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Schluß mit Kein»Selbststhutzl Reden Severings und Rabolds im Landtag. Iin weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung erklärt« Innen- minister Smrlng im Landtag: Die heutige Debatte kann nur eine Nachlese sein zu alledem, was hier seit Juni politisch verhandelt war- den ist> Die Redner der Rechten behaupten, die Regierung wolle die nationale Gesinnung weiter Volkskreis« unterdrücken. Ich verwahre mich gegen diese Behauptung. Die Parteien der Neckten haben nicht das Nationalgefühl allein gepachtet; st« Kisten mit diesem Ton der Debatte dem Lande einen schlechten Dienst. Zwischen der P u t t- kamerschen und der heutigen Regierungspraxis besteht ein himmelweiter Unterschied. Damals hat man selbst Gesangver- eine und freie Hilfskassen drangsaliert. Heute ist von so kleinlicher Politik keine Rede. Für mich sind die Taten einer Vereinigung wie desJungdeutschen Ordens" oder desSchutz- und Trutzbundes", nicht das entscheidend, was an schönen Worten über ihre Zwecke und Ziele in dem Programm sieht. Wohl müssen einzelne Ortsgruppen desJungdeutschen Ordens " anders als der Schutz- und Trutzbund" beurteilt werden. Herr v. Lindeiner war schlecht beraten, als er die Rechtsprechung unier dem Sozialisten- ge'ctz rühmend hervorhob.(Lärm bei den Kommunisten. Ruf: Damals wurden keine Arbeiter ermordet!") Ihre(zu den Kom- munisten) Politik ist auf die Verführung der Arbeiter ge­richtet, daher die zum Teil strengen Strafurteile.(Stürmischer Widerspruch bei den Kommunisten.) Sie überschätzen sich doch, Herr Kotz, wenn ausgerechnet Sie glauben, mich zum Reden zwingen zu können. Kontrollausschüsse dürfen sich keine behördlichen Ausgaben anmaßen; solche Ausschüsse der Kommunistischen Partei kann und werde ich nicht dulden.(Andauernde Zwi'chenrufe der Kommunisten.) Um die Volksernährung sicherzustellen, müsien wir alle Kräfte bereitstellen, damit die Anbaufläche im Interesse der Produktions- steigerung vergrößert wird. Das geschieht durch größere Belieferung der Landwirtschaft mit Kunstdünger und dadurch, daß die Pro- duktionslust der Landwirte gesteigert wird.(Ahal bei den Kommu- nisten.) Die Landwirte dürfen auch nicht durch Gewalttaten bei ihren Arbeiten gehindert werden. Im letzten Bericht des russischen Volks- kommistars wird lebhaft Klage geführt, daß auch im letzten Jahre di« Anbaufläche zurückgegangen sei. Ich will verhindern, daß wir zu rulsischen Zuständen kommen.(Lachen bei den Kommunisten.) Was Waffenfunde angeht, so beschränk« ich mich daraus, Waffen- lager unschädlich zu machen.(Erneutes Gelächter bei den Kommu- nisten. Zuruf:Da lachen selbst Ihre Parteifreunde!") Wer Wafsenläger unterhält und beschickt, ist ebenso gefährlich, wie es Or- ganisationen sind, di«, wenn auch nicht satzungsgemäß, so doch ihrer Bestimmung gemäß aufgerufen werden sollen, um gegen«inen an- geblich exsticrenden Feind im Innern zu kämpfen. Das gilt für links und für rechts. Alle Selbstschutzorganifakionen werden iu Preußen aufgelöst. Das geschieht nicht erst dann, wenn das Haus in Brand geraten ist, sondern schon vorher.