parteien nicht so reibungslos vor sich gegangen, wie das wünsthens- wert gewesen wäre. Unser oberschlesischer Wahlkampf ist also unter besonders ungünstigen Bedingungen ausgcfochten worden. Oppeln . 17. November.(DA.) Durch die Wahlen wird Dr. H i l f e r d i n g wahrscheinlich in den Reichstag kommen, da er an der Spitz« der Liste steht, die seinerzeit die USP. als Reichsliste aufgestellt hat und für die sämtliche Sozialdemokrgten stimmen werden. » Die Reststimmen der Parteien kommen ihren Reichslistsn von den allgemeinen Reichstogswohlen zugute. Damals blieben bei der USP. mehr Stimmen unberücksichtigt, als bei der SPD., es dürste also die damalige USP.-List« jetzt die sozialdemokratische Reichs- liste sein. Di« Zentrum-gegenüst« Skowronnek ist zugunsten der ofst- ziellen Zentrumsliste Ulitzka zurückgezogen.
Der deutsche Zasci'smus. Deutschland ist nicht Italien . Nicht jede Erscheinung des italie» nifchen Fascismus ist in Deutschland gleichermaßen möglich. Und doch wäre es verkehrt, wenn man nicht die Arbeit der Hitler, Knüppel-Kunze, Esser und der zahllosen kleinen Agitatoren, die das Land durchziehen, oerfolgen würde. Im Rheinland rühren sie sich zurzeit außerordentlich. Sie treten unter dem Namen einer „Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei" auf. Einige Punkte aus dem Programm diefsr„Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei" geben einen Einblick in den Charakter der Bewegung. Ein von der Zentralstelle München herausgegebenes Flugblatt, in dem die Führer der Partei versprechen, wenn nötig, unter Einsatz des eigenen Lebens für die Durchführung des Pro- grmnms rücksichtslos einzutreten, enthält folgende bezeichnende Sätze: „Staatsbürger kann nur fem, wer Volksgenosse tst. Volksgenosse kann nur fem, wer deutschen Blutes ist, ohne Rückfichtnachme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse fem. Wir bekämpfen die korrumpierende Porlamcntswirtschast einer Stellenbesetzung nur nach Partsige ficht sprmkten ohne Rücksichten auf Charakter und Fähigkeiten. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebsnsmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen(Nicht-Staats- bürger) aus dem Reiche auszuweisen. Um die Schaffung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, daß: a) Sämtliche Schriftleiter und Mitarbeiter von Zeitungen, die in deutscher Sprache erscheinen, Volksgenossen sein müssen, b) mchtdeutsche Zeitungen zu ihrem Erscheinen der ausdrücklichen Genehmigung des Staates bedürfen. Sie dürfen nicht in deutscher Sprache gedruckt werden. Verbot der Finanzierung „nichtdeutscher Zeitungen" u. s. f. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden. Sie bekämpft den südisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß ein« dauernde Genesrmg unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage: Gemeinnutz vor Eigennutz. Zur Durchführung alles dessen fordern wir die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches. Unbedingte Autorität des polt-
daß der des Mcrdtrieges müde und an freiwilligen Abschied den» kende General die harte Proklamation an die Bewohner, die ihn mit Widerwillen erfüllt, plötzlich noch übertrumpft und sogar die berüchtigten Konzentrationslager einrichtet, die seinerzeit der Zeichner Jean Veber in höllischeren Farben schilderte als Rolland, der auch hier nur wieder sprechen und das Elend nicht schauen läßt. Doch der Widerstreit zwischen soldatischer Führerpnicht und menschlichem Gewissen ist der sympathische Träger der Handlung. Es ist sehr fein beobachtet, wie der General, der den Burengegner in der Falle hat, vor dem letzten Schlag zaudert und schaudert, dem befreundeten Stabsarzt sogar seinen Revolver gibt, damit er ihn