Einzelbild herunterladen
 

Nr. SSS ZH.�ahrgoug

Heilage öes vorwärts

Vieastag, 12. Vezembn1922

wie Max KSattte wurde. Nus dem ersten Verhandlungstag.

Da, Landgericht III hatte gestern einen großen Tag. Alles, was einmal auf Klant« geschworen und womöglich noch auf ihn schwört, war herbeigeeilt. Die Vernehmung des Hauptangeklagten Klcmte zog sich bis In die Nachmittagsstunden hin. Alante, der einen ziemlich erschöpften Eindruck macht, saß entweder auf einem Stuhl vor dem Richtertisch oder stützt« sich, wenn er lebhafter sprach, auf einen Stoß ovn 25 Kasiabüchern, die auf dem Zeugentisch aufgestapelt lagen, und sprach lebhaft und mit den Gesten eines Volksredners. Er scheint sich, trotzdem er vor Gericht steht, recht bedeutend vorzukommen und schiebt den Zusammenbruch seines Wettkonzerns einzig auf das Em- greifen der Finanzämter. Auf Defraqen des Vorsitzenden, Landgerichtsdirektor Siegert, erzählt er zuerst weitschweifig über sein eigenes Unternehmen, dos er mit einem Betriebskapital von 6000 M. im April 1920 anfing. Er hatte langsam Verbindungen mit Trainern und Jockeis bekommen und erhielt Winke. So wurde ihm geraten, auf das Pferd Fe« zu setzen. Damit gewann er große Beträge und kmstte dann das Pferd selbst. Das war der Anfang seines Renn- ftalles. Dann hatte er«inen Glückstag. Er hatte auf alle Pferde des Stalles Lindenstedt gewettet, hotte aus allen drei Rennen hohe Gewinn« erzielt und tonnte auch ein Pferd kaufen. Der Vorsitzende fragt« nun: Wie kamen Sie nun auf den Gedanken, die G. m. b. ch. z u g r ü n d e n? Klonte: Der Gedanke einer G. m. b. S). tauchte im Gespräch mit Friebe aus. Hätte ich gewußt, was mit der G. m. b. H. verknüpft ist, dann wäre ich nie auf diesen(Bedank-n eingegangen. Ich hatte von der G. m. b. f). keine Ahnung. 1920 hatte ich 300 000 M. verdient und hätte es gor nicht nöttg gehabt. fremd« Gelder aufzunehmen. Ich gründete nun mit Friebe. der mir schon bisher geholfen hatte, die G. m. b. H. mit 500 000 M. Aktten- tapital. 125 000 M. wurden bar eingezahlt, davon sollte Friebe 10 000 M. zahlen, und ich gab noch meine drei Pferde hinein für 375 000 M. Das Kontor mit dem Scherenfernrohr. Dann berichtet Klante sehr eingehend darüber, wie er sich sein Bureau eingerichtet habe. Er hatte von dem Inhaber des Kabaretts Rheingold in der Großen Frankfurter Straße das Lokal für 140 000 M. gekaust und die Räum« für fein Bureau hergerichtet. Do» Bureau bestand aus einer juristischen sowie aus Sport-, Finanz-, Propaganda-, Buchhaltungs-, Kassen- und Vertteterabtei- lungen und einer Geheimabteilung. In der letzteren, von Klante selber geleitet, befand sich, wie der Angeklagte zugab, tatsächlich ein Scherenfernrohr, mit dem er sein Personal beobachtet«. Zuletzt hotte er 42 Angestellt« und 40 Vertreter; die letzteren er­hielten 5 bis S Proz. Provision. Die Arbeit im Bureau sei eine so nroße gewesen, erklärte er, daß sein Bruder schon um 3 Uhr Kasten- lchluß machen mußte, und daß trotzdem bis spät w die Nacht hinein gearbeitet wurde. Auf den Einwurf des Vorsitzenden, daß demnach also auch in Bersin starte Einzahlungen geleistet worden seien, be- merkte Klante: Jawohl, gerade infolge der Zeitunqsangriffe, denn jeder wollte eben reich werden. A. B. hotte mein Der- treter in Dresden als Kunden ganze Logen Brauerei- direttoren, Stadträte und Landgerichtsräte, deren Namen ich nicht kenne, weil sie alle nicht genannt sein� wollten. Der Angeklagt« fährt dann in seiner Darstellung der Vorgänge fort und kommt auf die großen Konkurrenzunternehmen Köhn, Müller usw. zu sprechen: Ich war damals in Dresden und erlebte es selbst mit, daß im Laufe eine» Vormittags mehrere Millionen von Wettern ihr Geld abge- hoben hatten. Ich telephoniert« mit Berlin und erfuhr, daß aus Hamburg ein« gleiche Nachricht vorliege. Diese Wetterflucht gab ich natürlich nicht zu, denn wir hätten unter solchen Umständen über- Haupt kein Kapital mehr behalten. Da die K o n k u r r« n z t o n- zerne 100 Proz., wir aber nur noch 50 Proz. Divi- den de gaben, sagten wir ebenfall, 100 Proz. Dividende zu. im Vertrauen darauf, daß die Konkurrenz nichi lang« bestehen würde. Die 100 Proz. wurden rückwirkend am 1. Mai gezahlt. Das war unser großer Fehler. Als uns die Konkurrenz immer weiter überbot, gaben wir einen Prospekt heraus: Wer will, kann sein Geld abheben, wir geben aber nur die Zinsen, das Kapital bleibt stehen und muß ordnungsmäßig gekündigt werden. Die Vernehmung kommt dann auf die S t e u e r h i n t e r- Ziehungen. Klante hat sehr erregte Auseinandersetzungen mit