(Beifall bei den Regierungsparteien.) In der Besprechung erklärt Abg. Rabold(Soz.): Die Programme der orgeschartigen Organisationen haben nur den Zweck, ihnen ihr Dasein zu sichern; sie mögen alle möglichen Ziele haben, nur nicht das der Sicherung der Verfassung, sie bezwecken alle, die V« r- fassung zu beseitigen, und zwar auf gewaltsamem Wege. DerJungdeutsche Orden" Hot zahlreiche Waffenschiebungen auf dem Gewissen, ganz besonders in Thüringen . Herr v. Lindeiner verlangte die Aufhebung der Gesetze zum Schutz der Republik ; damit will man den Meuchelmörderbanden wieder freie Bahn schaffen, die monarchistisch? Hetz« wieder hemmungslos betreiben können. Jene Vereine und Gefellschaften sind gesetzwidrig und können daher ohne weiteres n-f Grund der Verfassung verbaten werden. Den Mordanschlag gegen Horden hat der deutsch - nationale Redner sich wohl gehütet, zu erwähnen; denn einer der Mordgesellen hat sich nach der Tat aus das B u r e a u d e r D e u t s ch- nationalen Partei begeben, um sich nachbefehlsgemäß" vcr- übter Tat Reisegeld zu holen.(Unruhe rechts.) Und statt ihn dort zu verhaften, gab man ihm Gelegenheit, zu verschwinden.(Lärm rechts. Rufe:Lüge!" Geqenrufe links:Lügner!" Rüge des Bräfidenten.) Die Urteile des Staatsgerichtshofs springen mit den Hochverrätern sehr viel milder um, als die preußischen Gerichte mit den Arbeitern oder d:« baneri'chen Dolksgerichte mit den Journa- listen, die für ausländische Blätter korrespondiert haben. Gewiß ist auf di? Dauer nicht mit Polizeiverbote, i zu regieren, aber das Schutz- gesetz für die Republik richtet sich ja gegen die Gruppen, welche G e- walt und Verbrechen auf ihre Fahne schreiben. Die Fest- lequng des republikanischen Gedankens muß schon in der Schult be- ginnen, und hier liegt noch fast alles im argen. Die Republik muß das Recht haben, sich zu wehren; nicht Aufhebung der Schutzgesetze. sondern Fortbestehen der ergangenen Darbote.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Im weiteren Verlauf der Sitzung stellt der Volkspart«iler Abg. Pinkeln eil die Unterstützung des deutschnationalen An- träges durch die Deutsche Volkspartei in Aussicht. Freitag 12 Uhr Weiterberatung der kleinen Gegenstände.

tvohm steuern wir! Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofcs. Das Reichsministerium des Innern hat eine Denkschrift ausgearbeitet, die über die bisherige Rechtsprechung des Staatsgerichtshoss zum Schutz der Re- publik Rechenschaft gibt. Der Staatsgerichtshof hat, wie sein Name bereits sagt, die Aufgabe, die Republik und ihre Interessen vor ungerechtfertigten Angriffen zu schützen. Er hat die Aufaabe, gegen jene Hetze anzukämpfen, die immer wieder zu Ministermorden und umstürzlerischen Geheimbünd- lereien geführt hat. Der Staatsgerichtshof war als letzt« und höchste Dollzugsinstanz des Gesetzes zum Schutze der Republik gedacht. Bon vornherein war zu erwarten, daß die Kreise und Organe, die eine bewußte Verunglimpfung der Republik zwecks De- feitigung der gegenwärtigen Staatsform betreiben, durch ver° änderte Taktik, ohne ihr Ziel auszugeben, den Paragraphen des Schutzgesetzes zu entgehen versuchen würden. Die Haupt- aufgäbe des Staatsgerichtshofes war es demnach, auch diese Art von Propaganda gegen die Republik überall da zu be- schneiden, wo sie Den Boden einer rein sachlichen Kritik überschritt. Der Staatsgerichtshof hat in wiederholten Beschlüssen starken Nachdruck daraus gelegt, daß nach dem Gesetzbestimmte Talsachen" vorliegen müssen, um die Besorgnis einer Störung einer öffentlichen Ordnung zu rechtfertigen: die bloße Möglichkeit von störenden Vorkommnissen sei nicht ausreichend. In solchen Fällen könne di« Regierung Vorsorge treffen, daß während eines Vor- rrages im Fall« einer unzulässigen Handlung behördlich eingegriffen werde. Als solchebestimmte Tatsachen" si«btz der Staotsgerichtshof