erschieße, falls er weichlich seiner Führerpflicht nicht genügen sollte, und wie Hann, als der erste Schuß fällt, sofort der Berufssoldat in ihm erwacht und er nur noch straff gespannter Heerführer ist. Doch der Schluß ist Verlegenheit. Ohm Krüger steht gefangen vor Clifford und weissagt das sich wendende Schicksal. Da kracht jener Revolver, der General sinkt sterbend nieder. Der achtjährige Junge de Wits, mit Absicht David genannt (der den Goliath tötet), den der General in Erinnerung an seinen eigenen toten Sohn rührend liebgewonnen, hat die Schußwaffe abgefeuert, ohne zu wissen, was er tat. Das kommt von Gott ! sagen die Buren. Nein, von Gott kann dieser Schuß aus reiner Kinderhand gegen«in edles Herz nicht gelenkt fein, und die gott - gläubigen Buren dürfen das um so weniger annehmen, als sie wissen, daß nun General Croham(Kitchener). der„Schlächter" von Omdurman , sofort den Oberbefehl übernehmen wird. Er beginnt seine Tätigkeit qich damit, daß er all« Gehöfte in Brand stecken und einen britischen Soldaten, der wie ein Tolstojaner die Flinte hin- geworfen Hot, sofort füsilieren läßt. Dieser Soldat spricht nun die Schlußworte:„Die Zeit wird kommen, in der die Schwerter zu Pflugscharen, die Lanzen zu Sicheln werden." Dos ist abermals Verlegenheit. Unlogik, aufgcklextcs Ornament. Doch die edle Ge- sinnung in Ehren. Und noch einmal: das Schauspiel entbält dichte- rische Einzelheiten, so die Szene, in der die beiden gegnerischen Sol- baten sich sterbend umarmen. Kräftig wirkte die Anklage gegen die Börsen- und Minenspekulanten, die vom Blut der Soldaten und eines freien Volkes ihre Unternehmungen nähren wollen. Sie wurde spontan bejubelt. Eine Anklage gegen England? Rein. Rolland, der Ethiter und Friedensfreund, fetzt feinem Schauspiel das Motto voraus:„Dieses Drama klagt nicht eine einzeln««uro- päische Nation an, sondern Europa . Ich widme es der Zivilffation." Das letzte akzeptieren wir mit Dank. Das erst« hätten wir lieber gestaltet, als in einem Motto versichert gesehen. Bei ein->m so staurenreichen Schonlpiel kann man von einem zu sparsamer Wirtschaft gezwungenen Theater wie dem Zentral- Mfeater unmöglich verlangen, daß jede Rolle aut besetzt wird. lKberralchen muß es aber, daß selbst bewährte Kräfte diesmal künst- fkrffch wcht Niveau hielten. Tos gilt ebenso von dem sehr brauch- baren Paul Henckel« als Feldmarschall, der mit Drückern und unartikulierten Lauten arbeitete, wie von Fritz Jeßner , der «nen merkwürdig hölzernen, in den Bewegungen fast puppenhaft steism Stabsarrt vorführte. Einige Figuren, wie der britische Journalist, streiften die Travestie. Immerhin wurde die von P i s c a t o r geleitete Aufführung von einem dankbaren Publikum mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Schere!.
tischen Zentralparlaments über das gesamte Reich Unit f«ne vrga, nisationen im ollgemisren. Die Bildung von Stände- und Berufskammern zur Durch- führung der vom Reich erlassenen Rahmengesetze in den einzelnen Bundesstaaten." Die ganze Agitation hat einen stark primitiv sozialistischen, oft kommunistischen Einschlag. Sie versucht überall von den Fehlern der Arbeiterbewegung zu leben. Wo zuviel versprochen wurde, folgt Enttäuschung. So wie in Italien der Fascismus die Folge hoch- gespannter Enttäuschungen ist, so oersucht er auch in Deutschland aus primitiven Stimmungen Nahrung zu ziehen. Di« kommunistische Agitation gegen die Arbetterorganisotionen liefert ihr oft genug das beste Material. Um so mehr gilt es zu betonen, daß die Arbester- schaft sich restlos zusammenschließt und daß sie sich auf den Boden der Tatsachen stellt. Daran muß jede reaktionäre Welle genau so zersplittern wie die kommunistische bereits gescheitert ist.