den Finanzämtern gehabt, die damals 4 Millionen Mark von ihm haben wollten. Es wurden dann aber doch 12 Millionen Mark beschlagnahmt. Wenn ich schlau gewesen wäre, sagte Klante, hätte ich am 1. August Konkurs angemeldet, dann hätte man mir keinen Vorwurf machen können. Die Leute hätten mir aber die Bude eingeschlagen. Vors.: Das war also einer der Gründe des Zusammenbruchs. Angell.: Das war der Hauptgrund. Das Geheimnis des.Systems klante". Nunmehr kommt die Verhandlung zu dem.berühmten" System Klantes. Vors.: Welches war denn Ihr System? Angekl.: Es gibt viele Systeme. Ich behaupte nicht, daß mein System allein gut ist. Es kann auch ein anderes System sich bewähren, wenn man ge- nügend Einsatztapital besitzt. Gewinnen kann man nur, wenn man ein bis zwei Pferde wettet, wenn man Klastenpferde wettet und Kapital hat, um eine Staffel durchzuhalten. Mein französisches System, bei dem ich keine Verbindungen hatte, war nur aus die Form der Pferde ausgebaut, die Gewichterlaubnis, den Jockei und anderes, das alles muß man beachten. Ein totes, sogenanntes starres System ist es, wenn man sich versteift auf die Tips der Zeitungen oder darauf, daß der Reiter gut ist und nun all« diese Pferde ttppt. Es gibt gute Reiter in Deutschland und auch in Frank­ reich . welche zwanzigmal hintereinanderferner" gehen. Mein