die Identität des Personenkreises nicht an. Weim in einer Vereinigung ein hoch auf die Erzbergsr-Rkörder ausgebracht worden sei. so genüge das nicht, um die Besorgnis zu rechtfertigen, daß«in Jahr später in einer Veranstaltung desselben Personenkreises in der gleichen Art verfahren und damit das Schutz» qefetz verletzt werde. Ein strafbares Tun, das vor dem Er- laß des Schutzgesetzes liegt, kann nach Ausfassimg des Etaatsqerichts- Hofes zur Begründung eines Verbotes nicht herangezogen werden: denn dies würde gegen den Grundsatz verstoßen, kein« Strafe ohne Strafgesetz eintreten zu lassen. Die gegeniciiige Auffassung des preußischen»Innenministeriums, daß es sich bei dem Schutzgesetz vor allem um Maßnahmen polizeilicher Art handle und daß deshalb auch früher« staatsqefährdende Betätigung heran- gezogen werden könne, wird durch Beschluß vom lg. September aus- drücklich verworsea,�

Auch die Begriffe der Beschimpfung und Berleumdung von Mitgliedern der Regierung und Verherrlichung von Ge- w a l t t a t e n hat der Staatsgerichtshof einengend ausgelegt. So hat er entschieden, daß die Beschimpfung eines ermordeten Rkikgtiedes der Regierung nicht unter die Vorschriften des Schnßgsfehes fällt. Eine Ver- herrlichling der Mordtat könne auch nicht erbtickt werden in einem vielleicht mißglückten oder wenig takwollen Berfuch, unter Ber- werfung der Tat doch den Tätern menschlich gerecht zu werden". Eine Berherrlichuna oder Billigung der Mordtat an Rath eng u ist auch nicht gefunden worden in den Worten:Mag man vom fiktlichen Siandpunki aus das Verbrechen verurteilen, ein Work des Bedauerns wird man dafür nicht finden, daß das Wirken Rakhenaus ein End« genommen hat der Jude Dr. Rakhenau war ein Schädling." Hier ist nach Auffassung des Slaatsgerichtshvfes nur der Meinung Ausdruck gegeben,daß die wie immer geschehene Beendigung des Wirkens von Rathenau nicht bedauert werden könne". Viele Urteile und Beschlüsse des Staatsgerichtshofes beschäftigen sich mit den Begriffen der Beschimpfung. den das Gericht nur als gegeben ansieht, wenn eine Mißachtung in besonders verletzender und roher Form zum Aus- druck gebracht wird. Der Skaatsaerichlsßof hak dabei ausgesprochen, daß in den erregten Zeiten nach dem Rathenau -ZUord auch die Re» gieruvg gelegentliche Fehlgriffe in Zeikunge. und Versammlungs- verboten getan habe: es dürfe deshalb auch kein oefkrenger Rkahstab an die Form der äffenllichen Kundgebungen der Rechtsparteien und der Rechtsvresse gel-gt werden. Auck die schärfste Kritik der Er- tüllunospolitik oder irgendwelcher politischen Partei stelle keine Be- ichimpfung der Reoierung dar. wenn diese auch von den beschimpften Parteien gebildet sei. Der Vorwurf, die Regierung begünstige die parteipolitische Hetze, schür» durch ihre Haltung die Errequng und wage die Verantwortung für die zahlreichen Gewalttaten gegen rechtsstehende Kreils, kann nicht als Befchimvkung von Reqierungs- Mitgliedern aufgefaßt werden. Ebenso seien Svott und Hohn arund- fätzlich keine Beschimpfung. In einem Beschluß vom 25. Oktober wird dargelegt, daß auch eine Beschimpfung und Ver- leumdunq des Reichskanzlers die Anwendung des Schutz- gefetzes nicht rechtfertige, wenn kein Anhaltspunkt dafür ge- geben fei, daß auf diese Weis« die republikanische Staatsform als solch« beschimpft und herabgesetzt werden soll. Zur Auflösung von Vereinen genügt nach Auffassung des Staatsgerichtshofes die Frage d«s monarchistischen Gedankens oder der monarchistischen