Die Regierungsbilöung in Sachsen . Toktrinarismus oder Arbeiterpolitik? Wie die Dena meldet, findet am 2S. November der Landesparteitag der sächsischen Kommuni st en statt, auf dem dies« sich über den eventuellen Eintritt m die Regierung zu eist- scheiden hoben werden. Die Kommunisten sind eventuell bereit, in das Kabinott einzutreten, wenn die Sozialdemokraten außerhalb des Parlaments sich auf die Organisation der Betriebsröte stützen. Sie werden dann bestimmte Forderungen als Garantie für ihren Eintritt fordern. Ueber die Forderungen haben wir bereits besonders berichtet. Di«„Leipziger Dolkszeitung" schreibt jetzt zu dieser kommunistischen Poittik: „Ein wesentlicher Test dieser Forderungen ist deshalb ganz überflüssig, well sich die Politik der sozialistischen sächsische» Regierung bisher schon in derselben Richtung bewegt«. Ein anderer Test ober ist unsinnig, well die Kommunisten selbst sehr genau wissen, daß eine sächsische Regierung— sie mag aussehen wie sie will— gar nicht die Macht zu ihrer Durchführung hat. Es klingt wunderschön und ist außerordentlich bestechlich für die Arbester, zu fordern: Perbilli- gung der Lebensmittel, Beschaffung ausreichender Wohngelejjenheit, Bermögensbefchlagnahme bei den Besitzenden. Aber wie die sächsische Regierung da« tun soll, darüber schweigen die kommunistischen Schlaumeier oder sie verschanzen sich hinter der„Kontrolle durch die Arbeiter". Diese Kontrolle der Arbeiter könnte höchsten» den schon unendliche Male festgestellten Notstand von neuem feststellen, aber die Mittel für die Beseitigung der Rotstände würden dadurch nicht bereitgestellt, um so weniger, als derartige Instanzen aus die Reichs- polttik, die hierbei in Frage kommt, völliz wirkungslos wären. Die ganzen Bedingungen find also nur geiegnet, Verwirrung zu schaffen und die Massen zu täuschen. Und einen solchen Betrug an der Arbeiterklasse zu oerüben, muß die Sozialdemokratische Partei ab- lehnen." Die„Sächsische Arbeiterzeitung" gibt selber zu: „Solange die Verfassung bestehen kann, weil die Gegner der Perfassung noch nickt die Macht haben, sie zu ändern, wird man sie anerkennen Die Perfassung wird nicht durch diplomatische Tricks und juristische Spitzfindigkeiten durchlöchert, sondern durch einen Machtkampf befestigt." Wenn man das selber zugibt, dann bedeutet die Aufstellung von Forderungen, deren Unvereinbarkest mit der Verfassung man ein- sieht, nichts anderes als den bewußten Verzicht auf Ausnutzung der Möglichkeiten, die heute für die Arbeiterklasse gegeben stnd.� Die kommunistische Politik, die auf den von ihnen selbst als unmöglich erkannten gewaltsamen Bruch der Derfassung abzielt, schädigt wie oll«„Akttonen" die Arbeiterschaft, da sie nur zu Rückschlägen fuhren kann. E« muß sich ja bald zeigen, ob nicht doch bei den sächsischen� Kommunisten die gerade Vernunft und der ehrliche Wille, etwas für die sächsische Arbeiterschaft verwertbare, durchzusetzen, über Berliner Einflüsse siegen wird.
Ein neuer finnischer Reichstagsprafiöent. Slockholm. 18. November.(TU.) Der finnische Reichstag wählte den Sozialdemokraten D u o l i j o k i mit IIS Stimmen zum Präsidentin. Die sozialdemokratisch« Fraktion des finnischen Reichstages, die von insgesamt 200 Sitzen zirka 80 innehat, ist die stärkst« Fraktion des Parlaments, die schon mehrfach den Präsidenten gestellt hol.