11. Dezember. Als wir Sonntag morgen aufgestanden waren, hat es tüchtig geschneit. Von unserer drei Treppen hochgelengen Wohnung sieht es wunderschön aus. Wenn nur nicht diese Kälte wäre. Wir leiden darunter ganz besonders, weil über uns die Waschküche und der Trockenboden liegt. Zu Mittag gab es gestern für uns fünf ein Pfund Rindfleisch zu 595 M.. 5 Pfd. Kartoffeln, dazu Fett und Feuerung, so daß das ganze Esten etwa 800 M. kam. Ins- gesamt habe ich am Sonntag ausgegeben: '/, Liter Milch..... 90, M. 1 Pfund Rindfleisch... 595,. 2. Salz..... 124,. 1, Margarine... 1000,, 2. Aepfel .... 50,, zusammen 1 85«. M. Die Kinder gingen nach dem Esten ins Jugendheim und ver- trieben sich dort die Zeit auf ihre Art. Mein Marin und ich wären gern in» Theater gegangen, wir rechneten und rechneten, aber es ließ sich nicht machen. Früher waren wir Mitglieder der Volks- bühn«, mußten dann aber, wie so. vieles, auch dieses aufgeben. Am Montag hott« ich mir viel vorgenommen. Weihnachten rückt näher, es gibt jetzt viel zu tun. Ich muß mit dem Reinemachen ansangen. Schah«, daß der Tag so kurz ist. Als ich heute mit meinem Kleinsten einholen ging, war der Junge gar nicht fortzu- kriegen von den Scbaufenstern. Pfefferkuchen und Weihnacht?- männer und was sonst noch alles sind ja wieder genug da. Ich weiß nur nicht, wo die Leute das Geld zum Kaufen hernehmen. Da hört man nun:.Mutter, kauf mir dies und, Mutter, kauf mir das." Gar zu gern hätte ich ihm etwas gekauft. Ich nahm also meinen Jungen bei der Hand, ging weiter und verttö stete ihn auf Weil)- nachten, und nun kann er's kaum noch erwarten. Dabei muß ich aber an die anderen beiden Jungen auch noch denken. Am Montag habe ich ausgegeben: «/« Liter Milch..... 142,60 M. 1 Brot........ 238,, 1 Paket Streickchölzer.. 120,, 5 Pfund Sepfel..... 125.. zusammen 673,50 M. Zum Mittagbrot gab es heute Quetschkartoffeln, dazu eine Hafermehlsuppe. Das ganz« Estm hat etwa 300 M. gekostet.