Tradition nicht, insbesondere auch nicht Anreden wieKönigliche Hoheit" oder der­gleichen. Niemals kann die Besorgnis der Ruhestörung darauf be- gründet werden, daß anders Gesinnte sich hineinmischen und"die Veranstaltung stören könnten. Auch, daß dann Teilnehmer der Der- anstaltimg Ausschreitungen begehen könnten, sei ein« so entfernte Möglichkeit, daß sie nicht zu einem Verbot führen könne. Bon ganz besonderer Bedeutung ist endlich die regelmäßige Rechtsprechung des Staateqerichtshofes, daß periodische Druckschriften nur von der Landeszentralbehörde verboten werden können, in deren Bezirk sie erscheinen. Gegebenenfalls könne der Reichsminister des Innern die Landeszentralbehörde, m deren Bezirk die Druck- fchrift erscheint, um geeigwek Maßnahmen ersuchen, und wenn diesem Ersuchen nicht entsprochen werde, so greife die vom Schutz- gesetz vorgesehene Regelung Platz. Aus diesen Beispielen ergibt sich, daß der Staatsgerichts- Hof jlas Gesetz zum Schutze der Republik stark einschränkend ausgelegt hat. Schon heute ist in den Kreisen der Deutsch » völkischen die Kunst weit verbreitet, in maskierter Weife gegen die Republik zu Hetzen und zum Umsturz aufzufordern. Die Form des Kampfes ist stellenweise bedeutend gehässiger und gemeingefährlicher als vor dem Erlaß des Gesetzes zum Schutze der Republik. Man kann leider nicht sagen, daß der Staatsgerichtshof alles getan hat, um diesen üblen Gewässern einen festen Damm entgegenzusetzen. Die Befürchtung liegt nahe, daß unter dem Eindruck der Denkschrift, mit der man sich nach ihrer vollständigen Veröffentlichung noch beschästigen müssen wird, der unverantwortliche Kampf an Stärke noch zunehmen wird. Zum Schutz der Republik ." München , 30. November. (Eigener Drahtbericht.) Die Natio- nalsozialisten veranstalteten heute in den fünf größten Sälen Massenversammlungen, in denen gegen die drohende Besetzung des Ruhrgebietes protestier�, werden sollte. Den Veranstaltungen voran ging den ganzen Tag über ein« wüste Hetze mittels riesiger Plakate, die in mehreren Texten in der ganzen Stadt angeschlagen wurden. Ferner wurden etwa sechs verschiedene Flugblätter in Hunderttausenden von Exemplaren in den Straßen, deg Häusern und den Betrieben verbreitet. Die Kosten dieser Agitation werden von Fachleuten auf mindestens eine halbe Million Mark geschätzt. Es sprachen u. a. mehrere Redner aus der Tschecho- slowakei, was auf die Verbindung mit der dortigen naiionalsozia- listischen Pvwegimg hinweist, die bekanntlich von den habsburgisch gesinnten Großagrariern finanziert wird. Adolf Hitler fuhr in seinem von dem Gelde Hugenbergs gekauften Auto von einer Versammlung zur anderen und sprach in jeder einige Minuten. In den Flugblättern und Plakaten wird die Behauptung von der Entwaffnung Deutschlands durch die Novemberrevolution in allen Tonarten noch einmal aufgewärmt. Seit fünf Jahren sei die Nationalehre in Schmutz und Dreck gezogen, die Denkmäler alter Helden gestürzt und an ihrer Stelle Bedürfnis- an stalten errichtet worden. Obsrschlessen sei durch die Berliner Schwindler verloren geoangen. Jetzt käme die Reihe an das Ruhr- gebiet. Jetzt, wo die Erfüllungspolikik zur Katastrophe geworden fei. ziehe sich wirkh zurück. Der Parlamentarier habe sich gerettet, das deutsche Volk könne vevbla'.en. Erhard Auer , der infame Lügner, sei vom inlernattonalen jüdischen Börsenkapilal mit vielen Millionen gekallsl und Hetze gegen die nalionalsozialistische Bewegung,«m von den wahren Schuldigen abzulenken.