Der Vesuv und Pompeji . Prof. G o e r t e s neuer„Urania "- Vortrag über den Vesuv und Pompeji gibt«ine unheimlich anschau- liche Schilderung der verheerenden Tätigkeit des Dulkanriesen, der über dem blauen Golf von Neapel aufragt. Noch kurzem Rückblick auf die Vesuvausbrüche des Mittelalters und der Neuzeit wird ein- gehend der Ausbruch von 1906 behandelt, der in den Siedlungen am Fuß« des Vesuvs arge Verwüstungen anrichtete und viele Men- schenleben forderte. Bilder, die aus Schönhest und Grauen gemischt sind, zeigen die von Asche überschütteten, van Lavaströmen durch» wühlten Orte und führen uns mit dem forschenden Gelehrten hinauf bis an den Rand des gluffpeienden Kraters. Der zweite Teil des Vortrages läßt das alte Pompeji, das im Jahre 79 n. Ehr. durch den stärksten Besuvausbruch der geschichtlichen Zeit verschüttet wurde, vor unserem Aug« wiedererstehen. Aus den im 18. Jahrhundert entdeckten, hauptsächlich im 19. Jahrhundert ausgegrabenen Ruinen der Stadt baut Goert« in fesselnder Darstellung sie neu vor uns auf, ihre Wohnhäuser, Werkstätten und Derkaufsläden, ihre Theater, ihr Forum und ihre Tempel. Er gewährt auch Einblicke in das häus- liche Leben der Pompejancr und gibt Proben von Erzeugnissen ihrer Kunst Die tot« Stadt, deren Rest« durch ein wunderbares Schicksetl uns erhalten geblieben sind, wird in dem von prächtigen Lichtbildern unterstützten Dortrag zu neuem Leben erweckt. Bm. ver„Sozialdemokratische Abreißkalender", den die Vor- wärts-Vuchdruckerei und Verla gs an st alt alljährlich herausgibt, ist für das Jahr 1928 soeben erschienen. Trotz der Un- gunst der Zeit ist die Ausstattung des Kalenders gediegen und ge- fchmackooll, und der Inhalt hat sogar wesentliche Ergänzungen und Erweiterungen erfahren. Die Porträts von 24 sozialistischen Vor- kämpfern und führenden Genossen aus der Internationale, in Kuvfertiefdruck wirkungsvoll ausocsührt. sind als Bildbeilagen ein- gefügt. Das eigentliche Kalendarium aus der ersten Seiten jedes Blattes bringt in guter Anordnung große und dculliche Datum- zahlen, astrrncmische Angaben, Gedenktag« und Raum für Notizen. Auf den Rückseiten finden wir genau« statisttsoie Angaben über sämtliche gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Zentralverbände sowie Notizen aus allen Wisiensgebieten, Gedichte, Aussprüche und Zitate. Der„Dorwärts-Kalender" mußte in jedem sozialistischen Hausstand und überall dort vertreten sein, wo Parteigenossen in Bureau und Werkstatt eines Taqweiscrs bedürfen. Der Preis ist in Anbettacht der guten Aufmachung, die sich auch auf die Rück- wand erstreckt— zweifarbiger Buchdruck und Tiefdruck tombtnicrt — mäßig zu nennen. Es ist ein Buch von nahezu 800 Seilen, das zum Preis« von 128 W. angeboten wird. «rstaliffülirungen»er Woche. M-nt. Kleine, Theater:.Di« Nnmoralts-ben.- Toniiab. vollZbuhne:.Mein Leopold.' Theater in der Königgratzer«kaye:„Hahnrei.- Uraiiio-Vortrage. Taubcnttraße: Sonnt.. M-nt..?onnab. „Der Vesuv und Do in ve,--; TIrnSt. Der beutige Frei. beitSlamvt der Türkei -: Mitttu..Jerusalem und sein« heiligen Stätten': Tonn.„Ernste, und Heitere« in»er deutschen Ballade': Freit.„Der Mensch vor 100000 Iah- ren'.- JnvaUdenstrohc: Sonnt..Bon der Zugspid° zum W atzmann-; Dienst.„In den Bergen Tirol Mitlw.„Da, Oberengadien»nd der Splügen ': Tonn..Die Mar? «.randenburg-; Frett..Werden und vergehen im Welten, räum": Donuab..DieSchöuheil der deutscheuLaudschast.