deutsches System beruhte auf Verbindungen und auf dem Höchstgewicht. Das kann ich ja fetzt ruhig öffentlich erklären. Wenn man sagt, die Klassepferde bringen kein Geld, so ist das ein Irrtum. Ich habe in Magdeburg aufKönig Midas " hun- dert für zehn erhalten. Ich halte 100 000 M. darauf, also eine M i l l i o n g e w o n n« n. Es ist unwahr, daß ich unlautere Machi- Nationen mit Jockeis und Trainern gemacht habe. Das Hobe ich nicht nötig gehabt. Auf Wunsch des Gerichts erklärte dann der Angeklagte den Rickstern eingehend die Errechnuna der Toto-Ouote und die Bedeutung des sogenanntenSpitzen- geldes", doch gehen allen Ausführungen, die der Angeklagte über feinSystem" macht, lange Unterhaltungen zwischen dem Vorsitzen- den und Klont« voraus, da Klante immer sehr geheimnisvoll tut und sich lange zureden läßt, ehe er mit seinerWistenschaft" her- ausrückt. Aus seiner Darstellung ist soviel zu entnehmen, daß er sich nach den Wettberichten ein Pferd heraussuchte, das in dem be- treffenden Rennen Zweiter geworden ist, und daß er dieses Pferd in späteren Rennen wettet. Das Pferd darf ober nur ein Gewicht haben, das von keinem der anderen Pferde erreicht wird. Auf dieses Pferd will er dann durch sämtliche Rennen, in denen es läuft, ltofselweise bis zum sechsten Rennen Wetten einzahlen. Klante be- hauptete zum Schluß, daß, wenn er dieses System 1921 bis zum Schluß hätte durchhalten können, fein Gewinn bei einem Einsatz von anfänglich 10 000 M. 32 Millionen be- tragen hätte. Vors.: Nun müssen wir doch olle reiche Leute werden, denn wir wissen doch fetzt, wie es zu machen ist. lGroße Heiterkeit.) Daraus wurde die Verhandlung aus heute Dienstag früh 914 Uhr vertagt._ Günstiges Ergebnis des JO-Miuk-TurifeS. Die mittlere tägliche Einnahme der Straßenbahn beim 30-Mark-Tarif betrug 26 Millionen Mark und stieg während de» Hochbahnerstreiks auf 81 Millionen. Durch die Erhöhung deS Fahr- Preises von 30 M. auf 50 M ist die mittlere tägliche Einnahme der Straßenbahn von 26 auf 38 Millionen Mark ge- st i e g e n; am letzten Sonnabend betrug sie sogar fast vierzig Millionen Mark. Der Verkehr, der in der ersten Zeit einer jeden Tariferhöhung nachläßt, ist jetzt wieder in steter sichtlich günstigerer Zunahme begriffen�_ tdi« HUfSaktion für de» Zo». Der BeichSpraRdenl hat im Inlcrcss« der guten Sache zugelaot. ausnahmsweise nicht nur dem kiinsllcrischcn, sondern auch dem gesellschaftlichen Teil der heute(Dienstag) 7'/, Uhr zu- gunltcn des Zoo im Marmorsaal stallsindenden ersten Veranstaltung (Konzert- und GescllschastSabend) beizuwohnen. Den von Ludwig Fulda gedichteten Prolog loricht an Stelle von Frau ScrvaeS, die im letzten klugen- blick absagte, Carl de Vogt.__ Groß- berliner Partei-Nachrichten der verelnigtea Sozialdemokratischen Partei. I.<r«i» Kreuzdekg. Dienstag, den 12. d. R., 7 Uhr, engere Nreisvorstands- schling mit den Abteilungsleitern bei Reim, Urbanstr. 2g. I. Keei» Wcdding. I» sämtlichen Abteilungen linden am Mittwoch, den 12. Dezember, Neuwahlen der Adteilungsleitungen statt. 17. Htcit Lichtenberg. Miltwoch, bcn IS. Dezember, 7 Uhr,«reismltglteder- Versammlung im Zahn-Realgymnastum, Warktstroh«. Thema:Unsere wirtschaftliche Lage in bezug auf unsere Organisation'. Referent Senols« Ludwig, M. d. R. Heute, Dienstag, den 12. Dezember: 17. Abt. 7 Uhr Sitzung der Borstandsmitglieder, Bezirksfllhrer und sämtlicher Funktionär« bei Dose, Rorbhafen g. 7. und 47. Scmeindeschnl«(nicht ZS. Abt.). VA Uhr Slternversammlung in b-r Schulaula Swllschreiberstrah«. Thema:Iugendiootzlsahrd". Referentin Genossin Hedwig Wa6>enbeiin._ 74. Abt. gehlendorf. HS Uhr im Kaiserhof, tzehlendorf-Mitt«, Potsdamer Straß«, Mitgliederversanimlung. Vortrag des Genossen Rechtsanwalts Dr. Levi-Franlfurt a. M.:Deutschlands Not nnd die Aufgaben des Pai- letariats". Di« Genossen werden dringend ersucht, zu diesem Vortrag voll- zäblig zu erscheinen. SS. Ati. Reulilln. 7l4 Uhr FunMonZrsitznng Im Lehrerzimmer der Schule Marlen dorser Weg. 112. Abt. Rahnsdarf. 7 Uhr Barssandsfitzung im Rest. Sturm, Wilhelmshagen. Achtung. Inngsozialistea! Gruppe Lichtenberg: Heute abend'A Uhr beginnt di« Arbeitsgemeinschaft mit dem Genossen Fclgentreu über..Rechtsfragen'. Interessierte Mitglieder der Archeiterjugend und der Parteigenossen sind dazu eingeladen. Mitgliederversammlungen am Miliwoch. den 13. Dezember: 1. Abt. VA Uhr in der Schulaula Auguststr. SS. Thema:Der Kampf um die wirtschaftlich« und politisch« Nlacht*. Referent Genosse Littke.

Gngelufer 22, Bortrag des Genossen SchSnherr UberDie wirtschaftliche Log« und Weg« zur Besserung�..._ 4.«bt. 74 Uhr IM Slisabeth.Gartrn(Inh. Schul,).«Iisabethstr. w. Thema: Napitalistische, oder soziolistisches Strofrechft. Referent Gen. Dr. Weinberg. ». Abt. VA Uhr in der Schulaula Schweb, er Str. ZZ3-2S4. Thema:Di- weltliche Schule". Referent Genosse Pfarrer Blrier.