Deutscbnationale gegen Konsumvereine. Die Deutschnationalen sind auf die Konsumvereine nicht gut zu sprechen. Deshalb richten sie an die P r e u ß i s ch e S t a a t s- regierung die Frage, wieso sie dazu komme, für 130 Millionen Mark Kredite den Konsumvereinen zu geben. Ferner fordern die Deutschnationalen Aufschluß über die Bedingungen, unter welchen diese Kredite bewilligt worden seien. Die Konsumvereine haben von der Preußischen Staats- regierung überhaupt keine Kredite bekommen. Die Deutsch - nationalen verwechseln anscheinend die Konsumvereine mit land» wirtschaftlichen Genossenschaften, die verschiedentlich Kredite z. B. für die Beschaffung von Futtermitteln zur Förderung der Milchproduktlon erhielten. Nicht die Konsumvereine, sondern die Großeinkaufsgenossenschaft hat aber nicht von Preußen, sondern vom Reich für die Kartoffelbeschaffung einen vorübergehenden Kredit von über 400 Millionen Mark erhalten.

Stingis Teuerungsprogramm. In unserem gestrigen Bericht über die Sitzung des Berkehrsbcirats im Reichsposirninisteriuni ist infolge eines Uebermittlungsfehlers insofern ein Irrtum unter- laufen, als die dort angegebene Verdoppelung der Portosätze Nicht am 15. Dezember, sondern erst am 15. Januar in Kraft treten soll. Ab 15. Dezember gelten die im Mtttwoch-Abendblatt gemeldeten «Stze.________.._____

Wirtstchaft Zur Frage der Goldschahanweisungen. Wesentlich mit schuld an der geringen Wirkung der Devisen- Notverordnung war die Weigerung der Reichsbank, gleichzeitig ein wertbeständiges Anlagepapier einzuführen. Man be- hauptete u. a., das Reich würde bei fallender Mark die Goldschatz- anweisungen mit ungeheuren Verlusten einlösen müssen. Das ist durchaus irrig, denn die Finanzverwaltung würde für die eingelösten neue Schatzanweisungen zu dem erHöhlen Kurs herausgeben, und sie könnte nur gewinnen bei einer Besserung der Mark, weil sie dann zu einem niederen Kurs das Papier aufnehmen würde. Die Heraus- gäbe eines solchen Papiers würde den Aufkauf von fremden Zah- lungsmikteln, vor allem die Festlegung auf lange Zeit selbst für den reellen Bedarf zurückdrängen. Darauf kommt es aber jetzt an, denn der übergroße, durch die Spekulation gesteigerte Bedarf an De - vifen muß die Mark herabdrücken. Die Papiermark geht nach dem Ausland und wir nehmen fremde Zahlungsmittel herein für unseren Warenverkehr im Inland. Dieses Verfahren ist geradezu verbreche- risch vom Standpunkt der deutschen Volkswirtschaft. Der oldenburgische Ministerpräsident T a n tz e n ist in anderer Weise durch die Herausgabe eines Papiers, das den Roggenpreis als Wertmaßstab hat, dem Gedanken nähergekommen, per Versuch ist eigenartig und findet in Rußland einen Vorläufer.' Die olden- burgischen Roggenanweisungen lauten aus 125 Kilogramm Roggen, sie werden an der Börse gehandelt und notierten erstmals 30 945 M. Zugrunde gelegt war ein Roggenpreis von 12 000 M. für den Zentner und 378 M. Fracht. Der weitere Kurs wird sich nun danach richten, welche Aufnahme das Papier findet und welche Preisbewe- gung der Roggen macht. Ein anderes Beispiel. Eine Berliner Bank gibt K r e- d i t e, die sie nach dem G o l d a n k a u s s p r e i s, den die Reichs- dank wöchentlich bekannt macht, in Papier berechnet. Sie übernimmt allerdings kein Risiko, da sie im gleichen Betrage der Kredite Gold- schuldverschreibungen ihren Kunden anbietet. Die Schwankungen der Valuta werden mithin bei diesen Tansaktionen ausgeglichen. Diese Beispiele beweisen nur, daß�der Vorschlag des Genossen Schmidt im Reichswirtschaftsministerium, die Reichsbank möge, um den De- visenmarkt zu entlasten, Goldschatzanweisungen herausgeben, nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch das Richtige traf. Würde nun weiter sofort ernstlich eine Stützungsaktion für Mark in der Weise unternommen, daß die Reichsbank einige Millionen Gold, gestärkt durch eine Anleihe im Ausland, zur Intervenierung aufwendet, dann darf mit Bestimmtheit angenommen weichen, wir kommen aus diesem auch durch eigene Schuld verschleierten Zustand unseres Wührungsdilemmas heraus. Diese Aktion kann nur durchgesetzt werden gegen die Schwerindustrie und das Finanzkapital; die wohl keine un- gemischte Freude am weiteren Fallen der Mark haben, aber eine viel größere Furcht vor den Verlusten bei einer Besserung der Mark.

Die Verteuerung des stleinwohnungsbaues. Für eine Wohnung von 70 Ouadralmeter Wobufläche stellten sich die Baustoffpreise in Deutschland nach den Ermittelungen der Sozialen Bauwirtschast' Anfang November wie folgt: B a u st o f f e 1. Juli 1914 1. Novbr. 1922 Mauersteine....... 700, M. 426 300, M. Zement......... 60, 80 508,50, «tückenkalk....... 73, 40 630,32, Gips.......... 12,50, 5 872,36, Dachsteine........ 243,50 131 445, Rohrgewebe....... 23,50 15 084, Kantholz........ 264,-, 347 727 50. Fußboden........ 152,50 158 295,20, Zink.......... 65,50. 82 741,10. GlaS......... 84, 30 712,50, Summa.. 1 668,50 M. 1 278 206,48 M. Tie Preise der hauptsächlichsten Baustoffe für eine Wolmung sind also von 1668,50 M. am 1, Juli 1914 auf 1 278 296,48 M. am 1. November 1922 gestiegen. Wird der Pteis vom 1. Juli 1914 gleich 100 gesetzt, dann ist hier eine Preissteiaerung von rund 76 613 eingetreten. Die Baustoffe sind aiso seit 1914 auf das 766fache und innerhalb des letzten Monats um rund 90 Proz, gestiegen.