37Z

Die Welk ohne Sünde. Der Roman einer Minute von Dicki Baum.

Drinnen kochte Lärm und Dunst über vielen Menschen. 2Zas Anselmns sah, war wie«in Stück aus der vergangenen Welt herausgerissen und hierher geschleudert, in die Dunkel» heit. an den Rand des Moors. Er hörte die vergessenen Stimmen der verbotenen, vergessenen Ding«. Die Weiber stießen ihre kleinen gekitzelten Schreie hervor. Die Gläser klangen, flimmerten im elektrischen Licht, verbotene Getränke slossen über die Tisch«. Ein Orchestrwn tobt« rasend und un- beseelt seinen Maschinentanz hervor. Es gab auch schon De- trunken«, die heiser sangen und ihre Hände zwischen das Fleisch der Mädchen tauchten. Weiter sah Anselmus Fremde. Männer in den Modeanzügen d?r Nachbarländer. Hotelgäste, die Bern - ward aus der Stadt hergeschleppt hatte. Sie saßen da, als mären sie im Theater, mitleidig und verwundert lächelnd, daß S&«mSio. uns L°-°!»<'»»«'--i- zündete. Di« Mädchen sahen aus. wie d.e Blumen im Um- kreis des Bergwerks aussahen, bunt und denlwch welk. S,e lagerten überall auf den roten Samtdivans. die sich um die Wände zogen man sah ihr« langen schwarzen Se.denstrumpfe. Später wurde alles zum Gewog«. zur Wirrnis von Trun - kenheit und Körpern. Münzen. Ketten. Glasern, verging im Taumel, ertrank im Dunst. Als Anselm sich wiederfand auf den beschmutzten Samt- banten, kam schon ein wenig Moraengrau daher. Erwachend war es ihm noch,«ls krähten im Dorf die Hähne, als wiche etwas Süßes, ganz Lindes. Lergessene, von chm fort in Traumesferne. Da wurde er vollends wach, iah den ver- wüsteten Raum und spürte seinen dumpfen, großen Kopf. Die Kameraden tasteten sich in der Frühgrau« zusammen und tappten davon; ffm zog Lorenz hinter sich her. draußen fiel Regen und Regen au» den tiefen Wolken. Als Letzter kam der Halbe aus dem Haus, die Haare hingen ihm übel um das Gesicht, er war noch mcht nüchtern geworden. Anselm selbst ging wi« über ttmsend kleine Maulwursshügel. Langsam kroch das Luvt in den Tag. Der Prahm lag geleert und an einen kleinen Dampfer vertaut. Sie sprangen schweigsam und post� h��lrhn�n sich«m di« schwarzen Wände nnd trehen sich stromauf schleppen.

Anselm ließ seine Hand ins Wasser hängen und gab sich dumpfen Gedanken hin. Doch ein verteufelt geschickter Kerl, der Bern ward!" sagte nach einer Weile Lorenz. Ja", erwiderte Anselm zögernd. Immer voran. Versteht sein Geschäft zu machen. Da baut er nun seine kleinen Hotels überall hin, wo Mannsvolk zusammenkommt. Man schleppt ihm zu, was er will, und er ist noch der Wohltäter. Er macht es geschickt! Es war ja ein lustiger Abend, nicht? Woran denkst du?" Anselm gab keine Antwort; er schauerte leicht im warmen Regenrieseln, das Boot schaukelte sacht, die Ufer hobest sich aus den Nebeln und glitten immergleich daher. Anselmus sagte verloren:Es ist genau wie damals, als ich zum ersten- mal von Mädels kam. Man träumt das später noch oft. Es ist nicht schön" Nun, das kennt jeder," sagt« Lorenz und spuckte ein wenig über Bord.Warum lachst du?" fragte er nachher. Anselmus lächelt« sonderbar, es war sein neues Lächeln aus Bitterkeit und Weichheit. Später sagte er:Wenn wir heim- kommen, hat Michael vielleicht das grüne Hau» aus Granit fertig..." Und dann?" Der Freude steht über dem Tor." Was gibt es da. in dem grünen Haus?" Ich weiß es nicht. Gärten, einen Saal, Bilder und Musik, und Frauen sie werden dort tanzen, nur in Schleiern" Nun ja," sagte Lorenz nach einer Paus«.Von Schleiern werden sie auch nicht anders. Immer dasselbe. Nein, weißt du eigentlich ist alles wie es immer war. Man schindet sich in der Woche, und Sonntag geht man in solche Häuser, und Moniag tut einem der Kopf weh. Das war eigentlich immer so" Eigentlich." sagte Anselmus und brachte sein« nasse Hand an den heißen Kopf. Es war nun schon hell geworden, das Land schälte sich aus dem Regen und dampfte. Im Boot! schliefen sie. Lorenz legte die Hände über die Augen und be- sah die User.Das sieht aus, wie mein Hosenboden: so ge- flickt." sagt« er. Und wirklich lagen lauter winzige Felder aneinander gestückeki mit Gelb und Braun und Grün und Flachsblau. Kleine Hütten wuchsen bi« an den Fluß heran.