Preiserhöhungen überall. Unter Berufung auf die Kohlen- Preiserhöhung, die soeben erfolgt ist, hat der Stahlbund wfort seine Preise für Walzwerkcrzeugnisse heraufgesetzt, obwohl diese be- reits über dem Weltmarktpreis liegen, 1 Kilogramm Thomas- S t a b e i j e n kostet jetzt 243,30 M. Auch der R o h e i f e n a u s- schuh des Eisenwirtschaftsbundes kündigt die Herauf- setzung seiner Höchstpreise an, ohne bisher das Ausmaß der Preis- erhöhung anzugeben. Der Benzoloerband hat seine Preise ebenkolls heraufgesetzt, und rwar kostete Motorenbenzol jetzt 750 M, Die Stickstoffpreise wurden ebenfalls heraufgesetzt auf 1334,10 M. je Kilogramm Stickstoff in schwefelsaurem Am- m o n i a k(nicht gedarrt). Die Glühlampenfabriken er­höhten ihre Teuerungszuschläge von 1100 auf 1900 Proz. Alle diese Preiserhöhungen erfolgen im Zeichen sinkender Devisenkurse! Die Ileberfrcmdung in den nordwestdeuischen Slädlen. Wie der Norddeutsche Wirtschnftsdienst" von unterrichteter Seit« hört, Hot in letzter Zeit ein« ledhafte geschäfttiche Gründertätigkeit des Aus- landes in den größeren nordwe st deutschen Städten Platz gegriffen. So haben sich in Hamburg seit 1919 über 500 aus- ländifcki« Handelsfirmen niedergelassen, die namentlich im Im. und Exporthandel den alteingesessenen deutschen Geschäftsfirmen den Wirkungskreis mehr und mehr verengen. Neben englischen, ameri- konischen und nordischen Firmen sind es namentlich auch tschecho- slowakische und östliche Unternehmen, die sich in Hamburg mehr und mehr ausdehnen. So sind u. a. berekts 40 tschechoslowakische und 37 Firmen östlichen Ursprungs, die sich in Hamburg niedergelassen haben. Hand in Hand mit der geschäftlichen Ausdehnung des Auslandes geht auch die Ueberfremdung des Grundbesitzes in den Hansestädten. Die Grundstückstäufe des Auslandes in Hamburg haben in letzter Zeit einen derartigen Umfang nngenom- men, daß sich gegenwärtig bereits ein Zehntel des Hamburg !- schen Grundbesitzes in ausländischen Händen befindet. Unserer gestrigen kurstascl sind noch folgende amtliche Notie- rungen nachzutragen: 1 finnische Mark 193,51 Geld, 194,49 Brief: 1 japanischer Den 3690,75 Geld, 3709,25 Brief; 1 brasilianischer Milreis 937,60 Geld, 962,40 Brief: 1 spanischer Peseta 192,01 Geld, 1197,99 Brief; 100 österreichische Kronen abgest. 11,02 Geld, 11,03 Brief; 1 tschechische Krone 244,38 Geld, 245 62 Brief; 1 ungarische Krone 3.34 Geld. 3.36 Bries; 1 bulgarischer Lewa 57,10 Geld, 57,49 Brief; 1 jugoslawischer Dinar 102,74 Geld, 103,26 Brief.

Lekte Nackrickten. Güterzugentgleisung in Weitzcnsee. MTB. meldet: Gestern abend gegen 6K Uhr entgleiste der von Tegel kommende Güterzug Nr. 5 kurz vor der Einfahrt in den Jndustriebohnhos Weißensee zwischen Schon- und Roelkestraße. Die Feuerwehr wurde sofort benachrichtigt. Aus unbekannter Ursache war die L o k o m o t i v e umgestürzt und die beiden vordersten Wagen entgleist und zertrümmert. Der Loko- motivfllhrer Paul Gärtner aus T�gel, Schlieperstraße wohn­haft, geriet unter die Maschine und wurde am linken Unterarm schwer verletzt. Man schaffte ihn nach dem Krankenhaus Weißensee. Der Majchinenheizcr kam mit geringen Ver- letz un gen davon. Der Zugführer und zwei Begleiter des Zuges tonnten sich durch rechtzeitiges Abspringen retten. Die Kriminal- polizei ist mit der Untersuchung des Falles beschäftigt. Die Feuer« wehr tonnt« nach Inständiger Täiigkcit wieder abrücken.