Dein Land wird zu klein. Anselm," sagte er.Wieviele Menschen haben wir? Und jeder soll sein Haus haben und fein Feld und sein eigenes Stück Erde ? Schau das Gedränge an. Schau diese Fetzchen Erde , und da sollen sie noch dem Staat vom Ertrag abgeben? Paß ans, daß der Hosenboden nicht platzt!" Er lachte fein lautes gutmütiges Lachen in den Morgen. Aber Anselm gab keine Anwort mehr. Der Regen wurde schmutzig, der Nebel dunkelte. Umrisse stiegen schwarz hervor; das Werk tauchte auf mit seinen Gebäuden, Türmen. Hütten, Baracken und Schlackenhalden. Schweigend machten sie den Prahm fest, krochen die nasse Böschung hinauf und trabten heim, ihr Anfahrtzeug zu holen. Die Sirene begann schon zu heulen. Sie erreichten naß und voll Schweiß ihr Zimmer, das leer war. Lorenz stand verwundert einen Augenblick vor Francis' Bett und fragte Lust und Wände, wo, zum Donner- wetter, der kranke Bursche sei mit seinem Fieber. Im Lazarett, beschied er sich nachher selbst und trottete mit langen Schritten davon. Anselmus konnte die dumpse Bedrücktheit nicht los werden. Im Förderkorb flog lein Herz eine Uebelkeit um­fing ihn und eine Angst. Die Fahrt bis zur Sohle ging end- los. Der Stollen war sehr schweigsam, sie wanderten mit langen Schritten bis an fein Ende und hängten die Gruben- lampen ins Gebälk. Da fanden sie Francis. Er lag ganz still im schlammigen Grund und lachte mit einem halben Mund, als sie ihn aufhoben. Die andere Gesichts- Hälfte war verzogen, wie im Schlag gelähmt. Die Schäd'eldecks war ihm eingeschagen. Aus den Haaren troff Schlamm und Blut in dunklem Rinnsaol. Sonderbar schien es. daß keine Augen sorgsam geschlossen waren. Anselmus schaute auf diese dünnen geschlosiensu Lider, da konnte er den Mörder sehen, wie er hingekniet war und dem Toten die Augen geschlossen hatte. Er"sah alles, den jahrealten, stummen Kampf in der Erda und den plötzlichen Ausbruch, der den Namenlos getrieben hatte, noch einmal seine Tat zu'tun. Lorenz lud sich den toten Knaben auf. pfiff mit der Trillerpseisc Kameraden zur Hilfe her; sie kamen schwarz und gebückt wie Schatten, zog?« wie Schatten wieder fort mit ihrer Last durch den dunklen Gong. Ihre nackten Sohlen verursachten kein Geräusch im Schlamm des Grundes. Anselmus blieb allein im Stollen zurück und suchte mit der Lampe alle Schatten und Winkel ab. (Fortsetzung folgt.',